Benutzer:Marcus Cyron/Text

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Die Geschichte der Wikipedia

Die Wikipedia entstand im Januar 2001 als Nebenprodukt der Nupedia, einer anderen Enzyklopädie. Zunächst war sie nur als Plattform zur Vorbereitung von Artikeln des eigentlich Projektes der Wikipedia-Gründer Jimbo Wales und Larry Sanger gedacht. Innerhalb eines Monats entstanden 1.000 Seiten, Wales rechnete mit einem stetigen Wachstum auf 100.000 Seiten innerhalb von acht Jahren. Doch schon gut einen Monat später waren es 2.000 Seiten und als zweite Sprachversion folgte der englischsprachigen Wikipedia am 15. März 2001 die deutschsprachige Ausgabe. Die ersten Jahre waren zwar eine dynamische Zeit, doch hielt sich das Wachstum noch in Grenzen. Berichte in der Presse – wie beispielsweise am 20. September 2001 in der New York Times – und andere Ereignisse, etwa die Umwandlung des Internetangebots Britannica.com in ein kostenpflichtiges Angebot sogten für einen beständigen Zulauf neuer Autoren. Bis zum August 2002 entstanden etwa 4.300 Artikel in der deutschsprachigen Wikipedia. Die englischsprachige Variante umfasste bis Ende September des Jahres 50.000 Artikel, von denen allerdings höchstens 30.000 als vollwertige Artikel angesehen werden konnten. Das Wachstum des Projektes ist mittlerweile deutlich angestiegen. Ende 2002 begann ein zweites Projekt namens Wiktionary, das zunächst ein multilinguales Projekt war und zu einem multilingualen Wörterbuch ausgebaut werden sollte. Dieses Konzept wurde später, ebenso wie ein ähnlicher Versuch bei der freien Quellensammlung Wikisource, zugunsten mehrerer Sprachversionen aufgegeben. An ihrem zweiten Geburtstag war die Wikipedia das größte Open-Content-Lexikon weltweit. In 28 Sprachen umfasste sie mehr als 130.000 Artikel. Im Februar findet das Projekt erstmals Eingang in die öffentliche Welt. Bei einer Entscheidung des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt, einer Behörde der Europäischen Union, berief man sich bei einer Entscheidung auf den englischsprachigen Artikel „Computer program“. Im Mai 2003 berichtete das Online-Magazin Telepolis über Wikipedia. Dieser Beitrag löste einen kleinen Wikipedia-Boom aus, der dazu führte, dass täglich knapp 150 neue Artikel entstanden. Der mittlerweile erreichte Erfolg übersteigt fast die technischen Möglichkeiten. So mussten Mitte 2003 einige Zusatzfunktionen, wie die Stichwortsuche, angeschaltet werden, um den Betrieb weiter aufrecht halten zu können. Seit August 2003 ist die Wikipedia eine der 1.000 meistbesuchten Internetseiten. Am 28. Oktober gab es in München ein erstes Treffen von Wikipedianern. Die deutsche Wikipedia-Stammtischkultur wurde geboren. Ende das Jahres wuchs die deutschsprachige Wikipedia um 250 Artikel täglich. Zudem wurde mit Spenden die Hardware erweitert, damit der Betrieb des Projektes von nun an störungsfrei weiter gehen konnte.

Am 1. März 2004 berichtete der Spiegel auf zwei Seiten über das Wikipedia-Projekt, ebenso RTL2 am selben Tag. Die „Spiegel-Explosion“ sorgte für eine Vervierfachung der täglichen Bearbeitungen in der deutschsprachigen Wikipedia. Im April hatte das Projekt 80.000 Artikel und verdoppelte damit seine Größe binnen vier Monaten. Am 13. Juni überschritt das Projekt die 100.000-Artikel-Grenze. Gleichzeitig gründete sich mit dem Verein („Chapter“) „Wikimedia Deutschland - Gesellschaft zur Förderung Freien Wissens“ der erste nationale Verein zur Unterstützung der Wikimedia-Projekte. Wenig später folgte ein französisches Chapter. Ende 2008 gab es weltweit 21 solcher Organisationen, etwa noch einmal so viele sind in der Planungsphase. Schon seit 2003 werden alle Wikimedia-Projekte nach der Rechteübertragung durch Jimbo Wales vom Verein „Wikimedia Foundation“, mittlerweile mit dem Sitz in San Francisco, getragen. Inzwischen hat das Wikimedia-Projekt weltweit mehr als 12 Millionen Artikel in 265 Sprachen. Mit etwa 2,75 Millionen Artikeln ist die englischsprachige Ausgabe das größte Teilprojekt. Es folgen die deutschsprachige (865.000 Artikel) und französische Wikipedia (765.000 Artikel). Das deutschsprachige Projekt, bei dem über 700.000 Benutzer angemeldet sind, wächst täglich etwa um 450 Artikel.

