Benutzer:Werner, Deutschland/Kipsigis (Ethnie)

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Kipsigis-Männer verteidigen ihr Revier bei Zusammenstößen zwischen Kipsigis und Massai
Paul Kipsiele Koech bei den Bislett Games, 2011

Die Kipsigis (auch Kipsigi, von den Maasai auch Lumbwa genannt)[1] sind eine Niloten-Gruppe, die in Kenia lebt.[1] Traditionell betrieben sie Viehzucht, sind aber heute für den Anbau von Tee bekannt.[2] Sie sind die bevölkerungsreichste und die am südlichsten lebende Untergruppe der Kalenjin,[1] was seit der Mitte des 20. Jahrhunderts eine Sammelbezeichnung für eine Reihe von nilotischsprachige Gruppen im westlichen Kenia ist. Sie sprechen Kipsigis, einen Kalenjin-Dialekt. Die Kipsigis bewohnen einen Teil des Hochlands im Südwesten Kenias, das ungefähr an die heutigen Grenzen des Distrikts Kericho angrenzt.[1]

Siedlungsraum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dieses Hochland besteht aus steilen Bergrücken, die von zahlreichen Flüssen und Bächen durchzogen sind und allmählich in sanfte Hügel und Grasland übergehen. Die Höhenlage erreicht im östlichen Teil fast 2.100 Meter und im übrigen Gebiet etwa 1.450 Meter. Die meisten Niederschläge fallen während der zwei Regenzeiten. Die überwiegende Mehrheit dieser Bevölkerung lebt im Distrikt Kericho, einem Gebiet von 4.909 Quadratkilometern. Nur wenige Kipsigis entscheiden sich für ein Leben in den Marktstädten und Verwaltungszentren des Distrikts. Junge Männer und immer häufiger auch junge Frauen verlassen jedoch den Distrikt, um Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten in anderen Teilen Kenias zu nutzen.[3][1]

Eigenbezeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bevor sie Mitte des 19. Jahrhunderts den Namen Nandi annahmen, nannten sie sich „Chemwalindet“ oder „Chemwal“.[4]

Sprache[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kipsigis ist eine tonale Sprache. Sie gehört zum ostsudanesischen Zweig der nilo-saharischen Sprachfamilie.[5][1]

Demografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die jüngsten kenianischen Volkszählungsdaten weisen die Kipsigis nicht als separate Bevölkerungsgruppe aus. Daher ist eine genaue Bevölkerungszahl für die Kipsigis nicht verfügbar. Geschätzt wird eine Bevölkerung von nicht weniger als 600.000, was mindestens eine Verdreifachung seit 1962 bedeutet. Die Bevölkerungsdichte auf dem Lande liegt zwischen 80 und 150 Einwohnern pro Quadratkilometer.[6][1]

Ursprungsmythos und Migration in das Gebiet des heutigen Siedlungsraums[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Historiker und Linguisten sind sich einig, dass die Flachland- und Hochland-Niloten kurz vor Beginn der christlichen Ära aus einer Region nahe der südlichen Grenze Äthiopiens und des Sudans eingewandert sind und sich kurz danach in getrennte Gemeinschaften aufgespalten haben.[7] Nach dem Ursprungsmythos der Kalenjin waren die Nandi ursprünglich Teil der Kipsigis und lebten in Rongai in der Nähe von Nakuru. Aufgrund von Dürre und der Invasion der Maassai in das Gebiet wanderten sie aus. Während der Migration teilte sich die Gruppe in zwei Gruppen; die Kipsigis zogen nach Süden in Richtung Kericho, während die Nandi sich in Aldai niederließen und heute als Bauern und Viehzüchter im Nandi County leben.[4] Die Kipsigi tradieren in ähnlicher Weise, dass sowohl sie als auch die Nandi von einem Ort namens „To“ stammen, den einige von ihnen in der Nähe des Baringo-Sees lokalisieren. Im Zuge ihrer Wanderung nach Süden, irgendwann zwischen dem siebzehnten und frühen neunzehnten Jahrhundert, trennten sich die Kipsigi und die Nandi. Heute sind die Nandi deren unmittelbaren Nachbarn im Norden. [8][1]

