Benutzer:Mastermish84/Artikel

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Übung: Landesausbau östlich der Elbe – das Beispiel Brandenburg

Dieser Artikelentwurf entsteht als Studienleistung im Sommersemester 2012 im Rahmen der Übung „Landesausbau östlich der Elbe – das Beispiel Brandenburg“ zu einem Thema des hochmittelalterlichen Landesausbaus der Region. Die Übung findet am Fachbereich 2 der TU Darmstadt statt und wird von Martin Bauch geleitet; die technische Betreuung innerhalb der Wikipedia übernimmt Michael Sander.


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Lokator[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Lokator (lat. locator, Verpächter, Grundstücksverteiler, in Mecklenburg und Pommern auch posessor oder cultor, ähnlich dem Reutemeister in Süddeutschland; von lat. (col)locare, vermieten, errichten, ansiedeln, zuweisen) oder magister incolarum, war ein mittelalterlicher Subunternehmer, der meist im Auftrag eines Landes- oder Grundherren für die Urbarmachung, Vermessung und Zuteilung von zu erschließendem Land verantwortlich war. Darüber hinaus warb er Siedler für diese Zwecke an, stellte für die Übergangszeit (z.B. während der Rodung) den Lebensunterhalt zur Verfügung und besorgte Arbeitsmaterialien und Maschinen (Saatgut, Zugtiere, Eisenpflüge u.a.). Er spielte somit eine wichtige Rolle bei der Gründung von Städten und Dörfern, sowie der Urbarmachung von unbewirtschaftetem Land während der Binnenkolonisation in Norddeutschland und der deutschen Ostsiedlung und war somit an deren Erfolg beteiligt.

Grundlagen, Aufgaben und Vorgehensweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auftrag zur Besiedlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Auftrag zur Besiedlung des zu erschließenden Landes erfolgte zumeist durch einen adligen oder geistlichen Landesherren bzw. durch einen Grundherren, der hierfür vorher die landesherrliche Genehmigung einzuholen hatte.[1] Allerdings wurden auch Dörfer ohne vorherige Erlaubnis an Lokatoren zur Urbarmachung ausgesetzt oder Siedler handelten auf eigene Faust. Bezüglich der Aufgaben bei der Urbarmachung und Stellung in der neuen Siedlung ist es von Bedeutung zwischen Stadtlokatoren und Dorflokatoren zu differenzieren.


Rechtliche Grundlagen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die rechtliche Grundlage für die Entstehung einer neuen Siedlung bildete der Lokationsvertrag (lat. locatio).[2] Dieser wurde entweder direkt zwischen dem Landesherrn und dem beauftragten Lokator geschlossen oder zwischen Grundherr und Lokator. Im Lokationsvertrag wurden die vorher mit dem Landesherrn abgesprochenen Lokationsprivilegien, sowie die Zehntregelungen u.ä. festgehalten.[3] Vertraglich wurde somit der Rechts- und Organisationswechsel (bei den deutschen Ostsiedlungen der Wechsel vom polnischen zum deutschen Recht, Vergünstigungen für Lokator und Siedler sowie Pflichten und steuerliche Abgaben geregelt. Hierzu gehörte auch die Vorgabe, die Felder gegen Überschwemmungen oder andere Natureinflüsse zu sichern oder die Siedlung z.B. durch das Ausheben eines Grabens gegen Feinde zu schützen. Der Lokationsvertrag hatte für Siedler und Lokator somit eine verpflichtende Wirkung gegenüber dem Grundherrn, bildete aber auch eine gesetzliche Grundlage, die rechtliche Sicherheit für die Siedlung und ihrer Bewohner bedeutet. Oftmals beinhaltete die locatio auch Strafklauseln, die im Falle einer gescheiterten Besiedlung den Entzug der Privilegien und eine Geldstrafe für den Lokator nach sich zogen.

