Benutzer:Otfried Lieberknecht/07

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Fliegerass (frz. as de l'aviation, engl. flying ace) ist eine aus der französischen Militär- und Propagandasprache des Ersten Weltkriegs stammende Bezeichnung für Jagdflieger, die eine bestimmte Mindestanzahl, in der Regel mindestens fünf, feindliche Militärflugzeuge abgeschossen haben. Es handelt sich nicht um eine offizielle militärische Auszeichnung, sondern um einen feststehenden Begriff, der als eine Art inoffizieller Ehrentitel auch von anderen Alliierten, insbesondere von den Luftstreitkräften der USA, übernommen wurde. Er hat seither den Kult prominenter Militärpiloten und ihrer Abschußzahlen sowohl in den Luftstreitkräften selbst als auch in den Medien und in weiten Teilen der Literatur über die Geschichte beider Weltkriege geprägt und ist hierbei besonders seit den 1960er-Jahren auch in Deutschland populär geworden.

Wortgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

"Ass" als positiv wertende, superlativische Bezeichnung für eine Person ist eine Metapher aus dem Bildbereich des Kartenpiels. Entstanden aus der lateinischen Bezeichnung As für einen einpfündigen Kupferbarren, aus der im Römischen Münzsystem der Name für die Grundeinheit "Eins" wurde, bezeichnet das Wort im Würfelspiel die "Eins" als niedrigste Augenzahl und im Kartenspiel, speziell im französischen Kartenblatt, die Spielkarte mit dem Wert "Eins", die je nach befolgter Spielregel auch die höchste sein kann, die alle anderen schlägt. Bildliche Vergleiche in älteren Jahrhunderten setzen bei der Niedrigkeit des Ass im Würfelspiel an, um Geringwertigkeit auszudrücken[1], während in jüngerer Zeit dann die Hochwertikgeit der Spielkarte Ass (oder im deutschen Kartenblatt des Daus)[2] den Ausgangspunkt bildet.

Das Ass als Metapher zur Hervorhebung von Exzellenz ist im Französischen bereits 1828 belegt, durch einen Brief von Dominique-Joseph Garat, in dem dieser die Mitglieder der Académie française als "die Asse der Grammatik" ("les as de la grammaire") bezeichnet und anmerkt, daß er sich damit ausdrücke wie der König von Preußen, der seinerseits von "den Assen der Schlachten" ("des as des batailles") gesprochen habe.[3] Ähnlich kennt auch das Italienische schon um die Mitte des 19. Jahrhunderts die Redensart "das Ass sein" ("esser l'asso"), um Perfektion einer Person oder Sache auszudrücken.[4] In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fand der Ausdruck dann Eingang auch in den Bereich des Sports. In der französischen Sprache des Rudersports wurde in den 1870er-Jahren als As der schlagstärkste Ruderer einer Rudermannschaft bezeichnet, der auch für den Wettkampf im Einer ausgewählt wurde, letztere ebenfalls as genannt.[5] Und in der Sprache des amerikanischen Baseballs wurde schon der Spieler Asa Brainard als "Acey" (1864, 1870) und "Ace Brainard" (1864), seit Anfang des 20. Jahrhunderts auch allgemein der beste Pitcher eines Teams als "Ace" bezeichnet[6].

Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts findet sich das Wort sich dann auch in der französischen Militärsprache, und zwar zunächst als Bezeichnung eines Kavalleristen, der bei der Aufstellung einer Kolonne in der ersten Reihe eingeteilt ist.[7] Erst in den ersten Weltkriegsjahren, die in der Folge der Mobilmachung auch für den Wortschatz der französischen Soldatensprache erhebliche Weiterungen mit sich brachten, etablierte sich dort und in der französischen Presse as als Bezeichnung für einen Soldaten, der in seiner Waffengattung Herausragendes leistet oder sich durch besondere Bravour auszeichnet.[8] Der Bezug zum Kartenspiel blieb hierbei zuweilen präsent: als 1917 eine ganze Division den Beinamen "division des as" erhielt, wählten sich ihre vier Regimenter jeweils eine der vier Karten des Ass als Feldzeichen[9]. Auch wird als Witz kolportiert, daß man nur noch Karten mit 28 Karten finde, weil sich die Asse alle bei den Fliegern befänden[10]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bekanntestes Beispiel ist Horaz, Sat. I, vi, 13f., im Italienischen z.B. non stimare un asso, "für Nichts achten, nicht für einen Pfifferling wert halten" bei Boiardo, L'Orlando inamorato, IV, 73, 3
  2. Positiv wertende Vergleiche des Typs "wie ein Daus" bei Jakob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. II, Sp. 855, Art. "Daus, m." (Online-Version)
  3. Gaston Esnault: Le poilu tel qu'il se parle. Dictionnaire des termes populaires récentes et neufs employés aux armées en 1914-1918, étudiés dans leur étymologie, leur développement et leur usage, Éditions Bossard, Paris 1919 (Digitalisat), S. 47f. Anm. 1
  4. Lorenzo Foresti: Vocabolario piacentino-italiano, 2. Ausg., Tipi di Francesco Solari, 1855, S. 202: "I Toscani dicono: Esser l'asso per significare cosa perfetta nel genere suo".
  5. Gaston Esnault, Le poilu tel qu'il se parle, S. 46
  6. Paul Dickson: The Dickson Baseball Dictionary, 3. Ausg., W. W. Norton & Company, New York 2009, S. 4 s.v. "ace"
  7. Albert Dauzat / Jean Dubois / Henri Mitterand: Nouveau dictionnaire étymologique, 3. Ausg., Larousse, Paris 1964, S. 49 s.v. "as", mit der Bedeutungserklärung "cavalier du premier peloton", im Anschluß an Albert Dauzat, L'Argot de la guerre d'après une enquête auprès des officiers et soldats, Paris: Armand Colin, 1918, 2. Ausg. 1919, S. 242, vgl. S. 35; Gaston Esnault, Le poilu tel qu'il se parle, S. 44 mit einem Pressebeleg vom 24. Mai 1915
  8. Gaston Esnault, Le poilu tel qu'il se parle, S. 44ff., mit Pressebelegen aus der Zeit seit Januar 1916, S. 48 auch mit einem Beleg für superas vom November 1916
  9. Gaston Esnault, Le poilu tel qu'il se parle, S. 44
  10. Gaston Esnault, Le poilu tel qu'il se parle, S. 47

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter Fritzsche: A Nation of Fliers: German Aviation and the Popular Imagination. Harvard University Press, Cambridge (Mass.) 1992, ISBN 0-674-60122-X (S. 59-101: The Image of the War Ace)
  • Lee Kennett: The First Air War, 1914-1918. Free Press, New York 1991, ISBN 0-02-917301-9
  • Linda R. Robertson: The Dream of Civilized Warfare: World War I Flying Aces and the American Imagination. University of Minneapolis Press, Minneapolis 2003, ISBN 0-8166-4270-2