Anliegen, Ziele und Probleme

Von Beginn an war die Wikipedia ein Projekt zur Erstellung einer Enzyklopädie, kein fertiges Werk. Wenngleich mittelfristig ein Grundstock an Artikeln erreicht werden sollte, war stets im Bewusstsein, dass das Projekt immer „work in progress“ sein würde. Jeder Artikel ist Jederzeit durch Jeden Interntteilnehmer veränderbar. Ausnahmen bilden nur wenige Artikel, denen ein gesonderter Schutz zugestanden wird, der entweder temporär oder längerfristig erfolgen kann. Dieses System birgt natürlich neben allen Chancen auch Risiken. Die Chancen bestehen etwa darin, dass jede Person mit Zugang zum Internet weltweit Veränderungen und Erweiterungen, im Idealfall Verbesserungen, in Artikeln vornehmen kann. Wissen, dass anders vielleicht nicht einer größeren Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird oder werden kann, findet in der Wikipedia eine Plattform. Das dargestellte Wissen reicht von gängigen Themen bis hin zu Nischenbereichen, wobei die Mitarbeiter zum Teil streng darauf achten, dass es nicht zu speziell wird. Problematisch wird es vor allem an den Punkten, wo Veränderungen vorgenommen werden, die vorsätzlich oder aber auch nur versehentlich falsch sind, Ungenauigkeiten beinhalten oder einen Artikel in ein Ungleichgewicht bringen. Hier hat die Gemeinschaft verschiedene Instanzen geschaffen, um solche Fälle zu vermeiden und zu bearbeiten. Dieser Bereich wird als Qualitätssicherung bezeichnet.

Die Qualitätssicherung in der Wikipedia erfolgt auf vielen Ebenen. Es beginnt mit der Eingangskontrolle, wo im Idealfall alle Änderungen und alle neuen Artikel begutachtet werden. Nur selten schafft es offensichtlicher Vandalismus diese Barriere zu passieren. Im Laufe der zeit hat sich eine Gruppe von Wikipedia-Mitarbeitern gebildet, die sich dieses Bereiches besonders annehmen. Problematisch kann hier sein, dass diese Eingangskontrolleure natürlich nicht immer ein ausreichend breites Wissen über die vielen Themenbereichen haben, mit denen sie konfrontiert werden. Nicht selten passiert es deshalb, dass entweder richtige Änderungen im guten Willen rückgängig gemacht werden, oder für den Fachmann offensichtlicher Unsinn unbeanstandet bleibt. Wenn es sich um Änderungen an bestehenden Artikeln handelt, wird er im Idealfall von mehreren Benutzern, darunter beispielsweise dem Erstautoren, beobachtet. Um dies zu vereinfachen, gibt es für angemeldete Benutzer die sogenannte Beobachtungsliste. Änderungen an Artikeln in dieser Liste kann man sich anzeigen lassen und gegebenenfalls bearbeiten. Bei sehr aktiven Mitarbeitern kann die Beobachtungsliste durchaus mehrere tausend Einträge umfassen. Seit Frühling 2008 gibt es in verschiedenen Wikipedia-Sprachversionen, darunter als Vorreiter in der deutschsprachigen Variante, sogenannte Sichtungen. Änderungen von nicht angemeldeten Benutzern oder neuen Mitarbeitern werden automatisch zunächst nicht angezeigt und müssen erst von einem Projektmitarbeiter freigeschaltet werden. Hier gibt es letztlich jedoch dieselben Probleme wie bei der Eingangskontrolle. Dennoch hat das Verfahren den Vorteil, dass offensichtlicher Vandalismus für den Leser nicht sichtbar wird und diesem die letzte akkurate Version des Artikels angezeigt wird.

