Benutzer:Johannes Maximilian/Technisches Einheitensystem

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Prinzipiell stimmt dieses Typenschild, da Gewicht in „kp“ angegeben werden kann. Allerdings ist hier nicht Gewicht, sondern Fahrzeugmasse entscheidend, die hier gar nicht angegeben ist. Darüber hinaus würde der Laie Gewicht mit Masse gleichsetzen, weswegen dieses Typenschild mehr als verwirrend ist. Richtigerweise sollte hier also stehen: „Maximal zulässige Gesamtmasse: 7500 kg.“
Ein Wechselstromzähler aus dem Jahr 1913. Der Verbrauch wird in Kilowattstunden angegeben, die auf Watt und Sekunde basieren. Damit kann man recht einfach rechnen.
Obwohl hier eigentlich SI-gerechte Maßeinheiten verwendet werden, ist das Schild nur sehr schwer verständlich. Die Angaben in „km/std.“ findet man oft in historischer Literatur, aber „km.i.d.St.“ anstelle von „km/h“ und „m.i.d.Min.“ anstelle von „m/min“ bzw. m·min−1 sind selbst dort nur sehr selten zu finden. Beim unteren dachte ich zunächst, es sei eine Angabe in Meilen (mi).
...Ein Mercedes-Benz O 6600 T. Die technischen Daten aus Februar 1955. Und die Leistung wird auch in Watt angegeben.

Warum lehne ich das Technische Einheitensystem ab? Es gibt mehrere Gründe. Hier die wichtigsten:

