Benutzerin Diskussion:Andrea014/Narzissmus für Anfänger

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Narzissmus für Fortgeschrittene[Quelltext bearbeiten]

Im umseitigen Referat wird das Selbstbild im Rang einer objektiven, monolithischen und für die "Identität" (was auch immer das sein mag) eines Individuums sehr wichtigen wenn nicht gar unentbehrlichen Entität postuliert. MMn ist diese Rolle bzw. Relevanz des Selbstbildes jedoch zu pauschal und zudem in dieser Pauschalität deutlich zu hoch angesetzt. Es ist ja wohl so, dass man Selbstbilder noch nicht auslesen und wissenschaftlich exakt erforschen kann, sondern praktisch weitestgehend auf das angewiesen ist, was das jeweilige Individuum entweder an Selbstauskünften preisgibt (wobei aber immer fraglich bleibt, inwieweit dieselben der Wahrheit entsprechen) oder was man aus selbstdarstellerischen Aktivitäten schließen zu können glaubt (wobei aber immer fraglich bleibt, ob es sich dabei jeweils tatsächlich um eine solche Darstellung handelt oder nur um eine eigene subjektive Unterstellung inkl. jeder erdenklichen Fehlinterpretation).

Dementsprechend bleibt das Selbstbild generell etwas sehr Nebulöses, und einige Gewissheit kann man bestenfalls über sein eigenes gewinnen. Abgesehen davon, dass das Selbstbild (wiederum unter Berücksichtigung der genannten Schwierigkeiten) graduell sehr unterschiedlich ausgeprägt zu sein scheint, und zwar nicht nur im Vergleich zwischen unterschiedlichen Individuen, sondern sogar bei ein- und demselben Individuum je nach Situation. Manche scheinen überhaupt keins zu besitzen und einfach so drauflos zu leben, anderen dagegen scheint es von allergrößter Wichtigkeit zu sein, manche wechseln es wie die Kleidung, und manche schaffen sich nur aus gegebenem Anlass vorübergehend eins an. Ganz abgesehen von weiteren und umseitig mMn ebenfalls zu kurz gekommenen Faktoren wie dem vermeintlichen oder tatsächlichen Sachzwang oder der Gruppendynamik oder dem generellen Stellenwert des sozialen Status in der Lebenswirklichkeit des jeweiligen Individuums. (Was meine Wenigkeit betrifft, so besitze ich zwar ein Selbstbild, halte es aber für reine Privatsache und verspüre daher weder ein Bedürfnis noch Erfordernis, es an die Realität anzupassen, geschweige denn umgekehrt. Es ähnelt gewissermaßen den bequemen Klamotten, die ich zuhause trage und mit denen ich mich weder am Arbeitsplatz noch sonstwo in der Öffentlichkeit blicken lassen könnte.)

Immerhin ist Wikipedia mMn ein ganz gutes Medium oder Substrat, um über diese Frage zu meditieren. Auf welches Selbstbild glauben wir wohl anhand jemandes Benutzerseite oder sonstiger Statements schließen zu dürfen, und wie weit entfernt mag diese Vermutung wohl jeweils von der Wirklichkeit sein?

Damit kommen wir zu der Frage, welche Funktion und welchen Stellenwert das Selbstbild, sofern vorhanden, tatsächlich in der Realität bzw. in der alltäglichen sozialen Interaktion hat. Wie wir soeben festgestellt haben, ist es für unser Gegenüber nur sehr schwer zu erkennen und sehr leicht zu missdeuten, und zumeist wird sich das Gegenüber dessen auch bewusst sein und gleich von vornherein auf die Bemühung verzichten. Grob gesagt: Gewöhnlich gibt niemand auch nur einen Pfifferling auf unser Selbstbild. Sehr viel einfacher und daher allgemein üblich ist es dagegen, ein Fremdbild zu konstruieren, das uns dann übergestülpt wird. Und nicht nur bloß eines, sondern unzählige. Für jedes Gegenüber sind wir jemand anders, und zusätzlich auch noch variierend je nach aktueller Stimmungslage des Gegenübers. Umgekehrt natürlich ebenso. Schwerlich sind wir in der Lage, das Selbstbild unseres Gegenübers zu erkennen, geschweige denn, darauf einzugehen. Stattdessen stülpen wir ihm gleichfalls ein Fremdbild über, dessen Zutreffen höchst zweifelhaft ist.

