Benutzer:Ikonograph/Hs XIX 17.3

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Hs. XIX 17-3[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Codex Königsegg ist eine Fechthandschrift. Sie wurde von dem Schirmmeister (Fechtmeister) Hans Talhoffer (ca. 1420 - 1490) im Auftrag von Junker Lutold III. von Königsegg um ca. 1458 erstellt.

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Allgemein[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Königsegger Kodex Hs. XIX 17-3, eine der ältesten Fechtbücher, genauer gesagt, eine Fechthandschrift, ist seit über 550 Jahren im Besitz der Grafen zu Königsegg-Aulendorf. Der Fechtmeister Hans Talhoffer ließ sie etwa 1456 im Auftrag des Junkers Lutold III. von Königsegg (geb. um 1435, verst. 1473) anfertigen, nachdem er diesen auf einen gerichtlichen – vermutlich realen – Zweikampf vorbereitet und als sein Schirmmeister begleitet hatte. Diesen Zweikampf beschreibt Talhoffer szenisch im Bildkatalog seiner prächtigen Handschrift. Anschließend lehrt er auf den Tafeln, welche mit kurzen, die Situation erläuternden Beitexten versehen sind, den Umgang mit Dolch, Spieß, die Ringkunst und den Kampf zu Pferd.

Die Handschrift ist, wie zur damaligen Zeit üblich, in einer Werkstatt gefertigt worden. Die Zeichner sind unbekannt, der Schreiber ist Peter Will (fol. 61r). Wasserzeichen sind nicht ersichtlich. Zum einen ist es ein "Gebrauchsbuch", in dem sich der Leser die Stücke (Kampftechniken) noch einmal vergegenwärtigen kann, zum anderen aber auch ein Erinnerungsstück an Lutolds Zweikampf in der Art einer adeligen memoria. Fälschlicher Weise wird die Handschrift zuweilen als "Ambraser Codex" bezeichnet und so mit seiner Kopie "KK 5342" verwechselt.

Die Entdeckung des Codex[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hans Peter Hils machte sich bei seiner Dissertation (Meister Johannes Liechtenauers Kunst des langen Schwertes) auf die Suche nach dem verschollenen Buch. Rasch erkannte er, dass der "Ambraser Codex" lediglich eine Abschrift sein mußte. Endlich entdeckte er das Original 1980 in der gräflichen Bibliothek von Königsegg. Damit war die fünfte Originalhandschrift Talhoffers gefunden und die bis dato fälschlich angenommene Zahl von sechs Handschriften revidiert.

Eine Fechthandschrift für den Streiter Königseggs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Grund für das Duell ist nicht bekannt, vermuten lässt sich eine Grenzstreitigkeit, die die Zollproblematik involvierte. Probleme gab es für die Königsegger schon bald, nachdem sie die Burg Marstetten – die als Grenzmark diente – gemeinsam mit ihren Siedlungen, Bächen und Fischen, wie es im Vertrag steht, 1351 erworben hatten. Um das lukrative Geschäft des Zolls gab es dann alsbald die ersten Streitigkeiten. Das Zollrecht bei Fellheim war ein Anlass, und die Richter Gebhard von Rechberg und Truchsess Johann von Waldburg, entschieden gegen Albrecht von Rechberg zu Babenhausen. Zwar bestätigten alle Kaiser bis hin zu Friedrich III. die Gerechtsame der Herrschaft Marstetten, doch der Streit ums liebe Geld ging weiter und so wurde ein Ritter von Eisenburg von einem Königsegger gefangen genommen, bis die Auslösung erfolgte. Mit der freien Reichsstadt Memmingen, die der Gerichtsstand auch für die hohe Gerichtsbarkeit war, über die Marstetten verfügte, wurde ein Vergleich bezüglich des Zollrechts ausgehandelt. So mag nicht jeder Adlige damit einverstanden gewesen sein und eine gesetzliche Grauzone bezüglich eines Gebietes oder des Zollrechts gefunden haben – ähnlich den heutigen Firmenanwälten, die Lücken im Gesetz zum Vorteil des Unternehmens suchen – und so könnte es möglich gewesen sein, dass Lutold das Land seiner Brüder verteidigen musste, eben in einem gerichtlichen Zweikampf, welcher früher auch „Gottesurteil“ genannt wurde. Die Streitigkeiten um das Zollrecht nahmen auch in den nächsten Jahren kein Ende.

