Bessemer Model E

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Bessemer

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Model E
Hersteller: Bessemer Motor Truck Co.
Verkaufsbezeichnung: Model E
3,5 Ton
Produktionszeitraum: 1916–?
Vorgängermodell: ohne
Nachfolgemodell: unbekanntes Modell
Technische Daten
Bauformen: Haubenlenker
Motoren: Ottomotoren von Continental
Leistung: 33,6 kW
Radstand: 3810 / 4445 mm
Nutzlast: 3,2 t

Der Bessemer Model E ist ein mittelschwerer Lastkraftwagen mit einer Nutzlast von 3½ tn. sh. (3,2 t), die der ehemalige US-amerikanische Nutzfahrzeughersteller Bessemer Motor Truck Company in Grove City (Pennsylvania) ab 1916[1] und namentlich belegt ab 1918 angeboten hat.[2] Die Produktionsdauer ist nicht bekannt.

Modellgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bessemer Motor Truck Company wurde 1911 in Grove City (Pennsylvania) gegründet. Zunächst wurden Lastkraftwagen mit Nutzlasten von 1 und 2 tn. sh. (ca. 0,9 und 1,8 t) hergestellt.[3] Diese ersten, Model A und B[4] genannten Lkw hatten noch Kettenantrieb.[5]

Bessemer organisierte für 1916 sein Angebot neu. Dabei wurde weitgehend auf Wellenantrieb umgestellt. In den Vereinigten Staaten gab es neben einem 1,5-Tonner mit Antriebsketten nun nur noch Modelle mit Wellenantrieb.[5] Eine britische Quelle[1] listet hingegen noch zwei von sechs Bessemer-Lkw mit Kettenantrieb auf.

In den USA sind 1918 fünf Bessemer-Lkw nachweisbar, davon vier namentlich. Davon ist Model E ist das größte; in der Modellpalette dieses Herstellers dürfte er dïe zweitgrößte Baureihe repräsentiert haben, mit vielen technischen Gemeinsamkeiten sowohl zum größeren Fünftonner wie auch zum einen der beiden kleineren, Bessemer Model D. Beim von der britischen Quelle angeführten Lkw mit einer Nutzlast von 60–80 cwts. (ca. 2,7–3,6 t) und einem 5,7-Liter-Vierzylindermotor (114 × 140 mm wie Model E) sowie 38 PS Leistung handelt es sich mit einiger Sicherheit um das Model E; der schwerere Lkw mit 110 cwts. (5,6 t) Nutzlast könnte demnach dem erwähnten, namentlich nicht bekannten Modell mit 5 tn. sh. Nutzlast entsprochen haben.

Während davon auszugehen ist, dass Bessemer das Marktsegment für Drei- und Dreieinhalbtonner auch in den 1920er Jahren bediente ist nicht bekannt, wie lange Model E gebaut worden ist. 1923 fusionierte die Bessemer Motor Truck Company mit der American Motors Corporation zur Bessemer-American Motors Corporation und verlegte die Produktion nach Plainfield (New Jersey).[5][3][4] In diesem Jahr erschien ein namentlich nicht bekannter Dreitonner, von dem aber weder Modellname noch technische Daten bekannt sind[5] und ein Viertonner Mpdel K2 wird ab 1925 genannt.[5] Es ist unklar, ob einer von ihnen Model E ersetzte oder ob es sich um eine Ausweitung des Angebots handelte.

Technik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alle Bessemer-Nutzfahrzeuge wurden als Assembled vehicles hergestellt[5], das heißt, dass sie aus Bestandteilen und Komponenten vom Zulieferern zusammengesetzt waren. Das war eine weit verbreitete Methode, die auch kleineren Anbietern eine rationelle und profitable Produktion ermöglichte. Sie ging über die übliche Verwendung von zugekauften Karosserien oder Motoren hinaus und umfasste praktisch jedes verwendete Fahrzeugteil von Motoren und Getrieben bis zu Aufbauten, Kastenrahmen und Achsen.[6]

Motor[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Datenblatt von 1918 nennt für das Model E einen Vierzylindermotor von Continental mit paarweise gegossenen Zylindern.[Anm. 1]

Model E ist das einzige belegte Bessemer-Modell, das 1918 noch von einem solchen Motor angetrieben wurde. Er kann bereits 1916 in den beiden vorstehend genannten und von einer britischen Quelle gelisteten Modellen nachgewiesen werden. Seine Wasserkühlung mit Wasserpumpe und die kombinierte Schleuder- und Druckumlaufschmierung mit Ölpumpe war durchaus modern und die Magnetzündung zeittypisch und üblich. Die Gemischaufbereitung besorgte ein im Nutzfahrzeugbau verbreiteter Rayfield-Vergaser.[2]

Mit einem Hubraum von 349,9 c.i. (5.716 cm³) aus 4½ Zoll (114 mm) Zylinderbohrung und 5½ Zoll (140 mm) Kolbenhub war dieser Motor auch der größte im bekannten Bessemer-Programm.