Wer Zeit zum Lesen hat, findet die Weltliteratur sicher voll von Beispielen solcher Fremdbestimmung inkl. ihrer mehr oder weniger gravierenden Auswirkungen. Auf mich hat diesbezüglich vor allem Max Frisch mit seinem Stiller und Mein Name sei Gantenbein einen prägenden Einfluss ausgeübt. Wer ein paar Jährchen auf dem Buckel hat, hat möglicherweise auch selbst schon zur Genüge erlebt, wie leicht man in eine Schublade gesteckt wird, in die man nach eigenem Empfinden überhaupt nicht passt, und dass selbst angestrengte Bemühungen manchmal nicht ausreichen und es zusätzlich auch noch einer Sternstunde bedarf, um daraus wieder zu entkommen.

MMn ist es also nicht das Selbstbild, das unser Dasein bzw. unsere Identität prägt und um das zu bemühen sich eventuell lohnt, sondern hauptsächlich die Fremdbilder. Dabei wiederum ist mMn vieles mit einfacher Ursache-Wirkung nicht zu erklären. Anscheinend sind Schlüsselsituationen und Schlüsselsignale im Spiel, die man nicht als solche erkennt, sodass eigentliche Nichtigkeiten manchmal die Waage entscheidend zum Kippen bringen. Dazu natürlich Vorurteile, Suggestion, und was es da so alles gibt. Zweifellos gibt es auch Schlüsselpersönlichkeiten, die man ebenfalls (für mich erstaunlicherweise) gar nicht unbedingt ohne weiteres als solche erkennt, manchmal selbst in dem Moment nicht, wo sie wirksam werden. Möglicherweise gibt es ja auch verhaltensbiologisch festgelegte Rollen in der Menschenhorde, die einfach besetzt werden müssen, egal mit wem, ja die sich quasi selbsttätig und mit demjenigen besetzen, der ihnen im Augenblick der Vakanz zufällig (oder auch wohlberechnet) am nächsten steht. Dass die schlimmsten Feinde der Elche manchmal erstaunlich leicht selber welche werden, ist ja sprichwörtlich. (Ja, gilt eigentlich andersherum, aber so passts doch auch, oder nicht?) MMn ist der Mensch viel weitergehend biologisches Wesen, als er gegenwärtig wahrhaben will. Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass es bereits Soziotypen gibt, die sich unter natürlichen Verhältnissen längst zu selbstständigen Arten differenziert hätten und nur durch die Zivilisation noch gewaltsam zusammengemischt werden.

Jedenfalls mögen die umseitig beschriebenen Subtilitäten ja im Prinzip alle zutreffen und bewiesen sein, aber mMn gibt es Situationen oder auch ganze Milieus, die sozusagen schon vom Grundraster her entweder so grob oder so andersartig gestrickt sind, dass sie darin sozusagen durch die Maschen rutschen und gar nicht zur Wirkung kommen.

Naja, in Wahrheit rede ich hier wie der Hahn vom Eierlegen, und wahrscheinlich wird mir in ein paar Stunden aufgehen, dass mir ein paar krasse Widersprüche unterlaufen sind. Egal. Hat mich trotzdem gefreut, dafür hier mal einen Aufhänger gefunden zu haben - selber schuld! Morgen gehe ich wieder arbeiten und mich nach Strich und Faden ärgern, zumal wenn mich die Ärgernisse, wie eigentlich fast immer und trotz meiner eingebildeten Intelligenz, mal wieder unvorbereitet und aus einer unerwarteten Ecke erwischen. Voraussichtlich werden es aber ganz gewöhnliche und banale Ärgernisse sein, während mein Narzissmus ruhig am Garderobenhaken hängt. Ja, wahrscheinlich ist auch Narzissmus ein Luxus, den sich gar nicht jeder leisten kann. Gruß --Epipactis (Diskussion) 23:49, 10. Jun. 2019 (CEST)Beantworten