Benutzer:Elektrofisch/Hermann Arnold (Arzt)

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Der Medizinalbeamte Hermann Arnold (* 18. April 1912 in Landau in der Pfalz; † 28. November 2005 in Alsenz) war ein deutscher Sozialhygieniker. Arnold ist vor allem als Autor von Publikationen zu "Zigeunern", "Asozialen" und regionalgeschichtlichen Darstellungen zu Juden bekannt geworden. Arnolds Publikationen und seine Beratertätigkeit als "Zigeunerexperte" stehen in einer Kontinuität zur NS-Zigeunerforschung Robert Ritters, was seit etwa 1980 wissenschaftlich und politisch kritisiert wurde.

Jugend und Bildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Außer dürren Angaben über den Beruf des Vaters und die Schulbildung ist über Arnolds Jugend nichts bekannt. Er wurde am 18. April 1912 als Sohn des Distriktarztes Alfred Arnold in Alsenz/Pfalz geboren. Er besuchte dort 1918 die Volksschule, ab 1922 das Humanistischen Gymnasiums in Landau/Pfalz bis 1931.[1]

Medizinstudium, C-Waffenforschung und Militärarzt (1932-1945)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Danach studierte er Medizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München, der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg wo er seine ärztliche Vorprüfung Ende Sommersemester 1933 machte. Das Studium setzt er an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel fort.[2] Gerade unter den Kieler Studierenden war die Akzeptanz des Nationalsozialismus bereits früh ausgesprochen hoch: Schon 1929 gewann der NS-Studentenbund die Studierendenschaftswahlen.

Ab dem 1.4.1934 ist er Fahnenjunker beim Sanitätskorps der Reichswehr.[3] Seine Waffenausbildung erfolgt in Tübingen wo er zeitgleich Vorlesungen besuchen kann.[4] Im November 1934 wird er an die Militärärztlichen Akademie in Berlin abkommandiert, wo er bis zur medizinischen Staatsprüfung im September 1936 weiterstudiert.[5] Die Kaiser-Wilhelm-Akademie war 1919 aufgrund des Versailler Vertrages aufgelöst uns am 1. Oktober 1934 durch die Nazis als „Militärärztliche Akademie“ wiedereröffnet worden.[6] Arnolds Approbation erfolgt am am 29. September 1937.[7] Die Dissertation unter dem Titel "Beiträge zur Pathologie der Augenschädigung durch Dichlordiäthylsulfid auf Grund von Tierversuchen"[8] ist eine Arbeit über die Auswirkungen des chemische Kampfstoff Senfgas, dessen wissenschaftliche Bezeichnung Dichlordiäthylsulfid ist. Gutachter sind der Giftgasexperte Otto Muntsch[2] und Prof. Löhlein.[9] Arnold wird Oberfeldarzt an der Militärärztlichen Akademie.[10]

Über die weiteren Lebensumstände ist wenig bekannt, da selbst die Promotionsakte fehlt. Von August 1939 bis 1945 Einsatz als Militärarzt (Oberarzt, Stabsarzt, Oberstabsarzt) an verschiedenen schlecht belegten Einsatzorten, z.T. in Zusammenhang mit auf Chemiewaffen [11]

Ritters Erbe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die RHF Akten in Arnolds Besitz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

"die von Ritter und seinen Mitarbeitern während des Dritten Reiches über die deutschen Zigeuner angelegten Stammbäume ... befanden sich in den fünfziger und sechziger Jahren in den Händen des Arztes Dr. Hermann Arnold im pfälzischen Landau, der sich der Zigeunerfrage und der Rassenhygiene, oder wie es nach 1945 hieß, der Sozialhygiene verschrieben hatte" GILAD MARGALIT: DIE DEUTSCHE ZIGEUNERPOLITIK NACH 1945 http://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1997_4.pdf

"Die Zigeuner"[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bildunterschrift des Bundesarchives. "Polizei bei gestellter Razzia von Sinti und Roma-Wohnwagen im Winter in Renningen - Leonberg 1937/38" Ein Bild dieser Serie findet sich bei Arnold: Die Zigeuner S. 74 mit der Bildbeschreibung: "Polizei kontrolliert Wanderzigeuner um 1925 in Oberschwaben" dort mit Archiv Arnold als Quelle angegeben.

