Benutzer:Florentine Herzog/Hans Abrahamsen

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Hans Abrahamsen

Hans Abrahamsen (geboren 23. Dezember 1952 in Kopenhagen) ist ein dänischer Komponist.

Biographie 

In diesen Jahren gab es eine besondere Freiheit, die Jugend machte sich bemerkbar. Und für mich war es damals wichtig, sehr unterschiedliche Arten von Musik gleichzeitig zu komponieren. Später hat man das die "Postmoderne" genannt.

(Dialog-Portrait Hans Abrahamsen. Witten 2012)

Hans Abrahamsen begann 1969 Hornstudium an der Königlich Dänisches Musikkonservatorium in Kopenhagen, wo er bei Niels Viggo Bentzon von 1970 bis 1971 auch seinen ersten Kompositionsunterricht erhielt. Seine Stücke wurden auch damals schon aufgeführt (vgl. Dialog-Portrait Hans Abrahamsen. Witten 2012). Anschließend studierte er für ein halbes Jahr an der Staatlichen Hochschule für Musik Aarhus (Det Jyske Musikkonservatorium) Komposition bei Pelle Gudmundsen-Holmgreen. Von 1975 bis 1981 studierte er wieder in Kopenhagen die Fächer Musikgeschichte und -theorie. Zudem hatte er Kompositionsunterricht bei Per Nørgård und Görgy Ligeti. Deren Kompositionsstile sowie auch die von den Amerikanern Terry Riley und Steve Reich beeinflussten seine Stücke.[[|[1]]] Ligeti und Reich waren für ihn wegen ihrer „Kombination von Exaktheit und Schönheit zu Abrahamsens frühesten Einflüssen“[[|[2]]] (Griffith 2008, S. 27).

Abrahamsen trat bereits früh in der alternativen Szene der Neuen Musik in Kopenhagen in Erscheinung. Als Hornist und Komponist wirkte er an den Konzerten des Studienkreises für Neue Musik am Königlich Dänischen Musikkonservatorium mit. Er war Mitbegründer der Gruppe für alternative Musik, die ab 1970 die Aktivitäten des Studienkreises weiterführte, sowie der Vereinigung Lyngbys junge Tonkünstler. 1989 erhielt er den Carl-Nielsen-

Ehrenpreis und 1998 den Wilhelm Hansen Preis. Seit 1995 unterrichtet Abrahamsen Instrumentation, Komposition und Theorie am Königlichen Dänischen Musikkonservatorium. 2016 erhielt er für seinen Liederzyklus „Let me tell you“ den Grawemeyer Award. 

Entwicklung seines Kompositionsstils 

Hans Abrahamsen komponierte in einer speziellen dänischen „neuen“ Einfachheit. Dieses war eine Reaktion in der Mitte der 1960er Jahre auf die Kompliziertheit der mitteleuropäischen Avantgarde, besonders der Darmstädter Schule, die die Objektivität anstrebte.

Meine Musik war damals sehr stark mathematisch organisiert. Ich habe versucht, altes Material zu verwenden, aber auf eine neue Art, in der es nach sehr strengen und einfachen geometrischen Prinzipien gestaltet wird.

(Dialog-Portrait Hans Abrahamsen. Witten 2012)

Daraus resultierte eine Stilpluralität und Distanz von Ausdruck - eine „konkretistische Musik“ (nach Henning Christiansen[[|[3]]]). Abrahamsen ließ viele verschiedene musikalische Elemente in seinen Werken einfließen, darunter auch einfache und sogar naive Einfälle und Melodien. Schon in einen seiner ersten Stücke zeigen diese Richtung, sein Orchesterstück Skum ("Schaum", 1970) sowie in dem ersten Streichquartett 10 præludier (1973/76). Typisch für die Zeit hatte auch z.B. seine Symfoni i C (1972) politische Dimension, nämlich hier den Bezug zum EG-Beitritt Dänemarks, wodurch er mit seiner Einfachheit die komplexen bürokratischen Machtstrukturen kritisierte.1

Gewiss spielt sie mit romantischen Topoi, mit Anklängen an. Naturton und Traumsequenzen, Waldszenen und Schneegestöber, Zaubersprüche und Märchenbilder verbinden sich in dieser Musik mit strengen Strukturen und Konstruktionen.

