Benutzer:Miolocello/Moral: kooperativer und ulitaristischer Individualismus

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Moral und die moralische Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Moral (lateinisch „mores“) ist ein zusammenfassender Begriff aus Regeln, Normen und Werten im gesellschaftlichen Zusammenleben. Sie spiegelt unsere inneren Prinzipien wider. Moral ist die sittliche Haltung eines Einzelnen oder einer Gruppe, kann aber auch eine sittliche Lehre in einer Fabel oder Erzählung sein. Moral ist gleichbedeutend mit Ethik. (Bertelsmann-Lexikon) Es gibt unterschiedliche Definitionen von Moral. LIND definiert sie beispielsweise als eine Fähigkeit, die erlernt werden muss.“ . Im Allgemeinen bedeutet Moral aber auch Urteils- und Diskursfähigkeit. Diese moralische Urteilsfähigkeit muss auch dann noch gegeben sein, wenn das Individuum unter starken Druck gerät, zum Beispiel bei Müdigkeit oder wenn es sich in der Minderheit befindet.

Durkheim, Piaget, Lind, Habermas, Rawls oder Putnam, untersuchten seit Jahrzehnten die Grundlagen der moralischen Entwicklung. In ihren Theorien werden Leitfäden, unterschiedliche Ansätze aber auch Widersprüche formuliert. Emile Durkheim, Urheber der Debatte, konzipierte die Begrifflichkeit Moral: kooperativer oder ulitaristischer Individualismus. Im Folgenden werden die jeweiligen Theorien zur Erläuterung herangezogen. Als Grundlage dient hierbei Lawrence Kohlbergs 6 Stufen der Moralentwicklung (Wegbewegen vom Eigennutz). Demnach durchlaufen Menschen in ihrer Entwicklung bestimmte Phasen moralischer Entwicklung, die zu immer differenzierteren moralischen Verständnis führen.

Die moralische Weiterentwicklung erfolgt im alltäglichen Leben. Hierbei entstehen Konfliktsituationen zwischen zwei sich widersprechenden Implikationen von Recht und Ordnung, sogenannte Dilemmasituationen (Lind). Sie sind notwendig, um moralische Kenntnisse umzusetzen und weiterzuentwickeln. Das Individuum befindet sich in einem inneren Konflikt mit Normen und Gesetzen, aus dem Entscheidungen hervorgebracht werden müssen (Beispiel Dilemmasituation: „Arbeiter-Dilemma“ (Gesetzesbruch zur Durchsetzung eines Gesetzes/moralische Grundidee mit unmoralischen Mitteln heiligen?, „Stehlen um zu Überleben“ oder „Sterbehilfe“). Eine hohe moralische Urteilsfähigkeit kann ebenso durch gezieltes Nachfragen entstehen. Bei der moralischen Entwicklung werden kognitive und affektive Aspekte miteinander verflochten.


Moral und Demokratie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Moral und Demokratie hängen eng zusammen. Moral ist eine Voraussetzung für Demokratie. Im Umkehrschluss ist ohne Demokratie eine moralische Entwicklung nicht möglich, so die Grundannahme in allen Theorien über moralische Entwicklung. Eine demokratische Kultur ist Voraussetzung für eine reflektorische Haltung (die Meinung zählt). Gleichzeitig muss auch eine abweichende Haltung zugelassen werden - sonst funktioniert die moralische Meinung nicht. Ein Widerspruch hierzu ist allerdings möglich (vergleiche andere Kulturen). Die These ist nicht an die westliche Kultur gekoppelt, sie ist zum Beispiel auch im Islam möglich.


Moral und Bildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bildung und Moral stehen nicht zwingend in einem unmittelbaren Zusammenhang. Aus geschichtlichem Wissen heraus kann sich ein Individuum gegen etwas entscheiden, obwohl es im Grunde anders reagieren müsste. Damit sind Entscheidungen gemeint, die dem sogenannten „Bauchgefühl“ entsprechen. (Lind, wird bestätigt). Emile Durkheim untersuchte die Beziehung zwischen Schulklasse und Lehrer, wobei der Lehrer eine Schlüsselposition einnimmt, denn moralische Regeln werden von ihm/ihr vermittelt. Der Lehrer muss sicherstellen, dass die Schüler den aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungsstand erkennen und die entsprechenden Regeln vermittelt bekommen. Grundthese von allen Autoren: Eine grundsätzliche Moral ist vermittelbar und der Lehrer kann verpflichtet werden, diesen Grundstandard zu vermitteln. Bei Diskussionen nur innerhalb der Gruppe, kann die Gruppenmoral manipuliert werden. Dabei ist eine zwangfreie Meinungsäußerung in einer Diskussion bei moralischen Konflikten innerhalb einer Gruppe unumgänglich. Habermas zeigt durchaus Grenzen der Moralentwicklung auf, denn auch zweckrationales Handeln kann nicht immer zwanglos diskutiert werden, weil man betroffen ist oder gar nicht erst teilnehmen kann an der Diskussion.


