Benutzer:Ich esse Rosinen./Report on Public Credit

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Erste Seite des Report on Public Credit.
Die erste Seite des „Report on the Public Credit“

Der Report Relative to a Provision for the Support of Public Credit („Bericht bezüglich einer Maßnahme zur Erhaltung des öffentlichen Kredits“), genannt Report on Public Credit, war der erste bedeutende Finanzbericht des ersten Finanzministers der Vereinigten Staaten von Amerika, Alexander Hamilton. Er wurde am 9. Januar 1790 dem Kongress vorgelegt. Die Vorschläge Hamiltons sollten das Schuldenproblem der jungen Republik lösen und ihre Bundesregierung stärken. Dabei war es ihm besonders wichtig, Investitionen durch Kaufleute zu erleichtern. Der Bericht löste im Kongress hitzige Diskussionen aus, dessen Vorschläge wurden erst nach dem Kompromiss von 1790 verabschiedet.

Entstehung und Einflüsse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein jüngerer Alexander Hamilton in einem grauen Anzug und einem weißen Halstuch. Das Porträt zeigt seinen gesamten Körper; Hamilton steht.
Alexander Hamilton (John Trumbull, 1792)

Nach dem Ende des Unabhängigkeitskrieges 1783 waren die Vereinigten Staaten auf Länder- und Bundesebene immens verschuldet, konnten die Krise jedoch zunächst nicht bewältigen. Der Kongress der Vereinigten Staaten beschloss daher im September 1789, dass der Finanzminister einen Bericht zu „einer passenden Maßnahme zur Erhaltung des öffentlichen Kredits“ (englisch an adequate provision for the support of the Public Credit) verfassen solle. Leiter des neu gegründeten Ministeriums war der Jungpolitiker Alexander Hamilton, der sich bereits in der Debatte um die neue Verfassung als Befürworter einer starken Bundesregierung einen Namen gemacht hatte. Die neue Verfassung bot dem Historiker Gordon S. Wood zufolge aufgeklärten Gentlemen die Möglichkeit, ohne Einmischung der „middling sorts“ die Probleme der Nation zu bewältigen – so wie den hohen Schuldenberg. Die Bundesregierung, deren Machtbefugnisse stark erweitert wurden, spielte dabei eine besondere Rolle. Dadurch, dass sie unabhängig von den Bundesstaaten über eigene Steuereinnahmen verfügen durfte, konnte sie erst die Schuldenkrise bewältigen.[1]

Wie die Amerikanische Revolution insgesamt war Hamilton auch in seiner Wirtschaftsphilosophie der Schottischen Aufklärung verpflichtet. Die Historiker Stanley Elkins und Eric McKitrick betonen den Einfluss Humes Schriften zur Nationalökonomie auf ihn. Der schottische Philosoph skizzierte das Ideal einer urbanen, kaufmännischen Gesellschaft. Durch eine starke Wirtschaftsleistung würde sie sowohl politische Macht als auch eine kulturelle Blüte erreichen. Die Kaufleute (Im 18. Jahrhundert fielen sowohl Händler, Banker als auch Industrielle unter diesen Begriff.) sollten der Motor dieser Gesellschaft sein. Hamilton stimmte Hume in Bezug auf Staatsanleihen allerdings nicht zu: Hume zufolge könnten die Kaufleute Staatsanleihen als Kapital nutzen, Staatsmänner könnten diese jedoch nicht verwalten. Hamilton hingegen nahm sich das Königreich Großbritannien des vorangegangenen Jahrhunderts als Vorbild. Das Land hatte sich im Laufe des 18. Jahrhunderts um ein Vielfaches mehr als die Vereinigten Staaten verschuldet, hatte jedoch zur selben Zeit einen immensen Wirtschaftsboom und den Beginn der Industriellen Revolution erlebt. Auch Machiavellis und Hobbes eher zynische Betrachtungen zum wirtschaftlichen Eigeninteresse des Volkes beeinflussten laut dem Historiker Carson Holloway den Report on Public Credit. Im Gegensatz zu den Politikern kommender Jahrhunderte erwartete Hamilton vom Volke keine Aufopferung für den Staat, beispielsweise durch Kriegsanleihen. Stattdessen versuchte er, durch neue wirtschaftliche Realitäten die Klasse der Kaufleute an die Bundesregierung zu binden und sie so zu stärken. Als Mann des 18. Jahrhunderts berief er sich jedoch auch mehrfach auf die Ehre der Nation und lehnte damit eine rein machiavellistische Staatskunst ab.[2] Auf Hamilton und seine Konzeption der Staatsverschuldung hatten auch europäische Politiker wie der französische Finanzminister Jacques Necker und der britische Premier William Pitt der Jüngere einen großen Einfluss.[3] Hamiltons kaufmännisch-industriell geprägtes Weltbild stand im Gegensatz zum ländlich geprägten Weltbild Thomas Jeffersons, eines seiner einflussreichsten Rivalen. Jefferson erstrebte eine „yeoman republic“, also eine Republik aufrechter, unabhängiger Kleinbauern.[4]

