Benutzer:Masturbius/Spielwiese4

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Lefaucheux-Gewehr

Hinterlader sind Feuerwaffen, deren Lauf an beiden Enden offen ist und bei denen das Projektil und die Treibladung durch die hintere Öffnung in die Kammer gebracht werden. Meist wird dazu eine Patrone verwendet. Die Ladeseite des Laufs wird durch den Verschluss der Waffe abgedichtet, der typischerweise auch die Auslösevorrichtung enthält.

Konstruktive Vorteile[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptvorteile des Hinterladers bei Handfeuerwaffen und Geschützen sind, im Gegensatz zum Vorderlader, bei Verwendung einer Patrone die bedeutend erhöhte Feuerrate und die gesteigerte Treffgenauigkeit. Während beim Vorderlader der Schütze Treibladung und Projektil durch die Laufmündung laden muss, können beim Hinterlader Treibladung und Geschoss einfacher nachgeführt werden, was die Handhabung hinter einer Deckung vereinfacht. Ein aufgepflanztes Bajonett stört nicht mehr beim Laden.[1] Außerdem ist der Ladevorgang von der Bauform des Laufes (glatt oder gezogen) unabhängig, so dass der weitereichende und präßisere gezogene Lauf zum Standard für die meisten Handwaffen wurde.

Das Hinterladerprinzip ist Entwicklungbasis für Repetierwaffen und Selbstlader.

Handfeuerwaffen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ferguson-Büchse
Kammerlader
Sharps Rifle

Hinterlader gibt es schon seit mehreren hundert Jahren. Von hinten zu ladende Drehbassen kamen im 14. Jahrhundert auf.[2] Auch die im 17. Jahrhundert entwickelten Windbüchsen waren Hinterlader.

Bis zum ersten Viertel des 19. Jahrhunderts waren aber praktisch so gut wie alle militärischen Handfeuerwaffen Vorderlader. Die Infanterie der europäischen Heere war in der Mehrzahl mit glattläufigen Musketen bewaffnet. Dazu kamen Elitetruppen, teilweise auch Jäger genannt, die Büchsen mit gezogenem Lauf nutzten. Gut ausgebildete Linieninfanterie erreichte mit ihren Musketen hohe Feuerraten von zwei bis drei Schuss pro Minute und Lauf. Das Linienfeuer war aber sehr ungenau und hatte mit unter 100 Metern eine extrem geringe effektive Reichweite. Die Musketen waren derart ungenau, dass z.B. dem preußischen Musketenschützen das Zielen sogar verboten war. Die Büchsen der Jägertruppen hingegen hatten eine weitaus höhere Reichweite und Präzision, waren aber ungleich zeitaufwendiger und komplizierter nachzuladen. Die Vorteile des gezogenen Laufes wurden durch einen aufwendigen Ladevorgang erkauft. Während in den glatten Lauf der Muskete ein unterkalibriges Geschoss mit dem Ladestock geschoben wurde, musste in den gezogenen Lauf der Büchse ein gleichkalibriges Projektil mit Kraft hineingehämmert werden. Der Ladevorgang dauerte, selbst bei erfahrenen Schützen, länger als eine Minute pro Schuss.

Die Erfahrungen aus dem Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg zeigten, dass das schnelle aber unpräzise Massenfeuer der Musketen dem gezielten aber langsameren Feuer der wesentlich weiter reichenden Büchsen oftmals unterlegen war. Daraus folgte die Forderung nach einem Gewehr, das die einfache Bedienung, hohe Zuverlässigkeit und schnelle Feuerrate der Muskete mit der Präzision und Reichweite der Büchse verbinden sollte. Die Erfindung des Perkussionsschlosses und Fortschritte in der Metallurgie erlaubten den Büchsenmachern, neue Wege zu gehen und ein wirklich neues Gewehr zu entwickeln.

