Benutzer:Maya/Religionsethnologie

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Religionsethnologie

Religionsethnologie ist ein Bereich der Ethnologie, der der Kulturethnologie zugeordnet wird. Dabei ist Gegenstand der Religionsethnologie in Abgrenzung zur Religionssoziologie vor allem die Erforschung von Religionen (auch ehemals) schriftloser Kulturen. [1] Religionsethnologie stellt auch einen Teilbereich der Religionswissenschaft dar. Sie beschäftigt sich vornehmlich mit folgenden Fragen:

Es geht dabei in der Regel nicht um theologisch-philosophische Wahrheitsdebatten, sondern es wird versucht, Fragen zur gesellschaftlichen und individuellen Relevanz religiöser Anschauungen, Handlungsweisen und Erzeugnisse zu beantworten. Daher wird in der Forschung auch eher gelebte Religion beobachtet und weniger dozierte Religion ausgelegt. Da sie als Beobachter aber zu verstehen versucht, enthält sie sich bewusst eines wertenden Standpunkts.

Spezifizierte Teilgebiete der Religionsethnologie sind die Religions-Ethnographie und die Religions-Ethnohistorik.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Begründer der Religionsethnologie gelten Edward Tylor, James Frazer und Émile Durkheim. Sie waren auch die ersten, die dabei den bewusstseinspsychologischen Aspekt in ihre religionsethnologischen Forschungen einbezogen haben. Einer der ersten, die den Begriff innerhalb von Buchtiteln angewandt haben, war Ferdinand Lipowsky. Das erste explizite Standardwerk dazu stammt von Carl August Schmitz.

Die frühe Religionsethnologie hatte sich vor allem mit der Frage beschäftigt, welchen Ursprung Religion hat. Man glaubte in sog. "primitiven" Gesellschaften eine frühe Entwicklungsstufe der Menschheit erkennen zu können. Daraus wurden dann evolutionistische Religionsmodelle abgeleitet (so John Lubbock, James Frazer, Edward Tylor). Der Religionssoziologe Emile Durkheim hatte jedoch einen weit größeren Einfluss auf die Entwicklung der Religionsethnologie, als die Pioniere des Faches. [2]

Die evolutionistischen Theorien wurden dann von Bronislaw Malinowski verworfen, er war der erste, der einen funktionalistischen Ansatz vetrat, wodurch ein Paradigmenwechsel in der Religionsethnologie eingeleitet wurde. Von Malinowski stammt die Etablierung der wichtigsten Methode der Religionsethnologie, die teilnehmende Beobachtung. [3]

Der Strukturfunktionalismus Alfred R. Radcliffe-Browns orientierte sich mehr an Durkheim, hier wird die Rolle der Religion nicht auf das Individuum bezogen sondern auf gesellschaftliche Zusammenhänge, die Rolle der Religion wird in der Stabilisierung der Gesellschaft gesehen, indem durch diese Gruppenstrukturen aufrechterhalten werden. [4]

Bei Evans-Pritchard geht es nicht mehr um Funktionen von Religion, sondern um die Rekonstruktion religiöser Systeme in ihrer eigenen Logik, und das Verständlichmachen dieser Systeme durch ihre eigenen Vorraussetzungen [5]

Seit den 60er Jahren wandte man sich vermehrt der Analyse symbolischer Formen zu, hier sind Mary Douglas und Victor W. Turner zu nennen, die eine interpretative Wende eingeleitet hatten, die sich auch in anderen Kulturwissenschaften wiederfinden lässt. [6]

Einen bedeutenden Einfluss auf einen Paradigmenwechsel in der Etnologie und Religionsethnologie hatte Clifford Geertz, man wandte sich allgemein von der Struktur zur Bedeutung, vom Funktionalen zum Inhaltlichen, das Interesse galt nun der Erforschung von Symbolsystemen und symbolischen Handlungen in den verschiedenen Kulturen. Ab den 80er Jahren wurde jedoch auch dieser Ansatz einer Kritik unterzogen, in den Vordergrund des Interesses und der Kritik traten damit der Ethnologe als Autor und die von ihm verfassten Schriften. [7]

Symbolforschung der Religionsethnologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Bezug auf die Religioswissenschaft besteht der wichtigste Beitrag der Religionsethnologie darin, dass sie die Aufmerksamkeit auf Symbolsysteme und deren Erforschung gerichtet hat. Levi-Strauss betrachtete es beispielsweise als Hauptaufgabe der Ethnologie das symbolische Denken in seinen Grundstrukturen zu erforschen. Mit diesem Ansatz hat Levi-Strauss die Ethnologie stark erweitert, hin zu einer Anthropologie der Kommunikation. Edmund Leach hat daraufhin komplexe Systeme von Klassifikationen und Nomenklatur von Symbolen herausgearbeitet. Die Ethnologie richtet bei der Symbolforschung ihr Interesse vor allem auf Mythos und Ritual. Mary Douglas Ansatz war es z.B., die Zusammenhänge zwischen Ritualen und Gesellschaftsordnungen herzustellen, zu diesem Zweck erforschte sie die Symbolik körperlicher Erfahrungen, die nach Douglas Vorstellungen von sozialer Ordnung und ritueller Inszenierung symbolisch vermitteln. Dies stellt die Grundlage dar, kulturelle Strukturen festzustellen, die mit religiösen Verhaltensweisen verbunden sind. [8]

Victor W. Turner entwirft im Zusammenhang mit Forschungen zu Ritualen eine Theorie religiöser Symbolik. Rituale stellen für ihn ein Konglomerat von Symbolen dar. Durch eine Analyse dieser Symbole in ihren elementaren Zusammenstellungen versucht er, das Ritual zu entschlüsseln. Symbole werden als sehr komplex angesehen, da sie eine Vielzahl von Bedeutungen haben, im Ritual stellen sie gesellschafliche und individuelle Zusammenhänge wie Konflikte, Wertvorstellungen, Hoffnungen, Widersprüche sinnlich erfassbar dar. [9]

Clifford Geertz gilt als bedeutendster Vertreter der symbolischen Richtung der Kulturanthropologie. Er ist auf die Untersuchung der verschiedenen kulturellen Symbolsysteme einer Gesellschaft, die auch die Religion einschließt, ausgerichtet. Seine Analyse der Symbole als Dichte Beschreibung soll die gesamte Komplexität symbolischer Bedeutungssysteme erfassen und nicht nur einzelne Daten präsentieren. [10]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Klaus Hock: Einführung in die Religionswissenschaft. 2.Aufl., Darmstadt 2006. S.110
  2. Klaus Hock: Einführung in die Religionswissenschaft. 2.Aufl., Darmstadt 2006. S.112
  3. Klaus Hock: Einführung in die Religionswissenschaft. 2.Aufl., Darmstadt 2006. S.112
  4. Klaus Hock: Einführung in die Religionswissenschaft. 2.Aufl., Darmstadt 2006. S.113
  5. Klaus Hock: Einführung in die Religionswissenschaft. 2.Aufl., Darmstadt 2006. S.113
  6. Klaus Hock: Einführung in die Religionswissenschaft. 2.Aufl., Darmstadt 2006. S.113
  7. Klaus Hock: Einführung in die Religionswissenschaft. 2.Aufl., Darmstadt 2006. S.115
  8. Klaus Hock: Einführung in die Religionswissenschaft. 2.Aufl., Darmstadt 2006. S.125
  9. Klaus Hock: Einführung in die Religionswissenschaft. 2.Aufl., Darmstadt 2006. S.125
  10. Klaus Hock: Einführung in die Religionswissenschaft. 2.Aufl., Darmstadt 2006. S.126