Werden Artikel als qualitativ zu mangelhaft empfunden oder deren enzyklopädische Bedeutung angezweifelt kann jeder einen Löschantrag auf einen solchen Artikel stellen. Nach allgemein sieben Tagen mit zum Teil intensiven Diskussionen wird dieser dann beschieden. Bei weniger gravierenden Mängeln kann ein Artikel bei der sogenannten Qualitätssicherung gemeldet werden. Hier sollen vor allem einfachere Mängel behoben werden. Vielfach kann man in Artikeln auch Warnhinweise sehen, die dem Leser zeigen, dass ein Artikel beispielsweise Lücken aufweist, als nicht neutral angesehen wird oder unbelegt ist. Schließlich haben sich in mehreren Bereichen Fachredaktionen gebildet, in denen aktuelle Probleme und Problemartikel zum Teil gemeinschaftlich bearbeitet werden.

Wichtig ist, dass allen Autoren klar ist, dass Wikipedia nur das bekannte Wissen der Welt abbilden will. Sie ist nicht dazu da, Wissen zu generieren. Sie kann und soll Fachwissenschaft nicht ersetzen. Ein idealer Artikel bildet den aktuellen Stand der Wissenschaft ab, gewichtet dabei mehr akzeptierte Resultate der Forschung stärker als die weniger akzeptierten. Dennoch sollen unterschiedliche Meinungen in Artikeln nicht unterdrückt werden, sondern sollen gegenüber gestellt werden. Die Wikipedia braucht nicht nur kompetente Autoren, auch die Nutzer des Projektes sollen immer mitdenken. Wie auch bei Fachliteratur muss alles kritisch hinterfragt werden. Zur Unterstützung gibt es die schon angesprochenen Mechanismen, daneben soll bei einem Artikel auch klar sein, woher der dargestellte Inhalt stammt. Das erfolgt über Literaturangaben, Weblinks und Fußnoten. Ein idealer Wikipediaartikel bietet dem Leser die Möglichkeit, ausgehend von diesem Text zu weiteren Informationen zum Thema zu gelangen. Hilfreich sind hier zusätzlich die internen Verlinkungen zu anderen Artikeln.

In ihrer Grundkonzeption orientiert sich vor allem die deutschsprachige Wikipedia an zwei Vorbildern. Zum einen an der „Encyclopédie“ von Diderot und d’Alembert, zum anderen an Johann Heinrich Zedlers „Grossen vollständigen Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste“. Ebenso wie die „Encyclopédie“ verfolgt die Wikipedia ein aufklärerisches, erzieherisches Anliegen und ist ihrer Tradition der Toleranz verpflichtet. Der „Zedler“ bringt den Anspruch der Vollständigkeit und der freien Mitarbeit ein. So verwundert es nicht, dass ein sich gebildeter informeller Zusammenschluss sogenannter „High-End-Autoren“ als „Diderot-Club“ bezeichnet. Das sind Autoren, die im Schnitt Artikel von besonders hoher Qualität beisteuern. Eine Auszeichnung, die seit 2007 vom Verein Wikimedia Deutschland und der Akademie der Wissenschaften und Literatur in Mainz in Verbindung mit der Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft vergeben wird, wurde „Zedler-Medaille“ genannt.

Wikipedia und die Geschichtswissenschaft

Neben einigen anderen Bereichen der Wikipedia, etwa dem Bereich der Biologie, der Informatik, der Medizin oder der Philosophie, ist der große Bereich der Geschichtswissenschaft bei allen Problemen eines der Vorzeigebereiche des Projektes. Dabei werden intern meist auch die unmittelbaren Hilfswissenschaften sowie Schwesterdisziplinen, z.B. die Archäologie, die Altertumswissenschaften allgemein oder Kunstgeschichte einbezogen. Dabei stehen besonders gut ausgearbeitete Bereiche, etwa die Technikgeschichte des Zweiten Weltkrieges oder die römischen und deutschen Kaiser neben schlechter ausgearbeiteten Bereichen. Aber auch in den besseren Bereichen gibt es zum Teil Artikel von sehr schlechter Qualität. Besonders Problematisch sind Bereiche, um die es auch außerhalb der Wikipedia Diskussionen oder Auseinandersetzungen gibt. So kann man nicht selten Versuche politischer Einflussnahme in kritischen Bereichen, wie dem Nationalsozialismus, dem Balkankonflikt, der deutschen Nachkriegsgeschichte oder dem Völkermord an den Armeniern beobachten.

