Benutzerin:Motmel/Komponieren = Männersach?

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Musik am französischen Hof ~ 1710. Antoine Forqueray (Gambe), Michel de La Barre (Flöte), Jacques Hotteterre (Flöte). Ganz links: Musiker mit Bogen in der rechten Hand: Geiger? (Jean-Féry Rebel)? Wer ist der in der Mitte hinter dem Tisch stehende, der mit der linken Hand eine Flöte hält? Ein Name (auch für ihn?) fehlt.

Was ist professionelle Musik?[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch hier geht es um die Ausführung notierter Musik anhand der dargestellten Instrumente für eine Bassformation Theorbe oder alternativ Gitarre (auf dem Tisch liegend), Violone und Gambe (beide versteckt dargestellt) zum einzigen Diskantinstrument Violine, welche hier an eine Violino piccolo erinnert.

Angesichts der häufigen Darstellung von Notenblättern (meist mit Noten) innerhalb der Schlossräume in Bayreuth, die im Stuck bzw. auf Gemälden in Räumen des Neuen Schlosses in Bayreuth z. B. in Markgräfin Wilhelmines (1709–1758) Musikzimmer dargestellt sind, ist zu lesen, das sei Ausdruck für „musikalischen Dilettantismus“.[1] Eine solche „Hervorhebung der Noten“ zur „Reproduktion vorhandener Kompositionen“ sei für „professionelle Musiker“ schwer vorstellbar. Was genau damit gemeint ist, bleibt unklar. Es kann eigentlich nur bedeuten, dass Musiker zum Musizieren keine Noten bräuchten, also Musik, die „in jedermanns Munde“ ist, also Volksmusik.

Musik am Hof der Wilhelmine war nun alles andere als volkstümliche Musik. Wilhelmine muss sich aber heute diese Bemerkung gefallen lassen und noch mehr: Kürzlich äußerte der Barockspezialist Reinhard Goebel in einem Interview über Wilhelmine als Komponistin, ein Komponist lebe „von seiner Hände Arbeit“. Und Wilhelmine könne man „nicht als Komponistin“ bezeichnen.[2] Gleichzeitig disqualifizierte der anerkannte „Alte-Musik-Spezialist“ sie als „höhergestellte Göre“, „die herumklimperte“. [3] Keine Frage, es geht Goebel zwar darum, was genau ein Komponist sei, aber in Bezug auf Wilhelmine (die Frauen also, hier insbesondere die höhergestellten) ist seine Meinung dazu sexistisch und antiquiert. Dass Frauen komponieren können, war nie eine Frage, auch wenn die männliche Sicht darauf in der Vergangenheit anders war. Dass „Komponieren Männersache“ sei, dieser Satz stammt (um nur ein Beispiel zu nennen) vom Komponisten Richard Strauss.[4] Innerhalb dieses Interviews der VAN entstand eine Diskussion darüber, ob das Komponieren erst durch Bezahlung zum Komponisten mache, quasi zur Befähigung zu „professioneller“ Musik. Oder anders gefragt: Ist Musik an Geldverkehr gebunden, um Musik zu sein?

Männerbild[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das von dem Franzosen en:André Bouys (1656-1740) gemalte Bild zeigt drei Notenhefte auf rundem Barock-Tisch liegend, zwei davon zentral und sichtbar aufgeschlagen, umgeben von insgesamt fünf Musikern vom Hof des Sonnenkönigs. Noten sind hier wichtige Bildbeigaben und im Gegensatz zu obiger Kritik nicht Ausdruck von Dilettantismus, denn gerade der komponierten und veröffentlichten Musik[5] wird hier besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Wie der Bild-Titel sagt, geht es um eine Zusammenführung, Réunion (Wiedervereinigung) der Musiker. Bekannt ist, dass stilistische Verschiedenheiten zwischen italienischen und französischen Werken am Hof Ludwigs XIV. nicht nur die zeitgenössischen Musiker, sondern auch das Publikum spalteten. Dieses Bild zeigt eine „Versöhnungskonferenz“ unter den führenden Kammermusikern des französischen Hofes.[6] Sie sitzen hier zwanglos in prachtvollen Roben innerhalb kostbaren Mobiliars in einem Pavillon im Freien. Mit bewegten dunklen Wolken bei früh-abendlichem Lichteinfall am Himmel deutet der Maler die Stimmung der Musiker an.