Eine erfolgreiche Mischform aus Vorder- und Hinterlader stellte Samuel Colts im Jahre 1835 vorgestellter Perkussionsrevolver dar. In den USA wurden weitere Hinterlader wie z.B. das Sharps Rifle entwickelt, konnten aber den Vorderlader als Ordonanzwaffe nicht verdrängen.

Das erste für militärische Zwecke praxistaugliche Gewehr nach dem Hinterlader-Prinzip stellte 1836 Johann Nikolaus von Dreyse vor. Sein Zündnadelgewehr übertraf sogar die Feuergeschwindigkeit der Musketen erheblich und war in Reichweite und Präzision mit zeitgenössischen Büchsen zumindest vergleichbar. Noch bevor Preußen die neuartige Waffe ca. 1848 in den Truppendienst übernahm, führte die Norwegische Armee 1840 mit dem Kammerlader ebenfalls einen gezogenen Hinterlader als Ordonnanzwaffe ein.[3] Die preußischen und norwegischen Waffen leiteten das Ende des Vorderladergewehres ein. Es dauerte aber noch mehr als 20 Jahre, bis sich der Hinterlader weltweit durchsetzte, wofür es mehrere Gründe gab:

Erstens entwickelte der französische Offizier Claude-Étienne Minié in den 1840ern ein Expansions-Geschoss mit dem jede alte Muskete nach Aufbohrung des Laufes in eine schnell feuernde Büchse verwandelt werden konnte. Das neuartige Minié-Geschoss bewährte sich im Krim-Krieg (1853 - 1856) und wurde im Amerikanischen Sezessionskrieg (1861 - 1865) von beiden Seiten genutzt. Mit dem neuen Geschoss konnten die Militärs seit Jahrhunderten bewährte Technik, Taktik und Ausbildung weiter nutzen.

Zweitens war Dreyses Zündnadelgewehr eine Geheimwaffe der Preußischen Armee. Die enorme Feuerkraft des Zündnadelgewehrs wurde erst im Deutschen Krieg (1866) insbesondere bei der Schlacht von Königgrätz offenbar. Auch der Kammerlader wurde erst 1864 im Deutsch-Dänischen Krieg von norwegischen Freiwilligen eingesetzt. [4]

Drittens hatten die frühen mit herkömmlichen Papierpatronen geladenen Hinterladergewehre Probleme mit der Liderung, die hauptsächlich durch eine verkleinerte Treibladung ausgeglichen wurden.

Viertens standen konservative Militärs dem schnell feuernden Hinterlader äußerst skeptisch gegenüber. Sie befürchteten, dass eine Erhöhung der Feuergeschwindigkeit lediglich den enormen Munitionsverbrauch der Musketen[A 1] nur noch steigern würde und setzten lieber auf das altbewehrte Bajonett als Hauptwaffe der Linieninfanterie.

Die Vorteile des einfacher[A 2] und schneller bedienbaren Hinterladers überwogen aber letzlich.

Schon im Deutsch-Französischen Krieg (1870/71) waren Hinterladergewehre die Standardwaffe beider Seiten. Die Preußen nutzten das bewährte und zuverlässige aber inzwischen veraltete Zündnadelgewehr. Bayern setzte mit dem Podewils Lindner Gewehr M1858/67 einen aus einem Vorderlader aptierten Hinterlader ein.[5] Die französischen Truppen führten das 1866 zur Ordonanzwaffe erklärte Chassepotgewehr, welches dem Zündnadelgewehr bei ähnlicher Feuerrate in der Reichweite weit überlegen aber auch empfindlicher und somit unzuverlässiger war.