Die persönliche Beziehung zwischen Lehrer und Schüler und die Dankbarkeit des siegreichen Lutold ist in mehreren Tafeln fast anrührend dargestellt. Talhoffers Text nennt mehrfach seinen Auftraggeber: 'liutold von küngs egg', der Gott dankt, dass dieser sein Leben behütet habe. Am Ende seiner Arbeit geleitet ihn noch der junge Lutold zu Pferd ein Stück des Weges.


Um in einem gerichtlichen Zweikampf des 15. Jhs. zu überleben, diesen also siegreich zu bestehen, mussten die Kontrahenten innerhalb von sechs Wochen entsprechend vorbereitet werden. Dies galt gleichermaßen für Adlige, Bürger und Bauern. Unterwiesen und während des Ordals begleitet wurden sie von kampferfahrenen Schirmmeistern.

Kasten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Kategorie: Fechtbuch
  • Signatur: Hs. XIX 17-3
  • Autor: Hans Talhoffer
  • Auftraggeber: Junker Lutold III. von Königsegg
  • Aufbewahrungsort: Königseggwald, Gräfliches Archiv
  • Entstehungszeitraum: ca. zwischen 1455 und 1459
  • Region: Südwestdeutsch
  • Größe: 305 x 230 mm
  • Material: Papier, Handschriftendeckel Pergament
  • Anzahl der Blätter und Lagen: 73 Blätter, Papierbögen in 7 Lagen zu 4 – 6 Blättern
  • Schriftart: Bastarda in Frühneuhochdeutsch
  • Mundart: Schwäbisch
  • Schreiber: Peter Will
  • Zeichnungen: 114 kolorierte Federzeichnungen mit kurzen Beischriften.

Kodikologie und Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Beschreibstoff

Die Handschrift Hs. XIX 17.3 wurde vermutlich zwischen 1455 und 1458 von Hans Talhoffer für Junker Lutold III. (Liutold bzw. Leutold) von Königsegg (erw. 1446–1473) in Südwestdeutschland angefertigt. Seither ist sie im Familienbesitz der Grafen zu Königsegg-Aulendorf. Das Wappen des Auftraggebers (rote Rauten auf gelbem Grund, roter Helmbusch) ist auf fol. 10v, 23r, 24r und 25r ersichtlich. Hans Talhoffer, Lutolds Lehrmeister, nennt sich auf fol. 1v (2), 9v (18), 10r (19), 24r (47), 25r (49) und 61r (121). Neben kampftechnischen Darstellungen im Schwertfechten, Ringen, Kampf zu Roß und dem Kampf mit dem Spieß, ist ebenso der Zweikampf Lutolds mit seinem Gegner auf den Tafeln zu ersehen. Die dazugehörigen narrativen Szenen wie der betende Lutold oder die Überreichung von Schwert und Scheibendolch durch seinen Schirmmeister, zeugen als Ausdrucksform adliger memoria. Die Zeichnungen und Begleittexte, ebenso wie die Kampftechniken, die Stücke, sind auf allen Tafeln deutlich zu erkennen. [Abb. 1: DSCF0168.TIF]


  • Folia und Schrift

Der Codex hat einen Umfang von 31 x 23 cm, er enthält 73 Blätter aus Papier. Die beiden Texte in fol. 1rv sowie die Beischriften im Bildkatalog sind in Bastarda verfasst, ebenso das Spruchband auf fol. 23r. Das Spruchband auf fol. 2r in Textura. Die Mundart ist schwäbisch. Die folia sind von einer jüngeren Hand wohl des 19. Jhs. mit Bleistift durchgängig paginiert von 1r bis 73v. Illustriert und beschrieben sind die fol. 1r bis 61r, die fol. 61v bis 73v sind leer. Ohne Illustrationen und unbeschrieben sind im Bild- und Textteil auch fol. 2v, 3v, 4v, 23v und 24v. Der Schreiber ist der nicht weiter bekannte Peter Will, der sich auf fol. 61r nennt: Peter Will mit seiner hand haut geschriben end vnd anefang


  • Illustrationen

Die Aquarellfarben in den 114 Federzeichnungen sind gelegentlich deckend, meist in leichten bis kräftigeren Lavierungen aufgetragen. Die Illustrationen sind mit kurzen Beischriften versehen.

