Bohrlochpfeife

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Bohrlochpfeife mit Schwarzpulverresten Bergwerk Suggental, ca. 1785

Als Bohrlochpfeife[1] oder Bohrpfeife,[2] auch Pfeife, Fuchs[3] oder Büchse[2] bezeichnet man im Bergbau[1] und im Tunnelbau,[4] den hinteren Teil eines Sprengbohrloches, der nach dem Schießen stehen geblieben ist.[1] Da von Bohrlochpfeifen eine Gefahr für die Personen, die im Bereich der Sprengstelle arbeiten, ausgeht, sollte das Entstehen von Bohrlochpfeifen möglichst vermieden werden.[5] Bohrlochpfeifen, die noch Sprengstoff enthalten, gelten nach Bergrecht als Versager und sind dementsprechend zu behandeln.[6]

Entstehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Detonation kann in einem Sprengbohrloch aus verschiedenen Gründen zum Stillstand kommen.[7] Zunächst einmal ist es bei einer Sprengung entscheidend, an welcher Stelle der Sprengstoffsäule die Schlagpatrone bzw. der Zünder platziert wird.[8] Wird der Zünder im Bereich des Bohrlochmundes platziert, kann es zum Teilversagen der Nachbarladung kommen.[9] Diese Problematik besteht insbesondere dann, wenn bei einer Massenzündung vom Bohrlochmund gleichzeitig Moment- und Zeitzünder mit Zündschnur gezündet werden.[10] Der zuerst detonierende Schuss kann dadurch zum Abreißen der Nachbarladung führen, was zur Folge hat, dass die restliche Sprengstoffsäule nicht mehr zündet und als Teilversager im Bohrloch verbleibt.[9] Diese Sprengstoffe gelten als unbrauchbare Sprengmittel und dürfen nicht wieder verwendet werden.[11] Um das Abreissen zu vermeiden, sollten die Zünder möglichst nicht im Bereich des Bohrlochmundes platziert werden.[8] Aber selbst hierbei kann es unter bestimmten Umständen zu Bohrlochpfeifen kommen.[9] Wird der Abstand von 0,5 Meter zwischen den einzelnen Ladungen im Bohrlochtiefsten unterschritten, kann es zu Überschlägen zwischen den einzelnen Säulen kommen, was letztendlich dazu führt, dass der Abschlag spätestens beim zweiten Mal abbricht.[4] Bei mangelhaftem, nicht festsitzendem Besatz, kommt es vor, dass die Ladung nicht die gewünschte Wirkung erzielt, sondern nur den Besatz herausschleudert, ohne das Gestein zu sprengen.[3] Der Bergmann bezeichnet dann solche fehlerhaften Schüsse als Ausbläser.[10]