Artillerie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Konstruktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Segmentierter Schraubenverschluss der russischen 305 mm Kanone M1907
Exzentrischer Schraubenverschluss nach Canet, hier Verschlusskonstruktion der Canon de 75 mle 1897
Verschlusskonstruktion von Armstrong, hier RBL 7 inch
Frühe Hinterlader-Verschlusssysteme von Armstrong und Whitworth
Krupp-Querkeilverschluss. Schweizerische Ord. 8,4 cm Feldkanone 1879

Wie der Name bereits ausdrückt, wird der Hinterlader von hinten geladen. Dazu muss der Verschluss das Rohr in seinem vollen Querschnitt freigeben. Das Geschoß und die Treibladung werden von hinten in das Rohr eingeführt. Bei kleinkalibrigen Geschützen wird patronierte Munition verwendet. Dabei sind Treibladung und Geschoß in einer Granatpatrone zusammengefasst. Vorteilhaft ist hier die kurze Zeit, die zum Nachladen beötigt wird. Bei Geschützen bis zu einem Kaliber von ca. 57 mm können mehrere Granatpatronen in einem Ladestreifen bzw. Laderahmen zusammengefasst werden. Dies verkürzt die Zeit zum Nachladen nochmals. Ab einem Kaliber von ca. 120 mm sind Geschoß und Treibladung jedoch zu schwer, um von einem einzelnen Ladeschützen gehandhabt werden zu können. Daher kommt hier Munition zur Anwendung, bei der Granate und Treibladung getrennt sind. Die Treibladung wird in Form einer Kartusche zugeführt. Der gegenüber der Verwendung von Granatpatronen höhere Zeitbedarf zum Nachladen wird wegen der besseren Wirkung im Ziel in Kauf genommen. Bei Geschützen ab einem Kaliber von ca. 200 mm wird teilweise auf Kartuschen für die Treibladung verzichtet und die Treibladung in Form von Treibladungsbeuteln eingebracht. Durch Variation der Anzahl der Treibladungsbeutel kann die Schußweite beeinflußt werden. Ab dieser Kalibergröße sind wegen des Gewichtes der Granaten mechanische Zuführungen und Ladehilfen erforderlich. Bei Geschützen mit halbautomatischen und automatischen Verschlüssen werden Geschoss und Treibladung in einer Ladeschale hinter dem Verschluss abgelegt und anschließend mechanisch in das Rohr eingeführt. Bei Fla-Geschützen größeren Kalibers erfolgt in der Ladeschale auch die Einstellung der Zünder der Granaten. Bei Maschienkanonen bis zum Kaliber von ca. 35 mm kommen stark abweichende Konstruktionen zum Einsatz, die sich an denen von Maschinengewehren orientieren.

Der Verschluss des Geschützes schließt das Rohr nach hinten ab und muss bei Schußabgabe die Kräfte des Rückstosses über das Rohr in die Lafettenkostruktion ableiten. Dazu muss er zuverlässig mit dem Rohr verriegeln. Zusammen mit der Kartusche muss er das Rohr gasdicht abschließen, um die Treibladung möglichst vollständig auszunutzen. Der Verschluss sollte einen Schutz gegen unbeabsichtige Abfeuerung bieten. Grundsätzlich muss sich der Verschluss bei manueller Betätigung mit wenigen Handbewegungen schnell öffnen und schließen lassen. Gefordert werden weiterhin geringes Gewicht und geringe Abmessungen, umd die tote Rohrlänge, das heißt die Länge des Rohres hinter der Patronen- bzw. Pulverkammer zu minimieren. Diese tote Rohrlänge bestimmt zusammen mit dem Rücklaufweg des Rohres die maximale Rohrerhöhung bei gegebener Lafettenkonstrunktion.

Beim Fallblockverschluss nach Armstrong wird ein metallischer Block von oben in das Rohr eingeführt. Die Verriegelung wird kraftschlüssig durch eine Schraube hergestellt, die von hinten in das Rohr eingedreht wird und den Metallblock gegen den hinteren Rand der Pulverkammer drückte. Ein auf dem Block angebrachter Kupferring dichtete die Pulverkammer gasdicht ab. Die einzelnen Elemente des Verschlusse sind nicht miteinander gekoppelt, daher sind Öffnen und Schließen des Verschlusses kompliziert und zeitaufwendig.

