Benutzer:Xqt/Regelalgorithmus Wurzelrekursion

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Der Regelalgorithmus FRt-Wurzelrekursion (Prozessoptimierung ohne Reglerparameter)

Adaptive bzw. selbstoptimierende Regelalgorithmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alle bekannten selbstanpassenden bzw. selbstoptimierenden Regleralgorithmen verwenden zur Realisierung des Algorithmus einen Parametersatz. Dieser wird auf verschiedenste Weise erstellt. Zum einen werden die Parameter aus der Übertragungsfunktion der Strecke mit Hilfe der Laplace- bzw. z-Transformation abgeleitet oder als Zustandsraumregelung realisiert. Andere Verfahren gehen vom Übergangsverhalten der Regelung und der selbsteinstellenden Beeinflussung der Regelgröße durch kontinuierliches Erfassen von Kennwerten aus [2], [3], [4]. Verfahren zur Verbesserung von PID-Reglern wie sie z.B. in [5] und [6] beschrieben sind, basieren auf der Umschaltung von Parametern (Override Control), der arbeitspunktabhängigen Parametersteuerung nichtlinearer Systeme mit (Gain-Schaduling) oder bei sehr großen Totzeiten auf einer Smith-Prädikator-Regelung. Auch bei der Regelung entlang vorab optimierter Trajektorien [7], d.h. einem optimalen zeitlichen Stellwertverlauf mit dazu passendem Regelgrößenverlauf sind Einstellwerte erforderlich. Beim inkrementalen PL-Regler (Profit Loop) zur Verbesserung des PID-Verhaltens errechnet man die Reglereinstellung nur mit Hilfe eines Parameters [8]. Dieser wird als Quotient aus der gewünschten Ausregelzeit und der Einschwingzeit der Regelstrecke gebildet. Dies stellt einen erheblichen Vorteil gegenüber anderen Prädiktivreglern dar, die mit mehreren Gewichtungen der Regeldifferenz und des „Stellaufwandes“ arbeiten. Ein weiteres Verfahren zum Selftuning eines PID-Reglers basiert auf dem IAE-Kriterium unter Zuhilfenahme eines „Speed-Faktors“ als Quotient aus der Einschwingzeit T95% der Strecke und der gewünschten Anregelzeit [9]. Auch dieses Verfahren kommt nicht ohne Einstellwerte aus.


Die FRt-Wurzelrekursion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Algorithmus ist als digitaler Regler in jeder SPS oder einem Mikrocomputer bzw. Prozessrechner implementierbar und hat folgende Form:

 y(i+1) = n exp(g) - k*(w|y(i)*Ks exp(z) + h*xd|) exp(m)            (1)


Für n=0, k=-1, z=-1 und m=1/2 geht der Algorithmus in eine rekursive Wurzelfunktion über und ist in dieser Form für Strecken mit Ausgleich besonders geeignet. Für n=w, g=2, k=1, z=1 und m=1 geht Gleichung 1 in eine rekursive Differenzfunktion über und ist hier besonders für Strecken ohne Ausgleich einsetzbar.


 y(i+1) = sqrt(w*|y(i)/Ks + h*xd|)   für Strecken mit Ausgleich     (2)
 
 y(i+1) = w(w - |y(i)*Ks + h*xd|)    für Strecken ohne Ausgleich    (3)
w:	Führungsgröße
y:	Stellgröße
Ks:	Streckengesamtverstärkung (kann auch fest auf KS=1 gesetzt werden)
h:	Gewichtung (kann auch fest auf h=0,001 gesetzt werden) 
xd:	Regeldifferenz (e)

Der Regleralgorithmus passt sich selbständig den Prozessgrößen an und ist besonders in kritischen Fällen dem klassischen PID-Regler oder ähnlichen Reglern überlegen. Die Eingabe von Reglerparametern wie bei den klassischen Reglern PI-, PID usw. ist nicht erforderlich (für h=0,001 und Ks=1). Der Algorithmus reagiert auf Schwankungen der Streckenverstärkung Ks im Gegensatz zum PID-Regler sehr robust, daher kann die Streckenverstärkung als einmaliger Festwert angenommen werden. Die Gewichtung h der Regeldifferenz xd wird einmalig als Festwert (h=0,001 – 1, empfohlen) eingegeben und stellt somit ebenfalls keinen Algorithmusparameter dar.


Beispiel 1: Regelung einer Strecke vierter Ordnung mit Integralglied

Für Strecken n-ter Ordnung mit Integralanteil wird die rekursive Differenzfunktion (Gleichung 3) verwendet. Auch diese Gleichung benötigt keine Reglerparameter. Im folgenden Beispiel soll mit Hilfe der FRt-Wurzelrekursion eine Positionsregelung der Antriebstechnik untersucht werden. Die Hochlaufzeit des Motors stellt dabei ein Integralglied dar. Nach 40s soll ein Sprung des der Führungsgröße von w=1 auf w=0,7 erfolgen. Im Gegensatz zum PID-Regler u.a. stellt sich die FRt-Wurzelrekursion (Gleichung 3) automatisch auf die Strecke ein (Bild 1). Es ergibt sich das gewünschte aperiodische Führungsverhalten. Anders als bei der Simulation mit einem PID-Regler erreicht die Regelgröße bereits nach etwa 12s den Sollwert w=1. Der Führungsgrößensprung auf w=0,7 wird ebenfalls problemlos ohne Überschwingen in kurzer Zeit ausgeführt.