Die Mitarbeiter im geschichtswissenschaftlichen Bereich sind sehr heterogen. Sie reichen vom Schüler, der sein im Unterricht gelerntes Wissen zum Besten gibt, über den interessierten Laien, den Autodidakt, den Studenten, den Universitätsabsolventen bis hin zum Doktoranten, Doktor oder gar Professor. Grundprinzip ist die Gleichrangigkeit. Reputation in der Wikipedia erwirbt man durch die Arbeit innerhalb des Projektes. Der Meinung eines Mitarbeiters, von dem bekannt ist dass er ein Fachmann ist, wird im allgemeinen allerdings auch eine hohe Bedeutung beigemessen. Doch reicht ein Titel allein in der Wikipedia nicht aus. Einem neuen Mitarbeiter muss immer bewusst sein, dass er zunächst immer „inter pares“ beginnt, und maximal die Stellung eines „primus inter pares“ erreichen kann. Letztlich tritt jedoch der einzelne Autor, egal mit welchem Hintergrund er beim Projekt mitarbeitet, hinter die Grundideen zurück. Von Bedeutung ist letztlich allein die Arbeit, die innerhalb des Projektes geleistet wird. Die Anerkennung und Reputation, die dabei erworben wird, ist vor allem persönliche Bestätigung. Da die Arbeit kollaborativ erfolgt, gibt es offiziell keinen eigentlich Autoren von Artikeln. Dennoch sind fast alle Artikel der Wikipedia von einem oder sehr wenigen Hauptautoren verfasst worden, vor allem in Bereichen, denen sich nur wenige Interessierte und Experten zuwenden. Nicht selten sehen diese Hauptautoren solche Artikel auch als „ihre“ Artikel an und betreuen sie über einen langen Zeitraum. Kein einziger Artikel ist mit dem Namen eines Autoren unterschrieben, dennoch ist nachvollziehbar, wer welche Änderungen vorgenommen hat. Jede Änderung führt dazu, dass ein Artikel noch einmal komplett neu abgespeichert wird. Dabei ist es unerheblich, ob nur ein Leerzeichen verändert, oder die Textsubstanz verdoppelt wurde. Diese verschiedenen Versionen kann man sich über die Versionsgeschichte ansehen, die zu jedem Artikel gehört. Jede einzelne dieser Versionsgeschichten ist einzeln aufruf- und selbst zitierbar. Somit können Artikel auch Einzelautoren zugeordnet werden, selbst wenn es später weitere Autoren des Artikels gab.

Im März 2006 wurde zur Koordination der Arbeiten im Geschichtsbereich die „Redaktion Geschichte“ gegründet. Ziel war es, einen Ort zu schaffen, an dem grundsätzliche Probleme und organisatorische Fragen gestellt und diskutiert werden können. Zudem werden hier alle neuen Artikel des Bereiches gesammelt und sollen einer zumindest oberflächlichen Durchsicht unterzogen werden. Der Redaktion sind mehrere anderen Projekte angeschlossen. Zum einen gibt es eine eigene Qualitätssicherung. Hier sollen mit Hilfe der versammelten historisch interessierten Mitarbeiter Artikel mit Mängeln überarbeitet werden. In der Praxis hat sich ergeben, dass dieses vor allem bei kleineren und mittelgroßen Artikeln recht gut funktioniert, wohin gegen größere Artikel und auch Übersichtsartikel recht problematisch sind. Hier ist der Zeit- und Energieaufwand meist so groß, dass eine schnelle Überarbeitung weder möglich ist, noch ratsam erscheint. Zum Portal gehören des weiteren ein Haupt- und ein gutes Dutzend Unterportale. Portale sind Projektseiten, auf denen dem Leser Einstiegsmöglichkeiten in einen bestimmten Bereich geboten werden. Es werden im allgemeinen die Strukturen des Bereiches abgebildet und auf die Hauptartikel verwiesen. An kleineren Projektseiten der Redaktion gibt es etwa Hinweise zum Verfassen guter Geschichtsartikel und Richtlinien für historische Artikel, eine Seite für Artikelwünsche, auf der noch fehlende Artikel eingetragen werden können, sowie Projektseiten kleinerer aktueller Projekte. Die Etablierung eines monatlichen Chats hat sich derzeit als nicht machbar erwiesen.