Beim Kolbenverschluss wird ein Kolben von hinten in das Rohr eingeführt. Durch die konische Form des Kolbens bzw. das Aufbringen weicher Materialien wird die gasdichte Abdichtung erreicht. Zu Verriegelung wird ein Passstift quer zur Achse des Rohres durch Rohr und Verschluss geführt. Im Regelfall wird der Kolben in das Rohr eingeschwenkt, dazu ist das Rohr auf einer Seite konisch erweitert. Auch hier führt die Vielzahl der Bedienungselemente zur komplizierten Handhabung und langen Ladezeiten.

Der Canetsche Kugelverschluß besteht aus einer Halbkugel, deren Durchmesser geringfügig größer als der des Rohres ist. Zum Nachladen wird die Halbkugel um 90 Grad nach oben gedreht, der flache Boden der Halbkugel gibt den Querschnitt zum Nachladen frei. Danach wird die Halbkugel um 90 Grad zurückgedreht und dichtet das Rohr nach hinten ab. Die verwendeten Granatpatronen müssen einen halbkugelförmigen Hülsenboden haben, um sich mit vollem Querschnitt auf den Verschluss abstützen zu können. Problematisch sind dabei die Gasdichtigkeit und die Verriegelung des Verschlusses und die Notwendigkeit spezieller Kartuschen, vorteilhaft die kurze Nachladezeit und die Möglichkeit zur Automatisierung.

Beim Keilverschluss gleitet ein Keil entweder waagerecht oder senkrecht in das Rohr und schließt es nach hinten ab. Durch die Keilform und die Bewegung des Keiles werden sowohl Gasdichtigkeit als auch Verriegelung sichergestellt. Bauformen des Keilverschlusses sind der Kruppsche Leitwellverschluss und der Schubkurbelverschluss nach Erhardt, die sich durch die Konstruktion der Bedien- und Verrigelungselemente unterscheiden. Beim umlegbaren Fallkeilverschluss wird der Verschluss beim Öffnen zuächst nach unten herausgezogen und dann um eine quer zum Rohr liegende Welle nach hinten gedreht. Er findet bei kleinkalibrigen Schnellfeuerkanonen Anwendung. Vorteilhaft sind Gasdichtigkeit, zuverlässige Verriegelung, einfache Bedienung und kurze Ladezeiten sowie die Möglichkeit zur Automatisierung, nachteilig, wie auf dem Bild zu erkennen, die relativ große tote Rohrlänge.

Beim Schraubenverschluss wird das Rohr durch eine von hinten hineingedrehte Schraube gleichzeitig abgeschlossen und der Verschluss verriegelt. Die Schraube wird in das Rohr eingeschwenkt, dazu ist das Rohr auf einer Seite konisch erweitert. Zur Verkürzung des Einschraubens ist das Schraubengewinde längs eingeschnitten, so dass bei der einfachsten Ausführung eine Drehung der Schraube um 90 Grad um die Längsachse zum Verriegeln ausreicht und gleichzeitig 50% des Rohrquerschnittes zur Verriegelung genutzt werden. Beim Kammverschluss wird das Schraubengewinde durch parallel laufende Kämme ersetzt, daher muss der Verschlussblock beim Schließen nur gedreht, nicht aber nach vorn bewegt werden. Beim segmentierten Schraubenverschluss besteht die Verschlusschraube aus mindestens zwei Gewindesegmenten mit unterschiedlichem Durchmesser, was den Winkel zum Verriegeln nochmals verkleinert. Vorteilhaft sind Gasdichtigkeit und sichere Verriegelung, was den Einsatz dieser Konstruktion auch bei Kalibern über 300 mm möglich macht. Nachteilig ist die komplizierte Kinematik, die sich aus dem Einschwenken der Verschlussschraube, dem Drehen und ggf. (außer beim Kammverschluss) einer Bewegung in der Rohrlängsachse zusammensetzt. Durch Koppelung der einzelnen Elemente kann der Ladevorgang jedoch automatisiert werden, bei Kalibern über 200 mm ist die Zeit zum Schließen und Öffnen des Verschlusses gegenüber der Zeit zum Nachführen von Granate und Treibladung unbedeutend.