Namen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Drei Namen sind für das Bild angegeben: Jean-Baptiste-Antoine Forqueray, Michel de La Barre, Jacques Hotteterre.

Ludwig XIV.

Den in der Mitte stehenden Mann mit der auffällig bauschigen, langen und schwarzen Perücke, dem angedeuteten Oberlippenbart und der dominanten Gestik im Zentrum des Bildes möchte man als Ludwig XIV. (1638–1715) erkennen, allerdings wirkt er hier jünger, als es die angegebene Entstehungszeit des Gemäldes (~1710, etwa fünf Jahre vor seinem Tod) denken lässt. Seine rechte Hand hält die aufgeschlagene Seite eines Druckes des Komponisten Michel de La Barre Sonates en Trio pour Traversière ..., seine andere Hand umgreift – eher unauffällig – eine Flöte, so als ob er hier nicht spielt, sondern wählt.

Ludwig der XIV. war hochmusikalisch, spielte Laute, Gitarre und Cembalo und gestaltete aktiv das Musikleben an seinem Hof, zu dessen diplomatischen Verhandlungen er immer seine Musique mitnahm.[7] Weil bei der Bildbeschreibung zwei der um den Tisch versammelten Musiker ohne Namen blieben, muss man raten, wer jeweils gemeint ist. Die stehende Person, die wohl nicht zu den Spielern gehört (?), hält mit der rechten Hand eine Notenseite mit Titel: „Sonates en Trio pour la flute traversière“. Laut einer anderen Bildbschreibung für dieses Gemälde gehörte diese Musik zu den Couchers du roi (Schlafmusik des Königs). Die abenliche Stimmung des Bildes würde dazu passen. Der weitere Inhalt des Bildes „Réunion des musiciens“ dürfte daneben so zu verstehen sein, dass sich die zwei Traversières (Querflöten) mit Begleitung der Viola da gamba zum Trio vereinigten und zwar im italienischen konzertierenden Trio-Stil. Der in Italien gebräuchliche Werktitel „Sonate“, der am tanzfreudigen, die „Suite“ bevorzugenden französischen Hof viel später als in Italien eingeführt wurde, deutet hier auf ein neues Verständnis von Kammermusik.[8] Ludwig XIV. trat als Tänzer mit seinen Hofkünstlern auf der Bühne auf, mit seinen Kammermusikern hier zeigt er (wenn er es tatsächlich ist) ähnliche Vertrautheit, vom Maler locker vermittelt.

Instrumente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bedeutungsvoll, weil im Ganzen ins Bild gesetzt, ist die FLöte im Vordergrund aus Elfenbein, auch eine Traversière (Querflöte), erkennbar am seitlichen Mundloch oben (wohl Hotteterre). Die Flöte gegenüber, die der Musiker neben dem Stehenden gerade zum Anblasen an die Lippen führt, ebenfalls (La Barre?). (Eine weitere Flöte wird von der stehenden Figur (dem König?) unauffällig gehalten, genauso unauffällig wie die Noten eines dritten Heftes. Eine deutliche Hauptrolle spielt der Gambist des siebensaitigen Streichinstruments (Forqueray? Die andere Bildbeschreibung nennt Marin Marais). Der am linken Bildrand stehende Musiker (ohne Namen) hält seinen rechten Arm nah am Körper, und in der Hand hat er offensichtlich einen (fast versteckten) Streichbogen; sein Instrument fehlt auf dem Bild, möglicherweise eine Violine, wie der „Obergriff“ seiner Rechten, deren Handrücken nach oben zeigt, bedeuten könnte. Vielleicht auch ein Violoncello, letzteres befand sich damals in Konkurrenz zur Gambe. Die rechte Hand dieses Spielers in unmittelbarer Nähe zu dem „Untergriff“ des Gambisten gemalt – mit Handrücken nach unten – ist vom Maler wohl absichtlich so situiert. Dieser Musiker wirkt nicht integriert, dennoch selbstbewusst. Diese höfische Kammermusik-Versammlung dient also aufführungspraktischen Vereinbarungen zwischen den Musikern. Zur Debatte stehen variable Möglichkeiten, Trios aus zwei Melodieinstrumenten mit Generalbassbegleitung: Querflöte und Violine oder zwei gleiche Flöten mit Generalbass, der jeweils von der Viola da Gamba gespielt wird. Zu diesem Thema erschien später (1740) in Amsterdam eine Schrift Défense de la basse de viole contre les entreprises du violon et les prétensions du violoncelle. (Verteidigung der Viola da gamba gegen die Angriffe der Violine und die Anmaßung des Violoncellos) von Hubert le Blanc.

