Benutzer:MaryJaneWatson/Europäische Identität

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Hindernisse bei der Ausprägung einer europäischen Identität

CAP-Artikel Bettiner Thalmeier

Nach Bettiner Thalmeier wird die Ausprägung einer europäischen Identität durch ein Demokratiedefizit erschwert. Dieses bezieht sich nicht nur auf die europäischen Institutionen, sondern schließt auch strukturelle Mängel an intermediären Vermittlungsstrukturen wie Medien, Parteien und Verbänden mit ein. Eine geringe Europäisierung nationaler Teilöffentlichkeiten und eine noch schwächer ausgeprägte europäische Öffentlichkeit sind weitere Gründe für eine unzureichende Identitfikation mit der EU. Die Andersartigkeit der EU gegenüber "herkömmlichen internationalen Organisationen" oder Nationalstaaten sowie das Beharrungsvermögen des nationalen Prinzips trägen auch dazu bei.

Das größte Potenzial liegt laut Thalmeier bei den institutionellen Änderungen, die mit einer intensiveren Partizipation am europäischen Entscheidungsprozess verknüpft sind. Der Vertrag von Lissabon sieht eine Stärkung partizipativer Elemente vor. Mittels eines Ausbau der Teilnahmemöglichkeiten würden auch Handlungsstrukturen politischer Öffentlichkeit und intermediäre Vermittlungsstrukturen ausgeweitet. Eine stärkere Politisierung europäischer Politik und der Aufbau einer europäischen Streikommunikation seien nötig, um einen europäischen Kommunikationsraum zu schaffen. Die EU sei wie jedes demokratisch verfasste System auf Anerkennung und Legitimation angewiesen. Durch eine Identifikation der Bürger mit dem System, wird die EU akzeptiert und legitmiert. Nach Easton lassen sich zwei Formen tatsächlicher Anerkennung unterscheiden. Spezifisch unterstützt wird ein politisches System, wenn es Politikergebnisse hervorbringt, die den eigenen Interessen der Bürger entsprechen. Diffuse Unterstützung ist unabhängig von den gegenwärtigen oder zukünftigen Leistungen des Systems. Das System wird demnach unterstützt, auch wenn Politikergebnisse nicht die Interessen der Bürger widerspiegeln. Eine diffuse Unterstützung solle immer angestrebt werden, nur so könne ein grundsätzliches Vertrauen in die Institutionen und deren Handeln aufgebaut werden. So sollte also nicht nur die Output-Legitimation der EU gestärkt werden, sondern insbesondere die Input-Legitimation, das heißt die Strukturen europäischer Politik.

Das Ziel des europäischen Integrationsprozess sei nicht die Errichtung eines Europäischen (National-)Staates, der die Auflösung der Mitgliedsstaaten beinhalten würde - gewünscht sei ein eigener, der Natur der EU gerecht werdender offener Integrationsprozess. Somit sei ein hohes Maß an Gemeinsamkeiten und Übereinstimmung zur Bildung einer europäischen Identität nicht notwendig. Folgt man der Auffassung, dass kollektive Identitäten nicht einfach naturwüchsig oder vorhistorisch vorhanden sind, sondern durch soziale Prozesse, also auch durch die demokratische Praxis konstruiert werden können, --> erfolgsversprechende Maßnahmen zur Bildung einer europäischen Identität nennen.

Trenz stellt die These auf, dass die europäische Öffentlichkeit lange Zeit mit einem Zuwenig an Konflikt und Streit und einem Zuviel von Identitätsrhetorik ausgerüstet war. Eine Europäische Öffentlichkeit sei über eine empathische Identitätsrhetorik, einen sogenannten permissiven Konsens, vorangetrieben worden, die öffentliche Austragung von Konflikten sei jedoch zu kurz gekommen. Tabus, Konfliktvermeidungsstrategien und der fehlende Umgang mit bestimmten Themen würden den öffentlichen Raum beschränken. Die nicht vorhandene Konfliktfähigkeit gefährdet eine Informierung des Publikums und könnte leicht in Ressentiments und diffuse Widerstände resultieren. Der Bedeutung, die hier dem Streit und Konflikt zukommt, zieht die Annahme nach Durkheim und Simmel vorweg, dass Konflikte integrationsförderend wirkend können. Massenmedial inszenierte Konflikte können öffentliche Meinungsverschiedenheiten schüren und somit die poröse Infrastruktur der Medien kitten. Diese polarisierenden Auseinandersetzungen können zum Beispiel bilateral zwischen den Regierungen statt finden oder auch die institutionellen Konflikte zwischen der Kommission und dem Parlament aufgreifen. Die Kompetenzstreitigkeiten zwischen den administrativen Handlungsebenen, der Streit zwischen den Europäisten und Nationalisten, zwischen den Euro-Visionären und den Euro-Pragmatikern oder zwischen den unterschiedlich kodifizierten Handlungsprogrammen (Neoliberalismus gegen den Wohlfahrtsstaat) können die Diskussion weiter entfachen. Als Beispiel für ein hohes Maß an positiver und bestätigender Identitätsrhetorik bei einer geringer Streitkommunikation nennt Trenz die Debatte um die Erweiterung der EU und den Lissabon-Vertrag. Die Medien hätten zwar auch über die Reibereien zwischen den Regierungen berichtet, hätten dabei aber immer vorausgesetzt, dass eine Vertiefung und Erweiterung der EU unumstritten und notwendig sei. Verwunderlich sei diese Art von positiver Berichterstattung, da es des Logik des Journalismus widerstrebe. Diese Konsens-Berichterstattung könnte zu einem Desinteresse auf Seiten der Leser führen, vermutet Trenz. In Großbritannien gäbe es einige Zeitungen, die konfliktoffener über die europäische Integration berichteteten. Trenz spricht in diesem Zusammenhang von einer verspäteten Politisierung der EU, der die Identitätskommunikation vorausgeeilt ist. Erst nach der Radifikationsdebatte um den EU-Reformvertrag zur Zeit der negativen Haltung in Frankreich und der Niederlande setzte eine Politisierung in der EU ein. Das Europäische Öffentlichkeitsdefizit liegt also laut Trenz nicht an mangelnder Identitätskommunikation, sondern an der fehlenden Streitkommunikation.

Die Bildung einer kollektiven Identität steht auch vor der Herausforderung der Sprachenvielfalt.

Gründe für die nur schwach ausgeprägte europäische Identität

Ausbildung einer europäischen Identität hängt von Entstehung einer Europäischen Öffentlichkeit ab.