Bernd Hünlich

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Bernd Hünlich (* 2. Oktober 1943 in Dresden; † 9. März 1992 ebenda) war ein Dresdner Heimatforscher und Kunsthistoriker.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weil Hünlich aus politischen Gründen der Besuch der Mittelschule verwehrt wurde, erlernte er in einem privaten Handwerksbetrieb den Beruf des Elektrikers. Bis zu seiner Entlassung zum Jahresende 1991 arbeitete er am Institut für Festkörperphysik in Dresden und lebte zuletzt in Radebeul.

Kunsthistorische Forschungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zunächst war er an der Stadtgeschichte Dresdens interessiert. Seine Mitgliedschaft im Jugendklub des Kupferstichkabinetts der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden regte ihn an, die Bildmotive und Wirkungsorte der Künstlergruppe Brücke in Dresden zu ermitteln. Seit 1979 veröffentlichte er Beiträge in den Dresdner Tageszeitungen Die Union, Sächsisches Tageblatt und Sächsische Neueste Nachrichten. Die erste kunstwissenschaftlich relevante Publikation erfolgte im Jahrbuch der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden 1981: Dresdner Motive in Werken der Künstlergemeinschaft „Brücke“. Ein Beitrag zur topographisch-kritischen Bestandsaufnahme. Die Forschungen des folgenden Jahrzehnts wurden aufmerksam von der kunsthistorischen Öffentlichkeit begrüßt und fanden vielfaches Echo in der Literatur. Ein Höhepunkt in der Anerkennung seiner Bemühungen war sein Vortrag zu einem Symposium zum 50. Todestag Ernst Ludwig Kirchners am 15. September 1988 in Davos.

Am 9. März 1992 stürzte sich Hünlich von einem Hochhaus an der Grunaer Straße in Dresden in den Tod. In seinem Abschiedsbrief schrieb er von seinen Sorgen bezüglich der „praktischen Lebensbewältigung“ und resümierte sein Leben: „Mein Zenit ist überschritten, es geht abwärts. Schade, daß so vieles angefangen liegen bleibt, aber ich sehe mich außerstande, noch alle Kamine zu fegen, in denen ein Feuerchen brannte: Dieses Zuwenig-Beschränken-Können war auch eine meiner Charakterschwächen. Aber ich sehe auf mein Leben nicht ohne Befriedigung zurück: Etwas wird bleiben, trotz aller Fehler und Irrtümer, denn es war oft intensiv.“

Hünlichs schriftlicher Nachlass wird im Kirchner Museum Davos aufbewahrt.[1]

Trivia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hünlichs letzte Publikation war ein Zeitungsartikel in den Dresdner Neuesten Nachrichten vom 22. Februar 1992, in dem er über den Freitod Stefan Zweigs schrieb.[2]

Der Kunsthistoriker Gerd Presler widmete posthum mehrere seiner kunstwissenschaftlichen Aufsätze dem Andenken Bernd Hünlichs.[3][4]

Eine Rezension des Kinofilms Paula von Christian Schwochow verweist auf die Bedeutung von Hünlichs Forschungen für die Rekonstruktion der Dresdner Jahre der Künstlerin Paula Modersohn-Becker.[5]