Moral und Ethikunterricht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die aktuelle Debatte über den Ethikunterricht an den Schulen hat die Frage aufgeworfen, inwiefern die Schule nur ein System oder als Lebenswelt zu verstehen ist und wie wichtig das neue Unterrichtsfach für die Schüler ist. Im Ethikunterricht kann offen diskutiert und die Meinung zwangfrei geäußert werden. Themen, die moralisch selten mit falsch oder richtig zu beantworten sind, bewegen die Schüler zu Entscheidungen in Dilemmasituationen. Oftmals finden sich solche Möglichkeiten nur in diesem speziell dafür ausgerichteten Schulfach. Dennoch sollten Ethik und Moral generell in alle Unterrichtsfächer einfließen und sich nicht auf ein einzelnes Fach beschränken. Ethik sollte ein Aspekt aller Lebensbereiche sein (Putnam).


Moral und Mitgefühl[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Ursprung moralischer Motivation ist noch weitgehend ungeklärt (GEO Wissen). Es ist jedoch anzunehmen, dass Mitgefühl eine wesentliche Rolle dabei spielt. Mitgefühl ist ein wichtiges Element für moralisches Handeln. Mitgefühl entsteht aus Liebe, Zuneigung und Bindung zu anderen Menschen. Dabei braucht es mindestens eine einfühlsame, sorgende Bezugsperson, um ein mitfühlendes Kind aufzuziehen. (Rawls Kapitel 8) Mitgefühl ist zudem eine Grundvoraussetzung für Selbstachtung. Ohne Selbstachtung kann es kein Mitgefühl für andere Menschen geben.


Weltgesellschaft und Individualität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die vielzitierte „Goldene Regel“ (in „Welträthsel“ von Ernst Haeckel 1899) ist das Grundgesetz der Moral. Grundsätzlich besagt sie, dass alles was einem selbst missfällt, man auch niemand anderen antun sollte. Das Streben nach einheitlichen, verbindenden und verbindlichen Moralvorstellungen für alle Menschen ist groß. Es ist genauso groß wie der Wunsch nach Frieden zwischen den Kulturen und Religionen. Allerdings birgt dieser Wunsch verschiedene Probleme. Grundsätzlich würde ein gemeinsames Kooperieren ausreichen, jedoch verfügen nicht alle Menschen über die gleichen kommunikativen Kompetenzen. Für ein gegenseitiges Verständnis ist eine einheitliche Verständigung notwenig. Zusätzlich würde sich durch die Weltgesellschaft auch das individuelle Eingriffsrecht des Einzelnen vermindern (das Individuum würde untergehen). Es stellt sich ebenso heraus, dass es nicht möglich ist, eine moralische Universalität festzustellen. Es ist stets wichtig den Kontext und die Kultur mitzureflektieren.

Häufig kommt es zu Situationen, für die es keine eindeutige moralische Lösung gibt. Gilligan und Habermas bestätigen, dass es auch nichtlösbare Konflikte gibt. Gilligan behandelt das Thema Abtreibung als Konflikt, der nicht verhandelbar ist zwischen Selbstbestimmungsrecht und Lebensrecht. Beispielhaft für widersprüchliches moralisches Verhalten ist auch der Soldat. Es wird davon ausgegangen, dass er eine grundlegende moralische Einstellung hat, er wird aber oftmals nicht so handeln. Befehle werden weder diskutiert noch reflektiert aufgrund autoritärer Verhältnisse (Begriffsklärung: Regeln und Normen sind autoritär, Prinzipien und Werte sind moralisch und kognitiv (erlernt). Nicht zuletzt sei der politische Kulturrelativismus der USA erwähnt, dessen Konzept verfassungsrechtlich begründet ist. Die Strategie der Menschenrechte definiert sich nicht über Moral oder Pragmatismus, sondern über Legitimation. Hier dominieren andere Handlungsperspektiven und das Eingriffsrecht um den Weltfrieden herzustellen („The Pursuit of Happiness“).