Rainer Leng unterscheidet drei Hauptzeichner: Zeichner I: 2r–29v „Mit reichlichen Schraffuren und schattierender Kolorierung mit dünnerem Strich zur Andeutung beschatteter Körperteile, gelegentlichen gröberen Binnenzeichnungen von Rüstungsdetails, insbesondere mit auffällig weit nach unten hin ausladenden Brustharnischen, die gelegentlich nahezu eine umgedrehte Herzform annehmen.“

Zeichner II: 30r–49v „Mit schlankeren Körpern und gröberen Gesichtszügen, nahezu ohne Schraffuren und nur wenigen einzelnen Strichen Gewandfalten andeutend, Kolorierung schattierend mit breitem Pinsel aber meist nur in schwacher Lavierung.“

Zeichner III: 50r–61r „Insgesamt enger an Zeichner I orientiert, mit ebenfalls reicheren Schraffuren und Rüstungsdetails, ebenso in Nachahmung der charakteristischen Brustharnischform des Zeichner I, jedoch mit kleineren Figuren und gröberer Gesichtszeichnung sowie sparsamen, nur lavierenden Farbeinsatz; intensiver in der zeichnerischen Ausformung sind lediglich die Gebets- sowie die Einkleidungs- und Einführungsszenen und die Aufbahrung des toten Gegners (S. 3, 18–21, 43–45, 47); in expressiverer Farbgebung mit kräftigem Rot nur die Szenen, die schwere Verwundungen oder abgeschlagenen Körperteile mit weit spritzendem Blutaustritt illustrieren (S. 40–43 und 92).“

„Insbesondere bei Zeichner III sind regelmäßige Anteile anderer Zeichner festzustellen, die teilweise auf I und II sowie auf möglicherweise weitere Gesellenhände verweisen; bei den Pferdedarstellungen sind offenkundig arbeitsteilende Prozesse zu beobachten; regelmäßig sind Bleistiftvorzeichnungen zu erkennen; insgesamt einem schwäbischen Buchmaleratelier unbekannter Lokalisierung zuzuschreiben, das mit den anderen Talhoffer-Arbeiten nicht in unmittelbaren Zusammenhang steht“ (Leng 2008, 52 f.).

Die Kampftechniken in der Bildthematik sind vom Schwierigkeitsgrad unterschiedlich, einfach gehaltene Stücke wechseln mit anspruchsvollen ab. Bisweilen sind auch Gegenkonter (Stück und Bruch) enthalten (z. B. fol. 17v, 30v), der Situation im Kampf entsprechend.


  • Einband (folgt)


  • Inhalt

Untergliedert ist die Handschrift in zwei Texte, die Schwertübungen für das Ordal, die Beschreibung des Ordals und die Lehrstücke im Scheibendolch, Ringen, Spieß sowie dem Reiterkampf.

Besonderheiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzigste bekannte Fechthandschrift mit der kompletten Darstellung eines Ordals. Verhalten vor dem Duell, Ehrenkodex, Übungszenen, Einzug in die Schranken, Ordal und Einsargung.

Kopien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zwei gegenüber den Zeichnungen des Originals weniger hochwertige Kopien befinden sich in Augsburg und Wien:

- Cod. I.6.2°.1/ Augsburg, Universitätsbibliothek

- KK 5342 (bisher P 5342 B, olim Ambras 55)/ Wien, Kunsthistorisches Museum, Hofjagd- und Rüstkammer (s. Talhoffers Handschriften).