Benutzer:Fingalo/Kirchliches Eherecht

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Papst Nikolaus I. erklärte 866, dass zur Gültigkeit der Ehe auf dem gegenseitigen Ehewillen der Partner beruhe.

Kirchenrechtler wie Gratian waren der Meinung, dass für eine verpflichtende Eheschließung sowohl die spirituelle Verbindung und die körperliche Vereinigung notwendig seien, weshalb sie den geschlechtlichen Vollzug (conummatio) für deren Gültigkeit forderten. Die Pariser Schule (Petrus Lombardus) betrachtete dagegen allein das Einverständnis (consensus) als Voraussetzung für eine gültige Ehe. Dabei wurde unterschieden zwischen den „verba de presenti“, die sofort eine gültige Ehe erzeugten, die durch die geschlechtliche Vereinigung nur noch vervollständigt werde, und den „verba de futuro“, die nur ein Eheversprechen für die Zukunft bedeuteten. Ein Eheversprechen, dem die geschlechtliche Vereinigung nachfolgte, führte ebenfalls zu einer vollgültigen Ehe.[1] Auch andere Dekretisten, besonders Huguccio, verwarfen Gratians Konsumationstheorie. Mit der Ehegesetzgebung Alexanders III. setzte sich die Konsenstheorie in Form der „verba de presenti“ in den Rechtsschulen durch.[2] Das Problem der klandestinen Ehe (geheimen Ehe) konnte so nicht gelöst werden. Das änderte sich erst durch Einführung der Formpflicht durch das Konzil von Trient. Nach kanonischem Recht gab es eine Reihe von Ehehindernissen (impedimenta), die eine Ehe unmöglich machten oder zur nachträglichen Annulierung führen konnten.[3] Auf dem IV. Laterankonzil (1215) wurde das vorherige Aufgebot vorgeschrieben. Auch dies hinderte die klandestine Ehe nicht. Erst das Konzil von Trient (1563) leitete die Wende mit der Formpflicht ein.[1]

Von der mittelaterlichen Kanonistik wurde in diesem Zusammenhang die „impotentia ex malificio“ häufig erörtert. Man glaubte, dass ein böser Zauber in der Lage sei, den Geschlechtsverkehr mit einem bestimmten Partner auf dauer zu verhindern.[3] So behandelte das Decretum Gratiani zunächst die Frage, ob sich eine Frau von ihrem impotenten Mann trennen dürfe. Bei einer Impotenz von Anfang an hielt dies Gratian für zulässig. Die Frau dürfe auch wieder heiraten, aber nicht der Mann, da er in die gleiche Situation geriete.[4] Ein Sonderproblem stellte die „impotentia de maleficio“, also die für möglich gehaltene Impotenz durch Zauberei, stellte dabei ein Sonderproblem dar. Denn hier war das Merkmal der Dauer nicht gegeben. Gleichwohl meinte Gratian, dass, wenn selbst durch Buße und Gebet dieser Defekt nicht behoben werden könne, die Eheleute getrennt werden und jeweils neu heiraten dürften, aber auch nach späterer Heilung nicht die frühere Ehe wieder aufnehmen könnten. Demgegenüber gab es ein Dictum, das Papst Gregor zugeschrieben wurde, aber wohl von Rabanus Maurus stammte, das für diesen Fall die Wiederaufnahme der früheren Ehe anordnete.

Die Dekretisten kommentierten diese Kontroverse ausgiebig und schlossen sich teils der einen, teils der anderen Lösung an. Dabei spielte die Möglichkeit der Vortäuschung der Impotenz durch Zauber eine besondere Rolle und man forderte ein dreijährige Wartezeit, bis dieses Übel feststehe und Rufinus bezog sich dabei auf den Codex Iustinianus 5. 17. 10 (De repudiis et iudicio de moribus sublato).[5] Während die Dekretisten im Allgemeinen die Frage der Feststellung der ursprünglichen Impotenz meist umgingen, geht Huguccio genauer auf die Feststellung der natürlichen Impotenz ein: Wenn der Mann noch nie eine nächtliche Ejakulation oder ein steifes Glied gehabt habe, niemals sexuelle Lust verspüre und den Beischlaf nicht vollziehen könne, dann sei davon auszugehen, dass er absolut impotent (frigidus) sei.[6]

Papst Alexander III. schrieb 1170 oder 1171 einen Brief an den Bischof von Amiens, dass eine Ehe aufgelöst werden könne, wenn eine natürliche Impotenz des Mannes vorliege.[7]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

<references> [2] [3] [4] [5] [6] [7] [1]

  1. a b c Weigand, Lexikon des Mittelalters, Sp 1624.
  2. a b Hersperger S. 394 f.
  3. a b c Hersperger S. 395.
  4. a b Hersperger S. 396 mit Angabe der Gratianstelle.
  5. a b Hersperger S. 404 mit Angabe der Stelle bei Rufinus.
  6. a b Hersperger S. 409 mit Angabe der Stelle bei Huguccio.
  7. a b Hersperger S. 417 mit Angabe der Stelle.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Patrik Hersperger: Kirche Magie und Aberglaube. Superstitio in Kanonistik des 12. und 13. Jahrhunderts. Forschungen zur kirchlichen Rechtsgeschichte und zum Kirchenrecht. Bd. 31. Böhlau Verlag 2010.
  • R. Weigand: Artikel „Ehe; Kanonisches Recht“ in: Lexikon des Mittelalters. Bd. 3. Artemis 1986. Sp. 1623-1625.