Benutzer:JurecGermany/Emailreparatur

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Schäden an emaillierten Flächen verfahrenstechnischer Apparate und Komponenten treten in der Praxis sehr selten auf. Passiert dennoch einmal etwas, ist die Ursache häufig Un­achtsamkeit bei der Handhabung des Apparates. Typische Folgen sind dann beispielsweise Schlagschäden, die zu einem lokalen Abplatzen der Emaillierung führen. Ab und an treten auch Schäden an der Emaillierung in­folge von elektrostatischen Entladungen innerhalb des Apparates auf. Elektrostatische Entladungen führen zu stecknadelkopf-großen Perforationen der Emaillierung, durch die dann korrosives Medium direkt in Kontakt mit dem Grundwerk­stoff Stahl kommen kann.

Neben den eher punktuellen Schäden können auch Schäden auftreten, die sich flächig über einen größeren Bereich des Behälters oder Bauteils erstrecken können: Dazu zählen zum Beispiel Schäden infolge von Hydroabrasion (z.B. an Rührerflügeln) oder Thermoschock-Schäden.

Selbst anfangs punktuelle Schäden entwickeln sich im Laufe der Zeit zu „kapitalen“ Schäden, die eine größere Fläche umfassen und - im schlimmsten Falle - sogar zu Durchbüchen führen. Es ist daher unumgänglich, Schäden so frühzeitig wie möglich zu erkennen und die schadhafte Stelle zu reparieren (Abbildungen 1 und 2)

Stand der Technik für das Reparieren von Schäden an emaillierten Apparaten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stand der Technik ist das Reparieren der schadhaften Stelle, indem diese mit Hilfe einer „Abdeckung“ aus einem chemisch beständigen Werkstoff überdeckt wird. Der Spalt zwischen dem emaillierten Bauteil und der Abdeckung wird mit Hilfe einer Flachdichtung aus PTFE abgedichtet. Die zum Abdichten erforderliche Dichtungspressung wird mit­tels einer oder mehrerer Schrauben, ebenfalls chemisch beständig, aufgebracht .

Tantal wird wegen seiner sehr guten chemischen Beständigkeit bisher in den meisten Fällen als Werkstoff für die Abdeckung und die Verbindungselemente verwendet. Allerdings ist Tantal bei weitem nicht „universell beständig“. Bei folgenden Bedingungen ist Tantal ungeeignet:

  • Gegen rauchende Schwefelsäure, gegen Schwefelsäuremit einer Konzentration von mehr als 98% oder gegen Reaktionsprodukte von Schwefeltrioxidist Tantal ab einer Temperatur von über 50°C nicht beständig
  • Reaktionen, bei denen Bromoder bromhaltige Stoffe enthalten sind
  • Reaktionen, in denen Alkohol enthalten ist, insbesondere Methanol
  • Naszierender Wasserstoff, der in einem chemischen Verfahren entsteht, kann zur Versprödungvon Tantal führen
  • Hydroabrasiver Verschleiß führt zum kontinuierlichen und fortschreitenden Abtrag der sich bildenden Passivschichtauf der Bauteiloberfläche, wodurch Material infolge der sich lokal ergebenden Korrosion sukzessive abgetragen wird (tribochemischeKorrosion)
  • Schließlich können galvanische Reaktionen infolge der unterschiedlichen Position der verbauten Werkstoffe in der elektrochemischen Spannungsreihe auftreten, sofern das Medium als Elektrolytwirkt. Als Kathodekann das Tantal‑Bauteil verspröden, weil sich naszierender Wasserstoffan dessen Oberfläche bildet. Wirkt das Tantal‑Bauteil als Anode, korrodiert Tantal.

Außerdem steht die Verwendung von Tantal sehr in der Kritik: Tantal zählt zu den so genannten „Konfliktrohstoff“. Zum 31. Mai 2014 müssen Unternehmen, die an der US-Börse notiert sind, erstmals gegenüber der US-amerikanischen Börsenaufsicht SECSecu­rities Exchange Commission) offenlegen, ob in ihrem Produkten sogenannte „Konfliktmineralien“ aus der Demokratischen Republik Kongo oder aus Nachbarstaaten enthal­ten sind. Hintergrund hierfür ist Section 1502 aus dem US-amerikanischen Gesetz Dodd-Frank-Act. Mit der Regelung beabsichtigt die US-amerikanische Regierung, die Finanzie­rung von bewaffneten Gruppen in Teilen der DR Kongo durch Rohstoffgewin­nung und -handel zu unterbinden.