Landschaftsgemälde, das ländliche Szenerie darstellt. In der Mitte sieht man eine kleine Hütte mit Strohdach.
Die amerikanische Landbevölkerung (George Caleb Bingham, 1845)

Des weiteren musste Hamilton in seinem Bericht auf mehrere, teils populistische Forderungen der Politik eingehen. Zu diesen gehörte der Ruf nach einer „discrimination“ zwischen verschiedenen Gläubigern der Regierung: Aus Geldmangel wurden viele Soldaten der Kontinentalarmee mit Schuldscheinen besoldet. Da sie sich von der Bundesregierung keine Rückzahlung erhoffen konnten, sahen sich viele verarmte Veteranen zum Verkauf ihrer Schuldscheine gezwungen. Ihr Marktpreis lag meist unterhalb ihres eigentlichen Wertes. Im Volk galten daher Spekulanten, die Schuldscheine massenweise aufkauften, als gierige Betrüger. Dass die Veteranen nun mit ihren Steuern Wertpapiere abbezahlen sollten, die eigentlich ihnen gehört hätten, hielten breite Teile der Öffentlichkeit für eine Ungerechtigkeit. Aus diesem Grund forderten einige, die Schuldscheine nur an die Veteranen zurückzuzahlen.[5] Im Kongress kamen verschiedene Positionen zu Wort. Der radikalste Gegner der Spekulanten war wohl James Jackson, ein Repräsentant aus Georgia. Ihm zufolge müsse sich der Staat vor den „hungrigen Wölfen, die ihre nächste Beute suchten“ (englisch rapacious wolves seeking whom they may devour) – den Spekulanten –, so gut es geht schützen oder jedenfalls den „ehrbaren“ Veteranen eine kleine Beilage zukommen lassen. Er sympathisierte mit der Landbevölkerung, die eine „repudiation“ aller Staatsschulden forderte. Das hätte bedeutet, dass die Regierung sich geweigert hätte, sie wieder zurückzuzahlen. Dies konnte im Kongress jedoch keinen Fuß fassen.[6] Im Gegensatz zu ihnen forderten Kaufleute wie William Bingham eine absolute Vertragstreue. Man müsse, koste es, was es wolle, alle Staatsanleihen mit der gegebenen Zinsrate von 6% zurückzahlen.[7] Die Hamilton nahe stehenden Abgeordneten im Kongress meinten ebenfalls, dass eine repudiation unmöglich sei. Zielführender sei eine Art und Weise zu finden, die Schulden zurückzuzahlen.[8]

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da die Wirtschaftswissenschaft den meisten amerikanischen Politikern des ausgehenden 18. Jahrhundert nicht geläufig war, musste Hamilton ihnen erst einige Grundlagen der Schuldenpolitik erklären. Zunächst erörterte er die Zweckmäßigkeit der Staatsverschuldung. Besonders in Krisenzeiten sei es ohne sie schwierig, nötiges Geldkapital zu beschaffen. Dies gelte besonders für die Vereinigten Staaten, denen es in ihrer Gründungsphase an Kapital fehlte. Ein Staat sollte es also nicht vermeiden, Schulden aufzunehmen. Es sei zweckmäßiger, möglichst kreditfähig zu wirken und so mit niedrigen Zinssätzen zu leihen. Hierzu sollte die Regierung alle Verträge genau befolgen, falls möglich Schuldenverzug begleichen und neue Kredite unter bona fides aushandeln. Neben diesem finanziellen Inzentiv hätten Regierungen auch eine moralische Pflicht, Schulden gewissenhaft zurückzuzahlen. Da ihre Schulden für sie der „Preis für ihre Freiheit“ (englisch price of liberty gewesen seien, gelte diese moralische Pflicht in besonderem Maße für die Vereinigten Staaten. Diese Berufung auf die Ehre der Nation hatte im 18. Jahrhundert unter wohlhabenden Gentlemen ein besonderes Gewicht. Weiterhin behauptete Hamilton, dass nicht nur die Gläubiger der Regierung hiervon profitierten, sondern das gesamte Land. Staatsanleihen könnten als Geld dienen, wodurch der Binnenhandel gestärkt und damit der Landwirtschaft und dem Gewerbe geholfen wäre. Die damit einhergehende Inflation wirke außerdem der Deflation der Grundbesitzpreise und den hohen Zinsraten entgegen. Auf diese Art und Weise könne man die Staatsverschuldung als „Segen für die Nation“ (englisch national blessing) gestalten. Allerdings betonte Hamilton, dass dieses neue Geld nicht gleichmäßig verteilt, sondern in den Händen einiger Kaufleute konzentriert werden sollte. Wenn jeder Bürger etwas mehr Kapital zur Verfügung hätte, würden nur die Preise steigen. Die Kaufleute würden hingegen das Geld produktiv verwenden und durch Investments zum Wirtschaftswachstum beitragen.[9]

