Benutzerin:WiseWoman/Wikipedia10

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Es sind nun 10 Jahre vergangen seit dem die Wikipedia anfing, obwohl meiner Kenntnisstand nach war es nicht der 15. Januar, sondern der 16. Januar 2001 wo der erste Artikel im Netz erschien:

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Dieses ist natürlich kein Artikel, sondern eine Liste von Artikel, die mit U anfangen. Die Farbe suggestiert dass der Artikel über den Vereinigten Staaten bereits da ist, aber dieser Screenshot ist lustig weil es zeigt, was für Probleme wir schon überwunden haben in der Wikipedia. Zum Beispiel mussten alle Artikel am Anfang in CamlCase benannt werden, und mindestens 2 Großbuchstaben haben mit mindestens eine Kleinbuchstabe dazwischen. Das können wir jetzt anders.

Dieses ist auch der offizielle erste noch auffindbarer Artikel weil der Software, was zunächst verwendet wurde nicht richtig klasse dabei war, Revisionen zu speichern. Aber da Wikipedia selber behauptet, dass dieses der erste Artikel ist, dann wird es wohl stimmen.

Was war mein erster Artikel? Das ist eine lange Geschichte.... Ich habe Ende der 70er Jahre einen Sommer bei meinen Eltern in der Nähe von Washington D.C. verbracht. Der Vorort, wo sie wohnten war extrem langweilig, also bin ich oft früh aufgestanden und mit meinen Vater zur Arbeit gefahren. Ich habe die Stadt unsicher gemacht, Museen und Congress und Supreme Court besucht und viele Buchhandlungen durchgestöbert. Ich musste nur zum Dienstschluß wieder in der Firma meines Vaters erscheinen. Ich fand der Gegend rund um DuPont Circle spannend, und in ein Buchladen habe ich eine Kopie von Ted Nelsons Doppelbuch "Dream Machines / ComputerLib" erworben. (Ich habe es gerade gegoogelt, meine Gute, meine Erstausgabe ist jetzt 300$ wert, aber verkaufen tue ich das nicht!)

Hypertext. Textstückchen mit Verweise auf andere Textstückchen. Maschinen, die unseren Gehirne abbildeten. Das war so was von irre, auch Nelsons "Literary Machines" die ich ein paar Jahre später erwarb mit den Ideen, jeden Bit was jemals auf der Welt publiziert worden ist einfach zu addressieren. Verrückte Ideen hat er - schließlich programmierte ich im Informatik-Studium auf große time-sharing Computer. Man schrieb die Programme auf ein Endgerät und könnte durch einen Fenster der Computer sehen.

Ich hatte angefangen, 1975 mit dem frühen Internet zu spielen. Einen späten Abend sassen ein Kumpel von meiner High School mit mir und wir spielten mit einen Fernschreiber herum. Plötzlich ratterte das Ding los - eine Verbindung mit Stanford war aufgebaut worden, und forderte uns auf, die Einloggkennung einzugeben. Wir haben ein paar Sachen probiert, immer nachschauend, ob jemand uns über den Schulter zuschauten. Dieser Idee, dass wir in San Diego sassen und mit einem Großrechner in Palo Alto kommunizierte, war so was von wild!

Ich habe mit Rechnernetzwerke herumgespielt (X.25 und so weiter) als Mitarbeiterin einer internationaler Firma Anfang der 80er Jahre, und als ich zurück zur Universität ging um zu promovieren hatten wir für die Arbeitsgruppe E-Mail: Eine Adresse für die ganze Gruppe. Die Kollegen haben Spass daran gehabt, E-Mails auf schlechten Deutsch zu schreiben, die angeblich von mir waren...

Schnelles vorspülen zum Anfang der 2000er, und ich spiele herum mit alle Sorten von Hypertext-Platformen: Gopher, Mosaic und der sog. World Wide Web, web-basierter Unterricht. Es könnte ja mal nützlich sein. Und dann habe ich viel Forschungsgeld bekommen, um ein Online-Kurs über Hypermedien zu erstellen. Ein Kapitel ging über mögliche Anwendungen für Hypertext, z. B. Online-Wörterbücher oder -Enzyklopädien. Einer meiner Forscher fand ein Link für dieses "Wikipedia" in 2003, wir haben es als Beispielanwendung verlinkt, ohne dass ich damit etwas unternommen hatte.

In Februar 2004 war ich in den Staaten und hatte Zeit zum rumtreiben im Netz. Der Nachbar von meinem Bruder hatte einen offenen WLAN, den ich gut erreichen könnte vom Küchentisch. Ich schaute mir die Wikipedia an, und begann einer Ein-Satz-Artikel über Toralf Skolem, da ich in meiner Promotion mit Skolemizierung zu tun hatte. Ich fand eine Liste von gewünschten Artikel und habe einen Deutschen ausgesucht - Klaus Reiner Röhl - und habe das, was ich im Netz über ihn gefunden habe übersetzt. Schon am nächsten Tag hat Angela (ich bin wirklich geehrt!) es wikifiziert.