Grundsätzliches Problem der Redaktion Geschichte sind die fehlenden Mitarbeiter. Wie in den meisten anderen Bereichen des Projektes gibt es viel zu wenige Mitarbeiter, um alle Artikel zu überwachen zu können. Probleme können oft nur oberflächlich behoben werden. Für genauere Reviews fehlen dem Projekt die Kapazitäten. Eine genaue Zahl der Mitarbeiter zu nennen ist nicht möglich. Zum einen liegt das an der Fluktuation. Neben einem „harten Kern“ von Mitarbeitern, der sicher kaum zwei Dutzend Personen überschreitet und vielleicht noch einmal so viele, die nur eine lockere Verbindung zur Geschichtswissenschaft haben, gibt es immer wieder neue Zuträger. Zum Teil tragen diese sporadisch bei, manchmal nur ein oder wenige Male, zum Teil nur für einen kürzeren Zeitraum. Es gibt bislang keine Untersuchungen, warum es der Wikipedia in vielen Fällen nicht gelingt, solche Mitarbeiter längerfristig zu binden. Vermutungen gibt es mehrere. Manche Autoren wollten nur ein bestimmtes Thema beisteuern oder verbessern. Andere verlieren mit der Zeit die Lust am Projekt oder werden vom manchmal rauen Klima innerhalb der Wikipedia abgeschreckt. Wieder andere merken, dass ihnen die enzyklopädische Art nicht liegt, unterscheidet sich doch ein enzyklopädischer Text oft erheblich von wissenschaftlichen Fachtexten. Auch dass der Autor hinter dem Gegenstand zurücktritt und nicht persönliche Sichtweisen und Wertungen gefragt sind, widerstrebt Fachleuten, die es gewohnt sind, Urteile abzugeben. Versuche, einige Neuautoren aus Akademikerkreisen zu gewinnen scheiterten bislang meist. So wurde 2006 eine jährliche Veranstaltungsreihe, die „Wikipedia Academy“, begründet, über die die Institution Wikipedia mit verschiedenen wissenschaftlichen Institutionen in Kontakt treten wollte. 2006 fand die erste Academy in Göttingen in Verbindung mit der Universitäts- und Landesbibliothek statt, 2007 zum Jahr der Geisteswissenschaften in Mainz zusammen mit der Akademie der Wissenschaften und der Literatur und 2008 zum Jahr der Mathematik in Berlin in Zusammenarbeit mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Obwohl die Wikipedia dabei in Fachkreisen durchaus positiv aufgenommen wurde, brachte es für das Projekt nur wenig Zulauf an Autoren. Wobei die Suche nicht nur Autoren, sondern auch Revisoren gilt. Mittlerweile wurde erkannt, dass das Überprüfen der schon vorhandenen Texte auf Mängel durch Fachpersonal nicht selten von Nöten ist. Doch hat sich die Autorenwerbung mittlerweile eher dahin verschoben, die „Generation 50+“ anzusprechen, die sich mit ihrer Zeit und Lebenserfahrung einbringen soll.

Das Fehlen von Autoren fällt vor allem immer dann schmerzlich auf, wenn es um kritische Bereiche geht. So gibt es immer wieder Probleme bei Artikeln, die die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland behandeln. Dabei ist das Problem nicht unbedingt in den Artikeln zu suchen, die im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Zwar gibt es auch immer wieder plumpe Versuche, den Artikel „Adolf Hitler“ oder „NSDAP“ umzuschreiben, doch werden diese Artikel von vielen Personen beobachtet und solche Änderungen schnell rückgängig gemacht. Die Gefahr besteht viel mehr darin, dass sich vor allem in Artikeln von weniger prominenten Vertretern des „Dritten Reichs“ zum Teil eklatante Schwächen finden. Das reicht von vorsätzlich geschönten und gefälschten Biografien bis hin zu unzureichenden Biografien, in denen zwar alle Auszeichnungen und Orden eines Generals angegeben sind, nicht aber die Verstrickungen ins NS-Regime. Diese Probleme beschränken sich aber nicht nur auf den Bereich der NS-Zeit. Sie finden sich in den Artikeln zur deutschen und internationalen Kolonialgeschichte, den Artikeln zur Geschichte beider deutschen Staaten vor 1933 und nach 1945, sowie zu vielen anderen Bereichen der Geschichtswissenschaft. Sie machen nicht einmal halt vor älteren Abschnitten der Geschichte, vor allem dann, wenn es Bezüge zu neuer Geschichte und Politik gibt. So wird von manchen Kreisen versucht, direkte Bezüge zwischen Alt- und Neuassyrern herzustellen, alle Personen mit Bezügen zu Turkvölkern zu Türken zu machen oder die modernen Mazedonen je nach Sichtweise zu Albanern, Griechen oder einem eigenständigen Volk zu machen. Dabei werden immer wieder Rückgriffe auf älteste Zeitabschnitte gemacht, die historisch natürlich völlig unhaltbar sind. So wird die Wikipedia manchmal als ideologische Propagandaplattform in modernen Konflikten missbraucht.