Vier amerikanische Soldaten der Kontinentalarmee in unterschiedlichen Uniformen.
Amerikanische Soldaten im Unabhängigkeitskrieg. Zeitgenössisches Gemälde eines französischen Offiziers.

Nun, dass die „erbärmliche“ (englisch embarassing) Zeit der Konföderationsartikel vorüber sei, könne die Regierung seine Kreditfähigkeit etablieren. Dazu müssten Staatsanleihen einen angemessenen Wert finden und nicht zu sehr schwanken. Wiederum sei hierzu nötig, bestimmte Geldmengen zur Begleichung der Zinsen beiseite zu legen, diese also zu finanzieren (englisch fund). Falls die Regierung jedoch seine Kreditfähigkeit etablieren sollte, könne sie keine discrimination durchführen. Es sei ein Vertragsbruch gegen die rechtmäßigen Inhaber der Schuldscheine, die Spekulanten. Der Kontinentalkongress hatte nämlich explizit stipuliert, dass die Schuldscheine verkäuflich sind. Dass die Veteranen sich nun in einer wirtschaftlichen Misere befänden, sei nicht die Schuld der Spekulanten. Nicht ihre Gier, sondern die Unfähigkeit der Regierung sei das Problem gewesen. Jene zu bestrafen, die eigentlich wertlose Wertpapiere armen Veteranen abkauften, ihnen also in ihrer Not halfen, sei sinnlos. Des weiteren hätten die Spekulanten ihr Vertrauen in der Regierung bewiesen – im Gegensatz zu den Veteranen. Einige Veteranen hätte zudem selbst mit Schuldscheinen spekuliert. Dennoch die discrimination durchzuführen, würde absurde Konsequenzen nach sich ziehen. Außerdem sei sie gemäß Artikel 6 verfassungswidrig (Alle vor Annahme dieser Verfassung aufgelaufenen Schulden [sind] rechtsverbindlich [...].).[10]

Als eine weitere Maßnahme zur Stärkung der Bundesregierung schlug Hamilton die „assumption“ vor, also dass die Bundesregierung die Schulden der Bundesstaaten übernehme. Immerhin wurden diese während des Unabhängigkeitskrieges aufgenommen, das heißt im Dienste der gesamten Nation, weshalb die gesamte Nation sie gemeinsam bewältigen müsse. Durch die Konsolidierung der Schulden könnten die Finanzprobleme der Nation geordneter und strukturierter bewältigt werden. Die Bundesstaaten und die Bundesregierung müssten sonst zur Zinszahlung die selbe Bevölkerung doppelt besteuern, also um die selben Ressourcen wetteifern. Wenn die Bundesregierung die Schulden der Bundesstaaten übernehmen würden, würden die Steuern besser organisiert werden, aber nicht steigen. Im Gegensatz zu den Bundesstaaten hatte sie zum Beispiel den alleinigen Zugang zu Zolleinnahmen. Außerdem wären ohne eine assumption die Einwohner von Bundesstaaten mit hoher Verschuldung benachteiligt, da diese höhere Steuern zahlen müssten. So könne man auch Inhaber von Staatsanleihen als Klasse hinter der Bundesregierung vereinen. Dann hätte sie eine starke Interessengruppe hinter sich, die für ihre Politik und ihre Kreditfähigkeit einstehen würde. Daraufhin beschrieb Hamilton eine komplexe Art und Weise, diese Maßnahme durchzuführen und vorhandene Schulden zwischen Bund und Ländern zu begleichen. Schlussendlich sollte kein Bundesstaat der Bundesregierung Geld schulden, während einige Auszahlungen von der Bundesregierung erhalten würden. Hamilton begründete dies mit ihrer besonderen Leistung im Unabhängigkeitskrieg, mit der sie auch allen weiteren Bundesstaaten geholfen hätten. Zuletzt lehnt Hamilton den Vorschlag ab, den hohen Schuldenverzug der Vereinigten Staaten jedenfalls teilweise nicht mehr zurückzuzahlen. Die Gläubiger der Regierung hätten nämlich ein vertragliches Recht hierauf. Eigentlich müsse er sofort zurückgezahlt werden, jedoch fehlten dazu die Ressourcen. Stattdessen solle man auf den Schuldenverzug Zins zahlen.[11]