Ich bin mutiger geworden, und beschloß, mich anzumelden. Wie soll ich mich nennen? Ich bin in mein eigentlicher Job eine Professorin, es ist vielleicht besser nicht meinen eigenen Namen zu verwenden, bis ich sehe ob dieses Ding etwas ist, womit ich mich sehen lassen kann. Als Studentin hatte ich den Pseudonym "Devious Wisewoman" verwendet, also habe ich daraus den CamlCase WiseWoman gemacht und habe meine Karriere als angemeldete Benutzerin begonnen.

Sei mutig, heißt es. Also wurde ich richtig mutig und habe einen Artikel über der schwedische Geldwechselfirma Forex geschrieben. Ich habe dann den Artikel über die dänische Königin etwas redigiert und einen Artikel über die dänische Autorin Thit Jensen recherchiert und angelegt. Es fehlte auch noch etwas über die Geschichte von Handball bei den Olympischen Spielen. Ich war richtig stolz über meinen Beitrag zur Weltwissen.

Zurück in Deutschland habe ich ganz stolz meine Kollegen gezeigt, was ich im Urlaub gemacht habe - und wurde richtig wütend. Jemand hatte *meine* Forex-Artikel editiert! Sie haben darin rumgefüscht! Editiert, haben sie, und noch mehr hinzugenommen! Ich musste dann aber zugeben, dass der Aritkel jetzt besser war.

Dann habe ich einen Artikel über mein Geburtsort angefangen, Renfrew. Ich habe zusammen mit JCornelius so um 2008 auf deutsch übersetzt auf einer der Berliner Stammtisch-Arbeitssitzungen. Stammtisch: ich weiss nicht, wie lange ich schon dabei bin, aber ich weiss der Ort sehr genau, der c-base in Berlin. Wahnsinn, dieser Hackspace fühlte sich so richtig bequem an. Komischer Möbel, historische Rechnerteile, schräges Licht. Es war fascinierend andere Wikipedianer kennenzulernen, die in ihrem richtigen Leben so viel spannende Dinger machten.

2005 bin ich an der TU Berlin zur Gründungsversammlung der Wikimedia Verein gegangen. Ich war neugierig, was das werden sollte, aber versuchte anonym zu bleiben. Ich sass neben Matthias Schindler und versuchte seine Fragen ungenau zu antworten. Es war spannend mit ihm und die anderen um uns herum zu reden (Sansculotte, glaube ich, sass auch dahinten), aber ich habe peinlich genau vermieden zu sagen, wer ich bin und was ich sonst mache. Aber das nutzte alles nichts - in der ersten Kaffeepause ist Eric Müller, ein ehemaliger Student von mir, auf mich zugestürzt und hat mich beim Namen genannt. Also habe ich aufgegeben, anonym sein zu wollen. Ich habe als Gründungsmitglied dann auch mitgemacht und habe mit diesen Wales-Typ gequatscht, er sprach ja Englisch. Ich habe versucht, ihn als Gastprofessor nach Berlin zu holen, aber es gibt ganz feste Regeln in Deutschland, keine Ausnahmen!

Also, bin ich "Autorin" bei der Wikipedia, wie die Journalisten dauernd beim Wikipedia Geburtstagsparty in Berlin mich fragte? Sicher. Aber ich übernehme keine Verantwortung für ein bestimmtes Gebiet. Ich mache was mich interessiert. Ich versuchte zu erklären, dass ich heutzutage oft nur sichten, d. h. ich schaue mir die anonymen Edits an, ob es Vandalismus gibt. Ein Student der mit sein Kumpel zur Fete gekommen war in der Hoffnung dass es viel gutes Essen im sonst geben würde, hat mich dann gleich als Zensor tituliert..... Essen gab es ausser ein Gläschen Prosecco, einen Brezel und ein Stück leckeren Kuchen nicht, aber das war okay, Henriette hat uns ja gewarnt.

Also, was mache ich wirklich? Ich schimpfe über übereifrigen Löschanträge. Ich korrigiere Schreibfehler. Ich werde richtig wütend wenn ich SCHON WIEDER sehen, dass es eine Frau gibt die nur in den englischen Wikipedia gibt und nicht in der deutschen und in einer Energieanfall übersetze ich Artikel wie die über Auguste Holmés. Ich lese den Mailing Liste und schreibe gelegentlich wenn mir was richtig nervt.

Im großen und ganzen freue ich mich, dass es Wikipedia gibt, und dass es nun irgendwie "angekommen ist", wie Kurt Janson das genannt hat. Wir sind etabliert, aber wir sind halt auch die Wikipedianer, eine Gruppe von Menschen ganz verschiedene Alter und Beruf die aus irgendwelche Gründe das gerne tun was sie machen für die Wikipedia. Es war toll auf dem Geburtstag so viele Leute zu sehen, die ich lange nicht mehr gesprochen habe. Ich bin viel zu lange da gewesen, habe meine einheimische Teenager richtig schockiert als Mama gegen 2am von ein Club heimgekehrt ist.

Herzlichen Glückwünsch zum Geburtstag, Wikipedia! Und möge die deutsche Wikipedia wachsen im Bereich Frauen, Kinder und das Leben auf dem Lande, und nicht mehr per definition irrelevant zu sein oder unter einer "höheren" Begriff (z. B. unter den männlichen Lemma) einverleibt werden.