Es ist nicht eindeutig erkennbar, dass eine politische Seite mehr als eine andere Einfluss auf das Projekt gewinnen möchte, doch sind die Methoden zum Teil unterschiedlich. So versuchen rechte Kreise ihre Einflüsse eher auf vermeintlich unwichtigere Artikel zur Geltung zu bringen, wurde von linker Seite beispielsweise schon auf rechtlichem Wege versucht,die Wikipedia zu beeinflussen. Anfang Dezember stellte etwa die damalige stellvertretende Vorsitzende der Partei „Die Linke“ K. Schubert „wegen der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole“ Strafanzeige gegen Wikipedia. Abgesehen davon, dass es keine Institution Wikipedia gibt, die man verklagen kann, sondern nur die Betreiberorganisation Wikimedia Foundation in San Francisco, war auch der Vorwurf in der Form nicht haltbar. Es ging um die Verwendung von Abbildungen im Artikel „Hitler-Jugend“, die Schuberts Meinung nach als verfassungsfeindliche Symbole anzusehen seien. Doch ist das Zeigen solcher Symbole in einem erzieherischen, aufklärerischen Zusammenhang auch in Deutschland zulässig. Bei der Diskussion ging allerdings fast unter, dass die Art und Weise der Darstellung im Artikel wirklich nicht optimal war. Der Publizist Günter Schuler kritisierte, dass in einer Diskussion von Mitarbeitern der Wikipedia die Meinung vertreten werde, dass NS-Zeitungen wie „Der Stürmer“ oder „Der Völkische Beobachter“ als historische Artikelquelle Verwendung finden können. In diesem Zusammenhang machte er mehren Autoren den Vorwurf, rechtes Gedankengut zu verteidigen. Aus der Sicht eines Historikers ist die Nutzung solcher Quellen jedoch völlig fraglos. Wichtig ist, was daraus gemacht wird.

Besonders großes Interesse zeigen vor allem Historiker immer wieder für das Schwesterprojekt Wikisource. Hiebei handelt es sich um eine freie Quellensammlung. Die Editionsrichtlinien des Projektes können mit höheren Ansprüchen mithalten. Ende 2008 hatte das Projekt mehr als 10.000 Werke in deutscher Sprache im Bestand, darunter Gedichte und Romane, aber auch Gesetzestexte, Anordnungen, Erlasse, Flugschriften, Inkunabeln, Fachbücher und Teile des Pauly-Wissowa. Prunkstücke im Repertoire sind die Zimmerische Chronik, die Schedel’sche Weltchronik und die Allgemeine Deutsche Biographie. Hinzu kommen die erstmalige Veröffentlichungen des handschriftichen Rechenbuchs des Andreas Reinhard oder eines Briefes von Friedrich Accum an Philipp Ernst Accum.

Mitarbeiten in der Wikipedia

Vielfach wird die Frage gestellt, warum man denn in der Wikipedia mitarbeiten solle. Grundsätzlich muss gesagt werden, dass Niemand sich dazu gezwungen fühlen sollte. Die Mitarbeit erfolgt im Allgemeinen in der Freizeit, wer an dieser Arbeit also keinen Spaß findet, sollte sie auch nicht machen. Wem es warum auch immer nicht möglich ist, enzyklopädische Texte zu verfassen, aber sich trotzdem gern einbringen möchte, wird in der Wikipedia auch gerne als Prüfer gesehen. Vielfach arbeiten Fachleute nicht in ihrem eigentlichen Fachgebiet, sondern schreiben zu ihren Hobbies. Wer nicht das innere Bedürfnis hat, an diesem Projekt mitzuwirken, sollte es besser nicht aktiv tun (ausgenommen immer sogenannte „kleinere Änderungen“, etwa Korrekturen von Rechtschreibfehlern, die möglichst Jeder Leser ändern sollte). Wer jedoch seine Bedeutung für die Zukunft sieht, sollte sich überlegen, wie die Wikipedia zu verbessern ist.

