Benutzer:Stobaios/Fairkauf (Hannover)

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Das denkmalgeschützte Kaufhaus Fairkauf

Die Fairkauf e.G. (Eigenschreibweise fairKauf) ist eine gemeinnützige eingetragene Genossenschaft in Hannover. Sie betreibt ein soziales Kaufhaus in der City, das mit mehreren Preisen als innovativ ausgezeichnet wurde.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Initiative zur Gründung der Genossenschaft ging von Pastor Walter Lampe aus, der 2006 eine Arbeitsgruppe initiierte, die prüfen sollte, ob ein „Sozialkaufhaus“ wirtschaftlich, jedoch ohne Anspruch auf Rentabilität zu betreiben wäre. Vorbild sollte das vergleichbare Fairkauf in Mannheim sein.[1] Nach einer einjährigen Planungsphase wurde die Genossenschaft am 19. Juli 2007 gegründet.

Gründungsmitglieder waren das Diakonische Werk, der Caritasverband und das Werkheim Hannover.[2] Ein Anteilschein kostete 50 Euro, die institutionellen Gründungsmitglieder zeichneten je 1.000 Anteile.[1] Der Caritasverband Hannover besorgte die Rechte an der Wort-Bild-MarkefairKauf“,[1] die der Caritasverband Konstanz zuvor rechtlich hatte schützen lassen.[3] Nach der Bahnhofsmission und dem Altenzentrum „Ansgarhaus“ ist Fairkauf das dritte ökumenische Projekt in der Stadt.[2]

Als Ziele der Genossenschaft wurden formuliert:

  1. Qualifizierung von Arbeitsuchenden durch Optimierung ihrer Chancen auf dem Arbeitsmarkt mittels Einzelhandel
  2. Verkauf von Gegenständen des täglichen Bedarfs zu erschwinglichen Preisen
  3. Förderung der Nachhaltigkeit nach dem Prinzip „Verwenden statt Vernichten“ durch die Weiternutzung gespendeter Gegenstände.[1][2]

Sitz der Genossenschaft ist die Osterstraße 3. Vorsitzender des Aufsichtsrats ist Carl-Alexander Schiedat, Vorstandsvorsitzender ist Reinhold Fahlbusch. Im November 2007 wurde Nicola Barke zum hauptamtlichen Vorstand und als Geschäftsführerin des Kaufhauses bestellt.[1]

Das Sozialkaufhaus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gespendete, zumeist gebrauchte Kleidung in der vierten Etage

Als Standort des Sozialkaufhauses wurde das zuvor vom Möbelhaus Borsum genutzte Warenhaus in der Limburgstraße 1 Ecke Osterstraße im Zentrum von Hannover angemietet und renoviert.[1] Das Gebäude steht als eines der wenigen im Original erhaltenen Zeugnisse der Mittfünfziger Jahre in der hannoverschen City unter Denkmalschutz. „Die mit filigranen Fensterteilungen sehr transparent wirkende Fassade“ sorgt für hohe Heizkosten. Lange Debatten gab es um den Brandschutz, da die Denkmalschützer die von Feuerwehr und Bauaufsicht geforderten Lösungen zunächst ablehnten.[4]

Am 14. Januar 2008 öffnete das Sozialkaufhaus Fairkauf mit sieben festangestellten und bis zu 20 ehrenamtlichen Mitarbeitern seine Türen.[5] Das Warenhaus dient als Ausbildungs- und Qualifizierungsbetrieb für Arbeitssuchende und Langzeitarbeitslose, speziell für den Einzelhandel. Ergänzt werden die Trainings- und Betreuungsmaßnahmen und die Handelsaktivitäten durch Dienstleistungen wie Möbeltransporte bei Umzügen oder Haushaltsauflösungen und damit zusammenhängende Handwerkerleistungen. Auf drei Etagen mit 750 Quadratmetern Verkaufsfläche werden fast ausschließlich gespendete und wieder aufbereitete Waren verkauft.[6] Das Kaufhaus ist Mitglied des Einzelhandelsverbandes Niedersachsen und Hannover-Hildesheim e.V. und des Genossenschaftsverbandes Norddeutschland.

Im Oktober 2008 waren bereits 20 sozialversicherungspflichtige Stellen geschaffen worden, eine vierte Etage konnte eröffnet und eine eigene Mutter-Kind-Abteilung eingerichtet werden. Erste Straßenbefragungen ergaben eine hohe Akzeptanz.[7] Eine Marktforschungsstudie, die von Studierenden des Studiengangs Religionspädagogik im Rahmen des Studien-Moduls „Diakoniewissenschaft“ der Fachhochschule Hannover durchgeführt wurde, erwies, dass rund 55 Prozent der Hannoveraner den Begriff „Fairkauf“ kennen.[8] Als Fairkauf im Juni 2009 wegen der Erneuerung der Fahrstuhlanlage für einige Wochen in ein vorübergehend leerstehendes benachbartes Kaufhaus umzog, bescherte dies dem Sozialkaufhaus einen überraschenden Ansturm neuer Kunden.[9]

