Benutzer:Ottoabies/Entwurf

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Paulus im Sturm: „Verliert nicht den Mut! Niemand von euch wird sein Leben verlieren, nur das Schiff wird untergehen.“ (Apg 27,22 EU)
Verwendung der Conditio Jacobea auf einem Spruchband am Ende des Abschlussgottesdienstes des Deutschen Evangelischen Kirchentags 2007

Die conditio Jacobea (lateinisch) ist der ‚jakobäische Vorbehalt‘ in der lateinischen Redewendung sub conditione Jacobea (auch Jacobaea oder Jacobi; ‚unter dem Vorbehalt des Jakobus‘), die als christliche Devotionsformel zu Demut und Hoffnung mahnt und daran erinnert, dass die Zukunft und insbesondere geplante Ereignisse dem Willen Gottes unterliegen.[E 1] Sie geht auf den Jakobusbrief zurück, in dessen letztem Abschnitt des vierten Kapitels der Verfasser – nach traditioneller Auffassung: Apostel Jakobus, Sohn des Alphäus[E 2] – vor dem „καυχάομαι ἐν ταῖς ἀλαζονείαις“ (deutsch: „Prahlen voll Übermut“)[E 3][A 1] warnt und darauf hinweist, dass alles geplante Handeln von der Bedingung abhänge:

«[Ἀ]ντὶ τοῦ λέγειν ὑμᾶς· ἐὰν ὁ κύριος θελήσῃ καὶ ζήσομεν καὶ ποιήσομεν τοῦτο ἢ ἐκεῖνο.»

„Ihr solltet lieber sagen: Wenn der Herr will, werden wir noch leben und dies oder jenes tun.“

Jak 4,15 NA EU

Parallelstellen finden sich in der Apostelgeschichte des Lukas (18,18-22 EU), im Römerbrief (1,9-10 EU), im ersten Korintherbrief (4,19 EU, 16,7 EU), im Philipperbrief (2,19 EU. 24 EU) und im Hebräerbrief (6,3 EU). Hier spricht nicht Jakobus, sondern Paulus von Tarsus,[E 4] weshalb ein Apotropaion[A 2] gegen die Gefahren auf hoher See, denen der Heidenapostel bei seinen Missionsreisen ausgesetzt war, als Sitz im Leben bestimmt wurde.[E 5] Diese Wendung wurde aber nicht erst in apostolischer Zeit geprägt: „vielen Heiden ist Offenbarung widerfahren“ (lateinisch: “multis gentilium facta fuit revelatio”; bkv).[E 6] Ausdrücke wie “deo volente” (daneben “diis volentibus”)[E 7] waren der israelitischen Weisheit bekannt[E 8] sowie den alten Griechen und Römern[E 9] und haben bisweilen – beispielsweise bei Sokrates,[E 10] Seneca[E 11] und Epiktet[E 12] – sogar Eingang in die Philosophie der Antike gefunden.[E 13]

Nicht zu verwechseln ist die Demuts- und Ergebenheitsformel mit der Schwurformel „so wahr mir Gott helfe“. Ebenfalls apotropäisch[A 2] und bezogen auf Gott – jedoch nicht als Beschützer von Leib, Leben, Hab und Gut, sondern als Rächer der Unwahrheit[E 14] –, wird sie nicht selten perhorresziert, gleichermaßen von den Antithesen[A 3] der Bergpredigt (Mt 5,33-37 EU; vgl. Jak 5,12 EU)[E 15] wie von der Deisidaimonie[A 4] der griechischen Antike.[E 16]

In jüngster Zeit wurde die conditio Jacobea besonders nachhaltig durch Dietrich Bonhoeffer ins Bewusstsein gehoben.[E 17]

Als Abkürzung s.c.J. oder s.c.I. ist die Wendung zum Abschluss eines Briefes gebräuchlich.