Die Wikipedia ist ein freies Projekt. Das bedeutet, dass ein Jeder mitarbeiten kann. Es heißt jedoch nicht, Jeder kann machen, was er möchte. „Frei“bedeutet vor allem, dass die Nutzung der Wikipedia frei ist. Damit ist zum einen das Lesen an sich gemeint, zum anderen aber auch die weitere Verwendung des Inhalts, auch zu kommerziellen Zwecken. Der wichtigste Aspekt bei der mittlerweile gewachsenen Bedeutung der Wikipedia vor allem im Schulbereich und im Studium liegt jedoch im einfachen und direkten Zugang zu Wissen. Wie für eine Enzyklopädie oder ein Lexikon üblich, wird das Wissen schon fertig aufbereitet präsentiert und unterscheidet sich damit von den vielen anderen Funden der „Generation Google“ im Internet. Die einfache Nutzbarkeit ist Segen und Fluch zugleich. Soll die Wikipedia eigentlich als Einstieg dienen, ist sie für viele Schüler und zum Teil auch Studenten die Hauptquelle für die Hausarbeiten. Damit wird ein Wissensmonopol geschaffen, die der Vielfalt natürlich abträglich ist. Dennoch sollte eines klar sein: mit keinem Buch, keinem Aufsatz, keinem Zeitungs- oder Zeitschriftenartikel erreicht man langfristig so viele Leser wie in der Wikipedia. Wie schon angesprochen birgt das natürlich die Gefahr der Meinungsmache und Manipulation.

Alles was man in der Wikipedia veröffentlicht steht unter einer freien Lizenz. Was man einmal gegeben hat, kann man nicht mehr zurücknehmen. Eine solche freie Quelle für Wissen ist vor allem in einer Zeit von Bedeutung, wo zum einen Bildung als wertvollster Rohstoff angesehen werden kann, zum anderen der Zugang zur Bildung jedoch immer stärker erschwert und mehr und mehr wieder zu einer Frage der Herkunft und des Geldbeutels wird. Ein freier Zugang zu Wissen aller Art, darunter natürlich auch dem Wissen über die Vergangenheit der Menschheit, wird zu einer der wichtigsten Aufgaben der nächsten Zeit. Die Wikipedia und die überwiegende Mehrheit ihrer vielen Tausend freien Mitarbeiter haben sich diesem Anliegen verschrieben.

Die deutschsprachige Wikipedia gilt als innovativstes Projekt aller Sprachversionen. Sie hat die höchsten Qualitätsstandards und auch die höchste Durchschnittsqualität. Ein sehr großer Teil aller Neuerungen kommt aus der deutschen Sprachversion. So entstand in Deutschland der erste Unterstützungsverein, der heute der größte und finanziell am besten aufgestellte seiner Art ist. Das Konzept der Wikipedia Academy, des internen Schreibwettbewerbs, der Zedler-Medaille, der Portale und Redaktionen und der gesichteten Versionen gingen auf Initiativen aus der deutschen Wikipedia zurück. Auch nirgends sonst ist die Autorenschaft untereinander so sehr vernetzt, wozu die Stammtische, die es in fast jeder größeren Stadt gibt, das jährliche Sommerfest oder die Community-Tage beitragen. Selbst der Rückschritt zu den klassischen Medien erfolgte mehrfach in Deutschland. Zuerst wurde der Inhalt der Wikipedia als DVD publiziert, später zu bestimmten Themenbereichen in Buchform und schließlich 2008 als Jahrbuch „Das Wikipedia-Lexikon in einem Band“ durch den Bertelsmann-Verlag. Die Wikipedia ist eine ungeahnte, ungeplante, aber nicht mehr zu leugnende Erfolgsgeschichte. Zu versuchen, das zu negieren hat keinen Erfolg. Schülern und Studenten die Nutzung zu untersagen ebenso wenig. Deshalb sollten Lehrer und Dozenten die medienkritische Haltung ihrer Schüler und Studenten fördern und Fehler nicht nur kritisieren, sondern eventuell auch an ihrer Behebung mitwirken. Besser wird das Projekt nur dann, wenn so viele Personen wie möglich, vom Laien bis zum Fachmann, an der Verbesserung mitarbeiten.