Benutzerin:Motmel/Marie Antoinette (Stefan Zweig)

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Erzherzogin Maria Antonia von Habsburg-Lothringen tanzt Ballett mit ihren Brüdern Ferdinand und Max Franz auf der Hochzeit ihres Bruders Joseph mit Maria Josepha von Bayern am 23./24. Jänner 1765
(Öl auf Leinwand, 183 cm × 145 cm)

Marie Antoinette.Bildnis eines mittleren Charakters ist eine Biographie der letzten französischen Konigin von dem österreichischen Schriftsteller Stefan Zweig, gedruckt 1932 im Insel-Verlag Leipzig. Zweig schildert in 47 Kapiteln mittels offensichtlich genauer Quellen-und Aktenkenntnis[1] akribisch das Leben vom Zeitpunkt der Hochzeit der 14-jährigen österreichischen Erzherzogin Maria Antonia, der jüngsten Tocher der österreichischen Kaiserin Maria Theresias, bis zu ihrem Tod auf dem Schafott. Dabei bewertet er zunächst die Folgen des (zu) jungen Alters der Dauphine und ihres nur gut ein Jahr älteren Ehemanns, des späteren Ludwig XVI. und den siebenjährigen Jungfraustatus Marie Antoinettes aufgrund der „Impotenz“ ihres Ehemanns als ausschlaggebende Faktoren für die spätere Regierungsunfähigkeit des Königspaares. Damit zeigt er sich als Zeitgenosse und Interpret der psychoanalytischen Lehre seines Wiener Zeitgenossen Sigmund Freud.[2]

Prélude[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Geschichte der letzten französischen Königin Marie Antoinette ist in vielen Büchern nacherzählt worden. Sexistische Klischees. Männlich konnotierte Geschichtsschreibung (Leistungsprinzip u.a.) Unverhältnismässigkeit (Ludwig XV. Mätressenwirtschaft Pompadour, du Barry).

Zum Titel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Was Stefan Zweig unter einem mittleren Charakter versteht, wird in der Einleitung, dem ersten Kapitel klar. Zweig beschreibt darin den Gegensatz zwischen Marie Antoinettes Verteufelung und "Dämonisierung" während der französischen Revolution und der Verklärung nach 1815, in der Zeit Kaiser Napoleons; ihr Charakter läge in der Mitte dieser beiden Pole. „Mittlerer Charakter“ bedeutet bei ihm nicht mittelmäßiger Charakter im Sinne einer Wertung, sondern einen menschlichen Lebenslauf, dem von Natur aus nichts Heldenhaftes anzumerken ist, der aber angesichts des Schicksals seiner Protagonistin innerhalb der französischen Revolution über sich selbst hinauswachsen muss.

  • Königinnen mit Todesstrafe
  • Kinderehen mit Todesfolge für die Ehefrau durch Geburt/Kindbett

Stefan Zweigs Frauenbild in seinem Historischen Buch Marie Antoinette[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Jugend und Hübschheit der Protagonistin in Stefan Zweigs „Historischem Buch“ (so sein eigener Ausdruck für seine Biographie Marie Antoinette, Bildnis eines mittleren Charakters)[3] wird in dessen ersten Kapiteln mit besonderem Elan beschrieben. Zweigs Beschreibung der Marie Antoinette setzt sich von denen der anderen Frauen dieses Buches deutlich ab, für die Zweig klischeehafte Begriffe wie ... verwendet. Insbesondere werden dabei die „Tanten“, mit denen Antoinette in den ersten Jahren in Paris täglich Umgang hat, beschrieben. Zweig deckt die schlechten verwandschaftlichen Einflüsse auf, die von Beginn an bereits im Hintergrund am späteren Untergang der Königin beteiligt sind.

Marie Antoinettes Lebensweg und Schicksal nach Stefan Zweig[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schnürbrust[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Gegensatz zu der intensiven psychologischen Studie Stefan Zweigs des unglücklichen ehelichen Sexuallebens Marie Antoinettes, war seine durchwegs immer wieder angemerkte gedankliche und kommunikative Oberflächlichkeit der Dauphine nie Hauptgegenstand seiner Studie. Ob sie im Zusammenhang damit zu bringen war, dass sie schon mit drei Jahren unter der Mode der Schnürbrust zu leiden gehabt habe, die zu Atembeschwerden und Deformation der inneren Organe im Oberkörper führten, wurde von ihm (?) nie untersucht.[4] Ihre vielgelobte aufrechte Haltung kann zwar speziell dadurch gefördert worden sei, aber die negativen Auswirkungen einer solchen Behandlung blieben von ihm unkommentiert. Weltweit wurden Frauen körperlich deformiert aufgrund äußerlicher Ideale. [5] Marie Antoinettes späterer Hang, gegen das Modediktat und höfische Protokoll legere Mousselinkleider zu tragen, ist als ihr persönlicher Emanzipationsfortschritt zu werten.[6]

Schicksalsohmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Medea-Mythos/Goethe

Zweig bezieht sich auf eine in Dichtung und Wahrheit von Johann Wolfgang von Goethe mitgeteilte Begebenheit vom Mai 1770.[7]

  • Tintenklecks

Beschreibung des Wesens und Charakters Marie Antoinettes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Unreife des Hochzeitspaares[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ein Kind wird verheiratet, so ist das 2. Kapitel überschrieben, in dem es um ein von der Politik zu früh verschachertes Kind geht.[8] Zweig bringt unbekannte Einzelheiten zur Sprache, z. B. eine Szene mit dem jungen Strassburger Studenten Goethe: Als dieser die für das österreichisch-französische Hochzeits-Treffen provisorisch errichtete Halle auf einer Rheininsel besichtigt, regt er sich über das mythologische Thema der dortigen Gobelins auf, weil diese unpassender Weise eine „grässliche Hochzeit“ aus der Mythologie darstellen: die Geschichte von Jason, Medea und Krëusa.

Als Maria Antonia in diesem Bauwerk streng nach Protokoll der französischen Seite übergeben wird, muss sie sich vor den Augen aller österreichischer Begleiter vollständig nackt ausziehen, um in französische Kleidung zu wechseln.[9]

  • Kapitel 3 Geheimnis des Alkovens:

Ein ganzes Kapitel widmet Zweig Antoinettes siebenjähriger Jungfernschaft und geht mit seiner offenen Schilderung an „den eigentlichen Ursprung“ der „Spannungen, Abhängigkeiten, Hörigkeiten und Feindseligkeiten, die sich allmählich zwischen dem König und der Königin, den Thronanwärtern und dem Hof herausbilden und weit ins Weltgeschichtliche hinüberreichen“.[10] Trotz der erzbischöflichen Segnung des bräutlichen Bettes verhinderte „eine peinliche Hemmung der Natur des Dauphin“, eine Phimose, dass die Ehe im eigentlichen Sinn vollzogen wurde, „nicht heute, nicht morgen und nicht in den nächsten Jahren.“[11]. Maria Theresia mahnt Antoinette, die eheliche Enttäuschung nicht schwer zu nehmen. In ihrer Unerfahrenheit stellt sie, die Arme, sogar selbst die »üblen Gerüchte, die hierzulande über seine Unfähigkeit umgehen«, in entschiedene Abrede schreibt Zweig. Erst nach „sieben Jahre(n) lächerlichen Kampfes, durch diese zweitausend Nächte, in denen Marie Antoinette als Frau und Gattin die äußerste Erniedrigung ihres Geschlechts erlitten hat“ wagt der längst zum König Gekrönte den notwendigen chirurgischen Eingriff auf Zureden Kaiser Josephs, der deshalb eigens nach Paris reiste. Kaum in irgendeinem andern Falle aber liegt die logische Kette zwischen privatestem Anlaß und politisch-welthistorischer Auswirkung so eindeutig offen wie bei dieser intimen Tragikomödie, und jede charakterologische Darstellung bleibt unehrlich, die ein Geschehnis in den Schatten drückt, das Marie Antoinette selbst den »article essentiel«, den Hauptpunkt ihrer Sorgen und Erwartungen, genannt hat.[12]

Maurepas était impuissant, Le Roi l'a rendu plus puissant. Le Ministre reconnaissant Dit: Pour vous, Sire, Ce que je désire, D'en faire autant.

(Etwas gekürzte Kopie zur Auswertung, nach Gutenberg/Spiegel) Aber was spaßhaft klingt, hat in Wahrheit schicksalshafte und gefährliche Bedeutung. Denn diese sieben Jahre des Versagens bestimmen seelisch den Charakter des Königs und der Königin und führen zu politischen Folgerungen, die ohne Kenntnis dieses Faktums unverständlich wären: das Schicksal einer Ehe verbindet sich hier dem Weltgeschick. ...

