Benutzer:Levin Holtkamp/Werner Krauss

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Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Werner Krauss war Sohn des Archivrats Rudolf Krauss und Ottilie, geborene Schüle, einer Schwester von Eberhard Koebels Mutter. Im Juni 1918 legte er am Eberhard-Ludwigs-Gymnasium in Stuttgart das Abitur ab und wurde anschließend zum Wehrdienst eingezogen.

Nach Entlassung aus der Armee studierte Krauss an der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Humboldt-Universität zu Berlin Literaturwissenschaften, insbesondere Romanistik. Von 1922 bis 1926 lebte er in Spanien. 1929 wurde er bei Karl Vossler, bei dem auch Victor Klemperer studiert hatte, zum Dr. phil. promoviert. Seit April 1931 war er Assistent am Romanischen Seminar der Philipps-Universität Marburg und habilitierte sich im Jahr darauf bei Erich Auerbach. Nach dessen Amtsenthebung durch die Nationalsozialisten kam Krauss den Lehr-Verpflichtungen des jüdischstämmigen Hochschullehrers nach. Eine Professur wollten ihm die Machthaber indes nicht einräumen, da sie an seiner ideologischen Zuverlässigkeit zweifelten.[1] Im November 1933 unterzeichnete er das Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler. Als Dozent in Marburg wurde er im August 1940 zur Wehrmacht eingezogen und einer Dolmetscher-Kompanie zugeteilt.

Über seinen Freund, den Psychiater John Rittmeister, und dessen Kreis kam er mit Harro Schulze-Boysen in Verbindung. Mit seiner Freundin Ursula Goetze beteiligte er sich in Berlin-Schöneberg an der Zettelklebeaktion gegen die Ausstellung „Das Sowjetparadies“ im Berliner Lustgarten. Im November 1942 wurde er als Mitglied der Roten Kapelle verhaftet und am 18. Januar 1943 wegen Beihilfe zum Hochverrat vom Reichskriegsgericht zum Tod verurteilt. Neben der Zettelklebeaktion wurde ihm das Abhören ausländischer Sender und das Lesen und die Weitergabe von „Hetzschriften“ zur Last gelegt.

Das Todesurteil wurde nicht vollstreckt, sondern mit Hilfe psychiatrischer Gutachten und der Fürsprache einflussreicher Wissenschaftler[2] am 14. September 1944, nach verschiedenen Gefängnis- (u. a. in Plötzensee) und Aufenthalten in der Psychiatrie, zu fünf Jahren Zuchthaus abgemildert. In der Plötzenseer Todeszelle schrieb er mit gefesselten Händen einen skurrilen Schlüsselroman mit einem Luftwaffenoffizier (Harro Schulze-Boysen) als Zentralfigur: PLN – Die Passionen der halkyonischen Seele.

Dennoch wäre Krauss kurz vor Kriegsende beinahe noch umgekommen. Aus dem Wehrmachtgefängnis Torgau wurde er zusammen mit anderen Mithäftlingen auf einen Marsch in Richtung Osten geschickt. Wahrscheinlich wollten die Nazis diese Häftlinge in einem KZ zum Arbeitseinsatz heranziehen. Dieser Marsch wurde dann aber von vorrückenden US-Soldaten aufgehalten.[3]

Das Kriegsende erlebte er in Eger (Cheb), wo er am 16. Juni aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft entlassen wurde. Von dort kehrte er nach Marburg zurück. Zugleich gehörte er einem Gremium an, das für die Entnazifizierung der Professoren zuständig war.

Krauss trat bereits im Sommer 1945, unmittelbar nach dessen Gründung, dem Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands, bei. Im Herbst 1945 beteiligte er sich gemeinsam mit Karl Jaspers, Dolf Sternberger und Alfred Weber an der Gründung der Monatszeitschrift Die Wandlung, die eine beachtliche Auflagenstäre erreichte.

Zu Beginn des Jahres 1946 trat er in die KPD ein. Ab 19. Februar wurde er gar als Vertreter der KPD in den beratenden Landesausschuss von Groß-Hessen ernannt. Er schied aber bereits zum 15. Mai des selben Jahres, zu Gunsten Jo Mihaly, aus dem Vorparlament aus.

Am 2. Mai 1946 erhielt er endlich die lang ersehnte Professur und wurde zum Professor für Romanische Philologie in Marburg an der Philips-Universität ernannt. Aus gesundheitlichen Gründen lies er sich jedoch im Wintersemester 1946/47 beurlauben. Zum Ende des Sommersemesters 1947 gab er seine Professur in Marburg auf. Am 20. September 1947 zog er nach Leipzig und nahm dort anschließend die Berufung zum Ordinarius für Romanische Philologie an. Seine Mitarbeit an Die Wandlung stellte er nun gänzlich ein. [4]

Nach seiner Übersiedlung in die DDR wurde er Mitglied des Parteivorstandes der SED.

Einer der Schwerpunkte des wissenschaftlichen Werks von Werner Krauss war die französische Aufklärung. 1955 gründete Krauss in Leipzig im Rahmen der Deutschen Akademie der Wissenschaften eine Arbeitsgruppe zur Geschichte der deutschen und französischen Aufklärung. Neben seinen eigenen Editionen (z. B. von Cartaud de la Villatte) veranlasste er auch Übersetzungen bedeutender Werke zur Aufklärung. Krauss verstand die Beschäftigung mit der Aufklärung immer auch als Beitrag zur Selbstverständigung der Gegenwart. 1958 wurde er Professor an der Akademie der Wissenschaften; 1964 wurde er emeritiert.

Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof der Dorotheenstädtischen und Friedrichswerderschen Gemeinden in Berlin.

  1. Widerstandskämpfer: Zum Todestag von Werner Krauss. In: Marburg-News, 24. August 2006
  2. Marburg-News 2006
  3. Zeitzeuge Dr. Knud Schmidt-Dippel berichtete. (Memento vom 19. Juni 2007 im Internet Archive)
  4. Jost Hermand: Vorbilder - Partisanen Professoren im geteilten Deutschland. Böhlau Verlag, Köln Weimar Wien 2014, ISBN 978-3-412-22365-6, S. 65.