Benutzer:YoktoBit/Kohleschichtwiderstand

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Kohleschichtwiderstand

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Kohleschichtwiderstand, 47KOhm, 10% Toleranz
Kohleschichtwiderstand, 150 KOhm, ältere Bauart

Ein Kohleschichtwiderstand ist eine Bauart des elektrischen Bauelements Widerstand.

Kohleschichtwiderstände sind Bauelemente aus der Mitte des 20. Jahrhunderts die zum Teil bis heute verwendet werden. Nicht zuletzt die Erfindung des Transistors machte Widerstände notwendig, die die Nachteile von Kohlemassewiderständen (z. B. Ungenauigkeit) oder Drahtwiderständen (z. B. parasitäre Induktivität) vermieden. In jüngerer Vergangenheit wurden sie mehr und mehr durch Metallschichtwiderstände ersetzt.

Im englischen Sprachraum werden diese Widerstände als "Carbon film resistors"[1], bezeichnet.


Widerstandsmaterial

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das widerstandbestimmende Material ist Kohlenstoff.

Schematische Darstellung des Aufbaus und der Struktur eines Kohleschichtwiderstands der ersten Generation

Herstellung und Aufbau, Gehäuse und Kontaktierung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zunächst wurden Kohleschichtwiderstände in einem Niedertemperaturverfahren (Raumtemperatur) dadurch hergestellt, dass ein Glasröhrchen mit ca. 1,6 mm (1/16 Zoll) Durchmesser durch eine verflüssigte Kohlenstoffmasse gezogen wurde, die sich dann mit einer gewissen Schichtdicke wie ein Film auf diesem Glasröhrchen ablagerte. Zu diesem Zeitpunkt wurde noch nicht zwischen Dickschicht- oder Dünnschichtwiderständen unterschieden. Im weiteren Verlauf wurden die Glasröhrchen erhitzt, damit die Kohlenstoffmasse trocknet und anschließend [Babani] abgelängt. Das Bauelement entsteht durch Einschieben von Drähten in das Röhrchen und der Kontaktierung der Drähte mittels leitfähiger Masse mit der Widerstandsschicht. Dabei ragten die Drähte bewusst ein Stück weit in das Glasröhrchen hinein um eine bessere Wärmeableitung des Widerstands durch die Drähte zu gewährleisten. Als Schutz gegen äußerliche Einflüsse wurde das Röhrchen mit einem Plastikmantel von ca. 4- bis 5-fachem Durchmesser umgeben (u.a. wiederum zur besseren Wärmeableitung). Durch die Unsicherheit des Prozesses wurde auch hier zum Schluss nur nach Werten sortiert.

Relativ bald wurde auch ein Hochtemperaturverfahren (ca. 1000°C) entwickelt, das "gecrackten" (abgespaltenen) Kohlenstoff mittels eines Pyrolyse-Prozesses auf ein gegebenes Keramikröhrchen aufbrachte (meist unter Methan-Atmosphäre). Dieser Prozess konnte mit den drei Parametern "Temperatur des Keramikröhrchens", "Druck der Methanatmosphäre" und "Abscheidedauer" vorhersagbare Ergebnisse liefern. Zusammen mit der Technik, eine wendelförmige Struktur in den Widerstandskörper entlang desselben zu ritzen oder zu schleifen konnten endlich gezielt Werte erzeugt werden die mit ihren Toleranzen zwischen 2% und 5% lagen. Wenn die Apparatur von Hand bedient wurde konnten auch 1%ige Toleranzen erreicht werden. Die Kontaktierung wurde mit Kappen durchgeführt, die auf die Enden des Keramikröhrchens gepresst wurden und ein Schutz gegen äußerliche Einflüsse wurde durch Lackieren oder Eingießen in Plastik oder weitere Keramik erreicht. Andere Kontaktierungsverfahren wurden ebenfalls angewandt[2]. Das Herstellungsverfahren sorgte auch dafür, dass diese Widerstände auch unter dem Namen "cracked carbon type" bekannt und gehandelt wurden. Ggf. wurde Lack in verschiedenen Farben aufgebracht um den Wert des Widerstandes zu kodieren.