Datei:C:\Bild 1.jpg
FRt-Wurzelrekursion mit Strecke 4. Ordnung und Integralglied






Beispiel 2 Regelung einer schwach gedämpften Strecke 4. Ordnung mit Totzeit

Die Regelstrecke eines verfahrenstechnischen Prozesses sei als System vierter Ordnung mit einer großen Verzögerungszeitkonstanten T11=10s, einer kleinen mit T12=2s sowie der PT2-Strecke mit T2=1,6 s und d=0,3 als auch der Totzeit von Tt=0,2s gegeben. Die Gesamtverstärkung beträgt Ks=1,1. Der Prozess soll auf Führungs- und Störverhalten optimal eingestellt werden. Die Störung setzt nach Tst=70s als Impuls der Amplitude Ast=-0,1 (entspricht -10% bezogen auf w=100%) und der Impulsbreite TsL=10s ein. Das Führungs- und Störimpulsverhalten der FRt-Wurzelrekursion ist im Bild 2 dargestellt. Es ist dem optimierten Regelkreis mit PID-Regler bezüglich des Führungsverhaltens überlegen. Reglerparameter sind nicht erforderlich. Einziger Nachteil der FRt-Wurzelrekursion ist, dass die Störgröße am Ende der Strecke nicht ausgeregelt wird. Sie muss durch messtechnische Maßnahmen eliminiert werden.

Datei:C:\Bild 2.jpg
FRt-Wurzelrekursion mit Strecke 4. Ordnung und Totzeit






Zusammenfassung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Nachweis der Funktionsfähigkeit des Regleralgorithmus FRt-Wurzelrekursion nach Gleichung 1 ist mit den Programmen SIMLER-PC und MATLAB Simulink durchgeführt worden. Schließt man den Fall aus, dass eine Regelung durch eine relevante, nicht durch messtechnische Maßnahmen zu beseitigende Sprungfunktion am Ende der Strecke gestört wird, stellt die FRt-Wurzelrekursion mit den Gleichungen (2) und (3) für Strecken höherer Ordnung mit/ohne Totzeit sowie mit/ohne Ausgleich durchaus ein regeltechnisches Universalwerkzeug dar. Ohne Reglerparameter stellt sich praktisch jede Regelung mit Hilfe der FRt-Wurzelrekursion auf Führungs- und Störverhalten automatisch ein. Eine Anpassung der Reglereinstellung infolge von Schwankungen der Streckenparameter muss nicht vorgenommen werden. Die Streckenparameter müssen, im Gegensatz zu den klassischen Verfahren der Regleroptimierung, nicht bekannt sein.

Regelalgorithmen in biologischen Systemen arbeiten bekanntlich ohne Parameter. Sie funktionieren, wenn auch häufig mehrfach gekoppelt, aus sich selbst. Dieses Verhalten zeigt auch die FRt-Wurzelrekursion nach Gleichung 2.


Einzelnachweise, Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

[1] a) Grupp, Frieder und Florian: MATLAB 7 für Ingenieure. Grundlagen und Programmierbeispiele. Oldenbourg, München 2004.

[1] b) Bayrak, G.; Wannagat, A.; Vogel-Heuser, B.: Automatische Modelltransformation zwischen MATLAB Simulink und der Steuerung. SPS/IPC DRIVES, Nürnberg 2007.

[1] c) Orlowski, P. F.: MATLAB Simulink Simulationsoberfläche für die FRt-Wurzelrekursion.

[2] Rusin, V.: Adaptive Regelung von Robotersystemen in Kontakt-Aufgaben. Diss. Otto-vonGuericke-Universität Magdeburg 2007.

[3] Unbehauen, R.: Systemtheorie, Bd.2, Mehrdimensionale, adaptive und nichtlineare Systeme. 7. Aufl. Oldenbourg, München 1998.

[4] Unbehauen, H.: Regelungstechnik II. Zustandsregelungen, digitale und nichtlineare Regelsysteme. 8. Aufl. Vieweg, Berlin 2000.

[5] Pfeiffer, B-M.; Wieser, R.; Lorenz, O.: APC-Werkzeuge in Prozessleitsystemen. Teil 1, atp 4/2009, S. 36-44, Teil 2, atp 5/2009, S. 26-35.

[6] Föllinger, O.: Regelungstechnik. 6.Aufl. Hüthig, Heidelberg, 1990.

[7] Pfeiffer, B-M.: PID-Regelung von Batch-Prozessen entlang vorab optimierter Trajektorien. atp 4/2003, S. 76-87.

[8] Dittmar, R.: Prädiktivregler Profit Loop als Ergänzung zu PID. atp 6/2009, S. 22-25.

[9] Dittmar, R.; Harmse, M.: Robuste Einstellung dezentraler PID-Regler in einer Mehrgrößenregelung. atp edition 12/2009, S. 68-78.

[10] Orlowski, P. F.: Programmpaket SIMLER-PC 6.0 – Simulation und Optimierung von Regelkreisen im Zeit- und Frequenzbereich, sowie Regelstrecken-Identifikation. TH-Mittelhessen, Fachbereich ME 2012. www.me.th-mittelhessen.de/personen/professoren/orlowski/simulation-regelungstechnik/ Datei SIMLER PC 6.0 Setup(zip) (viersprachig)

[11] Orlowski, P. F.: Praktische Regeltechnik. 9. Aufl. Springer, Berlin 2011.

Kategorie:Rekursion