2010 konnte ein eigens für Fairkauf entwickeltes Anwendungssystem zur Unterstützung der Abholung und Auslieferung von Möbeln und Haushaltsgeräten in Betrieb genommen werden. Die Software war von Studierenden der Wirtschaftsinformatik der Fachhochschule Hannover im Rahmen einer Kooperation mit dem Sozialkaufhaus entwickelt worden.[10]

Nachdem die umstrittenen Ein-Euro-Jobs ausgelaufen waren,[11] beschäftigte das Kaufhaus auch Bürgerarbeiter. Einige Langzeitarbeitslose fanden durch Fairkauf eine reguläre Beschäftigung beim benachbarten Textildiscounter.[12] Bis Mai 2014 hatte Fairkauf insgesamt 83 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse an allen Standorten in der Region Hannover geschaffen.[13] Fairkauf bietet auch eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann an.[14]

Fairkauf wird von vielen Prominenten und Politikern unterstützt. Überzeugt von dem Konzept des Sozialkaufhauses zeigten sich die ehemalige Sozialministerin Aygül Özkan[12] ebenso wie die frühere Landesbischöfin Margot Käßmann.[15][16] Bei einer Modenschau im Gartensaal des Neuen Rathauses im Mai 2014 präsentierten 28 Ratsmitglieder und weitere Prominente ihre Lieblingsstücke aus der Kollektion des sozialen Kaufhauses Fairkauf.[17][18]

Filialen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eröffnung der Filiale im City Center Langenhagen im Mai 2014 durch Bürgermeister Friedhelm Fischer

Am 4. Oktober 2013 eröffnete Fairkauf eine Filiale mit rund 400 Quadratmetern Verkaufsfläche im Turmcenter Laatzen.[19] Am 14. Mai 2014 wurde im City Center Langenhagen eine weitere, 630 Quadratmeter große Filiale eröffnet.[13] Ein Lager mit Ausstellung und Spendenannahme befinden sich in Hannover-Hainholz.

Fachtagungen zum Thema Sozialkaufhaus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Februar 2009 wurde das Konzept des Sozialkaufhauses auf der „Fachtagung Sozialkaufhäuser 2009“ der Katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft „Integration durch Arbeit“ in Frankfurt am Main präsentiert,[20] 2010 bei der „Woche der Weiterbildung“ des Förderprogramms „Integration durch Qualifizierung“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales[21] und bei der Fachtagung Christliche Mildtätigkeit in Sozialkaufhäusern des Stephansstifts und der Fachhochschule Hannover.[22]