Daraufhin zeigte Hamilton Mittel und Wege auf, die Schulden überhaupt zu zahlen. Er bezifferte die Geldsumme auf etwa $54 Mio. Hinzu kämen $25. Mio. Schulden, die von den Bundesstaaten übernommen werden sollten. Der Zins würde jährlich $4.6 Mio. betragen – Ende des 18. Jahrhunderts ein enormer Betrag. Falls die Regierung eine so hohe Geldsumme durch Steuern begleichen würde, provoziere es einen Aufstand. Dies müssten auch die Gläubiger der Regierung (die selber unter zu hohen Steuern zu leiden hätten) einsehen. Des weiteren sei es unvorsichtig, einen so großen Teil des Regierungshaushaltes an die Zinszahlung zu binden. Also müsse man die Zinsrate senken. Im Gegenzug könne man den Gläubigern einige Vorteile anbieten, wie zum Beispiel Grundbesitz zu niedrigen Preisen in der Frontier. Zudem könne man neue Schulden mit einer niedrigeren Zinsrate aufnehmen, um alte Schulden zu begleichen. Trotzdem seien neue Steuern nötig. Konkret schlug Hamilton neue Zölle und Konsumsteuern auf alkoholische Getränke wie Whiskey vor. Verbraucher von Luxusgütern würden sich nämlich auch eine Steuer leisten können, ihr Konsumverhalten kaum verändern und zudem zu einer gesünderen und sittlicheren Lebensführung animiert werden. Den Widerspruch zwischen den beiden letzteren Punkten schien Hamilton nicht zu stören. Die Steuer sollte direkt von den Brennereien erhoben werden, die die Kosten dann auf den Verbraucher abwälzen könnten.[12] Ein weiteres Finanzinstrument sollte ein „sinking fund“ sein, das zur Preisstabilisierung Staatsanleihen auf dem offenen Markt kaufen sollte. Im Anhang fügte er mögliche Gesetzesentwürfe hinzu.[13]

Diskussion im Kongress[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zeichnung der Federal Hall.
Der Kongress tagte in der Federal Hall (Robert Hinschelwood in Washington Irvings Washingtonbiografie)

Hamilton legte den Bericht am 9. Januar 1790 dem Kongress vor. Vor Beginn einer echten Diskussion reichten jedoch zwei abolitionistische Gruppierungen Petitionen ein. Die Quäker forderten die Abschaffung des Sklavenhandels, während die Pennsylvania Society for Promoting the Abolition of Slavery (Angeführt vom greisen Benjamin Franklin) die Abschaffung der Sklaverei an sich herbeiführen wollte. Ein Ausschuss des Repräsentantenhaus verwies auf Abschnitt 9 des ersten Artikels der Verfassung, nach dem der Kongress vor 1808 den Sklavenhandel und damit auch die Sklaverei nicht verbieten durfte. Unter den Delegierten der Sklavenstaaten trafen die Petitionen auf Unverständnis und Wut. Die Sklaverei sei ein Gebot Gottes und sie abzuschaffen würde gegen ihr Recht auf Eigentum verstoßen und die Plantagen in den Bankrott treiben. Da Schwarze an sich minderwertig seien, verdienten sie ihre Freiheit nicht. .[14]

Ein Porträt des älteren Madison mit einem schwarzen Anzug, einer weißen Fliege und einer weißen Perücke vor dunklem Hintergrund.
James Madison (John Vanderlyn, 1816)

Die eigentliche Diskussion um den Report begann Mitte Februar, als der Repräsentant James Madison ein Gesetz zur discrimination vorschlug. Ihm zufolge schulde die Nation ihren Veteranen noch einen fairen Sold für ihre Leistung; eine Regierung, die sich an ihre Verträge hielt, war für Madison noch nicht eine gerechte Regierung. Sein Plan war dazu gedacht, sowohl die Ansprüche der Veteranen als auch die der Spekulanten zu berücksichtigen: Die Spekulanten sollten nur den Marktpreis, die Veteranen die Differenz zwischen dem Marktpreis und dem eigentlichen Wert erhalten. Madison gab zu, dass die discrimination nicht ideal sei; sie sei jedoch gerechter als keine discrimination. Diese erste Meinungsdifferenz repräsentierte einen Bruch zwischen den ehemaligen Freunden Hamilton und Madison, die zuvor in der Verfassungsdebatte gemeinsam die einflussreichen Federalist Papers geschrieben hatten. Madison konnte für seinen Gesetzesentwurf keine Mehrheit im Repräsentantenhaus finden. Kritiker beriefen sich auf Hamilton und meinten, dass die discrimination der Kreditwürdigkeit der amerikanischen Regierung und damit der Wirtschaft schaden würde. Madison stimmte dem allerdings nicht zu: Ihm zufolge würde es der Kreditwürdigkeit eher schaden, sich gegenüber den Schuldnern der Vereinigten Staaten ungerecht zu verhalten. Zudem wäre solch eine Umverteilung von den Spekulanten zurück an die Veteranen zu bürokratisch und ungerecht. Die discrimination wurde mit 36 zu 13 Stimmen abgelehnt.[15]