Beim exzentrischen Schraubenverschluss nach Canet liegt die Drehachse der Verschlussschraube unterhalb der Seelenachse des Rohres. Die Verschlusschraube ist als halber Zylinder ausgebildet und hat gegeüber der Patronenkammer den doppelten Durchmesser. Durch eine Drehung von 180 Grad gibt sie das Rohr zum Nachladen frei, verbelibt aber selbst im Rohr. Vorteilhaft ist, neben den Vorteilen des Schraubenverschlusses allgemein, die einfache Kinematik und die geringe tote Rohrlänge, nachteilig die komplizierte Konstruktion des Verschlusstückes des Rohres, dessen Bohrung zur Aufnahme der Verschlussschraube nach unten erweitert werden muss.

Die Bewegungen zum Öffnen bzw. Schließn des Verschlusses können automatisert werden. Dabei wird im Prinzip durch einen an der Rohwiege befestigten Anschlag der Verschluss währed des Rohrrücklaufes aufgezogen. Dabei wird eine Schließfeder gespannt, die nach dem Laden der Granatpatrone den Verschluss selbstätig schließt. Durch entsprechende Kostruktionen können weitere Schritte, wie z. B. Auswurf der Kartuschhülse und Zuführung der Granatpatrone, automatisert werden.

Bei Maschienkanonen bis zum Kaliber von ca. 35 mm kommen auch hier stark abweichende Konstruktionen zum Einsatz, die sich an den Verschlußkonstruktionen von Maschinengewehren orientieren.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stabringgeschütz, 14. Jahrhundert, links im Bild (mit Henkel) die Pulverkammer