Gefahren und Umgang mit Bohrlochpfeifen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von Bohrlochpfeifen gehen Gefahren für die Bergleute aus, da sich in ihnen noch Sprengstoffreste befinden können.[12] Auch können sich in ihnen, je nach Form des Versagers, noch ganze Patronen befinden.[13] Die besondere Gefahr liegt darin, dass diese Bohrlochpfeifen häufig für sprengstofffrei gehalten werden.[8] Beim Bereißen oder wenn die Pfeifen angebohrt werden, kann der in der Pfeife befindliche Sprengstoff dann explodieren.[13] Die Gefahr besteht sogar, wenn sich nur Sprengstoffreste oder ausgetretene Sprengstofföle in der Bohrlochpfeife befinden.[12] Die Gefahr von Sprengstoffresten ist nur bei Zündungen im Bohrlochtiefsten sehr unwahrscheinlich.[9] Aufgrund der von ihnen ausgehenden Gefahren ist das Ausbohren, Auskratzen oder Tieferbohren von Bohrlochpfeifen bergrechtlich verboten.[6] Es gibt auch Bergreviere, in denen es vorgeschrieben ist, dass die Bohrlochpfeifen vor der Wiederaufnahme der Bohrarbeiten mit Holzpflöcken verschlossen werden müssen.[14] Das einfachste Mittel, eine Bohrlochpfeife zu beseitigen, ist das Einführen einer neuen Schlagpatrone, um damit den noch vorhandenen Sprengstoff zur Detonation zu bringen.[8] Allerdings besteht die Gefahr, dass der in der Bohrlochpfeife befindliche Sprengstoff brennt.[13] Dieses ist insbesondere bei Ausbläsern der Fall.[10] Auch ist es oftmals aufgrund der stark reduzierten Länge der Bohrlochpfeife nicht möglich, diese neu zu besetzen.[8] In mehreren Bergrevieren ist das erneute Laden der Bohrlochpfeifen zudem bergrechtlich verboten.[13] So verbietet z. B. die Richtlinie für den Umgang mit Sprengmitteln vom sächsischen Oberbergamt das erneute Laden von Bohrlochpfeifen.[15] Auch das Ausspülen der Bohrlochpfeife mit Wasser ist wenig hilfreich, da das in Sprengstoffen enthaltene Sprengöl nicht wasserlöslich ist und somit nicht herausgespült werden kann.[8] Hier bleibt nur noch die Möglichkeit, einen Hilfsschuss neben der Bohrlochpfeife abzutun.[13] Das hierfür zu erstellende Bohrloch muss soweit von der Bohrlochpfeife entfernt in einer Richtung gebohrt werden, dass sich die beiden Löcher nicht berühren.[10]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Walter Bischoff, Heinz Bramann, Westfälische Berggewerkschaftskasse Bochum: Das kleine Bergbaulexikon. 7. Auflage, Verlag Glückauf GmbH, Essen, 1988, ISBN 3-7739-0501-7.
  2. a b Julius Dannenberg, Werner Adolf Frantz (Hrsg.): Bergmännisches Wörterbuch. Verzeichnis und Erklärung der bei Bergbau - Salinenbetrieb und Aufbereitung vorkommenden technischen Ausdrücke, nach dem neuesten Stand der Wissenschaft - Technik und Gesetzgebung bearbeitet, F. U. Brockhaus, Leipzig 1882.
  3. a b Carl von Scheuchenstuel: IDIOTICON der österreichischen Berg- und Hüttensprache. Zum besseren Verständnisse des Österreichischen Berg-Gesetzes und dessen Motive. k. k. Hofbuchhändler Wilhelm Braumüller, Wien 1856.
  4. a b H. U. Herrmann: Planung und Durchführung von Tunnelarbeiten in großen Profilen. In: Schweizerischer Ingenieur- und Architekten Verein (Hrsg.): Schweizerische Bauzeitung. 82. Jahrgang. Heft 50, 13. Dezember 1964, S. 879–881.
  5. ARGE Rennsteigtunnel (Hrsg.): Der Rennsteigtunnel im Thüringer Wald, Deutschlands längster Autobahntunnel. In: Sprengtechnischer Dienst der Orica GmbH: Nobelhefte. 67. Jahrgang. Dortmund 2001, ISSN 0029-0858, S. 11.
  6. a b Allgemeine Bergverordnung über Untertagebetriebe, Tagebaue und Salinen (ABVO). 2. Februar 1966, (Nds. MBl. Nr. 15/1966), S. 40.
  7. Heinrich Otto Buja: Ingenieurhandbuch Bergbautechnik, Lagerstätten und Gewinnungstechnik. 1. Auflage. Beuth Verlag, Berlin/ Wien/ Zürich/ Berlin 2013, ISBN 978-3-410-22618-5, S. 144.
  8. a b c d e f Helmut Fritzsche: Lehrbuch der Bergbaukunde mit besonderer Berücksichtigung des Steinkohlenbergbaus. Erster Band, Neunte völlig neubearbeitete Auflage, mit 584 Abbildungen und einer farbigen Tafel, Springer Verlag, Berlin / Heidelberg 1955, S. 151–163.
  9. a b c d Bernhard Maidl, Hans G. Jodl, Leonhard R. Schmid, Peter Petri: Tunnelbau im Sprengvortrieb. Springer Verlag, Berlin / Heidelberg 1997, ISBN 3-540-62556-9, S. 79.
  10. a b c d Leopold Lisse: Das Sprengluftverfahren. Mit 108 Textabbildungen. Verlag von Julius Springer, Berlin 1924, S. 44, 61, 72.
  11. Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV) (Hrsg.): Sprengarbeiten. Anwendungshinweise zur SprengTR 310. DGUV Information 213-110, Berlin 2021, S. 24.
  12. a b Gustav Köhler: Lehrbuch der Bergbaukunde. Sechste, verbesserte Auflage. Mit 728 Textfiguren und 9 Lithographirten Tafeln, Verlag von Wilhelm Engelmann, Leipzig 1903, S. 204.
  13. a b c d e Helmut Fritzsche: Lehrbuch der Bergbaukunde mit besonderer Berücksichtigung des Steinkohlenbergbaus. Erster Band. Achte Auflage, mit 615 Abbildungen und einer farbigen Tafel, Springer Verlag, Berlin 1942, S. 293.
  14. Verordnung vom 27. Januar 1971 über die Verhütung von Unfällen bei Sprengarbeiten. In: Liechtensteinisches Landesgesetzblatt. Jahrgang 1971, Nr. 14, Ausgabe am 3. März 1971, Fassung vom 1. Januar 1991, S. 18.
  15. Richtlinie für den Umgang mit Sprengmitteln im Bergaufsichtsbereich. Richtlinie Sprengwesen - RL SpW des Sächsischen Oberbergamtes vom 30. September 2008, S. 11.