Die assumption erfuhr vor allem von hoch verschuldeten Bundesstaaten Unterstützung, vor allem South Carolina und Massachusetts. Währenddessen stellten sich Staaten mit eher niedrigen Schulden wie Virginia und North Carolina gegen die assumption, um keine höhere Steuerlast tragen zu müssen. Sie hielten es für ungerecht, dass sie die Schulden anderer Bundesstaaten zahlen müssten. Einige Politiker meinten zudem, dass die Bundesstaaten ihre Bevölkerung weitaus besser besteuern könnten als die Bundesregierung. Auch die Verfassungsmäßigkeit der Maßnahme wurde hinterfragt, da die Verfassung der Bundesregierung nicht explizit das Recht zur assumption verlieh (vgl. Enumerationsprinzip). Der Virginier Madison konnte es erreichen, dass die assumption mit einer knappen Mehrheit abgelehnt wurde. Allgemein stellte Madison sich gegen Hamiltons Pläne, da er befürchtete, dass so auch zukünftige Generationen unter einer zu hohen Schuldenlast leiden müssten. Allerdings wollten die Staaten mit einer hohen Verschuldung dies nicht hinnehmen und drohten mit einer Blockade aller Regierungsgeschäfte. Madison, der als „Vater der amerikanischen Verfassung“ in die Geschichte eingehen sollte, sah ein, dass Kompromiss nötig sein würde.[16]

Ein Jefferson mittleren Alters in einem schwarzen Anzug und einem weißen Halstuch.
Thomas Jefferson (Charles Willson Peale, 1791)

Neben der assumption debattierte der Kongress 1790 auch die residence, also den Standort der US-amerikanischen Hauptstadt (vgl. Residence Act). Bisher tagte der Kongress in New York City. Zwei weitere rivalisierende Vorschläge waren Philadelphia in Pennsylvania und eine Planstadt am Potomac River. Eine Einigung schien jedoch nicht in Aussicht. Erst bei einem Treffen zwischen Hamilton, Madison und dem Außenminister Thomas Jefferson soll es laut Jefferson, der die Ereignisse einige Jahrzehnte später resümierte, zu einem Kompromiss (Compromise of 1790) gekommen sein: Hamilton sollte sich dafür einsetzen, dass die Hauptstadt zehn Jahre in Philadelphia sein sollte, worauf sie an den Potomac verlegt werden sollte. Im Gegenzug dafür sollte Madison die assumption ermöglichen. Außerdem entlastete die Bundesregierung zur Wahrung der Gleichheit zwischen den Staaten auch diejenigen mit geringer Verschuldung. Zu diesen gehörte auch Madisons und Jeffersons Heimatstaat Virginia.[17] Jeffersons Darstellung wird in der Geschichtswissenschaft kontrovers diskutiert. Der Historiker Jacob E. Cooke stellt einen alternativen Ablauf dar. Zwar sei Jeffersons Darstellung keine Lüge; er hätte aber seinen, Madisons und Hamiltons Einfluss auf den Kongress überschätzt. Die Abgeordneten aus Pennsylvania und Virginia hätten eigenständig vor den Gesprächen zwischen Madison, Hamilton und Jefferson beschlossen, eine Planhauptstadt am Potomac zu errichten. Der eigentliche Kompromiss, den Hamilton mit dem Kongress eingegangen sei, habe sich auf die Zinsrate der Staatsanleihen bezogen. Der Historiker Kenneth R. Bowling stimmt Cooke darin zu, dass die Abgeordneten aus Virginia und Pennsylvania alleine den Kompromiss zur Hauptstadtfrage geschlossen hätten. Allerdings hätte Hamilton verhindert, dass die Abgeordneten aus Neuengland den Kompromiss sabotiert hätten, um New York als Hauptstadt beizubehalten. Mit dem Angebot einer Hauptstadt am Potomac hätte Madison daraufhin jene Abgeordneten von der assumption überzeugt, deren Kongresswahlbezirke direkt am Fluss lagen (Die Virginier Richard Bland Lee und Alexander White sowie die Marylander George Gale und Daniel Carroll).[18] Schließlich wurde der sogenannte funding act vom Kongress am 4. August 1790 verabschiedet.[19]