Soziale Stellung Lokator[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lokatoren gehörten hauptsächlich dem niederen Adel oder der Schicht der Stadtbürger an. Sie waren Ritter oder Vasallen der Landesherren. Oft waren es auch Personen, die angesehenen Berufen nachgingen, wie Münzmeister oder königliche Dienstmänner. Zudem verfügten sie meist über hinreichend Erfahrung bzw. eine in der damaligen Zeit gute Ausbildung. Es gibt auch Bericht über einfache Bauern, die sich als Lokatoren betätigten, diese Vorgehensweise war jedoch eher unüblich. Denn meist mussten die Lokatoren über ein größeres Vermögen und über gute gesellschaftliche Verbindungen verfügen. Die Grund- und Landesherren bevorzugten es, Lokationsaufträge an Personen zu vergeben, die keine oder nur geringfügige finanzielle Unterstützung benötigten, um so ihr eigenes Risiko zu minimieren.

Vorgehensweise und Aufgaben des Lokators[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Lokator kann als Mittelsmann zwischen Grundherr und Siedlern bezeichnet werden, der in erster Linie für die Anwerbung zuständig war. Oftmals leitete oder unterstützte er die vom Grundherrn eingeleitete Rekrutierungskampagne. Den Aufbau der zu entstehenden Ortsanlage führte er in eigener Regie und Verantwortung durch und verteilte die Aufgaben im Zuge der Urbarmachung. Zu den grundlegenden Aufgaben des Lokators gehörten zudem das Vermessen des zugeteilten Landes und dessen Verteilung an die einzelnen Siedler. Hierbei leitete er oftmals das Losverfahren oder teilte das Land möglichst gerecht zu, um Konfrontationen von Anfang an zu vermeiden. Außerdem stellte er Saatgut, Maschinen und andere Arbeitsmaterialien zur Verfügung, die für die Siedlungsgründung, Urbarmachung (gerade bei der Ostsiedlung etwa die Trockenlegung sumpfigen Gebietes) und andere Aufgaben nötig waren. Auch Vorschüsse für Anschaffungen sowie den Lebensunterhalt für die Siedler in der Übergangszeit wurden meist vom Lokator getragen. Der Lokator war zudem der Stellvertreter für die Siedler, die er betreute.

Technischer Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beobachtungen von Bergen aus und Rauchzeichen als Orientierungspunkte waren Mittel, mit denen der Lokator das Land grob eingrenzte. Zur genaueren Abmessungen der Siedlung wurden bei stark bewaldeten Gebieten Bäume angeritzt und in offenem Gelände die Gebiete mit einem Pflug eingegrenzt. Die Einteilung und Zuteilung der einzelnen Flurstücke für die Siedler erfolgte in der Landvermessung meist durch Messruten oder Messseile. Maßgrundlage war je nach Siedlung entweder die flämische Hufe (ca. 16 Hektar) oder die fränkische Hufe (ca. 24 Hektar).


Der Lokator nach Beendigung des Siedlungsbaus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit der Gründung einer Siedlung war die eigentliche Aufgabe eines Lokators erledigt. Wenn es sich um keinen professionellen Lokator handelte, der zur Gründung weiterer Siedlungen überging, blieb der Lokator am Gründungsort wohnen und nahm dort eine hervorgehobene Stellung ein.

Wirtschaftlicher Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Lokator erhielt meist mehr Land als die anderen Siedler und musste auf dieses im Gegensatz zu den anderen Siedlungsbewohnern keine oder nur sehr geringe Abgaben leisten. Außerdem unterstand ihm die Gerichtsbarkeit nach dem im Lokationsvertrag angewandten Recht. Daraus erzielte Gebühren sowie Abgaben durfte der Lokator teilweise behalten (meist 1/3 der Summe, wobei 2/3 an den Landesherren zu entrichten waren).