Siehe auch: In schā'a llāh und Gelassenheitsgebet.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Jakob Stehle: Conditio Jacobaea. Abgerufen am 4. Februar 2015.
  2. The author is commonly identified with the Lord's brother, the Bishop of Jerusalem ([…] the view that the Lord's brother must be identified with James, the son of Alpheus, is by far the most probable).Epistle of St. James. In: Catholic Encyclopedia. 1913. Siehe auch: Jakobus der Gerechte.
  3. Jak 4,16 NA EU. Vgl. 1 Joh 2,16 NA EU: „ἡ ἀλαζονεία τοῦ βίου“ (deutsch: „das Prahlen mit dem Besitz“).
  4. „Ob der […] Brief [des Jakobus] im Neuen Testament von Paulus selbst verfaßt worden ist, können wir im vorliegenden Zusammenhang offenlassen.“ Otto Kaiser: Weihnachten im Osterlicht. Eine biblische Einführung in den christlichen Glauben. Radius, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-87173-106-8, S. 128 f. (online [abgerufen am 22. Januar 2015]).
  5. „Its apotropaic (i. e., evil-averting) intention is evident by its setting in the so-called travelogue-sections of Paul's LETTERS.“ (deutsch: „Ihre apotropäische (d. h. Unheil abwehrende) Absicht wird durch ihre Situierung in den sogenannten Reiseberichten der paulinischen Briefe evident.“) Richard N. Soulen, R. Kendall Soulen: Handbook of Biblical Criticism. Presbyterian Publishing Corporation, 2011, ISBN 978-1-61164-153-0, S. 43 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Thomas von Aquin: Summa theologica IIª-IIae q. 2 a. 7 ad 3 bkv.
  7. Jelle Wytzes: Der letzte Kampf des Heidentums in Rom (= Études préliminaires aux religions orientales dans l'Empire romain / publiées par M.J. Vermaseren. Band 56). Brill Archive, 1977, ISBN 90-04-04786-7, S. 50 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. Otto Kaiser: Der Mensch unter dem Schicksal. Studien zur Geschichte, Theologie und Gegenwartsbedeutung der Weisheit (= Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft. Band 161). Walter de Gruyter, 1985, ISBN 3-11-086716-8, S. 163 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. Erster Apionbrief (2. Jh.): „[Κ]αὶ ἐκ τούτου ἐλπίζω ταχὺ προκό(μι-)σαι τῶν θε[ῶ]ν θελόντων.“ (Deutsch: „[U]nd ich aus dem (Grund) hoffe, rasch zu avancie-|ren, so die Götter wollen.“ Englisch: „[A]nd I hope by this means quickly to ad-|vance, the gods willing.“) Zitiert nach: Hans-Josef Klauck: Die antike Briefliteratur und das Neue Testament. Ein Lehr- und Arbeitsbuch. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 1998, ISBN 3-506-99496-4, 1.A.1 Der erste Apionbrief, S. 29–33 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche – hier: S. 30).
  10. Platon, Alkibiades I 135d:
    1. Griechisch: [Ὅ]τι ἐὰν θεὸς ἐθέλῃ. Bei: Wikisource (k. A.).
    2. Griechisch / Latein: [S]i deus velit. Bei: Opera-platonis.de (Ambrosio Firmin Didot).
    3. Deutsch: „Wenn Gott will.“ Bei: Opera-platonis.de (Friedrich Schleiermacher).
    4. Englisch: By the help of God. Bei: Project Gutenberg (Benjamin Jowett).
    5. Vgl. Jak 1,5.17:
      • Griechisch: „Εἰ δέ τις ὑμῶν λείπεται σοφίας, αἰτείτω παρὰ τοῦ διδόντος θεοῦ πᾶσιν ἁπλῶς καὶ μὴ ὀνειδίζοντος, καὶ δοθήσεται αὐτῷ.“ (NA) „[Π]ᾶσα δόσις ἀγαθὴ καὶ πᾶν δώρημα τέλειον ἄνωθέν ἐστιν καταβαῖνον ἀπὸ τοῦ πατρὸς τῶν φώτων, παρ’ ᾧ οὐκ ἔνι παραλλαγὴ ἢ τροπῆς ἀποσκίασμα.“ (NA)
      • Deutsch: „Fehlt es aber einem von euch an Weisheit, dann soll er sie von Gott erbitten; Gott wird sie ihm geben, denn er gibt allen gern und macht niemand einen Vorwurf.“ (EU) „[J]ede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben, vom Vater der Gestirne, bei dem es keine Veränderung und keine Verfinsterung gibt.“ (EU)
  11. Epistulae morales 107,11:
    1. Latein: Ducunt volentem fata, nolentem trahunt.: Bei: Wikisource (k. A.).
    2. Deutsch: „Den Willigen führt das Schicksal, den Unwilligen zerrt es mit sich.“ Bei: Wikipedia (k. A.).
    3. Englisch: Aye, the willing soul / Fate leads, but the unwilling drags along. Bei: Wikisource (Richard Mott Gummere, LCL).