Eines der wirkungsmächtigsten Bücher Arnolds dürfte: Die Zigeuner: Herkunft und Leben im deutschen Sprachgebiet (1965) sein, das in einer Zeit entstand, wo er noch kein umstrittener Experte war. Über 60% der Fotos die Arnold in "Die Zigeuner" verwendet stammen aus dem Bestand der RHF, der als "Archiv des Autors" verschleiert wird.[12] Bei einem erheblichen Teil der Bilder (siehe Beispiel rechts) wird der NS-Kontext der Bilder verschwiegen oder durch falsche Datierungen vermieden. In dem Buch machen Publikationen aus der NS-Zeit 50% der Quellen aus, in einzelnen Kapiteln sind es 2/3.[13] Bei den Tabellen stammen 3/4 von NS-Zigannologen.[14] Inhaltlich knüpft Arnold eng an Ritter an, verwendtet in Teilen die gleichen Vorstellungen und Formulierungen.[15]


Die Rettung Ritters durchg Arnold[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die NS-Zigeunerforscher allen voran Ritter werden von Arnold nicht entschuldigt, sondern zu den Rettern der "Zigeuner" erkärt. [16]

Arnold als "Zigeuner- und Asozialenforscher"[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wie Ritter zu seinem Lebensthema der Zigeuner- und Asozialenforschung kam ist ungeklärt. Sicher ist, das er nicht für die RHF arbeitete.[17] Ein persönlicher Kontakt mit Eva Justin kann für die Jahre 1947/48 angenommen werden, die von einem Kontakt zwischen Robert Ritter und Arnold aus der Vorkriegszeit wußte.[18] Nach dem Tod Ritters 1951 beginnt Arnold zum Themenschwerpunkt "Vaganten", "Gauner", "Asoziale", "Zigeuner", "Zigeunermischlinge" zu publizieren.[19] Die vom Umfang und Zahl



"In den 1950-er und 1960-er Jahren betrieb er bevölkerungsgeschichtliche und ethnologische Studien über sogenannte „Sozialisolate“, d. h. Bevölkerungsgruppen wie „Zigeuner“ und „Juden“, die seiner Ansicht nach außerhalb der „deutschen“ Mehrheitsbevölkerung standen. Nach 1945 leitete er das Gesundheitsamt der Stadt Landau/Pfalz und wurde 1966 habilitiert. Arnold berief sich unentwegt kritiklos auf den NS-„Zigeunerforscher“ Robert Ritter (1901-1951) und sprach diesen von jeglicher Verantwortung für die nationalsozialistische Verfolgung und Ermordung der Sinti und Roma frei."[20]

In einer Klage Arnolds gegen den Zentralrat stellte das Gericht fest: Arnold habe "die Verbindung zwischen Zigeunern und anderen Asozialen - in einer ganz offenkundig dem Sprachschatz des NS-Staates entsprechenden Weise - her(ge)stellt und sich ... mit Methoden einer Steuerenung der Bevölkerungspolitik durch ...'Eugenik' befaßt [...]".[21].


"Denn das Ende der Naziherrschaft bedeutete nicht auch ein Ende der ,Zigeunerfrage’ und damit verbunden dieser Art von ,Zigeunerforschung’, die sich gelegentlich hochtrabend Tsiganologie nannte. Wie anders wäre es sonst möglich, daß der Landauer Obermedizinalrat Hermann Arnold noch 1961 die britische Gypsy Lore Society für ein Forschungsprojekt gewinnen wollte, „das indische Wandervölker, Buschmänner und Zigeuner sowie deren ,Bastarde’ (hybrid group) in ihrem sozialen Verhalten vergleichen und auf diesem Wege die Spekulation vom gemeinsamen Erbcharakteristikum beweisen sollte“ (Margalit, S. 507)" Rezension von "Zwischen Erziehung und Vernichtung : Zigeunerpolitik und Zigeunerforschung im Europa des 20. Jahrhunderts / Michael Zimmermann (Hrsg.). - Stuttgart : Steiner, 2007. - 591 S. : Ill. ; 25 cm. - (Beiträge zur Geschichte der Deutschen Forschungsgemeinschaft ; 3). - ISBN 978-3-515-08917-3 : EUR 80.00 [9281] http://swbplus.bsz-bw.de/IFB_07-1_183.htm

versch. Exzerpte erstmal geklaut[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Volkmar Weiss und Arnold [3]


