Benutzer:Servus100/Baustelle Conatus

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Conatus (lat. für Anstrengung, Bemühen, Streben) ist ein philosophischer Terminus, der schon seit alter Zeit in der Psychologie sowie der Metaphysik verwendet wurde, um die innere Neigung einer Sache zu beschreiben, weiter zu bestehen oder sogar größer zu werden. Die "Sache" kann psychisch, gegenständlich oder beides sein. Über die Jahrtausende haben viele Philosophen dieses Thema behandelt und sind zu sehr unterschiedlichen Schlüssen gekommen, wobei besonders die Beiträge der Philosophen der Aufklärung René Descartes, Spinoza, Gottfried Leibniz und deren empiristischer Zeitgenosse Thomas Hobbes sehr wichtig waren. Der Conatus kann sich auf den instinktiven "Wunsch zu leben" oder auf verschiedene metaphysische Theorien über Bewegung und Trägheit beziehen, in einer pantheistischen Weltanschauung wird er oft mit Gottes Willen verbunden. Weiters kann der Begriff conatus z.B. beim Erörtern von Zentrifugalkräften und Trägheit in verschiedene Definitionen für Psyche und Körper aufgeteilt werden.

Die Geschichte des Terminus Conatus ist die einer langen Reihe von feinsinnigen Änderungen in der Bedeutung und Abgrenzung des Begriffs in einer Entwicklung von über 2.500 Jahren. Erfolgreiche Philosophen haben, um sich den Terminus anzueignen, ihre eigene, persönliche Auslegung mit dem Begriff verbunden, jeder ging mit dem Wort anders um, sodass es zurzeit keine konkrete und allgemein akzeptierte Definition gibt. Die ersten Autoren, die sich mit conatus beschäftigten, schrieben vor allem in Lateinischer Sprache, wobei sich ihr Sprachgebrauch auf altgriechische Begriffe zurückführen lässt. Daher nützten diese Denker Conatus nicht nur als physikalischen Ausdruck, sondern auch als gewöhnliches Wort mit allgemeiner Bedeutung. Bei antiken Texten ist der eher physikalische Gebrauch schwer vom eher allgemeinen zu unterscheiden, was eine Übersetzung erheblich erschwert.

Heutzutage wird conatus in der Physik und Technik eher nicht gebraucht, da sie stattdessen Termini wie Trägheit oder Impulserhaltung verwendet. Trotzdem ließen sich manche Denker des 19. und 20. Jahrhunderts von dem Begriff beeinflussen.

Antike[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Marcus Tullius Cicero

Der Lateinische Ausdruck conatus lässt sich von conor -ari, was im Deutschen normalerweise mit "streben (nach)", "sich bemühen" wiedergegeben wird. Als erste haben die Stoiker (333-264 v.Chr.) und die Peripatetiker (um 335 v.Chr.) den Begriff ὁρμή (Bewegung, Beginn) verwendet, um die Bewegung der Seele zu einem Objekt zu beschreiben, woraus sich körperliche Handlungen ergeben. Antike Denker, vor allem Marcus Tullius Cicero und Diogenes Laertios weiteten den Begriff dahingehend aus, dass sie den conatus eine Abneigung zur Zerstörung verbanden, Diogenes Laertios lehnte jedoch entschieden den Gebrauch des Terminus bei Pflanzen ab. Vor der Renaissance gebrauchten Thomas von Aquin, Duns Scotus sowie Dante Alighieri häufig vult ("er/sie/es will"), velle /("wollen", Inf.) oder appetit ("er/sie/es strebt an") als Synonyme von conatus, wobei alle Wiedergaben vom griechischen ὁρμή sein können. Um 1700 erweiterten Telesius und Campanella die griechische Auffassung des Begriffs und wandten ihn auf alle Lebewesen und auch unbelebten Dinge an.

Sowohl Aristoteles als auch später Cicero und Laertios wiesen auf eine Bindung zwischen dem conatus und anderen Gefühlen hin, wobei ihrer Meinung nach der erstere die letzteren einleitet. So behaupteten sie z.B., dass Menschen nicht etwas tun wollen, weil sie es für "gut" befinden, eher befinden sie etwas für "gut", weil sie es tun wollen, mit anderen Worten: Der Grund für menschliches Erstreben ist eine natürliche Neigung des Körpers, sich in Übereinstimmung mit den Prinzipien des conatus zu erweitern.

Mittelalter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Impetustheorie
Siehe auch: Scholastik, Mittelalterliche Philosophie

Im Mittelalter bestand traditionell eine Verbindung zwischen dem conatus und der Bewegung an sich. Thomas von Aquin und Jehuda Leon ben Isaak Abrabanel führten den Begriff beide auf das zurück, was Augustinus in seinem Werk De civitate Dei als "natürliche Bewegungen, die entweder auf- und abwärts oder in einer mittleren Stellung mit ihrem Sein ausgeglichen sein können" bezeichnete. Sie nannten die Kraft, die Dinge zum Aufsteigen oder Fallen bewegt amor naturalis (natürliche Liebe).

