Bestecksprache

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Besteck zur Essenspause abgelegt (20 nach 8)
Besteck zum Ende des Essens abgelegt (20 nach 4)

Bestecksprache bezeichnet die Bedeutung der Platzierung von Messern und Gabeln auf einem Teller, durch die dem Servicepersonal eine Mitteilung gemacht wird.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In manchen Quellen heißt es, dass es Freiherr Knigge gewesen sei, der 1788 in seinem Buch Über den Umgang mit Menschen die Regeln für gute Tischsitten und somit auch für die Bestecksprache niedergeschrieben habe. Das Buch behandelt indes die Umgangsformen für ein soziales Miteinander im Sinne der Aufklärung und keine formale Etikette, wie vielfach kolportiert. Trotzdem werden Tischsitten und die Bestecksprache oftmals als „Knigge-Regeln“ bezeichnet.[1]

Die Ursprünge der Bestecksprache sind historisch ungeklärt. Sie entwickelte sich offensichtlich im 18. oder 19. Jahrhundert, als es auch im Bürgertum zunehmend üblich wurde, Essen mit mehreren Gängen in formeller Gesellschaft zu sich zu nehmen und dabei eine nonverbale Kommunikation mit den Dienern oder dem Servicepersonal zu führen. Zumeist wird die Bestecksprache auf zwei Zeichen verkürzt, „Essenspause“ und „Gang beendet“. In diesem System wird zuweilen das gekreuzte Besteck als Zeichen für eine Pause definiert.[2][3]

Über die Bedeutungen in der Bestecksprache herrschen zum Teil voneinander abweichende Meinungen, auch gibt es keine international einheitliche Bestecksprache.[4] Für das Zeichen „Gang beendet“ gibt es etwa eine englische Variante: Dort werden Gabel und Messer am Ende eines Ganges parallel abgelegt, allerdings nicht schräg, sondern vertikal. Außerdem findet sich im 19. Jahrhundert die Anweisung, die Griffe sollten nach Ende des Essens nach rechts gelegt werden.[5] Meist ist dabei der Gabelrücken nach oben gedreht. Dies entspricht der englischen Gewohnheit, die Gabel beim Essen durchweg so herum zu halten. Manche Gäste sind der Ansicht, dass man mit der Positionierung des Bestecks die empfundene Qualität des Essens ausdrücken kann, was aber in Benimmratgebern als unhöflich verworfen wird.[2][6] Bestecksprache (engl. cutlery language oder cutlery etiquette) gehört im angelsächsischen Raum zum sogenannten silent service code.[7][8][9]

Im Viktorianischen Zeitalter, besonders von etwa 1860 bis in die 1880er Jahre, fand in Großbritannien zusätzlich „zur längerlebigen Fächer- oder Blumensprache“ die Bestecksprache (discourse of cutlery) Anwendung, die nicht an das Servicepersonal gerichtet war. Bei festlichen Mahlzeiten zwangen gesellschaftliche Konventionen Frauen in vielen Angelegenheiten zum Schweigen, sodass sie die Bestecksprache meist untereinander, aber auch mit männlichen Teilnehmern als Zeichensprache nutzten. Die Autorin Jane Loudon vermerkte zudem, dass bereits bei Shakespeare die Position von Bestecken eine Rolle spielte.[10]

Positionen des Bestecks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die zwei Grundpositionen geben Auskunft darüber, ob die Mahlzeit beendet ist oder nicht; zwei weitere, weniger gebräuchliche Positionen können Lob oder Tadel nach beendeter Mahlzeit ausdrücken. Sie sind nach der Position von Uhrzeigern auf einem Zifferblatt benannt, der die Position des Bestecks entspricht.[11][12][13][14] In zahlreichen Werken aus dem angelsächsischen Raum ist vermerkt, dass die Zacken der Gabel auf dem europäischen Festland üblicherweise nach unten, in Nordamerika hingegen nach oben zeigen.[4][15][16][17][18][19][20][21]