Mit seinem Orchesterwerk Stratisfaction (1973-1975) veränderte sich sein Stil1, zuerst durch romantische Anklänge wie einem epischen Gehalt. „Naturton und Traumsequenzen, Waldszenen und Schneegestöber, Zaubersprüche und Märchenbilder verbinden sich in dieser Musik mit strengen Strukturen und Konstruktionen.“ So existiert beispielsweise seine Winternacht für großes Kammerensemble, Lied in Fall (1987) und Märchenbilder (1984), in denen er Geschichten erzählt und musikalische Bilder schafft. Dennoch sind es nie klare musikalische Formen, nie zeigt er die innersten Geheimnisse der Musik und selten gibt es eindeutige Lösungen[[|[4]]]. Romantische Anklänge kommen musikalisch dann zusätzlich durch Topoi wie Fanfaren, Hornrufe oder volksliedhafte Melodien zum Einsatz, wie beispielsweise in seinem Orchesterstück Nacht und Trompeten (1981). Auch auf eigene Kompositionen greift er zurück, wie auf die sechs der ersten sieben Sätze der Klavierstudien (10 studier, 1983-1998) für das Horntrio (Seks stykker, 1984), was jedoch schon seinen Einfallsmangel für neue Kompositionen andeutet. 1997 entschied er sich daher für ein Ende seiner Kompositionszeit. Es hat dann im darauffolgenden Jahr noch die 10 studier für Klavier fertiggestellt (1983-1998), aber dann musste er circa 10 Jahre eine Kompositionspause einlegen, in der er unterrichtete und nur Bearbeitungen komponierte.

Zu Beginn der 90er Jahre arrangierte ich einige Kanons von Johann Sebastian Bach für Ensemble – insgesamt sieben Stücke aus seiner gesamten Schaffenszeit. Ich war völlig

vertieft in diese Musik und arrangierte sie gemäß der Idee, dass sie viele, viele Male wiederholt werden soll – als eine Art minimal music. Welche Dauer Bach im Sinn hatte, wusste ich nicht, aber die Kanons in dieser Weise zu betrachten, eröffnete mir eine neue, bewegte Welt der zirkulierenden Zeit.[[|[5]]]

(Hans Abrahamsen, 2006)

So komponierte er 2006 für die Wittener Tage zuerst zwei Kanons für neun Instrumente, 2008 weitete er diese Idee zu dem Zyklus Schnee aus mit insgesamt fünf Kanonpaaren. Wie so oft in seinen Kompositionen geht es auch hier um Zeit – musikalische Zeiteinheiten wie Phrasen und Paarbildung. An diesem Zyklus Schnee erkennt man Abrahmsens Vorliebe für klare Symmetrien und musikalische sowie strukturelle Eingrenzungen, damit sich darin sich seine Phantasie entfalten kann. Hier greift er nämlich auf die alte Form eines Kanons zurück und deutet sie auf seine Weise. Ein weiteres Stück, das auch den Schnee behandelt und sich auf die gleichnamige Novelle von Paul Griffith stützt, ist der Liederzyklus „Let me tell you“. 2013 wurde er von der Sopranistin Barbara Hannigan und den Berliner Philharmonikern uraufgeführt, 2016 fand die US-amerikanische Premiere mit dem Cleveland Orchestra statt sowie erschien bei dem Label „Winter&Winter“.

Vorher aber komponierte er auch das vierte Streichquartett (2010-2012), nachdem er diesen Auftrag für die Wittener Kammermusiktage 1990 ablehnte. Damit suchte er einen neuen Streichquartettklang und arbeitete mit verschiedenen Bogen- und Grifftechniken, aber ebenso wieder mit Bildern, so beweisen Satzbezeichnungen: „hoch im Himmel singend“, „Tanz des Lichtes“, „Dunkel, schwer und erdig, mit einem schweren Groove“ und „sanft wogend, mit größter Empfindsamkeit, plappernd“. Ein weiteres bemerkenswertes Werk seit seiner Rückkehr zum Komponieren ist sein Klavierkonzert Left, alone, seiner Frau Anne-Marie Abildskov gewidmet und uraufgeführt 2016 von dem WDR Sinfonieorchester und Alexandre Tharaud. Wie der Titel verrät ist es ein Stück für die linke Hand, was seine Begründung darin hat, dass Abrahamsen selbst seine „rechte Hans seit seiner Geburt nur bedingt bewegen kann“[[|[6]]]. Zurzeit arbeitet er an seiner Oper „Schneewittchen“ nach dem Märchen von Hans Christian Andersen.

Werke

Alle Werke erschienen bei Edition Wilhelm Hansen (Kopenhagen)



[[|[1]]] Michelsen, Thomas (2001 ??): Art. „Hans Abrahamsen“. In: MGG Bd. 2; Kassel u. a. , Sp. 62 – 64.

[[|[2]]] Griffith, Paul (2012): Tränen aus Eis: Hans Abrahamsens Musik. In: Wittener Tage für neue Kammermusik 2012. Programmheft.

[[|[3]]] Kullberg, Erling (2008): Konkretismus. In: Krones, Harmut (Hrsg.): Multikulturelle und internationale Konzepte in der Neuen Musik, S. 286.

[[|[4]]] Vgl. Beyer, Anders: Art. „Hans Abrahamsen“. In: New Dictionary of Music.

[[|[5]]] Abrahamsen, Hans (2008): Schnee. Programmheft. (Übersetzung: …)

[[|[6]]] Weller, Katrin: Klavierkonzert für die „allein gelassene“, linke Hand.

http://www1.wdr.de/kultur/musik/left-alone-100.html (Stand: 13.07.2016)