Nicht minder verhängnisvoll beeinflußt das sexuelle Versagen Ludwigs XVI. die seelische Entwicklung Marie Antoinettes. ... Nächte um Nächte meidet sie das eheliche Bett, den traurigen Ort ihrer weiblichen Erniedrigung, und treibt sich, während ihr Gatte und Nicht-Gatte seine Jagdtmüdigkeit breit ausschläft, bis vier Uhr, fünf Uhr morgens auf Opernredouten, in Spielsälen, bei Soupers und in zweifelhafter Gesellschaft herum.[13]

All dies wäre nur private Tragödie, ein Missgeschick, wie es sich auch heute tagtäglich hinter geschlossenen Türen abspielt; in diesem einen Fall jedoch reichen die verhängnisvollen Folgen einer solchen ehelichen Peinlichkeit weit über das private Leben hinaus. Denn Mann und Frau sind hier König und Königin, sie stehen unentrinnbar im verzerrenden Hohlspiegel der öffentlichen Aufmerksamkeit; ... Denn daß diese Nachricht von dem Versagen des Königs und die boshaften Lügen von der sexuellen Unersättlichkeit der Königin so rasch und so weit aus dem Schlosse von Versailles zur Kenntnis der ganzen Nation kamen, war kein Zufall, sondern hat geheime familien-politische Hintergründe. Es leben nämlich in diesem Palast vier oder fünf Personen, und zwar die nächsten Verwandten, die an der ehelichen Enttäuschung Marie Antoinettes persönliches Interesse haben. Vor allem sind es die beiden Brüder des Königs, denen es außerordentlich willkommen ist, daß durch diesen lächerlichen physiologischen Defekt und die Furcht Ludwigs XVI. vor dem Chirurgen nicht nur das normale Eheleben, sondern auch die normale Erbfolge zerstört wird, denn sie erblicken darin eine unerwartete Chance, selbst auf den Thron zu gelangen. ...

Priester/Halsbandaffäre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Volk stellt sich gegen die Königin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Familiäre französische Hofpolitik

Hier wird beschrieben, wie das jahrelange Ausbleiben von Nachkommen des Kronprinzenpaares bez. Königspaares den betreffenden Verwandten Hoffnung auf unerwartete Thronehren machte. seit Ludwig XVI. Vater geworden war, wurden sein Bruder und seine Verwandten seine gefährlichsten Gegner. Die Revolution hat gute Helfer bei Hof gehabt, prinzliche und fürstliche Hände haben ihr die Türen aufgetan und die besten Waffen in die Hand gedrückt; diese eine Alkovenepisode hat stärker als alle äußern Ereignisse die Autorität von innen her zersetzt und zum Zerfall gebracht. Fast immer ist es ja ein geheimes Schicksal, welches das äußerlich sichtbare und öffentliche heranzieht, fast jedes Weltgeschehnis Spiegelung inneren persönlichen Konflikts. Ständig gehört es zu den großen Kunstgeheimnissen der Geschichte, aus mikrobischem Anlaß unabsehbare Folgerungen zu entwickeln, und es sollte nicht das letztemal sein, daß durch die vorübergehende sexuelle Störung eines einzelnen Mannes der ganze Kosmos in Unruhe geriet: [...]

Der Prozess[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Literatur wird vom "Schmutzigen Prozess" gegen Marie Antoinette gesprochen. Stefan Zweig resumiert:

„Kein Mittel, keine Verleumdung gegen Marie Antoinette wurde gespart, um sie auf die Guillotine zu bringen, jedes Laster, jede moralische Verworfenheit, jede Art der Perversität in Zeitungen, Broschüren und Büchern der »louve autrichienne« unbedenklich zugeschrieben; […] in der letzten, der allerletzten Lebensstunde erreicht Marie Antoinette, der mittlere Mensch, endlich tragödisches Maß und wird so groß wie sein Schicksal.“