  • 20 nach 4: Fertig
Wenn man das Essen beendet hat, wird das Besteck parallel auf der unteren rechten Seite des Tellers abgelegt, dorthin wo die Uhrzeiger bei „20 Minuten nach 4 Uhr“ stehen würden. Es bedeutet, dass der Teller abserviert werden kann.
  • 20 nach 8: Pause
Legt man das Besteck gekreuzt nach links und rechts im unteren Drittel des Tellers ab, bedeutet dies, dass der Gast lediglich eine Pause macht. Damit wird dem Servicepersonal bedeutet, den Teller nicht abzuräumen.
  • 5 nach halb 7: Fertig und Lob
Wenn Messer und Gabel parallel im unteren linken Drittel abgelegt werden, bedeutet dies, dass man mit dem Essen fertig ist mit der zusätzlichen Botschaft, dass es dem Gast geschmeckt hat.
  • 20 vor 8: Fertig und Tadel
Wenn Messer und Gabel etwas weiter links abgelegt werden, bedeutet dies, dass man mit dem Essen fertig ist mit der zusätzlichen Botschaft, dass es dem Gast nicht geschmeckt hat. In einigen Quellen wird der Brauch erwähnt, jedoch als Erfindung bezeichnet.[22][23]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Lydia Ramsey: Manners That Sell: Adding the Polish That Builds Profits. Pelican Publishing, 2008, ISBN 978-1-4556-0832-4, S. 152–153.
  • Maria Prinzessin von Sachsen-Altenburg: Der feine Unterschied. Erfolg durch sicheres Benehmen in allen Lebenslagen. Herder, 2013.
  • Nicholas Clayton: A Butler’s Guide to Table Manners. Pavilion Books, 2016, ISBN 978-1-84994-368-0.
  • Horst Hanisch: Der kleine Gastro- und Tischsitten-Knigge 2100: Esskultur, im Restaurant, bei Tisch und das Arbeitsessen. BoD, ISBN 978-3-7481-4972-9.
  • Eckart Roloff: Wie Messer und Gabel auf den Zeiger gehen können. In: Walter Hömberg (Hrsg.): Marginalistik. Almanach für Freunde fröhlicher Wissenschaft. Allitera, München 2019, ISBN 978-3-96233-179-5, S. 181–200.
  • Wolfgang Fuchs (Hg.): Tourismus, Hotellerie und Gastronomie von A bis Z, 2021, Berlin/Boston: De Gruyter, 2021, ISBN 978-3-11-054407-7, S. 3.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Bestecksprache – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Tischsitten, Manieren und Benimmregeln: Warum Knigge etwas völlig anderes im Sinn hatte. In: stuttgarter-nachrichten.de. 6. Mai 2021, abgerufen am 18. April 2022.
  2. a b Zeichensysteme beim Essen. In: herr mika Tafelkultur. Abgerufen am 15. April 2019.
  3. Peggy Post: Where to Place Silverware at Meal's End. In: Good Housekeeping. 20. Februar 2015, abgerufen am 18. April 2022 (englisch).
  4. a b Alison Spiegel: The Utensil Etiquette Your Parents Never Taught You. You don’t want to give mixed messages when your dinner is at stake. In: The Huffington Post. 20. Oktober 2014, abgerufen am 25. April 2022 (englisch).
  5. „When you have finished any course or dish, lay knife and fork together, with the handles toward the right.“ Robert De Valcourt: The Illustrated Manners Book: A Manual of Good Behavior and Polite Accomplishments. Leland, Clay, & Company, 1855, S. 139 (google.de [abgerufen am 5. Mai 2022]).
  6. Bestecksprache: Wie legen Sie Ihr Besteck richtig ab? In: stil.de. 22. Juli 2021, abgerufen am 18. April 2022.
  7. Mary Mitchell: Dear Ms. Demeanor: The Young Person's Etiquette Guide to Handling Any Social Situation with Confidence and Grace. McGraw-Hill Trade, 1994, ISBN 978-0-8092-3272-7, S. 200 (google.de [abgerufen am 6. Mai 2022]).
  8. Judith Bowman: Don't Take the Last Donut: New Rules of Business Etiquette: Easyread Edition. ReadHowYouWant.com, 2008, ISBN 978-1-4270-9691-3 (google.de [abgerufen am 6. Mai 2022]).
  9. Ehsan Imdad: The Art of Marketing Communication and Corporate Culture. University Press, 2008, ISBN 978-984-05-1791-6, S. 306 (google.de [abgerufen am 6. Mai 2022]).
  10. The Curator: Table talk – the Victorian discourse of dinnerware – The Cook and the Curator – Sydney Living Museums. In: blogs.sydneylivingmuseums.com.au. 1. April 2015, abgerufen am 20. April 2022.
  11. Tischmanieren. Zeige mir, wie spät es ist. In: foodhunter.de. 3. Mai 2013, abgerufen am 18. April 2022.
  12. Bestecksprache – Das kann die Platzierung von Messer und Gabel bedeuten. In: hogastjob.com. 29. Mai 2015, abgerufen am 18. April 2022.
  13. Thao Nguyen: Geheime Besteck-Codes im Restaurant: So zeigen Sie, dass es nicht geschmeckt hat. In: chip.de. 10. April 2022, abgerufen am 18. April 2022.
  14. Bestecksprache: Das verrät Ihre Besteck-Position. In: solapoint.de. 27. August 2020, abgerufen am 18. April 2022.
  15. Christine M. Piotrowski: Professional Practice for Interior Designers. John Wiley & Sons, 2001, ISBN 978-0-471-22104-3, S. 439 (google.de [abgerufen am 5. Mai 2022]).
  16. Gloria Petersen: The Art of Professional Connections: Dining Strategies for Building and Sustaining Business Relationships. Wheatmark Inc., 2012, ISBN 978-1-60494-705-2, S. 552.
  17. Mathilde Benmoha Carro: Good Manners and Etiquette A Beginner’s Guide to Everything Proper. lulu.com, 2016, ISBN 978-1-32990-587-0, S. 68–70.
  18. Nancy Tuckerman, Nancy Dunnan: The Amy Vanderbilt Complete Book of Etiquette: 50th Anniversary Edition. Knopf Doubleday Publishing Group, 2012, ISBN 978-0-30781-450-0, S. 164.
  19. Letitia Baldrige: Letitia Baldrige’s New Manners for New Times: A Complete Guide to Etiquette. Simon and Schuster, 2009, ISBN 978-1-43918-854-5, S. 197.
  20. Mr. Boddington’s Studio: Mr. Boddington’s Etiquette: Charm and Civility for Every Occasion. Chronicle Books, 2018, ISBN 978-1-45215-832-7, S. 111.
  21. Jeanette S. Martin, Lillian H. Chaney: Global Business Etiquette: A Guide to International Communication and Customs. Verlag ABC-CLIO, 2012, ISBN 978-0-31339-717-2, S. 114.
  22. Bestecksprache – Das kann die Platzierung von Messer und Gabel bedeuten. Abgerufen am 18. Juni 2022.
  23. Anke Quittschau, Christina Tabernig: Business Knigge für Frauen: Sicher auftreten im Beruf. Haufe-Lexware, 2017, ISBN 978-3-648-09662-8, S. 122 (google.de [abgerufen am 18. Juni 2022]).