Soziale Stellung, Rechte und Pflichten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch andere Begünstigungen, wie das Recht ein Amt in der neuen Siedlung auszuüben (oft das des Schulzen) oder einer bestimmten Tätigkeit (Brauereiwesen/Ausschank) nachzugehen, waren Privilegien, die der Lokator genoss und die ihm zu Wohlstand und sozialem Aufstieg innerhalb der Siedlung verhalfen. Der Familienname Kretschmann leitet sich etwa vom slawischen Wort für Gasthaus ab.[4] Der Bau einer Mühle, in der die Siedler ihr Getreide mahlen lassen mussten, war ebenfalls oft dem Lokator gestattet und bedeutet hinsichtlich der dadurch anfallenden Gebühren eine zusätzliche Einnahmequelle, wobei der Großteil dieser Einnahme meist dem Grundherren zustanden. Außerdem wurden die entstanden Siedlungen oftmals nach ihrem Lokator benannt. Beispiele hierfür gibt es zu Hauf (Diedersdorf, Petersheide, Heinersdorf u.a.). Oft zeigte der Siedlungsname auch an, woher die Siedler und der Lokator kamen (Frankenfelde, Flemmingen, Sachsenfeld, Schoobsdorf u.a.). Auch die Endungen der Ortsnamen sind deutliche Hinweise auf die Herkunft der damaligen Siedlungsbewohner.

Alternative Vorgehensweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Manche Lokatoren verkauften nach Fertigstellung der Siedlung ihre Rechte und Privilegien und betätigten sich andernorts wieder als Lokator. Hieraus resultierte eine vergleichsweise hohe Professionalisierung des Lokaturentums. Manche Lokatoren konnten daher als Berufslokatoren bezeichnet werden.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Matthias Hardt: Linien und Säume, Zonen und Räume an der Ostgrenze des Reiches im frühen und hohen Mittelalter, in: Walter Pohl / Helmut Reimitz (Hrg.): Grenze und Differenz im frühen Mittelalter, , Wien 2000, S. 39-57.

Matthias Hardt: Formen und Wege der hochmittelalterlichen Siedlungsgründung, in: Enno Bünz (Hrsg.): Ostsiedlung und Landesausbau in Sachsen. Die Kührener Urkunde von 1154 und ihr historisches Umfeld, Leipzig 2008, S.143-160.

Herbert Helbig (Hrsg.): Urkunden und erzählende Quellen zur deutschen Ostsiedlung im Mittelalter. Bd. 1: Mittel- und Norddeutschland. Ostseeküste, Darmstadt 1975.

Franz Kössler: "Die Nachfahren des Lokators" - zur Siedlungsgeschichte einer deutschsprachigen Landschaft im böhmisch–mährischen Raum, Bad Schussenried 2010.

Paul Richard Kötzschke: Das Unternehmertum in der ostdeutschen Kolonisation des Mittelalters (Diss.), Bautzen 1894.

Josef Joachim Menzel: Der Beitrag der Urkundenwissenschaft zur Erforschung der deutschen Ostsiedlung am Beispiel Schlesiens, in: Walter Schelsinger (Hrsg.): Die deutsche Ostsiedlung des Mittelalters als Problem der europäischen Geschichte. Reichenau-Vorträge 1970-1972, Sigmaringen 1975, S. 131 - 159.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. A XVI.-UB Erzstift Magdeburg I, nr. 310-UB Kloster U L F Magdeburg, nr. 33-Winter, Prämonstratenserurkunde, nr.7-Kötzschke, nr. 18-v.Mülverstedt, Reg. archiep. Magdeburg I, nr. 1442.
  2. Menzel 1975: S. 146.
  3. A XVI.-UB Erzstift Magdeburg I, nr. 310-UB Kloster U L F Magdeburg, nr. 33-Winter, Prämonstratenserurkunde, nr.7-Kötzschke, nr. 18-v.Mülverstedt, Reg. archiep. Magdeburg I, nr. 1442.
  4. http://woerterbuchnetz.de/DWB/?lemid=GK13364