Benutzer:GerhardSchuhmacher/BergkapelleKlettgau

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[[File:Erzingen_Kapelle(1).jpg|mini|x220px|Anhöhe am Weg zum Wutachtal (rechts) und zum [[Menhir von Degernau] Die Bergkapelle ist ein kleines Bauwerk oberhalb des Dorfes Erzingen, dem Hauptort der Gemeinde Klettgau im Rebberg der Ortschaft und ist dem Andenken an ein Ereignis am Kriegsende 1945 gewidmet.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Region am [[Hochrhein] an der Grenze zur Schweiz, die von militärischen Vorgängen im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg] weitgehend verschont blieb, wurde Ende April 1945 durch einen schnellen Vormarsch französischer Kolonialtruppen besetzt.

Die Besetzung der Ortschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Am 25. April kam die Nachricht, daß eine Kolonne französischer Panzerspähwagen aus Richtung [[Waldshut-Tiengen#Erster_und_Zweiter_Weltkrieg|Waldshut] anrücke.“[1] In Absprache mit dem katholischen Pfarrer Deisler und Ratschreiber Albert Zölle hißte der Landwirt Emil Huber eine weiße Fahne am Kirchturm von Erzingen. Die etwa hundert versprengten Wehrmachtsangehörigen im Ort, die an der Schweizer Grenze abgewiesen worden waren oder sie noch überqueren wollten, hatten zuvor ihre Waffen im Rathaus abgegeben.

{{Zitat|Die Soldaten wurden von der Einwohnerschaft mit Zivilkleidern versehen und einigen von ihnen gelang es, auf Schleichwegen in ihre Heimat zurückzukehren. Die übrigen wurden nach dem Einzug der Franzosen, zusammen mit einigen Zollbeamten als ‚Kriegsgefangene‘ nach Frankreich abgeführt.|Andreas Bader: Das geschah im Kreis Waldshut (9) in: Südkurier, Juni 1975.}

Im Rathaus erwartete die Franzosen Ratschreiber Zölle zusammen mit Direktor Suter (Schweizer Textilfabrik Stehli), dem damaligen, neben der Landwirtschaft wichtigen industriellen Arbeitgeber in Erzingen. Nach der Übergabe des Dorfes und der Waffen zogen sich die Franzosen wieder zurück. Die reguläre Besetzung fand am 28. April 1945 durch eine Abteilung Offiziere mit Mannschaften statt. Der Ratschreiber übernahm die Verantwortung, konnte wilde Requisationen verhindern und verbarg ohne Entlassungspapiere zurück kehrende Soldaten vor der Ortschaftskommandantur.

Anordnung der Evakuierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf einen Befehl des [[Supreme Headquarters Allied Expeditionary Force|Alliierten Oberkommandos] hatte die Militärregierung in Deutschland eine Anordnung erlassen, welche die Einrichtung eines „Sperr-Grenzgebiets“ entlang den deutschen Grenzen vorsah und dort nur Personen mit Genehmigung den Aufenthalt oder den Güterverkehr erlaubte.[2] Diese Anordnung, die einen breiten Grenzstreifen vorgesehen haben soll, erweiterte die französische Kreiskommandantur in Waldshut dahingehend, dass das Zollausschlussgebiet um Jestetten und die an der Grenze gelegenen Klettgaudörfer vollständig von der Bevölkerung zu räumen seien. Die Nachricht rief in Erzingen und den anderen Orten große Bestürzung hervor. Am 15. Mai waren Jestetten, Lottstetten und Altenburg bereits [[Jestetten#Evakuierung 1945|evakuiert] worden und die Bewohner zogen mit ihrer beweglichen Habe über Bühl und Grießen in Richtung Schwarzwald.

Weg am Grenzstreifen zu Trasadingen

Widerstand im Klettgau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Interessen der Schweiz in der deutschen Nachbarschaft bezogen sich auf industrielle Anlagen: {{Zitat|Direktor Suter und Direktor Willi von der Firma Bucher in Grießen setzten sich in Rücksprache mit Pfarrer Deisler telefonisch mit Gereraldirektor Bührer, Schweizer Ständerat und [[Trasadingen|Trasadinger] Bürgerssohn, in Verbindung, der sich über den [[Schweizer Bundesrat] und die die Schweizer Botschaft in Paris für die Rücknahme des Räumungsbefehls verwandte. Weiterhin bemühten sich die beiden Herren Suter und Willi über das Schweizer Konsulat in Konstanz beim Oberkommando der französischen Besatzungsmacht in Schachen (Lindau), damit die Evakuierung verzögert werde. Außerdem leitete Direktor Suter ein Memorandum von Pfarrer Deisler über die tragischen Auswirkungen einer Evakuierung, die 19 000 friedliche Menschen betroffen hätte, über den apostolischen Nuntius Bernardi in Bern an den [[Apostolischer Nuntius|apostolischen Nuntius] Roncalli in Frankreich, den späteren Papst [[Johannes XXIII.], der sich beim alliierten Hauptquartier in Paris einsetzte.|Bericht von Hermann Stoll, dem ersten Nachkriegsbürgermeister von Erzingen.}}