Die Whiskey-Steuer verabschiedete der Kongress hingegen ohne weitreichende Diskussionen im Frühjahr 1791; Präsident Washington unterschrieb sie am 3. März desselben Jahres.[20]

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zeitgenössische Reaktionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch außerhalb des Kongresses sorgte der Report on Public Credit für Debatten. Mehrere State Legislatures kritisierten insbesondere die assumption heftig. In North Carolina erklärte Gouverneur Alexander Martin am 2. November 1790, dass die Übernahme der Schulden seines Staates dessen Souveränität ernsthaft gefährde. Bald darauf sprach die State Legislature North Carolinas dem Kongress sein Recht ab, die assumption ohne die Einwilligung der Bundesstaaten durchzuführen. Die Virginia General Assembly erklärte die assumption für verfassungswidrig. Der Bundesregierung sei nämlich nicht explizit (Das Oberhaus ließ dieses Wort wieder streichen) das Recht verliehen worden, die Schulden der Bundesstaaten zu übernehmen. Hamilton warfen sie vor, dem amerikanischen Volk durch eine fortdauernde Schuldenlast zu schaden und die Regierung zur Interessenvertretung reicher, neuengländischer Kaufleute zu machen. Die Beschlüsse aus North Carolina und Virginia nahmen die Kentucky and Virginia Resolutions aus dem Jahr 1798 vorweg, die die Alien and Sedition Acts nullifizierten.[21]

Am extremsten war wohl die Reaktion der Siedler in der pennsylvanischen Frontier, für deren Leben die Whiskeybrauerei eine Grundfeste war. Auf Grund der schlechten Infrastrukturlage war der Transport ihrer Produkte nämlich fast nur in gebrannter Form möglich. Besonders die Ärmsten Pennsylvanias, die Whiskey als Ersatzwährung nutzten, waren betroffen. Einigen Quellen zufolge war die Frontierwirtschaft sogar vollkommen auf solchen Tauschhandel angewiesen; einige Familien hatten ein Jahrzehnt lang gar keinen Kontakt mit Münz- oder Papiergeld. (Demzufolge könnte man sie auch als die erste amerikanische Einkommenssteuer bezeichnen.) Sie sahen ihre Wirtschaftslage daher durch die Whiskey-Steuer bedroht; die Whiskey-Steuer durfte nämlich nicht mit Whiskey bezahlt werden. Friedlicher Protest gegen die Steuer (Angeführt von Anhängern Jeffersons wie Albert Gallatin) sowie gewaltsame Ausschreitungen gegen Steuereintreiber mündeten 1794 in der so genannten Whiskey-Rebellion. Sie wurde ohne größere kämpferische Auseinandersetzungen unterdrückt, weshalb einige Historiker den Begriff „Rebellion“ kritisiert haben. Einige hundert Aufständische wurden für eine kurze Zeit festgenommen; die Rädelsführer nach einem Todesurteil von Präsident Washington begnadigt. Nach dem Sieg Jeffersons in der Präsidentschaftswahl 1800 wurde die Whiskey-Steuer wieder abgeschafft. Ob die Rebellion berechtigt war oder die Steuer eigentlich nur den Verbrauchern schadete, ist unter Wirtschaftshistorikern umstritten.[22]

Kaufleute reagierten hingegen allgemein positiv auf Hamiltons Reformpolitik. In den Jahren nach dem Bericht stieg der Wert US-amerikanischer Staatsanleihen beträchtlich; die Wall Street entstand. Des weiteren hatte Hamilton auch finanziellen Erfolg; die Regierung befand sich nicht mehr in Schuldenverzug.[23]