Spannungsreiche Beziehungen zu den Luo, Kissi und Maasai[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als die Kipsigis weiter nach Süden vordrangen, verdrängten sie die Luo, Kissi und Maasai, deren Nachkommen heute ihre Nachbarn im Westen und Süden sind. Die Kipsigis nannten diese Völker einst puniik, was „Feinde“ oder „Fremde“ bedeutet, obwohl die Beziehungen zu diesen Völkern nie völlig feindlich waren. Die Beziehungen zu den Maasai waren oft durch einen erbitterten Wettbewerb um Weideland gekennzeichnet und sind auch heute noch von Spannungen geprägt.Trotz gegenseitiger Viehdiebstähle heirateten Kipsigis und Massai aber auch untereinander und adoptierten gelegentlich die Kinder des jeweils anderen. Die ethnischen Grenzen zwischen den Kipsigis und ihren Nachbarn vor der Einführung der Kolonialverwaltung recht fließend und durchlässig gewesen zu sein[9][1]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vor der britischen Kolonisierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Reaktion auf die Maasai-Expansion übernahmen die Kipsigis wie auch die Nandi von den Maasai einige der Merkmale, die sie danach von den anderen Kalenjin unterscheiden. Zum einen ist das die weitreichende wirtschaftliche Abhängigkeit von der Viehzucht, zum zweiten die Art der militärischen Organisation, die aggressive Viehdiebstähle miteinschließt sowie zum dritten eine zentralisierte religiös-politische Führung. Die Familie, die sowohl bei den Nandi als auch bei den Kipsigi das Amt des Orkoiyot (andere Schreibweise: Orkoyot[10], Plural: Orkoiik, andere Schreibweise: Orkoigik[11]) etablierte, waren Maasai-Einwanderer des 19. Jahrhunderts. Um 1800 expandierten sowohl die Nandi als auch die Kipsigi auf Kosten der Maasai. Dieser Prozess wurde 1905 durch die Auferlegung der britischen Kolonialherrschaft gestoppt.[7]

Vor der britischen Kolonisierung waren die Kipsigis sesshafte Viehzüchter, die manchmal auch Landwirtschaft betrieben. Ihre Siedlungen waren mehr oder weniger gleichmäßig verteilt und nicht in Dörfern gruppiert. Wie andere nilotische Völker waren auch sie bekannte Krieger.[2]

Sie lebten im Hügelland nordöstlich des Victoriasees. Sie lebten nicht in Dörfern, sondern auf Gehöfte verteilt, deren Männer sich bezirksweise zusammenschlossen, z. B. um Raubzüge gegen die Viehbestände ihrer Nachbarn durchzuführen. Die Kipsigis und die Nandi überfielen andere Kalenjin sowie die Maasai, Gusii, Luyia und Luo.[7] Der oberste spirituelle und politische Führer der Kipsigis wurde als Orkoiyot bezeichnet.[12] Er wurde bei Entscheidungen über die Sicherheit, insbesondere bei der Kriegsführung, zu Rate gezogen.[13] [[Datei:Kipsigis Warriors Tanganyika 1954.jpg |mini|Krieger der Kipsigis, 1954]]

Kolonialzeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ankunft der Briten (zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts) veränderte die Gesellschaft der Kipsigis radikal. Weiße Siedler übernahmen fast die Hälfte des Landes der Kipsigis.[14][1]

50er und 60er Jahre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kipsigis und Nandoi erhielten schon 1954 individuelle Landtitel und verfügten aufgrund ihrer historisch niedrigen Bevölkerungsdichte über einen für afrikanische Verhältnisse großen Grundbesitz. Mit dem Herannahen der Unabhängigkeit (1964) wurden wirtschaftliche Entwicklungsprogramme gefördert, und viele Kalenjin aus dichter besiedelten Gebieten ließen sich auf Farmen bei Kitale nieder, die im ehedem von Weißen besiedelten Hochland, zu jener Zeit White Highlands genannt, liegen.[7]


Lebensweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Traditionelle Sozialstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Brauchtum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beschneidung von Jungen und Klitoridektomie von Mädchen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Initiation von Heranwachsenden besteht in der Beschneidung von Jungen und der Klitoridektomie von Mädchen sowie Unterweisung für beide. Sie ist ein zentrales Merkmal des Lebens und der ethnischen Identität der Kalenjin. Heranwachsenden wird eine gewisse Zeitspanne zugestanden, in der sie sich dem Werben und sexuellen Spiel hingeben können – für Mädchen vor der Initiation und für Jungen danach. Mädchen heiraten direkt nach der Initiation, Jungen werden zu Kriegern.[15]


Religionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Orkoiyot, ein spiritueller und militärischer Führer, wurde traditionell als übergeordneter Anführer anerkannt.[2]

Langstreckenläufer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mercy Cherono bei den 14. IAAF Leichtathletik-Weltmeisterschaften, 2013

Insbesondere kenianische Kalenjin-Langstreckenläufer, viele davon Kipsigis, fallen durch sportliche Erfolge bei Distanzen ab 800-Meter-Läufen bei großen Leichtathletik-Weltmeisterschaften auf