Gelübde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den darauf folgenden Wochen der Unsicherheit „gelobten die Erzinger eine Kapelle zu errichten, wenn sie nicht aus ihrem Dorf vertrieben würden.“ Das Gelübde wurde von 140 Bürgern gezeichnet.[3]

Rücknahme der Anordnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 4. Juni 1945 „erhielt der schweizerische Konsul Dr. Ghisler in Konstanz vom Generalstab der [[1ere_armée_(1944–1945)|I. französischen Armee] die schriftliche Mitteilung [datiert vom 3. Juni 1945], daß die Einwohnerschaft südlich der Wutach in einem eventuellen Evakuierungsplan nicht eingeschlossen würde.“[4]

Die Überlieferung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In einer Beitragsreihe im Südkurier im Frühjahr 1975 fasste der Waldshuter Historiker Andreas Bader die Ereignis des Kriegsendes im Landkreis Waldshut aus den vorliegenden Berichten zusammen. Die Folge (9) der Reihe mit dem Titel Zum Dank errichteten die Erzinger eine schmucke Kapelle gab einen Überblick über die Zeit der Besetzung des östlichen Landkreises mit Küssaberg, Klettgau und dem Zollausschlussgebiet um Jestetten.

Lokal-TV: Kriegsende Rhein/Wutach

Im Abschnitt zur Bergkapelle wird in Folge (9) der Reihe Das geschah im Kreis Waldshut der erste Nachkriegsbürgermeister von Erzingen, Hermann Stoll, zitiert, der jährlich eine Erzingen-Chronik verfasste, die er auch an die „Erzinger im Ausland“ adressierte. Die Zeitspanne von der Besetzung des Landkreises, den letzten Kämpfen um die [[Wutachtalbahn] sowie dem Gelübde zur Bergkapelle, dokumentierte zum Anlass des 50. Jahrestags unter Einbezug von Veranstaltungen und zahlreichen Gesprächen mit Zeitzeugen 1995 der Lokalsender TV Eichberg in seiner Erstsendung am 23. Mai 1995.

Die Kapelle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Über die Wahl des Bauplatzes gibt es in den verwendeten Quellen keine Informationen, doch scheint darin Einigkeit geherrscht zu haben. Die uralte Beherrschung des Ortes mit dem Sühnekreuz konnte dadurch abgelöst werden. Der Bauplan stammte von Maurermeister Otto Indlekofer.

Materialbeschaffung und Bau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine starke Persönlichkeit im Ort und auch der Vorstand einer einflussreichen Familien war der Rebenvater Heinrich Winter. Er organisierte die Arbeit und beschaffte viele Materialien über seine Verbindungen zur Schweiz: „Er vor allem ist es gewesen, der dafür sorgte, daß in der fürwahr armen Zeit immer wieder Baumaterial, Backsteine und Zement zur Verfügung stand.“ (Hermann Stoll)

Eine Ergänzung zur Materiallage findet sich im Nachruf auf Robert Stehli, Seniorchef der Firma Stehli, der die entscheidende Stimme auch im Kontakt mit den Bischöfen war: „Das in jener Zeit kaum zu beschaffende Kupfer für das Kapellendach wurde von ihm gestiftet.“[5] Den ersten Spatenstich tat Gottfried Indlekofer, Pfarrer Deisler verfasste die Inschrift an der Kapelle.