Frauenbild[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Versammlung dreier Frauen. Wilhelmine, Minerva mit dem Schild und eine knieende junge Dame als Orpheus, die Wilhelmine die Lyra reicht samt einer Notenrolle. In der damaligen Zeit bedeutete die Notenrolle in der Hand des Musikers das Dirigat der Musik. Wilhelmine ist auf dieser Miniatur von Juda Löw Pinhas nicht persönlich anwesend, sondern symbolisch ihr bekanntes Portrait von dem preußischen Hofmaler Antoine Pesne, der sie darauf als Eremitin darstellt. Links auf dem Boden der Miniatur liegt ein Buch mit der Aufschrift „Ars 1756“. Über den drei Damen schwebt ein Putto, eine Landkarte haltend, auf der Frankreich und Italien dargestellt sind, die beiden Länder, aus denen das Bayreuther Markgrafenpaar im Herbst 1755 zurückgekehrt war. Als Ergebnis dieser Reise gründeten sie im Mai 1756 eine Kunstakademie. Und auf diese dürfte das Bild mit dieser Jahreszahl anspielen. Gleichzeitig wird deutlich, dass hier die Musik Hauptthema ist mit Minerva als Beschützerin der Künste, hier der Musik. Der vor dem Wilhelminebild knieende weibliche Orpheus ist eine junge Dame, die durch die Jahreszahl 1756 als die italienische Komponistin und Sängerin Anna Bon di Venezia anzusehen ist. Sie hatte in diesem Jahr dem Markgrafen sechs Flötensonaten gewidmet, auf deren Titelseite ihr besonderer Rang lesbar ist, der einer Virtuosa di Musica di Camera (Kammermusikvirtuosin). Ein solcher „Orden“ wurde normalerweise nicht an Frauen vergeben. Wilhelmine, die markgräfliche Komponistin[9] wird auf diesem Bild von der jungen Nachwuchskomponistin geehrt, deren Status bereits öffentlich ist.[10] Mit der dritten Dame des Bildes, Minerva, ist offensichtlich die Mutter Anna Bons, die bekannte Sängerin Rosa Ruvinetti-Bon dargestellt, die im selben Jahr am Bayreuther Hof als Opernsängerin angestellt ist, wo sie 1756 eine Hauptrolle in der Oper Amalthea sang. Das Bild zeigt demnach drei aktive Musikerinnen, zwei davon aktive Komponistinnen und diesen Frauenbund zur Schau zu stellen, dürfte das Motiv dieses Bildes sein.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Über Michel de La Barre
  • Jacques Hotteterre: Op. 3, Sonates en trio pour les flûtes traversières et a bec, violon, hautbois (1712)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Josef Focht: Die musische Aura der Markgräfin Wilhelmine, Kunstverlag Musik im Bild Peda, Passau 1998, ISBN 3-89643-090-4, S. 66.
  2. Big in Bayreuth von Merle Krafeld
  3. [1]
  4. Bad Homburg: Komponieren ist Männesache
  5. Die man datieren kann.
  6. MGG 1, Bd. 4, Frankreich.
  7. Marcelle Benoit: MGG 2, Artikel Ludwig XIV.
  8. Siehe Mattheson
  9. S. Argenore
  10. S. Anna Bon di Venezia.