Die Objektivität moralischer Werte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erlernte Werte spiegeln die reale Welt wider. Normen können nicht handlungsleitend wirken, wenn sich die Menschen nicht an Werte halten. Umgekehrt erhalten Normen durch die Menschen bestimmte Werte. Putnam stellt in diesem Zusammenhang unter anderem folgende Fragen zu Debatte: Können Werte objektiv sein? Inwiefern sind Werte richtig und falsch? Und für wen? Anders könnte gefragt werden: Gibt es Objektivität in Fragen der Moral? Werte können durchaus objektiv sein. Selbst die Naturwissenschaften setzen Werte voraus. Denn Wahrheit ist ein heterogener Begriff und unterliegt Maßstäben der Akzeptierbarkeit. Wenn ein Ergebnis auch glaubhaft ist, impliziert stets Werte. Wertfreiheit ist in der Naturwissenschaft nicht möglich. Wissenschaft ist immer auch perspektivisch. Wir können nie ganz gewiss sein, ob wir richtig liegen in einer Annahme. Anders als Habermas (in Anlehnung an I. Kant), der in seinen Theorien vorgibt, welche Werte wichtig sind, verdeutlicht Putnam den Prozess der Moralentwicklung. Lind knüpft daran an, indem er aussagt: Es gilt zu erkennen und daraus abzuleiten. Potentielle Objektivität besteht nur, wenn rational darüber entschieden wird. Generell gilt, dass stets ein zweiter Aspekt hinzugenommen werden sollte, um das Ergebnis nicht allein stehen zu lassen. Nur Normen können universell sein, aber wir brauchen dringend gemeinsame Werte (Joas).


Theorieprobleme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ergebnisse zeigen, dass die Theorien, die hier erwähnt wurden, auch an ihre Grenzen stoßen. Das festgestellte Theorieproblem übt vor allem Kritik an Putnam und Habermas. Sie nehmen keine Stellung zu nichtlösbaren Konflikten. Bei größeren Konflikten halten sie sich zurück. Die Aussagen in den Theorien sind sehr theoretisch und nur wenig politisch. So funktionieren sie gegebenenfalls bei Schulklassen, jedoch nicht unbedingt bei Völkergruppen. Zur Frage der Chancengleichheit „Wie kann man Formen einer normativen zentralen Gesellschaft entwickeln? Wie kann sich Kommunikation innerhalb einer Gesellschaft gewaltfrei entwickeln?“ skizziert Habermas keinen Weg. Kohlberg sagt zwar, es gibt eine universelle Wertvermittlung und innerhalb eines Systems (individuell) funktioniert es gut, jedoch nicht außerhalb der individuellen Entwicklung. Hierfür sei eine zusätzliche Ebene nötig. Viele Fragen bleiben offen: Was muss eine Gesellschaft haben und wie muss sie sich moralisch verhalten, um zu funktionieren, insbesondere zwischen Kulturen? Wie müssen gesellschaftliche Strukturen beschaffen sein, dass sich eine Moral entwickelt (um Friedlichkeit zu erreichen)? Ist Moral ein Luxus, den wir uns nur mit einem gewissen Maß an Wohlstand leisten (können)?


Weiterführende Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hans Bertram (Hrsg.): Gesellschaftlicher Zwang und moralische Autonomie. Suhrkamp, 1986

Rainer Döbert; Gertrud Nunner-Winkler: Adolszenzkrise und Identitätsbildung: psychische und soziale Aspekte des Jugendalters in moderne Gesellschaften, 1975

Carol Gilligan: Die andere Stimme : Lebenskonflikte und Moral einer Frau. Piper Verlag, 1991

Jürgen Habermas: Moralbewusstsein und kommunikatives Handeln. Suhrkamp taschenbuch

Hans Joas: Werte versus Normen. Das Problem der moralischen Objektivität bei Putnam, Habermas und den klassischen Pragmatisten. In: Marie-Luise Raters und Marceus Willaschek: Hilary Putnam und die Tradition des Pragmatismus. suhrkamp taschenbuch, 2002

Lawrence Kohlberg: Die Psychologie der Moralentwicklung. suhrkamp taschenbuch

Georg Lind: Moral ist lehrbar: Handbuch zur Theorie und Praxis moralischer und demokratischer Bildung. Oldenbourg Verlag, 2009

Georg Lind: Ist Moral lehrbar?: Ergebnisse der modernen moralpsychologischen Forschung. Logos Verlag, 2000

Georg Lind: Moral und Bildung: zur Kritik von Kohlbergs Theorie der moralisch-kognitiven Entwicklung. Asanger, 1993

Gertrud Nunner-Winkler (Hg.): Weibliche Moral. Die Kontroverse um eine geschlechtsspezifische Ethik. Campus- Verlag, 1991

John Rawls: Eine Theorie der Gerechtigkeit. Suhrkamp, 1979

Alexandra Rigos: Du, du – das darfst du nicht. Erziehungsethik. In : GEO WISSEN, Heft 35 „Sünde und Moral". 2009