Kirche der Pfarrei St. Georg

Einweihung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Fertigstellung, die Umstände bedingt fast zwei Jahre in Anspruch nahm, erfolgte die Einweihung mit dem bergan führenden Kreuzweg. Der Kreuzweg führte ehemals zu dem Sühnekreuz (1671) auf der Anhöhe, war aber verfallen und dessen Instandsetzung war ebenfalls Bestandteil des Gelübdes.[6]

Die Feierlichkeiten fanden am Pfingstfest 1947 statt:

{{Zitat|Die Einweihungsfeier begann am Pfingstsonntag mit einem feierlich levitierten Hochamt und der Festpredigt des [[Jesuiten|Jesuitenpater] Wiedemann aus [[Kloster St. Blasien|St. Blasien]. Der Kirchenchor sang die Festmesse in Orgelbegleitung von Max Filke. Nachmittags war die feierliche Prozession von der Kirche zur Kapelle mit Einweihung der Kreuzwegstationen. Die Einweihung der Kapelle nahm Dekan Armbruster aus [[Eggingen|Obereggingen] vor. Die Festpredigt hielt Ortspfarrer Deisler. Mit dem „Niederländischen Dankgebet“, gespielt vom Musikverein sowie einigen schönen Chören, gesungen vom Kirchen- und einem Schülerchor, sowie dem „Tedeum“ begleitet vom Musikverein, fand die Feier ihren würdigen Abschluß. Am Pfingstmontag war Berggottesdienst in der neuen Kapelle für alle gefallenen und vermißten und gefangenen Soldaten. Nachmittags veranstaltete der Musik- und Gesellenverein ein Legendenspiel. Eine große Menschenmenge nahm an dem Spiel teil, bei dem alle Mitwirkenden ihr Bestes gaben. Abends kam dann zum Abschluß dieses schönen Festes auch die Jugend mit einem Dorftanz noch zu ihrem Recht.|Südkurier, 3. Juni 1947.}}

Nicht erwähnt, aber dennoch unermüdlich im Hintergrund in der Vorbereitung und Durchführung sowie in der Betreuung und Versorgung wirkend, war der [[Elisabeth von Thüringen|‘‘Elisabethenverein‘‘], der Zusammenschluss der Erzinger Frauen in der Trägerschaft der [[Barmherzige Schwestern vom heiligen Kreuz|Ordensschwestern vom Heiligen Kreuz] des [[Kloster Hegne|Klosters Allensbach-Hegne].[7] „Heute noch findet alljährlich ein Gedenktag statt“, der 1995 anlässlich des „50. Jahrestag des Entstehens der Bergkapelle in Erzingen Rückschau auf ein besonderes Ereignis“ nahm.[8]

Die Kapelle wurde auch Namensgeberin des traditionellen Erzinger Weins – dem Erzinger Kapellenberg.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Autorenredaktion: klettgauer themenweg. Hrsg.: Gemeinde Klettgau, 2013
  • [[Südkurier]: Historische Reihe, Andreas Bader: Das geschah im Kreis Waldshut, Folge (9): Aus Dankbarkeit bauten die Erzinger eine schmucke Kapelle.

Einzelnachweise und Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

[[Kategorie:Ort im Landkreis Waldshut] [[Kategorie:Klettgau] [[Kategorie:Klettgau (Gemeinde)] [[Kategorie:Endphase_des_Zweiten_Weltkriegs] [[Kategorie:Gedenkstätte_des_Zweiten_Weltkriegs] [[Kategorie:Französische Besatzungszone]

  1. Andreas Bader: Zum Dank errichteten die Erzinger eine schmucke Kapelle, Beitrag (9) in der Serie Das geschah im Kreis Waldshut zum Kriegsende 1945 im [[Landkreis Waldshut], Juni 1975.
  2. Kopie des „Gesetz Nr. 161“ der „Militärregierung – Deutschland, Kontroll-Gebiet des Obersten Befehlshabers“ im Archiv des [[TV Eichberg#Erstsendung|TV Eichberg]. In dieser Anordnung musste die nicht bodenständige Bevölkerung bis zum 21. Mai 1945 ausgewiesen werden.
  3. Südkurier: Erinnerungen an ein Gelübde, Weihnachten 1995.
  4. Abbildung des Dokuments im Beitrag von A. Bader, Das geschah im Kreis Waldshut, Folge (9), Südkurier, Juni 1975.
  5. Südkurier: In Nachkriegsjahren Verdienste um Erzingen erworben, 2. Februar 1973. Auch für Verdienste in der Nahrungsmittelversorgung in jener Zeit war Robert Stehli ausgezeichnet worden.
  6. Nach: Bergkapelle, (H.R.) in: klettgauer themenweg (Autorenredaktion), Hrsg.: Gemeinde Klettgau, 2013, S. 32.
  7. Elisabethenverein Erzingen, Rechberg, Weisweil e.V.: Festschrift zum 60~jährigen Jubiläum am 17. März 1996, Hrsg.: Pfarrei St. Georg, Erzingen 1996.
  8. [[Südkurier], Weihnachten 1995.