Dem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 7.1.1956 zufolge galt nur die Haft in Lagern ab 1943 als rassische Verfolgung. Unterstützt wurde die Einstufung der NS-"Zigeunerverfolgung" als kriminalpräventive Maßnahme durch die Arbeiten von Hans Joachim Döring und dem Amtsarzt Hermann Arnold, langjähriger Beauftragter der Bundesregierung für "Zigeunerfragen". Arnold publizierte seit den 50er Jahren zahlreiche Arbeiten und Aufsätze, teilweise fußend auf NS-Material, in denen er die Sprache der RassenforscherInnen und ihr Gedankengut übernahm. http://www.ravensbrueckblaetter.de/alt/schwerpunkte/sintiroma/sintiroma.html

Für seine 1958 vom Bundesinnenministerium herausgegebenen „Untersuchungen zum Vagantenproblem“ hatte Arnold unter anderem „Sippentafeln der bevölkerungsbiologischen Forschungsstelle des Reichsgesundheitsministeriums“ benutzt. (Winter 1988:146) http://www.mkll.de/wp-content/upload/klausromasinti.pdf

In dem gegen Eva Justin 1959 angestrengten Verfahren wegen Freiheitsberaubung im Amt mit Todesfolge trat Hermann Arnold als „Zigeunerfachmann“ und damit als gewichtiger Entlastungszeuge auf. Er führt sinngemäß aus, dass Justins Doktorarbeit über „artfremd erzogenen Zigeunerkinder“ von 1944, die deren Zwangssterilisierung forderte, zu diesem Zeitpunkt nichts mehr bewirkt habe. Aus Ritters Arbeiten habe er entnommen, dass Dr. Justin mit der Verfolgung der Zigeuner nicht das geringste zu tun gehabt habe. (Winter 1988: 139) http://www.mkll.de/wp-content/upload/klausromasinti.pdf

Mit diskreter Unterstützung des Bundesinnenministeriums wurde 1962 eine „Dokumentationsstelle für nichtsesshafte Personen“ unter der Leitung von Herrmann Arnold gegründet. Sie war an die „Deutsche Akademie für Bevölkerungswissenschaft“ in Hamburg angegliedert. (Fings/Sparing 1995:184) http://www.mkll.de/wp-content/upload/klausromasinti.pdf

Im Jahre 1973 wurde in der Kölner Stadtverwaltung eine „zigeunerpolitische Grundlinie“ formuliert, die unter Bezug auf den Rasseforscher Herrmann Arnold über „Andersartigkeit“, „Grenzen der Weiterentwicklung“, „uns fremdes Verhältnis zu Besitz und Eigentum“ von deutschen Sinti spekuliert. (Holl 2005:49) http://www.mkll.de/wp-content/upload/klausromasinti.pdf

Arnold ein Mitarbeiter der RHF?[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aus der inhaltlichen Kontinuität in der Arnold zu Robert Ritter steht ergab sich für Vertreter der Bürgerrechtsbewegung und auch für Wissenschaftshistoriker die Frage ob und in welchem Umfang Arnold, Ritter und seine Mitarbeiter vor 1945 kannte oder ob er gar an der Erfassungsarbeit der RHF beteiligt war. Die Faktenlage ist hierzu dünn und wird in der Literatur ohne abschließendes Ergebnis diskutiert.[22] Schriftliche Belege (Archivalien, gedruckte Schriften) fehlen hierzu ebenso wie eine Stellungnahme Arnolds. Es liegen einzig mehrere unabhängige eidesstattliche Versicherungen überlebender süddeutscher Sinti vor, die für eine Beteiligung Arnolds an den Erfassungen 1938 oder später sprechen. Diese Zeitzeugen erklären, dass sie Arnold in Begleitung anderer Mitarbeiter der RHF erkannt haben.[23]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Joachim S. Hohmann (1991): Robert Ritter und die Erben der Kriminalbiologie. "Zigeunerforschung" im Nationalsozialismus. Frankfurt 1991
  • Joachim S. Hohmann, Die Forschungen des „Zigeunerexperten“ Hermann Arnold, in: 1999. Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts 10 (1995), H. 3, S. 35-49.
  • Ute Koch: Herstellung und Reproduktion sozialer Grenzen: Roma in einer westdeutschen Großstadt. VS Verlag, 2005 [4]
  • Mathias Winter: Kontinuitäten in der deutschen Zigeunerforschung und Zigeunerpolitik. In: Feinderklärung und Prävention. Beiträge zur nationalsozialistischen Gesundheits- und Sozialpolitik 6, Berlin 1988, S. 135-152.