In publizierter Werksliteratur, etwa für den Jahreskatalog der N.A.C.C. (National Automobile Chamber of Commerce), nennt Bessemer eine Leistung von 45 bhp (33,6 kW) und ein S.A.E.-Rating von 42 HP, dessen Berechnungsmethode nicht erklärt wird. Nach dem damals üblichen, nur auf die Bohrung abgestellten N.A.C.C.-Rating (vgl. Tabelle im Anhang) ergeben sich 32,4 HP.[Anm. 2]

Kraftübertragung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine typische Hinterachse mit Schnecken-Differential (1916)

Der Motor war vorne angebracht. Leider sind nur unvollständige Daten verfügbar, die dem genannten Datenblatt von 1918 entnommen wurden.[2] Es gibt keinen Hinweis auf abweichende Daten in anderen Baujahren. Die Kraft wurde über eine eher untypische Konuskupplung und ein manuelles Brown-Lipe Dreiganggetriebe mit Rückwärtsgang (zeittypisch wohl mit unsynchronisierten Gängen) auf die Antriebswelle übertragen. Diese ist über ein Differential mit Schneckengetriebe („Worm gear“) mit der Timken-Hinterachse verbunden.

Diese Achse ist massiv gebaut und freischwebend (full floating) ausgelegt, d. h. die Antriebswellen sind von Querkräften weitgehend befreit.[2][Anm. 3] Diese Kraftübertragung entspricht jener des kleineren Bessemer Model D.

Fahrgestell und Aufhängung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die vorhandenen Daten lassen auf einen konventionellen Aufbau des Chassis als Leiterrahmen schließen. Vermerkt wird ein Pressstahlrahmen; die Vorderräder hingen an einer massiven I-Beam (Doppel-T)-Starrachse. Model J, D und E hatten Doppelbereifung an der Hinterachse (Radformel 4 × 2); nur bei D und E wurde indes eine massivere Ausführung von Timken verwendet, die auch zum erwähnten Differential mit Schneckengetriebe passt. Auch sie war natürlich eine starre Ausführung. Beide Achsen hingen an konventionellen Halbelliptikfedern.[2]

Der Radstand betrug wahlweise 150 oder 175 Zoll (3810 mm respektive 4475 mm). Model E hatte auch eine breitere Spur von 66 Zoll (1676 mm) als Model D mit 60 Zoll (1524 mm).[2] Wie alle Bessemer-Lkw hatte auch Model E eine links angebrachte Schneckenlenkung und mittig angeordnete Schalt- und Handbremshebel. Dazu kamen Zwillings-Bremstrommeln an jedem Hinterrad, wie sie auch vom Model D bekannt sind.[2]

Zeittypisch hatte Model E rundum Vollgummireifen. Ihre Dimension war 35 × 5 Zoll.[2] Das Fahrgestell wog 6260 lb (2840 kg) und kostete US$ 3450,-.[2] Somit übertrafen das Gewicht und der Preis des Model E jene des Model D um rund das anderthalbfache.

Spezifikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Daten Model E
Nutzlast:
[Anm. 4]
sh tn
7.000 lb
3.175 kg
Motorenhersteller: Continental
Motor: Vierzylinder-Reihenmotor, Viertakt
Motorblock: Grauguss
paarweise gegossene Sackzylinder
Hubraum: 349,9 c.i. (errechnet)
5.716 cm³ (errechnet)
Bohrung × Hub: 4½ × 5½ Zoll
114 × 140 mm[1]
Ventile: 2 Ventile pro Zylinder
Ventilsteuerung: SV-Ventilsteuerung
Rating: 42 HP (N.A.C.C.)
Leistung 45 bhp bhp (33,6 kW)
Gemischaufbereitung: Vergaser Rayfield
Kühlung: Wasserkühlung, Wasserpumpe
Schmierung: Schleuder- und Druckumlaufschmierung mit Ölpumpe kombiniert
Zündung: Magnetzündung
Antrieb: Wellenantrieb, Differential mit Schnecke („Worm Gear“), freischwebend (Flull floating); vgl. Kraftübertragung
Kupplung: Konuskupplung
Getriebe: Brown-Lipe 3-Gang-Getriebe mit Rückwärtsgang
unsynchronisiert
Vorderachse: Starrachse, I-Beam (Doppel-T), Kugelgelenke
Hinterachse: Starrachse, Timken
Rundstahl
Fahrgestell: Preßstahl-Leiterrahmen, Frontmotor, Heckantrieb, Linkslenkung
mittig angeordnete Hebel für Schaltung und Handbremse
Radstand: 3810 mm / 4445 mm
Spurweite vorn/hinten je: 1676 mm
Radaufhängung vorn und hinten: Halbelliptikfedern
Radaufhängung vorn: Starrachse
Halbelliptikfedern
Lenkung: Schneckenlenkung
Bremsen: zwei mechanisch betätigte Trommelbremsen pro Hinterrad, Expanding
Reifen vorn: 35 × 5
Reifen hinten: 35 × 5, Doppelräder
Gewicht Fahrgestell: 2840 kg
Preis Fahrgestell: US$ 3450,-

Infolge der Umrechnung von gerundeten Ausgangsdaten kann diese Tabelle Scheingenauigkeiten enthalten.