Hinterladergeschütze sind spätestens seit dem 14. Jahrhundert nachweisbar. Sogenannte Kammerlader sind ab dem 15. Jahrhundert als Bewaffnung auf Kriegsschiffen eingesetzt worden. Dabei handelt es sich um Geschütze größeren Kalibers. Grund für die Einführung dieser Hinterlader waren die damals bestehenden Grenzen der Gusstechnologie. Gegossene Bronzekanonen konnten nur für kleinere Kaliber hergestellt werden, bei größeren Kalibern ab ca. 20 cm war die Belastung im Rohr für das relativ weiche Material zu groß. Die Technologie des Eisengusses war damals nur für relativ kleine Gußkörper anwendbar. Um dennoch Waffen mit größerer Durchschlagsleistung verfügbar zu habe, wurden sogenannte Stabringgeschütze konstruiert. Konisch geschmiedete Eisenreifen wurden längs zu einem beidseitig Rohr verschweißt. Zur Verstärkung wurden schmiedeiserne Ringe aufgebracht bzw. aufgeschrumpft. An das hintere Ende des Rohres wurde nach dem Laden des Geschosses eine Pulverkammer angesetzt, in das Rohr geschoben und auf der Lafette verkeilt. Die Gasdichtigkeit dieser Konstruktion war zwar unbefriedigend, derartige Konstruktionen boten jedoch damals die einzige Möglichkeit zum Verschießen großkalibriger Geschosse. Geschossgewichte bis zu 0,5t sind überliefert.[6] Mit der Vervollkommnung des Eisengusses und der Entwicklung des Stahlgusses wurden diese Hinterlader durch gegossene Vorderlader nahezu vollständig verdrängt. Diese Vorderlader waren relativ einfach zu fertigen, von einer geübten Besatzung schnell zu laden und erwiesen sich als verhältnismäßig zuverlässig und sicher. Sie blieben bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts die bestimmende Konstruktionsform für Artilleriegeschütze. Da Artilleriegefechte sowohl zu Land als auch auf See auf wenige hundert Meter Entfernung geführt wurden, genügten die Schußleistungen den damaligen Anforderungen. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts kamen wirksame Panzerungen für Kriegsschiffe auf. Ein Durchschlagen dieser Panzerungen mit herkömmlichen Vollgeschossen war praktisch nicht möglich. Auch zu Land wurde mit Abkehr von der herkömmlichen Lineartaktik eine höhere Reichweite und Durchschlagsleistung der Artillerie gefordert. Diese war jedoch nur mit Langgeschossen und damit einhergehend der Verwendung gezogener Rohre zu erreichen. Ein Laden dieser Langgeschosse durch die Mündung war jedoch nur schwer möglich. Wegen der geringen Differenz zwischen Kaliber der Granate und Kaliber des Rohres mussten diese mit erheblichen Kraftaufwand in das Rohr eingepresst werden. Dies war gerade bei größeren Kalibern - und damit potentiell weitreichenden Geschützen - praktisch unmöglich. Auf jeden Fall sank die Kadenz der Geschütze auf nicht mhr akzeptable Werte ab. Eine Vergößerung der Kaliberdifferenz verbot sich aufgrund der schlechteren Ausnutzung der Treibladung. Durch Giovanni Cavalli und Martin von Wahrendorff in Piemont bzw. Schweden und William Armstrong in Großbritannien wurden ab Ende der 1840er moderne Hinterladergeschütze konstruiert. Zur Anwendung kam ein einfacher, manuell betätigter Fallblockverschluss. Das Problem der Abdichtung der Granate im Lauf wurde durch Ummantelung der Granate mit Ledermanschette gelöst. Derartige Geschütze wurden in Piemont, in Schweden und in Grobritannien bei der Royal Navy und der British Army eingeführt. Großbritannien stellte jedoch bereits nach kurzer Zeit die Produktion derartiger Hinterlader wieder ein, da Herstellung und Unterhalt zu kostenintensiv waren. Vorderlader waren nach der damals herrschenden Meinung einfacher zu bedienen, eine gut eingespielte Besatzung benötigte in Vergleichen eine geringere Zeit zum Nachladen als bei Hinterladergeschützen. Das Problems des Ladens von Langgeschossen in Vorderladern hatte Armstrong zwischenzeitlich durch die Konstruktion einer speziellen Granate gelöst: warzenförmige Aufsätze glitten in den Zügen des Rohres und ermöglichten ein leichtes Einsetzen der Granate von vorn. Als Nachteil der Hinterlader erwies sich auch zum damaligen Zeitpunkt die tatsache, dass bei Vorderladern eine größere Treibladung benutzt werden konnte, dadurch waren bei ihnen Reichweite und Durchschlagsleistung höher. Der Grund für die geringere Leistungsfähigkeit der Hinterlader war die Belastung der Rohre und die Verwendung schnell abbrennender Treibladungspulver, die einen höheren Maximaldruck erzeugten. Erst durch die Verwendung langsam abbrennender Treibladungen und verbesserte Rohrkonstruktionen konnte die Leistungsfähigkeit von Vorderladern übertroffen werden.

Zu Beginn der 1870er Jahr wurde die Konstruktion der Hinterlader durch zwei Entwicklungen vorangetrieben: durch die Entwicklung von Führungsringen aus Messing bzw. Kupfer konnte das Problem der Führung der Granate im Rohr bei gleichzeitig gasdichter Abdichtung zufriedenstellend gelöst werden, die fertigugstechnisch aufwendigen Ledermanschetten und ähnliche Vorrichtungen konnten entfallen. Gleichzeitig wurden mit dem Kolbenverschluss eine Verschlusskonstruktion zur Einsatzreife gebracht, die gasdicht war und ein schnelles Nachladen ermöglichte. Diese Konstruktion wurde ab den 1880er Jahren durch Canet als Schraubenverschluss weiterentwickelt. Ab den 1880er Jahren entwicklete Krupp in Deutschland mit dem Keilverschluss ein konstruktiv anders aufgebautes, aber vergleichbar effizientes Verschlusssystem. Grundsätzlich beruhen fast alle Verschlusskonstruktionen moderner Hinterladergeschütze auf diesen Konstruktionsprinzipien.