Das Durchführen von Reparaturen an emaillierten Apparaten ist eine handwerklich extrem an­spruchsvolle Tätigkeit, die viel Erfahrung und Geschick von dem ausführenden Mitarbei­ter erfordert. Selbst kleinste Fehler in der Erfassung der Schadensstelle, der Auswahl des Reparatursystems, der Anpassung der Abdeckung an die Behältergeometrie, der Ausfüh­rung des Dichtelements und der Montage und dem Verschrauben der Abdeckung können zum Versagen führen. Folge davon ist, dass der Schaden anschließend noch größer ist und in vielen Fällten mittels üblicher Reparaturmethoden überhaupt nicht mehr instandzuset­zen ist. Dann bleibt nur das sofortige Stilllegen des Apparates und dessen Reemaillierung oder – sofern der Schaden zu groß ist - dessen Verschrottung und Ersatz durch einen neu anfertigten Behälter.

Emailreparatur mit Email

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei technisch emaillierten Reparaturelementen handelt es sich um ein Abdeckelement aus einer emaillierten Speziallegierung, welches exakt der Kontur des Behälters an der beschädigten Stelle angepasst ist. Sowohl das Ab­deckelement als auch die Verschraubungselemente sind produktseitig mit einem hoch säure­beständigen und abrasionsfesten Technischen Email emailliert. Die Nachteile von Ver­schraubungen und Abde­ckungen aus Tantal werden damit vollstän­dig vermeiden.

Nach Abschluss der Reparatur befinden sich im Apparat wieder einzig und allein solche Werkstoffe, wie sie auch beim unbeschädigten Apparat vorhanden sind: Technisches Email und PTFE.

Aufgrund des vollständig „digitalen“ Workflows sind auch Einflüsse, die sich aus per­sönlichen Faktoren des ausführenden Mitarbeiters ergeben können, weitestgehend ausge­schlossen. Darüber hinaus ist das ganze Verfahren so ausgelegt, dass alle Schritte voll­ständig dokumentiert und jederzeit nachvollziehbar sind.

Die Vorgehensweise gliedert sich in die folgenden Schritte:

  1. Geometrieerfassung
  2. Geometriedatenaufbereitung
  3. Additive Fertigung des emaillierten Reparaturelements
  4. Emaillierung
  5. Fertigstellung und Einbau
  6. Inbetriebnahme und abschließende Prüfung
  7. Dokumentation

Erfassen der Ist‑Geometrie des Behälters im Bereich des Schadens

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit Hilfe eines handgeführten 3D-Scanners wird die Ist‑Geometrie des beschädigten Bauteils im Bereich des Schadens und etwas darüber hinaus digital erfasst (Abbildung 3). Der so entstan­dene Datensatz stellt eine hinreichend genaue räumliche Abbildung der lokalen Geometrie des beschädigten Bauteils dar. Das Scan‑Verfahren ist so ausgelegt, dass eine Genauigkeit von 0,1 mm bezogen auf die tatsächliche Kontur erreicht werden kann. Dies ist für die An­wendung völlig ausreichend. Ergänzend dazu wird die Vor‑Ort‑Situation dokumentiert und erfasst, um beispielsweise die Zugänglichkeit, Störkanten und andere Randbedingungen so umfassend wie möglich festzuhalten.

Geometriedatenaufbereitung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die mit dem 3D‑Scanner erfassten Geometriedaten werden noch vor Ort beim Kunden hin­sichtlich der Datenqualitätund Vollständigkeit geprüft und gegebenenfalls entsprechend nachbearbeitet. Sofern erforderlich, werden noch weitere relevante Geometrien erfasst und ebenfalls aufbereitet. Anschlie­ßend werden die Geometriedaten zum Servicecenter übertragen. Dort erfolgt dann die weitere Datenaufbereitung. Die erfassten Daten werden nun für die Verwendung in einem 3D-CAD-System aufbereitet. Dieses, als „Flächenrückführung“ bezeichnete Verfahren erzeugt aus dem Oberflä­chen‑Datenmodell des Scanners ein 3D‑Volumenmodell der Behältergeometrie, wel­ches in einem 3D‑CAD‑System weiterverarbeitet werden kann.