Zubehör[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Preis inbegriffen waren drei Öllampen. Zudem wurden ein Wagenheber, ein Werkzeugsatz und ein Felgenabzieher mitgeliefert.[2]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

N.A.C.C.-Rating 1916–1917.

Die Zoll-Angaben zu Bohrung und Hub sind in der Regel gerundet und führen nur zu angenäherten Hubraumgrößen. Es ist trotzdem sinnvoll, sie aufzulisten, weil sie Rückschlüsse auf den verwendeten Motor erlauben. Anstelle von Umrechnungen wurden, wenn immer möglich, Quellenangaben übernommen.

  1. Bei frühen mehrzylindrigen Verbrennungsmotoren wurden die Zylinder einzeln oder paarweise gegossen oder geschweißt und auf ein gemeinsames Kurbelgehäuse montiert. Mit der Verbesserung der Gusstechnik und den dadurch möglichen, komplexen Gussformen setzten sich allmählich Motoren mit Blöcken aus einem Guss durch, die sog. Monoblockmotoren.
  2. Das N.A.C.C.-Rating war eine Vorgängerformel für SAE-PS. Die N.A.C.C. (National Automobile Chamber of Commerce) war eine 1913 gegründete Vereinigung der Automobilindustrie und Nachfolgerin der A.L.A.M. (Association of Licensed Automobile Manufacturers), welche 1903 diese Norm als erste im US-Automobilbau eingeführt hatte. Die Formel entspricht somit exakt der N.A.C.C.-Formel, wenn auch die Darstellung in der Tabelle geändert wurde. Das Rating wird berechnet; Zylinderbohrung² × Anzahl Zylinder; das Ergebnis wird durch 2,5 dividiert. Aus dieser Formel wurden später SAE-PS entwickelt und sie liegt auch dem damaligen britischen Steuer-PS zu Grunde.
  3. Bei Full floating-Achsen sind die Radnaben über ein Wälzlager mit dem äußeren Ende der jeweiligen Halbwelle verbunden. Das Lager nimmt die Querkräfte (nur Eigengewicht) auf. Das äußere Wellenende steckt in der Radnabe, die Drehmomentübertragung erfolgt meistens mittels Zahnkupplung.
  4. Scheingenauigkeit infolge Umrechnung.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • George Nicholas Georgano (Hrsg.), G. Marshall Naul: Complete Encyclopedia of Commercial Vehicles. MBI Motor Books International, Osceola WI 1979, ISBN 0-87341-024-6. (Englisch)
  • Albert Mroz: Illustrated Encyclopedia of American Trucks and Commercial Vehicles. Krause Publications, Iola WI, 1996, ISBN 0-87341-368-7.
  • Albert Mroz: American Cars, Trucks and Motorcycles of World War I: Illustrated Histories of 224 Manufacturers. McFarland & Company, Inc., Publishers, Jefferson NC, 2009, ISBN 0-7864-3967-X.
  • John A. Gunnell (Hrsg.): Standard Catalog of American Light Duty Trucks, 1896–1986. MBI Motor Books International, Osceola WI, 1993, ISBN 0-87341-238-9.
  • William Wagner: Continental!: Its Motors and its People. Armed Forces Journal International und Aero Publishers, Inc., Fallbrook CA, 1983, ISBN 0-8168-4506-9.
  • W. C. Bersey, A. Dorey (Hrsg.): The Motor, Marine and Aircraft Red Book 1917. The Technical Publishing Company, Gough Square, Fleet Street, London E.C.4, 1917.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Bersey, Dorey: The Motor, Marine and Aircraft Red Book 1917. S. 148.
  2. a b c d e f g h i j Mroz: American Cars, Trucks and Motorcycles of World War I. 2009, S. 27 (Bessemer).
  3. a b Georgiano, Naul: Complete Encyclopedia of Commercial Vehicles. 1979, S. 92 (Bessemer).
  4. a b Gunnell: Standard Catalog of American Light Duty Trucks, 1896–1986. 1993, S. 670 (Bessemer).
  5. a b c d e f Mroz: Illustrated Encyclopedia of American Trucks and Commercial Vehicles. 1996, S. 33 (Bessemer).
  6. Mroz: American Cars, Trucks and Motorcycles of World War I. 2009, S. 28 (Bessemer).