Benutzer:Levin Holtkamp/Jahrgang 1902

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Jahrgang 1902 ist ein Roman von Ernst Glaeser. Er wurde 1928 in Potsdam veröffentlicht. Das erste Buch beginnt mit dem Untertitel la guerre- ce sont nos parents (Krieg - das sind unsere Eltern)

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Handlungsübersicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Zentrum des pseudoautobiografischen Romans steht der junge Ernst, der in einer westdeutschen Kleinststadt aufwächst.

Das erste Buch beginnt einige Jahre vor dem Großen Krieg und zeigt eine Welt mit latenten Antisemitismus, vor allem mit verfestigten sozialen Klassen. In der Schule wird der Junge Leo Silberstein auf Grund seiner jüdischen Herkunft und seiner schwächlichen Gestalt vom Sportlehrer Dr. Brosius bis zur Erschöpfung drangsaliert. Ferd v. K. der Sohn des „roten Major“ und Ernst nehmen sich Leo an und versuchen ihn vor Diskriminierung zu schützen. Während sich Ernst zur Kur und Urlaub in der Schweiz aufhält und sich mit Gaston einen französischen Jungen anfreundet, bricht der 1. Weltkrieg aus. Der Krieg verbrüdert Proletarier und Fabrikanten gleichermaßen. Mit freudiger Erwartung versammelt man sich unter dem Banner des Kaiser um gemeinsam gegen den „faulen Frieden“ zu kämpfen. Die gesamte Stadt und das gesamte Land befindet sich in kollektiven Freudentaumel, nur der „rote Major“ nimmt eine kritische Stellung ein. Das vorrücken der Deutschen wird von Ernst und seinen Spielkameraden genau an einer Karte festgehalten. Jeder Sieg wird von der städtischen Gemeinde gefeiert. Die Geschäfte des Schneiders Silberstein passen sich der neuen Zeit an, er schneidert nun Uniformen.

Im zweiten Buch wird die Zeit während des Krieges, im heimatlichen Ort, dargestellt. Ernst bleibt gemeinsam mit seiner Mutter im gutbürgerlichen Heim zurück. Mit zunehmenden Dauer des Krieges werden sich Vater und Sohn immer fremder. Während hin und wieder der Wind den Kanonendonner von Verdun bis in das Städtchen weht, treibt aufkommender Hunger die Leute aufs Land zu den Bauern. Zusammen mit August Kremmelbein fährt er auf einen Bauernhof um bei der Ernte zu helfen. Dort trifft er Anna und lernt das „Geheimnis“ kennen. Anna kommt schließlich durch einen Bombenangriff ums leben.

Weltbild[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ernst Glaeser stellt das späte wilhelminische geprägte deutsche Kaiserreich vor und während des ersten Weltkrieges dar. Dabei legt Glaeser Wert auf eine deutliche scharfe Trennung zwischen Bürgertum und Arbeiterklasse.

Stellung in der Literaturgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einordnung ins Werk des Autors[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahrgang 1902 ist ein Frühwerk des Autors.

Stellung in der Literaturgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Den Roman Jahrgang 1902 ordnet man dem Stil der Neue Sachlichkeit zu. Nicht untypisch für die Zeit ist die pseudobiografisch Art des Romans, wie sie u.a. auch bei Ernst Weiß 1939 geschrieben Roman Ich - der Augenzeuge vorkommt.

Vergleichbar ist Jahrgang 1902 mit u.a. Im Westen nichts neues dahingehend das sowohl Ernst Glaesers als auch Erich Maria Remarques Buch eine pazifistische Innerlichkeit hat. Jedoch spielt sich die Handlung bei Glaeser innerhalb der Zivilbevölkerung ab, anders als es bei Remarques Werk, oder in Arnold Zweig Romanzyklus Der große Krieg der weißen Männer der Fall ist, deren Handlungen im Soldatenmilieus spielt. Das ein Roman mit diesen Thema innerhalb der Zivilbevölkerung spielte war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung einzigartig.

Die Nationalsozialisten verbrannten Glaesers Werke besonders wegen der sexuellen Anspielungen in Jahrgang 1902 öffentlich.

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rezeption bei Erscheinen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahrgang 1902 war einer der am meisten gelesen Roman seiner Zeit. Als der Roman 1928 erschien war Glaeser sechundzwanzig Jahre alt. Ein Jahr nach erscheinen lag die Auflage bereits bei zweihunderttausend Exemplaren.

Rezeption heute[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Soziologe Ralf Dahrendorf erwähnt; Das ist kein bedeutendes Buch wie die grossen Kriegsbücher von Erich Maria Remarque (Im Westen nichts Neues) oder auch von Ernst Jünger (In Stahlgewittern), aber zu seiner Zeit wurde es viel gelesen, weil eine Generation sich in ihm wieder fand.[1]. Jost Hermand dagegen misst dem Werk eine ganz erhebliche Bedeutung bei. Mit der Begründung, weil es eben zur Populärkultur gehörte und die meisten der Offiziere der unteren und mittleren Dienstgrade der Wehrmacht mitgeprägt hatte, die ganz entschieden für militärische Optionen des deutschen Nazifaschismus waren.

Rezensionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

"Die Zeit" schreibt anlässich der Neuauflage 2013 vom Wallstein-Verlag: Plastisch stellt Glaeser die Einkehr des Alltags dar, die Desillusionierung der Räusche, die Gewöhnung an die Kriegstoten, das Verschwinden der Heldenfeiern wie der Siege, die zunehmenden Beschwernisse der Heimat, das Leben vom Ersatz, den aufkommenden Hunger: Jugend, Frauen, Ästheten, Arbeiter und Juden, so die Botschaft, wurden getäuscht, werden nun ausgegrenzt und um ihre Realität betrogen, wie das vermeintlich Erhabene des Krieges sich als bloßes Geschäft offenbart.[2]

Wolfgang Schneider äußerte sich in seinem Beitrag im DeutschlandradioKultur fogendermaßen: Auch wenn Glaesers Darstellung öfter mal ins Plakative und Stereotype tendiert – der Roman hinterlässt starken Eindruck, die Beschreibungen sind atmosphärisch, die Szenen prägnant, die Sprache knapp und pointiert, beeinflusst vom Ton der Neuen Sachlichkeit. Man hat bei der Lektüre die Geschehnisse vor Augen, als würde man einen Film sehen. "Ein verdammt gutes Buch", urteilte Ernest Hemingway.[3]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Textausgaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ernst Glaeser: Jahrgang 1902. Bertelsmann Lesering, 1961.
  • Ernst Glaeser: Jahrgang 1902. Wallstein Verlag, Göttingen 2013, ISBN 978-3-8353-1336-1.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ralf Dahrendorf: Versuchungen der Unfreiheit S.99, C.H.Beck Verlag, 2006
  2. die Zeit: Die Eltern waren der Krieg - Jugend im Ersten Weltkrieg, (Zugriff am 22.05.2015)
  3. Wolfgang Schneider: Der Krieg, das sind unsere Eltern - Kaiserreich (Zugriff am 22.05.2015)