Johannes Philoponus, der im 6. Jahrhundert vor Christus lebte, kritisierte den Standpunkt von Aristoteles in Bezug auf die Bewegung indem er den Widerspruch zwischen dessen Behandlung der Gestirne, die das Medium Aether in Bewegung bringt und dessen Behandlung des Vakuums, wo es kein derartiges Medium gibt und so die Bewegung eines Gegenstands unmöglich sein sollte, aufzeigt. Philoponus behauptete, dass Bewegung nicht durch das Zutun irgendeines umgebenden Mediums sondern durch eine gewisse Eigenschaft, conatus, der in den Gegenstand "eingepflanzt" wird, wenn er sich zu bewegen beginnt. Darunter ist aber nicht der moderne Begriff der Trägheit zu verstehen, deshalb hatte man es immer noch notwendig, eine innere Kraft anzunehmen, die einen Körper in Bewegung versetzt. Diese Ansicht wurde von Averroës und vielen Scholastikern, die Aristoteles unterstützten, überhaupt nicht geteilt. Die aristotelische Ansicht wurde auch in der arabischen Welt viel diskutiert. Alhazen z.B. entwickelte einen arabischen Begriff, der ungefähr svw. Trägheit bedeutete und stimmte dabei im Wesentlichen mit Philoponus' Ansichten überein, auch sein Zeitgenosse Avicenna entwickelte einen Begriff in dieser Thematik, der svw. Impuls bedeutet. Er bezeichnete den impetus (Synonym zu conatus) als proportional zu Gewicht mal Geschwindigkeit. Mit anderen Worten, sein Konzept des impetus kommt dem der Newton'schen Mechanik schon sehr nahe.

Im Hochmittelalter lehnte Jean Buridan die Erkenntnis ab, dass diese Eigenschaft, die die Bewegung verursacht, spontan verschwindet. Er war der Meinung, dass ein in Bewegung befindliches Objekt durch den Luftwiderstand und sein eigenes Gewicht abgebremst würde was seinem impetus langsam entgegenwrikt. Er hielt auch fest, dass der impetus mit zunehmender Geschwindigkeit wächst, seine Grundidee des impetus war in vielen Bereichen der heutigen Vorstellung vom Impuls ähnlich. Im Gegensatz zu den offensichtlichen Ähnlichkeiten zu einigen modernen Theorien zur Trägheit behauptete Buridan, seine Theorie sei im Grunde nur ein Zusatz zur Philosophie des Aristoteles, er hielt auch an anderen peripatetischen Grundsätzen fest, ebenfalls daran, dass es noch immer einen grundlegenden Unterschied zwischen einem ruhigen und sich bewegenden Objekt gibt. Buridan behauptete ebenfalls, dass der impetus nicht nur linear, sondern auch kreisförmig sein könne, und nannte als Beispiele die Sterne, die sich ja in Kreisbahnen bewegen.

Descartes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch: René Descartes

René Descartes

In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts entwickelte René Descartes eine modernere, materialistische Interpretation des conatus, den er als "handelnde Kraft oder Neigung sich zu bewegen von Körpern, die die Kraft Gottes wiedergibt" bezeichnet. Wärhend die antiken Philosophen dieses Wort ausschließlich im anthropomorphen Zusammenhängen verwendeten, nämlich um ein klares Ziel zu "erstreben" oder zu "erringen", die mittelalterlichen Scholastiker der Ansicht waren, dass der conatus eine geheimnisvolle innere Eigenschaft von Sachen sei, verwendete Descartes den Terminus in einem etwas mehr mechanizistischen Sinn. Spezifisch für Descartes ist, im Gegensatz zu Buridan, sind die Bewegung und der Ruhezustand zwei Zustände des gleichen Dinges, nicht zwei verschiedene. Insgesamt ist Descartes' Ansicht zweideutiger, man kann hier den Anfang einer Strömung weg von der Zuordnung von Wünschen und Absichten zur Natur und ihrem Wirken zu einer modernen und wissenschaftlichen Betrachtung erkennen.

Descartes teilte den teleologischen Standpunkt in Bezug auf die materielle Welt nicht, der in Europa seit den Zeiten von Aristoteles verbreitet war. Er sieht die Seele nicht als Teil der materiellen Welt, weshalb sie nicht den streng mechanischen Gesetzen der Natur untergeordnet ist. Auf der anderen Seite sind Bewegung und Ruhe Ausdrücke der Wechselwirkungen der Masse im für immer festgelegten mechanischen Gesetz. Gott setzt die ganze Sache nur am Anfang in Bewegung und beeinflusst sie weiter nicht, außer dass er die dynamische Gleichmäßigkeit des mechanischen Verhaltens regelt.