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Beiträge zur Pathologie der Augenschädigung durch Dichlordiäthylsulfid auf Grund von Tierversuchen. Rinck-Druck, 1937.
  • Vaganten, Komödianten, Fieranten, und Briganten; Untersuchungen zum Vagantenproblem an vagierenden Bevölkerungsgruppen vorwiegend der Pfalz. Stuttgart, Thieme, 1958. Schriftenreihe aus dem Gebiete des öffentlichen Gesundheitswesens, Heft 9.
  • The Gypsy Gene". In: JGLS (3), 40, 1961
  • Wer ist Zigeuner?". In: Zeitschrift für Ethnologie, Bd. 87, Heft 1, 1962
  • Soziale Isolate im Mosel-Saar-Nahe-Raum. Saarbrücken 1964
  • Zigeuner: Herkunft und Leben im deutschen Sprachgebiet. Olten 1965
  • Some Observations On Turkish and Persian Gypsies. In: JGLS , 46, Parts 3-4, 1967
  • Die Neumühler - Beschreibung einer sozial isolierten Bevölkerungsgruppe. Mitteilungen der Pollichia, III. Reihe, 14. Band, Pollichia Museum Bad Dürkheim, 1967, S. 56 - 93.
  • Hunger; Beiträge zur Sozialhygiene der chronischen Unterernährung. [Saarbrücken, Universität des Saarlandes, ©1971]
  • Ein Menschenalter danach - Anmerkungen zur Geschichtsschreibung der Zigeunerverfolgung, Mainz 1977
  • Fahrendes Volk. Neustadt a.d. W. 1980
  • Fahrendes Volk : Randgruppen des Zigeunervolkes / Hermann Arnold. - 2., überarb. Aufl. - Landau, Pfalz : Pfälzische Verlagsanstalt, 1983.
  • Juden in der Pfalz : vom Leben pfälz. Juden. Pfälz. Verl.-Anst., 1987.
  • Medizin und Ethik-Problemfeld Eugenik. Asendorpf 1988
  • Die NS-Zigeunerverfolgung Ihre Ausdeutung und Ausbeutung, Aschaffenburg o.J (etwa 1989/1990)
  • Von Pirmasens aus die Pfalz und Württemberg unsicher gemacht: zwischen 1764 und 1786 raubte und mordete die Hannikel-Bande nicht nur im Amt Lemberg. - In: Pirmasenser Zeitung. - 164 (1994), Nr. 204 vom 2.9., S. 14.
  • Wahre Geschichten von Räuberbanden in der Pfalz 1750-1992 Aschaffenburg : Karl-Heinz Gerster], [1994]
  • Jüdisches Leben in der Stadt Landau und der Südpfalz (1780-1933). Landau 2000.
  • "Sinti und Roma" : von der Zigeunertragödie zur Politkomödie. Verl. Pfälzer Kunst, 2000.

Nachlass/Archivalien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hohmann 1991, S. 351
  2. Hohmann 1991, S. 351
  3. Hohmann,
  4. Hohmann 1991, S. 351
  5. Hohmann 1991, S. 351
  6. Info aus dem Wikipediaartikel zur Akademie
  7. Hohmann 1991, S. 351
  8. Hohmann 1991, S. 351
  9. Hohmann 1991, S.351; Vorname von Otto Muntsch aufgrund desssen Fachpublikationen zu Kampfstoffen ergänzt: Muntsch, Otto Dr. med.: Leitfaden der Pathologie und Therapie der Kampfstofferkrankungen. - Ärztlich-biologische Untersuchungen. 5. verbess. und verm. Auflage. Leipzig, Georg Thieme Verlag, 1939. mit 58, davon 21 farbigen Abbildungen. OKt., 149 S.
  10. Hohmann 1991, S. 351
  11. Hohmann 1991, S. 351-352
  12. Winter S. 136
  13. Winter S. 136
  14. Winter S. 136
  15. Winter S. 136f
  16. etwa Arnold 1957 nach Winter S. 138
  17. Hohmann 1991, S. 353
  18. Hohmann 1991, S. 355
  19. Hohmann 1991, S. 355
  20. Alexander Pinwinkler: „Bevölkerungsgeschichte“ in der frühen Bundesrepublik Deutschland: Konzeptionelle und - institutionengeschichtliche Aspekte. Erich Keyser und Wolfgang Köllmann im Vergleich. Historical Social Research, Vol. 31 — 2006 — No. 4, 64-100[1]
  21. Arnold o.J. S. 104. Auslassungen ohne eckige Klammern und Einfügungen in Klammern wie bei Arnold.
  22. Hohmann
  23. Hohmann