Historische Bewertung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die von Hamilton im Bericht skizzierte Wirtschaft wird in der Forschung oft diskutiert. Elkins und McKitrick zufolge spielten Kaufleute für Hamilton als Wirtschaftsmotor die Hauptrolle, weshalb er ihnen unter die Arme greifen wollte. Dazu habe er beispielsweise die Kapitalmärkte gestärkt, indem er Staatsanleihen einen stabilen Wert verlieh. Seine Vorstellung einer gestärkten amerikanischen Wirtschaft sei mit seiner Vorstellung einer gestärkten amerikanischen Bundesregierung verbunden gewesen. Eine starke Wirtschafts- und Finanzlage mit konstanten Steuereinnahmen und einer hohen Kreditwürdigkeit hätten es ihr nämlich ermöglicht, sich wie ein europäischer Staat auch im Krieg zu verteidigen. Hamilton hatte nämlich im Unabhängigkeitskrieg als Soldat die Erfahrung gesammelt, dass eine schwache Regierung im Verteidigungsfall seine Truppen nicht ausreichend ausstatten und versorgen konnte.[24] Zudem sollte die Schicht der Kaufleute die Regierung unterstützen können. Hamilton wurde daher oft vorgeworfen, Politik nur für die Reichen gemacht zu haben. Insgesamt waren 1790 nämlich weniger als zwei Prozent der Bevölkerung überhaupt Inhaber von Schuldscheinen. Durch diese ökonomische Benachteiligung der Armen habe Hamilton seine Gegner unter einem Banner vereinigt und eine geschlossene Opposition geschaffen, so der Historiker Jeremy Engels.[25] Die Historiker Max Edling und Mark D. Kaplanoff kritisieren diese Auffassung auf Grund ihrer Analyse von Hamiltons Steuerpolitik, die ein Großteil der Bevölkerung tatsächlich entlastet habe. Durch die assumption konnten die Bundesstaaten ihre Steuern deutlich um bis zu 90 % senken, während die Bundesregierung sich fast ausschließlich durch Zölle finanzierte.[26]

Die Forschung befasst sich auch mit den politischen Folgen des Berichts. Holloway sieht im Report on Public Credit den Beginn der Rivalität zwischen Hamilton und Jefferson, die die Politik im frühen Amerika prägte (vgl. First Party System). Ihm zufolge sei Hamiltons Handeln von Ehrgeiz motiviert gewesen. Mit diesem Finanzbericht wollte er nicht nur einfache Buchhaltung betreiben, sondern die Gründung des amerikanischen Nationalstaates maßgeblich vorantreiben. So sollte er als großer Staatsmann in die Geschichte eingehen. Für Jefferson repräsentierte Hamiltons Finanzpolitik allerdings einen Verrat an der Revolution und eine Rückkehr zur Korruption des britischen Unterhauses. Zugleich zeige die Diskussion um die assumption die unterschiedlichen Konzeptionen der Rolle der Bundesregierung auf. Während die Bundesregierung in Hamiltons Denken bereits die Hauptrolle spielte, sah Jefferson viele Kompetenzen noch bei den einzelnen Bundesstaaten. Um die Einigkeit der Union gewährleisten zu können, sei Jefferson schließlich den Kompromiss von 1790 eingegangen.[27]

Ausgaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Spezialstudien
Darstellungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Richard Sylla und David J. Cowen: Alexander Hamilton on Finance, Credit, and Debt S. 69
    Gordon S. Wood: Empire of Liberty: A History of the Early Republic, 1789–1815 In: Oxford History of the United States Oxford University Press, New York 2010, S. 31–33.
  2. Carson Holloway: Hamilton versus Jefferson in the Washington Administration: Completing the Founding or Betraying the Founding? S. 16–19, 28
  3. Robert M. Jennings, Donald F. Swanson und Andrew P. Trout: Alexander Hamilton’s Tontine Proposal In: The William and Mary Quarterly, Band 45 (1988), S. 107–115, hier: S. 107
    Donald F. Swanson und Andrew P. Trout: Alexander Hamilton, „the Celebrated Mr. Neckar“, and Public Credit In: The William and Mary Quarterly, Band 47 (1990), S. 422–430, hier: S. 424–425
  4. Stanley Elkins und Eric McKitrick: The Age of Federalism S. 107–113
  5. Richard Sylla und David J. Cowen: Alexander Hamilton on Finance, Credit, and Debt S. 71
    Carson Holloway: Hamilton versus Jefferson in the Washington Administration: Completing the Founding or Betraying the Founding? S. 23
  6. Stanley Elkins und Eric McKitrick: The Age of Federalism S. 141
  7. Stanley Elkins und Eric McKitrick: The Age of Federalism S. 121
  8. Stanley Elkins und Eric McKitrick: The Age of Federalism S. 142
  9. Richard Sylla und David J. Cowen: Alexander Hamilton on Finance, Credit, and Debt S. 69–70
    Stanley Elkins und Eric McKitrick: The Age of Federalism S. 116–118
    Carson Holloway: Hamilton versus Jefferson in the Washington Administration: Completing the Founding or Betraying the Founding? S. 14–16, 20–22
  10. Richard Sylla und David J. Cowen: Alexander Hamilton on Finance, Credit, and Debt S. 70–72
    Stanley Elkins und Eric McKitrick: The Age of Federalism S. 117
    Carson Holloway: Hamilton versus Jefferson in the Washington Administration: Completing the Founding or Betraying the Founding? S. 23–27
    William Rodney Herring: The Rhetoric of Credit, the Rhetoric of Debt: Economic Arguments in Early America and Beyond S. 45–82, hier: S. 53
  11. Richard Sylla und David J. Cowen: Alexander Hamilton on Finance, Credit, and Debt S. 72–74
    Stanley Elkins und Eric McKitrick: The Age of Federalism S. 118–120
    Carson Holloway: Hamilton versus Jefferson in the Washington Administration: Completing the Founding or Betraying the Founding? S. 27–32
  12. Cynthia L. Krom und Stephanie Krom: The Whiskey Tax of 1791 and the consequent Rebellion: „A wicked and happy Tumult“ S. 91–113, hier: S. 95
  13. Richard Sylla und David J. Cowen: Alexander Hamilton on Finance, Credit, and Debt S. 73–79
    Stanley Elkins und Eric McKitrick: The Age of Federalism S. 121–123
    Carson Holloway: Hamilton versus Jefferson in the Washington Administration: Completing the Founding or Betraying the Founding? S. 32–36
  14. Stanley Elkins und Eric McKitrick: The Age of Federalism S. 143, 151–152
  15. Stanley Elkins und Eric McKitrick: The Age of Federalism S. 143–144
    William Rodney Herring: The Rhetoric of Credit, the Rhetoric of Debt: Economic Arguments in Early America and Beyond S. 45–82, hier: S. 54–55
  16. Stanley Elkins und Eric McKitrick: The Age of Federalism S. 146–151
    Carson Holloway: Hamilton versus Jefferson in the Washington Administration: Completing the Founding or Betraying the Founding? S. 42–44
    Christian G. Fritz: Monitoring American Federalism: The History of State Legislative Resistance Cambridge University Press, Cambridge 2023, S. 52–53
    John W. Kuehl: Justice, Republican Energy, and the Search for Middle Ground: James Madison and the Assumption of State Debts S. 321–338, hier: S. 325–328
  17. John W. Kuehl: Justice, Republican Energy, and the Search for Middle Ground: James Madison and the Assumption of State Debts S. 321–338, hier: S. 331–334
  18. Stanley Elkins und Eric McKitrick: The Age of Federalism S. 155–156, 158–160
    Carson Holloway: Hamilton versus Jefferson in the Washington Administration: Completing the Founding or Betraying the Founding? S. 44–45
    Jacob E. Cooke: The Compromise of 1790 S. 523–545, hier: S. 524–526, 531–532, 534–535, 540–542, 545
    Kenneth R. Bowling: Dinner at Jefferson’s: A Note on Jacob E. Cooke's „The Compromise of 1790“ S. 629–648, hier: S. 629–631, 633–634, 640
  19. Christian G. Fritz: Monitoring American Federalism: The History of State Legislative Resistance Cambridge University Press, Cambridge 2023, S. 51
  20. Cynthia L. Krom und Stephanie Krom: The Whiskey Tax of 1791 and the consequent Rebellion: „A wicked and happy Tumult“ S. 91–113, hier: S. 96
  21. Carson Holloway: Hamilton versus Jefferson in the Washington Administration: Completing the Founding or Betraying the Founding? S. 46
    Christian G. Fritz: Monitoring American Federalism: The History of State Legislative Resistance Cambridge University Press, Cambridge 2023, S. 52–58
    John W. Kuehl: Justice, Republican Energy, and the Search for Middle Ground: James Madison and the Assumption of State Debts S. 321–338, hier: S. 335
  22. Cynthia L. Krom und Stephanie Krom: The Whiskey Tax of 1791 and the consequent Rebellion: „A wicked and happy Tumult“ S. 91–113, hier: S. 97, 101–102, 106–109
    David O. Whitten: An Economic Inquiry into the Whiskey Rebellion of 1794 S. 491–504, hier: S. 493–495, 504
  23. William Rodney Herring: The Rhetoric of Credit, the Rhetoric of Debt: Economic Arguments in Early America and Beyond S. 45–82, hier: S. 63
  24. Stanley Elkins und Eric McKitrick: The Age of Federalism S. 116–117
  25. Jeremy Engels: Enemyship: Democracy and Counter-Revolution in the Early Republic Michigan State University Press, East Lansing 2010, S. 119. zit. nach: William Rodney Herring: The Rhetoric of Credit, the Rhetoric of Debt: Economic Arguments in Early America and Beyond S. 45–82, hier: S. 48, 65
  26. Max M. Edling und Mark D. Kaplanoff: Alexander Hamilton’s Fiscal Reform: Transforming the Structure of Taxation in the Early Republic S. 713–744, hier: S. 716–718, 729–733, 736, 738
  27. Carson Holloway: Hamilton versus Jefferson in the Washington Administration: Completing the Founding or Betraying the Founding? S. 10–13, 36, 43–45

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