Bekannte Kipsigis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kipchoge Keino

Bekannte Nandi sind der gegenwärtige Präsident William Samoei Kipchirchir Ruto, die Sportlerin Mercy Cherono und der Sportler Paul Kipsiele Koech. William Ruto stammt von Kipsigis ab und gehört dem Komosi-Clan an. Er hat verschiedene Ministerämter bekleidet und war unter der Präsidentschaft von Uhuru Kenyatta stellvertretender Präsident von Kenia. Im August 2022 wurde William Ruto zum Sieger der kenianischen Parlamentswahlen 2022 erklärt. Nach einem Einspruch des unterlegenen Kandidaten Raila Odinga wurde Rutos Sieg bestätigt. William Ruto wurde im September 2022 als fünfter Präsident der Republik Kenia in sein Amt eingeführt und ist derzeit der amtierende Präsident.

Ethnische Konflikte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kipsigis-Maasai-Konflikt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die immer wiederkehrenden Kämpfe zwischen den Kipsigis und den Maasai-Gemeinschaften in Narok reichen bis in die 1980er Jahre zurück. Zum einen wird für diese kriegerischen Auseinandersetzungen die Politik verantwortlich gemacht, zum anderen werden Landfragen als Hauptursache für den Konflikt angeführt. Die Maasais beschuldigen die Kipigis, in ihr Gebiet eingedrungen zu sein und sich ihr Land angeeignet zu haben.[16])

Kipsigis-AbaGusii-Komflikt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kisii, auch AbaGusii genannt, sind ein Bantuvolk, das die zwei Countys Kisii und Nyamira bewohnt. In den Grenzgemeinden zwischen Kipsigis und AbaGusii gibt es Konflikte. Gründe liegen nicht nur in der Aufteilung von Ressourcen, sondern auch in Erscheinungsformen der Mehrparteiendemokratie in Kenia.[17])

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Robert A. Manners: The Kipsigis of Kenya: Culture Change in a “Model” East African Tribe. In: Julian Haynes Steward (Hrsg.): Contemporary Change in Traditional Societies, Vol. 1, Introduction and African Tribes (= Illinois studies in anthropology. Special publication), University of Illinois Press, Urbana 1967.[18][19]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h i j Michael M. Donovan: Kipsigis. Eintrag auf encyclopedia.com. Abgerufen am 26. Januar 2023.
  2. a b c Kipsigis people and their Culture in Kenya, auf govisitkenya.com
  3. Kipsigis. Abgerufen am 26. Januar 2023
  4. a b The Nandi Community of Kenya, auf artsandculture.google.com
  5. Kipsigis. Abgerufen am 26. Januar 2023
  6. Kipsigis. Abgerufen am 26. Januar 2023
  7. a b c d Nandi and Other Kalenjin Peoples - History and Cultural Relations, auf everyculture.com
  8. Kipsigis. Abgerufen am 26. Januar 2023
  9. Kipsigis. Abgerufen am 26. Januar 2023
  10. Fredrick Kipkosget Mutai: Ethnicity and Political Participation in Kenya: A Case Study of the Nandi 1962 -2012, University of Nairobi 2013, S. 7
  11. Fredrick Kipkosget Mutai: Ethnicity and Political Participation in Kenya: A Case Study of the Nandi 1962 -2012, University of Nairobi 2013, S. 57
  12. Koitalel Arap Samoei: The Story of the Greatest Nandi Orkoiyot, auf artsandculture.google.com
  13. Kimnyole Arap Turukat: The Story of the Nandi Legend, auf artsandculture.google.com
  14. Kipsigis. Abgerufen am 26. Januar 2023
  15. Nandi and Other Kalenjin Peoples - Marriage and Family, auf everyculture.com
  16. https://www.the-star.co.ke/counties/rift-valley/2020-05-27-kipsigis-maasai-animosity-dates-back-to-1980s/ Territorial Dispute. Kipsigis, Maasai animosity dates back to 1980. Maasais accuse Kipsigis of taking over their territory, at least 12 deaths this year
  17. https://www.researchgate.net/publication/341171758_Ethnic_Conflicts_Influencing_Socio-Economic_Development_of_Border_Communities_a_case_of_Abagusii_and_Kipsigis_Kenya Ethnic Conflicts Influencing Socio-Economic Development of Border Communities, a case of Abagusii and Kipsigis, Kenya
  18. NLA: bibliografischer Nachweis.
  19. Hebis: bibliografischer Nachweis.

Kategorie:Ethnie in Kenia