Durch die Entwicklung patronierter Munition konnte der Ladevorgang ab den 1880er Jahren nochmals beschleunigt und die Schußfolge erhöht werden. Durch den Übergang zum Hinterlader wurde der Einsatz langsam abbrennender Treibladungen wie Kordit möglich. Dies führte in der Folge zur Vergrößerung der Rohrlänge und damit letztendlich zu höherer Reichweite und Durchschlagsleistung der Geschütze. Den Abschluß fand die Entwicklung der Hinterlader durch die Entwicklung wirksamer hydraulischer Rohrbremsen zu Beginn der 1890er Jahre in Frankreich. Die wesentlichen Konstruktionsmerkmale - Verschluss, gezogenes Rohr, Rohrbremse - blieben bis in das 20. Jahrhundert bestimmend. Lediglich für bestimmte Einsatzzwecke - die Verwendung flügelstabilisierter Wuchtgeschosse - wurden wieder glatte Rohre eingeführt, aber auch hier wird das Rohr über einen Verschluss von hinten geladen.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Otto Lueger: Lexikon der gesamten Technik, herausgegeben von Otto Lueger, 2. Auflage 1904–1920
  • Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909
  • Jan Boger: Jäger und Gejagte. Stuttgart 1997, ISBN 3-87943-373-9.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Götz, Hans-Dieter: Waffenkunde für Sammler. Vom Luntenschloß zum Sturmgewehr, ISBN 978-3-879-43303-2
  2. Samurai - The World of the Warrior Stephen Turnbull p. 105
  3. Artikel „kammerladergevær“ in: Store norsk leksikon abgerufen am 9. Februar 2010.
  4. Im Artikel „Christopher Bruun“ in Norsk biografisk leksikon (abgerufen am 9. Februar 2010.) wird geschildert, dass sich der norwegische Freiwillige Bruun in der Schlacht an den Düppeler Schanzen durch sein weitreichendes Kammerladergewehr auszeichnete.
  5. Artikel „Weiß-Blauer Alleingang - Das Podewils Lindner Gewehr M1858/67“ in: schmids zuendnadelseite abgerufen am 11. Februar 2010.
  6. Die Kanonen der "Lisa von Lübeck" (eingesehen am 17. Aug. 2009)

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Der exorbitante Munitionsverbrauch der Musketen kann anhand der Berechnung eines Spezialisten der Unionstruppen gezeigt werden. Er schätzte den Bedarf für jeden einzelnen getöteten Konförderierten auf ca. 240 Pfund Pulver und 900 Pfund Blei. (Jan Boger: Jäger und Gejagte S. 138. Stuttgart 1997, ISBN 3-87943-373-9.)
  2. Im Gefecht wurden die komplizierten Vorderlader von den unzureichend und schlecht ausgebildeten Infanteristen oftmals fehlerhaft bedient. Z.B. wurden nach der Schlacht von Gettysburg ca. 12000 Vorderlader gefunden, die doppelt geladen waren. Dazu kamen 6000 weitere Gewehre, die ebenfalls falsch geladen waren. Diese Gewehre waren teilweise sogar mehr als dreimal geladen. Häufig war die Papierpatrone falsch herum eingeführt oder nicht aufgerissen. (Jan Boger: Jäger und Gejagte S. 139. Stuttgart 1997, ISBN 3-87943-373-9.)