Konzeption und Konstruktion des emaillierten Reparaturelements

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In enger Abstimmung mit dem Kunden und der benannten Stelle erfolgen nun die Konzeption und die Konstruktion des emaillierten Reparaturelements. Dabei sind neben den funktionellen Aspekten einer zuverläs­sigen und nachhaltig si­cheren Abdichtung insbesondere die Randbedingungen vor Ort ent­scheidend: Es muss zum Beispiel die Zugänglichkeit des beschädigten Bereichs berück­sichtigt werden. Materialwandstärken sind ebenso relevant. Alle Informationen fließen beim Service‑Ingenieur zusammen, der dann rein digital und im 3D‑CAD-System das ge­nau passende emailliert Reparaturelement konstruiert (Abbildung 4). Zum besseren Verständnis der geometrischen Situa­tion und schließlich zum Simulieren des Reparaturvorganges haben sich dabei 3D‑Drucke der Schadensstelle und des konzipierten EmPads aus Kunststoff erwiesen, anhand de­rer der Praktiker schnell Schwachpunkte erkennen und Optimierungsansätze entwickeln kann. Mit Hilfe der FEM-Methode kann zudem die Stabilität und die Funktionalität des EmPads be­reits in der Entwicklungsphase überprüft werden, um das Bauteil beanspru­chungsgerecht auszulegen und auszuführen. Auch die Konzeptions‑ und Konstruktions­schritte sind voll­ständig digitalisiert und doku­mentiert.


Additive Fertigung und Emaillierung des emaillierten Reparaturelements

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beliebig geformte emaillierte Reparaturelemente können mit Hilfe des Selective Laser Melting‑Verfahrens (SLM) aus einem emaillierfähigen Werkstoff additiv hergestellt werden. Dazu wird das Geometriemodell des emaillierten Reparaturelements zunächst entsprechend digital aufbereitet. Anschließend wird der Datensatz in die SLM‑Maschine geladen. Diese stellt das emaillierte Reparaturelement nun schichtenweise aus dem emaillierfähigen Werkstoff her. Nachdem das Bauteil gereinigt, von Resten des Baumaterials befreit und sandgestrahlt wurde, wird das Emaillierte Reparaturelement emailliert. Die Emaillierung erfüllt alle Anforderungen an eine qualitätsgerechte Emaillie­rung, d.h. die Dicke des Deckemails entspricht der einer normge­rechten Emaillierung (Abbildung 5)

Fertigstellung und Einbau

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nun wird noch eine Dichtung aus einem FDA‑zertifizierten, bidirektional expandierten PTFE‑Werk­stoff angefertigt und zusammen mit dem emaillierten Reparaturelement sowie speziellen, ebenfalls emaillierten Verbin­dungselementen zum beschädigten Apparat transportiert. Dort erfolgt der Einbau des emaillierten Reparaturelements durch einen Servicetechniker. Auch die­ser Vorgang wird dokumentiert und ist daher jederzeit nachvollziehbar (Abbildung 6).

Inbetriebnahme und abschließende Prüfung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der letzte Schritt dieser systematischen Vorgehensweise ist die vom Servicetechniker be­gleitete Inbetriebnahme des reparierten Apparates beziehungs­weise Bauteils. Anschließend erfolgen noch eine abschließende Prüfung des Repara­turer­gebnisses und eine Freigabe des Apparates.

Der letzte Schritt umfasst das Erstellen einer vollständigen Dokumentation des Schadens und der Reparatur, wodurch die jederzeitige Nachvollziehbarkeit des Ausgangszustandes und der Randbedingungen, des Lösungsweges und des Ergebnisses bis hin zum Endzu­stand sichergestellt ist. Sollte an der gleichen Stelle erneut ein Schaden entstehen, kann somit auch auf die bereits erfassten Daten zugegriffen werden.