Aufgebrochener Kohlemassewiderstand
Schliffbild eines Kohlemassewiderstands
Kohlemassewiderstand, angesägt und gebrochen


Widerstandswert

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kohleschichtwiderstände waren und sind in allen gängigen Werten vom Ohm- bis in den Megaohm-Bereich gemäß den E-Reihen E6, E12, E24 und E48 erhältlich.

Kohleschichtwiderstände wurden und werden mit den Toleranzen 10%, 5% und stellenweise sogar 2% angeboten (Sonderfall: 1%, herausgemessen)

Die Stabilität des Widerstandswertes bei Kohleschichtwiderständen ist gemessen an den altertümlichen Kohlemassewiderständen besser, lässt aber in einigen Bereichen zu wünschen übrig. Zur obigen Anliefertoleranz von bis zu 10% können sich weitere Toleranzen addieren. So kann sich der Widerstandswert durch Alterungsvorgänge um ca. 2% pro 1000h verändern. Der Temperaturkoeffizient ist negativ und kann durch die Verwendung von reinem Kohlenstoff bis zu -1250 ppm betragen (was noch ein wenig schlimmer ist als bei den Kohlemassewiderständen). Das bedeutet bei einer Temperaturänderung von +100K eine Widerstandsänderung von -12,5% (zum Vergleich: Heutige Widerstände liegen meist im Bereich von ±50 - ±100ppm).

Das Rauschverhalten ist sehr viel besser als bei den Kohlemassewiderständen (Stromrauschen, zusammengesetzt aus Schrot- bzw. Funkelrauschen). Dies kann sich in Signalpfaden sehr störend bemerkbar machen (z.B. Audio- oder Messtechnik)[3]

Je nach der über dem Widerstand liegenden Spannung (ca. ab 100V) kommt es zu störenden Nichtlinearitäten, da sich die Strompfade innerhalb des Widerstandes durch die verschiedenen elektrische Feldstärken an den Korngrenzen verändern.

Pulsbelastbarkeit

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hier kann der Kohlemassewiderstand punkten. Durch die Konstruktion kann der Widerstand höhere Pulsenergien absorbieren als die meisten heutigen Widerstandsbauarten.

Momentan sind keine normierten Bauformen bekannt. Die Abmessungen wurden von jedem Hersteller in Abhängigkeit von der geplanten maximal zulässigen Verlustleistung selbst festgelegt und waren von daher höchstens ähnlich

Die obengenannte Pulsbelastbarkeit sorgt dafür, dass diese Widerstände auch heutzutage noch im Einsatz sind. Für folgende Einsatzgebiete werden (und wurden) sie verwendet:

  • Strombegrenzungsschaltungen
  • (Entladungs-)Schutzschaltungen
  • Hochspannungsnetzteile

Zum Teil werden sie auch in Defibrillatoren verwendet, wo sie unter bestimmten Umständen die ganze Energie von etwa 30 Joule aufnehmen müssen.

Stimmen und Meinungen aus der Praxis

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unter Elektronikern und Bastlern wurden und werden Kohlemassewiderstände gerne abfällig als "Kohlebunker" bezeichnet. Wahrscheinlich mit Rückbezug auf die in Kohlebunkern lose zusammengewürfelt herumliegenden Kohleteile die eine ebenso inhomogene Masse darstellen, wie das Widerstandsmaterial in den Kohlemassewiderständen.

Bei der Restauration älterer Audio-Technik wird diese alte (Widerstands-)Technik manchmal gerne weiter eingesetzt. Hier steht möglicherweise "Originalität" gegen "bessere (Signal-)Qualität".

Meinungen zu Kohlemassewiderständen reichen von "Pest" über "Übel" bis hin zu "Klangbringern".

  • B. B. Babani: Resistor Selection Handbook Babani Press No. 28, London 1976, 0-85934-031-7, S. 36–38.

http://www.elektronikinfo.de/strom/widerstand.htm#Kohlemassewiderstand

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Resistors, Carbon Film Englische Wikipedia. Abgerufen am 16. Februar 2021.
  2. Carbon Film Resistors Resistor Guide. Abgerufen am 14. März 2021.
  3. Stromrauschen in Kohlemassewiderständen www.radiomuseum.org. Abgerufen am 28. April 2020.