  • Das technische Einheitensystem ist obsolet! Zwar eine Pauschalaussage, allerdings fasst sie so ziemlich alles zusammen.
  • Es gibt keine richtige Einheit für die Kraft. Ursprünglich Kilogrammkraft, dann Kilopond: Das Kilopond soll die Kraft sein, die auf die Masse von einem Kilogramm wirkt. Und das geht schlecht, weil das von der Erdbeschleunigung abhängig ist, die an jedem Ort unterschiedlich ist. Man hat diese Beschleunigung irgendwann einmal willkürlich auf 9,80665 m·s−2 festgelegt, was dazu führt, dass man keinen exakten, sondern nur einen modellarischen Zusammenhang zwischen Masse und darauf einwirkende Kraft herstellen kann. Was hier hier also mit dem Kilogramm und dem Kilopond passiert ist, ist schlicht das Gleichsetzen von Kraft und Masse. Zwei unterschiedlichen Größen. Um das mal anschaulich darzustellen: Zeit lässt sich auch nicht in Kilogramm darstellen. Die Einheit der Zeit ist die Sekunde. Deswegen sind alle auf kp bzw. kg als Kraft eingesetzen Maßeinheiten genaugenommen falsch. Dazu gehören unter anderem kg·m, PS und kg/cm2. Das SI-System hat hingegen mit dem Newton eine richtige Einheit für die Kraft. Die Verwendung einer Masse als Kraft sorgt mitunter für Verwirrung, so etwa wird die Zugkraft von Fahrzeugen oft mit der Anhängelast verwechselt. In der Praxis ist zwar der Einfluss des Kraftmassefehlers gering, aber er ist da. Hat eine Masse von 400 kg noch ein Gewicht von 400 kp, so ändert sich das Gewicht je nach Ort auf der Erde schonmal um 1 kp. Noch extremer wird es allerdings auf dem Mond: 100 kg Masse haben auf dem Mond nur mehr ~17 kp Gewicht.
  • Das SI-System wurde 1960 mehr oder weniger in seiner heutigen Form fertiggestellt (Kelvin und mol nicht berücksichtigt). Seitdem sind 64 Jahre vergangen. Davon abgesehen gibt es viele SI-Einheiten schon viel länger, das Watt etwa seit 1889. Fritz Anton Franz Schmidt empfiehlt bereits in seinem 1939 erschienen Werk Verbrennungsmotoren: Thermodynamische und versuchsmäßige Grundlagen unter besonderer Berücksichtigung der Flugmotoren die Verwendung von kW anstelle von PS.[1] In Deutschland dient das SI-System als Grundlage der gesetzlichen Maßeinheiten. Und das schon recht lange. Einheiten des Technischen Einheitensystems sind in den DACH-Staaten seit 2010 nur mehr als Hilfseinheiten zugelassen und dürfen nicht im Vordergrund stehen. Das heißt, es muss immer die SI-Einheit zuerst genannt werden.
  • Sämtliche aus dem SI-System abgeleiteten Maßeinheiten lassen sich für jeden Anwendungsbereich verwenden, bei dem die entsprechende Größe dargestellt werden muss. Das geht mit dem Technischen Einheitensystem nicht: Es gibt für jeden einzelnen Anwendungsbereich entsprechende Einheiten für dieselbe Größe. Um mal ein Beispiel zu nennen, Druck: at, atü, ata, torr, mH2O, mWS kg/cm2… Speziell bei der Größe Leistung wird das PS fast ausschließlich für Verbrennungsmotoren eingesetzt. Sonst nirgends. Und Leistung gibt es nicht nur bei Verbrennungsmotoren; es scheint wenig sinnvoll, bei Verbrennungsmotoren eine andere Einheit als überall üblich (W) zu benutzen.
  • Heute kennt kaum noch jemand das Technische Einheitensystem. Physikinteressierte junge Menschen, die nichts mit Kraftfahrzeugtechnik zu tun haben, werden sagen, dass der Kilogrammmeter als Einheit für das Drehmoment falsch ist und nicht verwendet werden kann, da Gramm keine Einheit der Kraft ist. Mit der Abkürzung kp·m oder kg·m wird niemand etwas anfangen können. Die Einheit PS für die Leistung kann lediglich grob eingeordnet werden; was ein PS tatsächlich ist, wird kaum jemand beantworten können: 75 kg·m/s. Und da ist wieder der Fehler, dass Masse nicht gleich Kraft ist. In Schulen wird das Technische Einheitensystem kaum noch gelehrt, da es obsolet ist.
  • Das SI-System hat sich gegenüber dem Technischen System sowohl in Wissenschaft als auch im Alltag durchgesetzt. Außer bei Kraftfahrzeugtechnik wird so gut wie nirgends auf das Technische Einheitensystem zurückgegriffen: Eine Glühbirne hat 100 W oder ein Staubsauger hat 1800 W… Interessant zu beobachten ist, dass speziell beim Drehmoment der Kilopondmeter gänzlich durch den Newtonmeter verdrängt wurde, selbst im Automobilbereich, während sich dort PS bis heute neben dem Watt gehalten hat. Das zeigt, dass die Maße lediglich der Abschätzung (viel oder wenig) dienen, aber kein Zusammenhang zwischen Zeit und Arbeit hergestellt wird.
  • Die gleichzeitige Vernwendung des Technischen Systems mit dem SI-System erschwert also das Verständnis: PS und N·m etwa erfordern eine komplizierte Umrechnung, wenn sie als Einheiten zur Darstellung von Größen im selben Themenkomplex verwendet werden.
  • Sowohl alte als auch neue Literatur mit wissenschaftlich-technischem Schwerpunkt benutzt in der Regel nicht Einheiten des Technischen Einheitensystems. Insbesondere DDR-Fachliteratur benutzt das Technische Einheitensystem nahezu überhaupt nicht. Sofern Literatur Kraftfahrzeuge thematisiert, die keine Verbrennungsmotoren haben, wird selbst in historischer Literatur meist nicht oder nur teilweise auf das Technische Einheitensystem zurückgegriffen. Ausschließlich in nichtwissenschaftlichen Werken überwiegen technische Maßeinheiten.
  • Einige Einheiten des Technischen Systems lassen keine Vielfachen von sich zu und können nicht mit Präfixen verwendet werden, wie etwa das PS. Es gibt weder Kilo- noch Milli-PS. Kilo- (kW) und Milliwatt (mW) hingegen schon. Es ist deshalb nicht möglich, eine Leistung von weniger als einem PS darzustellen, ohne auf kg·m/s zurückzugreifen.
  • In englischsprachiger Literatur werden physikalische Größen oftmals in imperialen Einheiten dargestellt, die trotz ihrer Namensählichkeit zu technischen Einheiten oder SI-Einheiten anders definiert sind. Das sorgt sehr oft für Umrechnungsfehler.
  • Die Schreibweise der Einheitenzeichen ist im technischen Einheitensystem teilweise sehr missverständlich (siehe Bild links). Bekanntere missverständliche Schreibweisen dürften z.B. ccm, km/sdt. und mkg sein. Im englischen Sprachraum ist auch kph verbreitet, damit sind aber keine Kilopondstunden, wie man sie in historischer Literatur für die Kraftstoffverbrauchsangaben von Strahltriebwerken (g/kph) findet, gemeint, sondern km/h.

Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Franz Anton Fran Schmidt: Verbrennungsmotoren: Thermodynamische und versuchsmäßige Grundlagen unter besonderer Berücksichtigung der Flugmotoren. Springer, Berlin/Heidelberg, 1939. ISBN 978-3-662-36293-8 . S. 305