  12. Encheiridion 53:
    1. Griechisch: [Ἄ]γου δέ μ', ὦ Ζεῦ, καὶ σύ γ' ἡ Πεπρωμένη, / ὅποι ποθ' ὑμῖν εἰμι διατεταγμένος: / ὡς ἕψομαί γ' ἄοκνος: ἢν δέ γε μὴ θέλω, / κακὸς γενόμενος, οὐδὲν ἧττον ἕψομαι.“ Bei: Wikisource (k. A.).
    2. Deutsch: „So führe mich, o Zeus, und göttliches Geschick, / Wohin es mir von euch zu gehn verordnet ist. / Ich will euch folgen ohne Zögern; wollt' ich's nicht, / Wär' ich ein Feigling; aber folgen müßt' ich doch.“ Bei: Zeno.org (Carl Conz).
    3. Englisch: Lead me, O Zeus, and thou O Destiny, / The way that I am bid by you to go: / To follow I am ready. If I choose not, / I make myself a wretch, and still must follow. Bei: Wikisource (George Long).
  13. „Gegen das, was ist, wie es ist, gibt es keinen Einspruch. ‚Den Willigen führt das Schicksal, den Widerstrebenden schleift es mit sich‘, lautet ein Spruch der Stoiker. ‚Inschallah‘ (‚wenn Gott will‘) sagen die Moslems, wenn sie eine Absicht kundtun. Und das Gleiche hat schon lange zuvor der Apostel Jakobus empfohlen.“ Robert Spaemann: Über die Vernünftigkeit des Glaubens an Gott. In: zur debatte. Nr. 6, 2006 (online [PDF; abgerufen am 4. Februar 2015]). Auch in: Robert Spaemann: Über die Vernünftigkeit des Glaubens an Gott. Die verborgene Einheit von Allmacht und Liebe: Warum das Niedere vom Höheren aus verstanden werden muß und nicht umgekehrt. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung am Sonntag. 22. Oktober 2006 (online [abgerufen am 22. Januar 2015]). Auch in: Robert Spaemann, Rolf Schönberger: Der letzte Gottesbeweis. Pattloch, München 2007, ISBN 978-3-629-02178-6, S. 14 (online [abgerufen am 22. Januar 2015]). (Zitiert nach den letzten beiden Quellen.)
  14. „Eyd, ist eine vorbedächtige Anruffung GOttes, der uns straffen solle, wofern wir die Wahrheit nicht reden, oder unser Versprechen nicht halten sollten.“ Stiftung Schloss Neuhardenberg (Hrsg.): «Ein Traum, was sonst?» Preussische Tugenden. Ein Lesebuch. Wallenstein, Göttingen 2002, ISBN 3-89244-524-9, S. 168 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  15. Joachim Ringleben: Jesus. Ein Versuch zu begreifen. Mohr Siebeck Verlag, Tübingen 2008, ISBN 978-3-16-149770-4, 3.3.3. ‚Du sollst nicht falsch schwören‘ (5,33–37), S. 166–169 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche – Leinen; kartoniert ISBN 978-3-16-149832-9).
  16. „Statt nun aber das Schwören einzuschränken oder gar gänzlich zu unterlassen, verfiel die populäre Deisidaimonie auf einen anderen Ausweg: Man schwor nicht mehr bei den Göttern, sondern bei Phänomenen der Lebenswirklichkeit, die religiös unbedenklich waren, als da sind Tiere, Pflanzen und unbelebte Sachen und Dinge.“ (S. 97) Andreas Patzer: Beim Hunde! Sokrates und der Eid des Rhadamanthys. In: Altera Ratio. Klassische Philologie zwischen Subjektivität und Wissenschaft. Festschrift für Werner Suerbaum zum 70. Geburtstag. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-515-08315-4, S. 93–107 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  17. „Zuletzt möchte ich meine Dankbarkeit darüber zum Ausdruck bringen, daß sich die conditio Jacobea ‚so Gott will und wir leben‘ erfüllt hat, die mir nicht zuletzt durch Bonhoeffer in seinen Briefen in ‚Widerstand und Ergebung‘ so nachhaltig bewußt geworden ist.“ Ernst Feil: Religio. Vierter Band: Die Geschichte eines neuzeitlichen Grundbegriffs im 18. und frühen 19. Jahrhundert (= Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte. Band 91). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2012, ISBN 978-3-647-55199-9, S. 11 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. PONS Griechisch-Deutsch, Stichwort: „ἀλαζονεία“, deutsch: Hochmut.
  2. a b Duden online, Stichwort: „apotropäisch“, Bedeutung: „Unheil abwehrend“.
  3. Perseus Project, Stichwort: „ἀντίθεσις“, Bedeutung: „opposition“ (deutsch: „Entgegensetzung“).
  4. Perseus Project, Stichwort: „δεισιδαιμονία“, Bedeutung: „fear of the gods“ (deutsch: „Götterfurcht“).