Stefan Zweig: Marie Antoinette. Bildnis eines mittleren Charakters. Leipzig 1932

Marie Antoinettes Rokoko[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Trianon[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Exkurs: Christoph Willibald Gluck und Marie Antoinette[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kaiserin Maria Theresia, Marie Antoinettes Mutter, hielt nicht viel von den intellektuellen Fähigkeiten ihrer jüngsten Tochter.[14] Ebensowenig von deren musikalischen Künsten, obwohl sie als Kind einen namhaften Klavier- und Gesangslehrer hatte – Christoph Willibald Gluck – und später in ihrem Salon Harfenkonzerte gab.[15] Wie fortgeschritten war sie in der Musik? Wie sah ihre Beziehung zu dem Komponisten aus, dessen Wirkungsstätte der kaiserliche Hof in Wien war (er wurde von Maria Theresia für Paris regelmäßig beurlaubt)? Es gibt dazu kaum Hinweise. Das Instrument Harfe erschien erstmals im Orchester in Glucks Orpheo ed Euridice (Wien 1762). Über Marie Antoinettes mäzenatisches Wirken für die Pariser Oper erschien 1878 die Schrift La Cour et L'opéra sous Louis XVI, Marie Antoinette et Sacchini, Salieri, Favart et Gluck.[16] Zusammen mit Louis du Rollet, seinem französischen Librettisten, ebnete sie dem Opernkomponisten Gluck 1772 den Weg an die Pariser Akadémie Royale de Musique.[17] [18]. Seine Gegenwart löste in Paris die Kontroverse zwischen den Gluckisten und den Piccinisten aus (der Italiener Piccini war als Gegenkandidat zu Gluck geholt worden).

Auf dem Ballettgemälde, das heute in der Wiener Hofburg ausgestellt ist, tanzt Marie Antoinette als Neunjährige, zusammen mit ihren Brüdern am 24. Januar 1765 im Zeremoniensaal von Schloss Schönbrunn das Schlussballett (Komponist Florian Leopold Gassmann) zu Glucks Azione teatrale Il Parnaso confuso (Libretto Metastasio), das er zur Hochzeit ihres Bruders Joseph II. komponiert hatte. Leitung und Einstudierung dieses Festbeitrags hatte Gluck. Marie Antoinettes Vorliebe zum Theater könnte aus dieser Zeit stammen.[19]

An Glucks großen Erfolg seiner Iphigenie in Tauride im Dezember 1773 hatte ihre Protektion des Opernkomponisten großen Anteil. „Er hatte ihr, wie sie ihrer Schwester Marie Christine schreibt, seine Ideen erklärt, den »wahren Charakter der theatralischen Musik», wie er es nennt, wieder ins Natürliche zurückzuführen;“. Für ihre Protektion habe er ihr gedankt und ihr »einige Stücke von seiner Musik geschrieben, die ich am Clavier singe.«[20] Anlässlich der Gluckschen Opernaufführung La Cythère assiégée 1775 wurde Marie Antoinette enthusiastisch vom Publikum gefeiert.[21]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rezensionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Die Quellen für die benutzten Tagebücher und Briefe sowie die Titel der Sekundärliteratur sind in der Online-Ausgabe nicht angegeben. Jedoch bestätigt die Taschenbuchausgabe des Fischerverlags (2011 f.) mit der persönlichen Nachbemerkung Stefan Zweigs die gründliche Quellenkenntnis des Authoren.
  2. S.
  3. S.
  4. http://www.planet-wissen.de/gesellschaft/mode/unterwaesche/pwiekorsetteingeschnuerteweiblichkeit100.html
  5. Z.B. die Füße der Japanerinnen.
  6. S.
  7. Johann Wolfgang von Goethe Dichtung und Wahrheit. Aus meinem Leben. Zweiter Teil, 9. Buch. In: Goethes Werke, Bd. IX, Autobiographische Schriften, erster Bd. Christian Wegner Verlag, Hamburg 1964, S. 362 f.
  8. Dieser Ausdruck im 4. Kapitel: Debüt in Versailles.
  9. S.
  10. S.
  11. 3. Kapitel
  12. S.
  13. S.
  14. S.
  15. S.
  16. Adolphe Jullien: La Cour et L'opéra sous Louis XVI, Marie Antoinette et Sacchini, Salieri, Favart et Gluck. Minkoff Reprient, Genf 1976.
  17. Gluck Biographie
  18. Zu Du Roullet: Croll 2010, S. 175/176 u.a.
  19. Vergleiche Gerhard u. Renate Croll: Gluck. Sein Leben, seine Musik 2010, S. 133 u. 134.
  20. Croll 2010, S. 180.
  21. Croll 2010, S. 191.
  22. Der Historiker Eric Hobsbawm beschreibt Marie Antoinette als eine „hirnlos[e] und unverantwortlich[e] Frau“. Das stand bis vor kurzem so im WP Artikel

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jan Küveler über Ulrich Weinzierl/St. Zweig