Publikationen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Dresdner Motive in Werken der Künstlergemeinschaft "Brücke". Ein Beitrag zur topographisch-kritischen Bestandsaufnahme. in Jahrbuch der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Band 13. 1981. S. 67–100.
  • Die ersten Dresdener "Brücke"-Ausstellungen im Bau von Wilhelm Kreis. in Dresdner Kunstblätter 26. Staatliche Kunstsammlungen Dresden 1982. S. 39–41.
  • Paula Modersohn-Beckers Dresdner Erinnerungen. Zum 75. Todestag der Künstlerin. in Dresdner Kunstblätter 26. Staatliche Kunstsammlungen Dresden 1982. S. 166–167.
  • Ernst Ludwig Kirchners "Russisches Tanzpaar" und seine Entstehung. in Dresdner Kunstblätter 27. Staatliche Kunstsammlungen Dresden 1983. S. 21–26.
  • Heckel und Kirchner auf der Berliner Straße in Dresden. Zum 100. Geburtstag Erich Heckels am 31. Juli. in Dresdner Kunstblätter 27. Staatliche Kunstsammlungen Dresden 1983. S. 115–121.
  • Heckels und Kirchners verschollene Plakatentwürfe für die Internationale Hygiene-Ausstellung Dresden 1911. in Dresdner Kunstblätter 28. Staatliche Kunstsammlungen Dresden 1984. S. 145–151
  • Wohnstätten und Lebensumstände der vier "Brücke"-Gründer in Dresden. Zum 80. Gründungstag der Künstlergruppe am 7. Juni. in Dresdner Kunstblätter 29. Staatliche Kunstsammlungen Dresden 1985. S. 80–90.
  • Paula Modersohn Becker und ihre Geburtsstadt. Am 8. Februar vor 110 Jahren wurde die Malerin in Dresden geboren. in Dresdner Kunstblätter 30. Staatliche Kunstsammlungen Dresden 1986. S. 8–15.
  • Heckel und Kirchner im Dresdner "Flora-Variete". in Dresdner Kunstblätter 30. Staatliche Kunstsammlungen Dresden 1986. S. 83–91.
  • Carl Rolle und seine Ausmalungen von Sempers "Neuen Museum" in Dresden. Zum 125. Todestag des Künstlers. in Dresdner Kunstblätter 31. Staatliche Kunstsammlungen Dresden 1987. S. 133–145, 164
  • "C. W. Arldt" – Ein Künstler im Dunkel. in Jahrbuch der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Band 20. 1988. S. 81–108.
  • E. L. Kirchners Dresdner Freundin "Dodo" Doris Große. in Dresdner Kunstblätter 32. Staatliche Kunstsammlungen Dresden 1988. S. 137–147.
  • Moritzburger Ortsmotive der "Künstlergruppe Brücke". Werke von Fritz Bleyl, Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner und Hermann Max Pechstein. in Dresdner Kunstblätter 34. Staatliche Kunstsammlungen Dresden 1990. S. 169–182, 204.
  • Carl Rolles Arbeiten für Sempers erstes Hoftheater. Zum 150. Jahrestag der Eröffnung. in Dresdner Kunstblätter 35. Staatliche Kunstsammlungen Dresden 1991. S. 41–52.
  • Nachtrag zur Ausstellung "Ferdinand von Rayski" im Albertinum. Zum Gemälde "Berglandschaft" in der Gemäldegalerie Neue Meister. in Dresdner Kunstblätter 35. Staatliche Kunstsammlungen Dresden 1991. S. 116–119.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ingrid Wenzkat. „Ich gehe ihnen voraus…“. Zum Freitod von Bernd Hünlich. In Dresdner Neueste Nachrichten/Die Union. Ausgabe Dresden vom 11. März 1992. S. 7.
  • Hans-Ulrich Lehmann. Bernd Hünlich zum Gedenken. In Dresdner Kunstblätter. 36. Jahrgang. Nr. 2. Dresden 1992. S. 65.
  • Ernst Braun. Erinnerungen an Bernd Hünlich. in Marginalien. Zeitschrift für Buchkunst und Bibliophilie. Nr. 127. Aufbau Verlag. Berlin 1992. S. 71–73
  • Ernst Braun. Bibliographie Bernd Hünlich. (Stand: 14. Mai 1992) in Marginalien. Zeitschrift für Buchkunst und Bibliophilie. Nr. 127. Aufbau Verlag. Berlin 1992. S. 74–81

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. [1]
  2. Ernst Braun: Erinnerungen an Bernd Hünlich. In: Pirckheimer-Gesellschaft (Hrsg.): Marginalien. Band 127. Aufbau, Berlin 1992, S. 73.
  3. Frauen um Kirchner. In: www.presler.de. Kirchner-Haus Aschaffenburg, abgerufen am 10. April 2021.
  4. Mit "verdünnter Farbe". Werkstattgeheimnisse der BRÜCKE. In: www.presler.de. Abgerufen am 10. April 2021.
  5. Andreas Körner: Relevanz und Zeit. In: www.freitag.de. 14. Dezember 2016, abgerufen am 10. April 2021.