Benutzer:Pfelgebahr/Pflege Bahr

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Die Pflegeversicherung ist ein eigenständiger Zweig der Sozialversicherung. Sie wurde am 1. Januar 1995 als Pflichtversicherung etabliert und gilt seitdem als die „fünfte Säule“ der Sozialversicherungen (neben Kranken-, Unfall-, Renten- und Arbeitslosenversicherung). Der Beitragssatz von ursprünglich 1,7% wurde ab 01.07.2008 auf 1,95% angehoben und steigt erneut zum 01.01.2013 auf 2,05 Prozent.

Neben der gesetzlichen Pflegeversicherung gibt es verschiedene Varianten von privaten Pflegezusatzversicherungen. Diese private Vorsorge für den Pflegefall soll zukünftig staatlich bezuschusst werden – pro Monat und pro Police fünf Euro. Diese Regelung wurde am 29. Juni 2012 durch den Deutschen Bundestag im Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz in 2./3. Lesung beschlossen. Mit der Durchführungsverordnung vom 28. November 2012 wurde das Verfahren festgelegt, mit dem die staatliche Förderung der privaten Pflegevorsorge gewährt wird. Die Verordnung tritt am 1. Januar 2013 in Kraft.

Der Einstieg in eine kapitalgedeckte Säule und die Finanzierung der Pflege auf einer breiteren Basis sind das Ziel dieses speziellen Förderprogramms. Für das Programm hat sich der Name „Pflege Bahr“ durchgesetzt. In den Genuss können alle Personen kommen, die die Geldleistungen der gesetzlichen Versicherung im Pflegefall für nicht ausreichend halten.

Da private Pflegevorsorge bereits ab 11 Euro pro Monat versichert werden kann*, erscheint das Angebot des Staates attraktiv. Eine staatlich geförderte Police steht allen gesetzlich sowie privat Versicherten zu. Altersbeschränkungen sind nicht vorgesehen. Bewerber dürfen nicht abgelehnt werden. Gesundheitsprüfungen finden nicht statt. Leistungen aus Pflege Bahr können nach einer fünfjährigen Karenzzeit in Anspruch genommen werden. Diese Bedingungen werden von den Versicherern der bestehenden Policen nicht erfüllt. Daher sind Bestandspolicen von der Förderung in der Regel ausgeschlossen.

Insgesamt 100 Millionen Euro stehen ab 2013 für Neuabschlüsse zur privaten Pflegezusatz-versicherung zur Verfügung. Das Geld reicht rechnerisch für 1,67 Millionen Policen. Im Ministerium geht man davon aus, dass in 2013 rund 1,5 Millionen Verträge abgeschlossen werden. Somit kämen weniger als 2,5 Prozent aller gesetzlich Pflegeversicherten in den Genuss der Leistungen. Ab 2014 kann der Etat nach Bedarf aufgestockt werden. Wäre Pflege Bahr ähnlich erfolgreich wie die Riester Rente, müsste der Etat auf ca. 900 Millionen Euro steigen (Riester Verträge Stand 2012: 15 Millionen). Eine Obergrenze ist (bisher) nicht vorgesehen.

Warum private Pflegezusatzversicherung?

Die gesetzliche Pflegeversicherung deckt nur einen Teil der Pflegekosten ab. Die derzeitigen Pflegesätze sind 450 Euro in Pflegestufe 1 sowie 1.100 Euro für Stufe 2 und 1.550 Euro in Stufe 3. Ein Heimplatz für Pflegebedürftige kostet jedoch doppelt soviel und mehr. Beispielsweise Pflegestufe 3 erfordert fast ohne Ausnahme mehr als 3.000 Euro monatlich. Die Differenz muss privat aufgebracht werden. Oder durch eine private Pflegezusatzversicherung.

  • aktuelle Beiträge für Männer: 25/35/45/50 Jahre: ca. 11, 18, 29, 37 Euro.
  aktuelle Beiträge für Frauen:   25/35/45/50 Jahre: ca. 17, 27, 44, 57 Euro.

Mit Einführung des Unisex-Tarifs ab 21.12.2012 wird der Beitrag für Frauen günstiger, für Männer teurer.


Wie hoch ist der Bedarf? Die Zahl der Pflegebedürftigen wird lt. Expertenmeinung in den nächsten Jahren signifikant steigen. da auch die Lebenserwartung der Menschen steigt. Derzeit sind ca. 2,5 Millionen Menschen pflegebedürftig. Der Pflegebedarf wird bis 2030 um rund 50% steigen. Der Mangel an ausgebildeten Pflegekräften, der heute schon zu beklagen ist, wird bis auf 500.000 unbesetzte Stellen anwachsen. Die Politik ist also auch in diesem Bereich gefordert, geeignete Maßnahmen zu ergreifen.

Kritik

Die Initiative der Bundesregierung, namentlich des Gesundheitsministers Daniel Bahr, veranlasst offensichtlich viele Versicherer zu der Überlegung, ab 2013 keine eigene private Pflegeversicherung mehr anzubieten. Mit Pflege Bahr dürfte mehr zu verdienen sein. Möglicherweise könnte das Produkt zu dem einzig verfügbaren dieser Art im gesamten Versicherungsmarkt werden.

Die monopolistische Perspektive sowie viele andere Aspekte der Pflege Bahr rufen Kritiker mit zum Teil mächtiger Stimme auf den Plan. Experten der gesetzliche Krankenversicherungen, der Sozialverbände und der Gewerkschaften halten Pflege Bahr für gleichermaßen unsozial und unwirtschaftlich. Der Gesundheitsexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Karl Lauterbach, fordert eine Anhebung der Beiträge um 0,5%. So ließe sich eine deutlich bessere Pflege darstellen (Passauer Neue Presse am 28.11.2012). Ver.di hat errechnet, dass ein Beitrag von 3,25 % ausreiche, um alle künftigen Anforderungen ohne zusätzliche private Vorsorgemaßnahmen zu deckeln. Das heißt, dass der künftige Beitrag von 2.05% ab 2013 nur um rund ein Drittel erhöht werden müsse, um die absehbaren Probleme der Pflegeversicherung im Griff zu behalten. Die Zuschusspolitik des Bundes halten viele für eine Verschwendung von Steuergeldern. Sie werfen der Gesetzinitiative vor, nichts anderes als eine Subventionshilfe für die privaten Versicherer zu sein. Denn es sei absehbar, dass die Prämien signifikant steigen werden.

Die Gründe: Fast jeder Antragsteller wird bewilligt, auch wenn gesundheitliche Risiken bestehen. Versicherungsmathematisch ist eine Verteuerung der Verträge unabwendbar. Hinzu kommen die Kosten für die Verwaltung sowie für einen evtl. erforderlichen Pflegepool, um die Risiken unter den Versicherern gerecht zu verteilen.

Pflege Bahr ist wesentlich ein Kind der FDP und wurde der CDU abgerungen im Tausch mit dem Zuspruch zum Betreuungsgeld. Durch Kontrahierungszwang und Ausschluss von Risikoprüfungen sowie der geringen Höhe des Zuschusses ist Pflege Bahr kaum geeignet, attraktive Tarife zu kalkulieren und nachhaltig substanzielle Leistungen zu gewährleisten. Daher glauben zahlreiche Experten und Politiker, dass Pflege Bahr bei einem Regierungswechsel schnell wieder abgeschafft werden wird.