Zu seinem fünfjährigen Bestehen im Jahr 2013 veranstaltete Fairkauf eine Fachtagung zum Thema „Sozialkaufhäuser als Soziale Unternehmen“, in Kooperation mit der Katholischen Erwachsenenbildung, der Heimvolkshochschule Stephansstift und der Fachhochschule Hannover. Der erste Teil der Konferenz fand im Januar im Tagungshaus St. Clemens mit über 60 Teilnehmenden aus ganz Deutschland statt,[23] der zweite Teil im Dezember im Stephansstift Hannover.[24][25]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt, Fairkauf Infobroschüre, hrsg. von der fairKauf eG, November 2013
  • Walter Lampe (Hrsg.): FairKauf. Das soziale Kaufhaus in Hannover. MediaLIT-Verlag, Hannover 2009, ISBN 978-3-9813093-1-7
  • Reinhold Fahlbusch: Unternehmensstrategie fairKauf in Hannover, in: Reinhold Fahlbusch, Ralf Hoburg, Karl-Heinz Meilwes, Matthias Stahlmann (Hrsg.): Christliche Mildtätigkeit in Sozialkaufhäusern. Hintergründe - Konzepte - Alternativen. Konzept gegen Armut?, MediaLIT Verlag, Hannover 2013, 2. Auflage, ISBN 978-3-9813093-2-4, S. 88–91
  • Hans-H. Münkner: Soziales Warenhaus Fairkauf eG, Hannover, in: Organisiert Euch in Genossenschaften!, Kölner Beiträge zum Genossenschaftswesen Bd. 5, LIT Verlag, Münster 2014, ISBN 9783643124234, S. 45; online über Google Bücher
  • Burghard Flieger: Arbeitslosen- und Selbsthilfegenossenschaften – sozialgenossenschaftliche Ansätze zur Schaffung von Beschäftigung. In: Ingrid Schmale, Johannes Blome-Drees (Hrsg.): Genossenschaft innovativ: Genossenschaften als neue Organisationsform in der Sozialwirtschaft. Springer VS, Wiesbaden 2017, ISBN 978-3-658-11752-8, S. 229–263, hier 239 ff.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Stobaios/Fairkauf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f Lagebericht des Vorstandes zur Generalversammlung am 10. Juni 2008, fairkauf-hannover.de
  2. a b c Volker Pieper: Nächstenliebe, praktisch, Der Tagesspiegel, 15. November 2007
  3. Philipp Lehmann: Marken-, Kennzeichen- und Namensrecht im Bereich der Religionsgemeinschaften, Schriften zum Staatskirchenrecht, Bd. 50, Peter Lang, Frankfurt 2010, ISBN 978-3-631-60094-8, S. 357, online auf Google Books
  4. Conrad von Meding: Denkmäler können für Unternehmer teuer werden, Hannoversche Allgemeine Zeitung, 29. März 2010
  5. Stefanie Kaune: Warenhaus der anderen Art, HAZ, 15. Januar 2008; online beim Diakonischen Werk Hannover
  6. Nur attraktive Seiten - fairKauf, Diakonisches Werk Hannover
  7. Fairkauf eG: „Wir geben Gegenständen und waren ein zweites Leben“, in dialog, Magazin des Genossenschaftsverbands, Oktober 2008, S. 50 f.; online
  8. Hochschule betreibt Begleitforschung für erstes Sozialkaufhaus in Hannover, Fachhochschule Hannover, 1. Juni 2009
  9. Sozialkaufhaus: Ansturm bei fairkauf, Hannoversche Allgemeine Zeitung, 28. Juni 2009
  10. Erfolgreiche Kooperation von fairKauf und FHH, Fachhochschule Hannover, 30. August 2010
  11. Mathias Klein: Jobcenter bemüht sich verstärkt um jüngere Langzeitarbeitslose, HAZ, 1. Dezember 2010
  12. a b Vera König: Soziales: Özkan ist Fairkauf-Fan, Neue Presse, 13. August 2012
  13. a b Stephan Hartung: fairKauf kommt in der Stadt an, Hannoversche Allgemeine Zeitung, 15. Mai 2014
  14. Lehrstellen-Atlas Hannover Nord, Ausgabe 2011, Wirtschaftsförderung Hannover, PDF, S. 46
  15. Sozialkaufhäuser leisten Beitrag zum Miteinander, epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen, 2. Februar 2009, auf der Website der Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers
  16. „Jetzt bin ich erst mal weg“, Margot Kässmann im FR-Interview, Frankfurter Rundschau, 27. August 2010.
  17. Politiker auf dem Laufsteg: Auftragen statt abstimmen, Schaumburger Nachrichten, 27. Mai 2014
  18. … modeln Politiker parteiübergreifend, Taz, 27. Mai 2014
  19. „fairkauf“ eröffnet in Laatzen, laatzen.de, 13. September 2013, abgerufen am 15. Juli 2014
  20. Fachtagung Sozialkaufhäuser 2009, Katholische Bundesarbeitsgemeinschaft „Integration durch Arbeit“ (IDA) im Deutschen Caritasverband
  21. Praxisbeispiel - Weiterbildung, nicht nur in der Woche der Weiterbildung - Ein Betrieb zwischen Ethik und Ökönomie, Migration Online des DGB Bildungswerks, 1. Dezember 2010
  22. Christliche Mildtätigkeit in Sozialkaufhäusern, Fachhochschule Hannover, 12. November 2010
  23. Fachtagung: Sozialkaufhäuser als Soziale Unternehmen, Katholische Erwachsenenbildung im Lande Niedersachen e.V., 13.02.2014
  24. Die Bedeutung der Sozialkaufhäuser für die Stadtgesellschaft – Sozialkaufhäuser als Orte einer sozialen Stadt, in: Bildungsprogramm 2013, Stephansstift, S. 57
  25. Seminardetails: Die Bedeutung der Sozialkaufhäuser für die Stadtgesellschaft, Niedersächsischer Landesverband der Heimvolkshochschulen
  26. City-Stern für ein soziales Kaufhaus, Neue Presse, 1. Februar 2008; online auf fairkauf-hannover.de
  27. „Fair handeln – fair kaufen“, fairkauf eG, Hannover auf der Seite unbezahlbarundfreiwillig.de der Niedersächischen Staatskanzlei
  28. HannoverPreis 2008, wirtschaftskreis-hannover.de
  29. fairKauf, Deutschland – Land der Ideen
  30. Land der Ideen: Sozialkaufhaus in Hannover ausgezeichnet, Hannoversche Allgemeine Zeitung, 14. Januar 2009
  31. Windwärts gewinnt den ersten CSR-Award, Presseerklärung Pro Hannover Region, NBank und InWEnt gGmbH, 28. Januar 2009
  32. Handels-Innovations-Preis geht an Fairkauf, Der Handel, 17. November 2009
  33. Hauptsache in Bewegung, Mixed Up, abgerufen am 18. Juli 2014

Koordinaten: 52° 22′ 25,6″ N, 9° 44′ 7,3″ O

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