Bombenanschlag bei den Olympischen Spielen 1996

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Am 27. Juli 1996 wurde ein Bombenanschlag auf die Olympischen Spiele in Atlanta verübt. Als Täter wurde Eric Rudolph, ein Aktivist der christlich-extremistischen Terrororganisation Army of God, überführt; das Attentat forderte zwei Menschenleben und 111 Personen wurden verletzt.

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 1996 wurden die Olympischen Sommerspiele in Atlanta, Vereinigte Staaten, ausgetragen. Zu diesem Zweck wurden das Centennial Olympic Stadium als Austragungsort und der Centennial Olympic Park als Besuchergelände angelegt.

Anschlag[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 27. Juli 1996 brachte Eric Rudolph, ein Aktivist der Army of God, einen aus drei verbundenen Rohrbomben bestehenden Sprengsatz mit einem Gewicht von über 18 Kilogramm im Centennial Olympic Park zur Explosion.[1] Die durch Fernzündung gesprengten Bomben enthielten Nägel als Schrapnelle und Dynamit als Sprengstoff.[2] Obwohl der Sprengsatz kurz vor der Detonation unter einer Sitzbank entdeckt und noch die Evakuierung des Tatortes eingeleitet worden war, konnte das Gelingen des Attentats nicht mehr verhindert werden.[3] Die Rohrbomben zündeten nahe einer Konzerttribüne, auf der sich gerade mehrere tausend Besucher aufhielten.[4]

Opfer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die 44-jährige Passantin Alice Hawthorne aus dem US-Bundesstaat Georgia erlag ihren Verletzungen noch am Tatort; ihre Tochter wurde verletzt. Melih Uzunyol, 40, ein türkischer Kameramann, verstarb kurz nach der Explosion an Herzversagen. Insgesamt erlitten 111 Menschen teils schwere Verletzungen.[5]

Täter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

FBI-Fahndungsbild von Eric Rudolph

Der Täter Eric Rudolph war bereits als Jugendlicher durch Holocaustleugnung und andere antisemitische Äußerungen sowie Drogenhandel aufgefallen.[6] Verbindungen zu der rechtsextremen Sekte Christian Identity, an die lange geglaubt wurde,[7] ließen sich während der Ermittlungen gegen ihn nicht nachweisen.[8] Der römisch-katholische Rudolph bestritt jede Verbindung mit Christian Identity.[9]

Über seinen Einsatz gegen den in den USA damals noch bundesweit legalen Schwangerschaftsabbruch gelangte er schließlich zur christlich-fundamentalistisch orientierten Terrorgruppe Army of God, die bereits durch Morde, Brandstiftungen und Geiselnahmen bekannt war und diese mit einem angeblichen „Abtreibungsholocaust“ durch ihre Opfer begründete.[2]

Übereinstimmend mit den Lehren der Army of God stellte Rudolph seine Anschläge als Protest gegen Schwangerschaftsabbruch und die gesellschaftliche Akzeptanz praktizierter Homosexualität dar. Diese bezeichnete er in Übereinstimmung mit seinen religiösen Haltungen als „aberrant sexual behavior“ (abweichendes sexuelles Verhalten). Er behauptete, nichts Persönliches gegen seine Opfer zu haben, aber auch kein Bedauern und keine Gnade zu empfinden.[5]

Hintergründe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wie schon die Olympischen Sommerspiele 1972, die durch die Geiselnahme von München und die nachfolgende Ermordung israelischer Sportler überschattet wurden, wurden auch die Sommerspiele in Atlanta nicht abgebrochen.

Ermittlungen und Fahndung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ermittlungen richteten sich zunächst gegen den Wachmann Richard Jewell, der die Bombe entdeckte, die Polizei verständigte und die Evakuierung des Tatortes unterstützte. Diese gelang nicht vollständig bis zum Explosionszeitpunkt, wodurch die Zahl der Betroffenen zwar verringert wurde, aber nicht alle Personenschäden vermieden werden konnten. Kurz nach der Tat wurde er selbst verdächtigt, die Bombe gelegt zu haben; er habe das Attentat selbst begangen, um sich als Held darzustellen. Zwar wurde er vom FBI nie offiziell als Beschuldigter geführt, aber mehrere (erfolglose) Zivilklagen gegen ihn wurden angestrengt und in der Presse kam es zu Vorverurteilungen.

Erst am 31. Mai 2003 wurde der tatsächliche Attentäter Eric Rudolph gefasst und gestand unter anderem den Anschlag bei den Olympischen Spielen, wodurch die übrigen Verdächtigten endgültig rehabilitiert wurden. Jewell starb am 29. August 2007 nach einer schweren Erkrankung im Alter von 44 Jahren in Atlanta.[10] Die Ermittlungen um Jewell wurden Gegenstand des 2019 erschienenen Spielfilms Der Fall Richard Jewell.

Strafprozess und Urteil[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sieben Jahre nach seinem Untertauchen und zwei Jahre nach seiner Verhaftung in Murphy, North Carolina, erhielt Rudolph am 8. April 2005 eine vierfache lebenslange Freiheitsstrafe im Bundesgefängnis ADX Florence im US-Bundesstaat Colorado. Eine vorzeitige Haftentlassung wurde ausgeschlossen. Nach einem Deal mit dem zuständigen Gericht verzichtete dieses auf die Verhängung der Todesstrafe, nachdem Rudolph den Ermittlungsbehörden seine restlichen Sprengstoffdepots offenbart hatte.[11][12]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. This Day in History: Olympic Park bomber Eric Rudolph agrees to plead guilty. History.com, 8. April 2005
  2. a b Jennifer Jefferis: Armed for Life: The Army of God and Anti-Abortion Terror in the United States. ISBN 978-0313387531. Ausschnitt auf Google Books, 2011
  3. Ronald J. Ostrow: Richard Jewell Case Study. Columbia University, 13. Juni 2000
  4. Scores are hurt in an explosion at Olympic Park. In: New York Times, 27. Juli 1996, Sektion 1, Seite 1.
  5. a b David Mattingly und Henry Schuster: Rudolph reveals motives. CNN vom 19. April 2005
  6. A former in-law, Deborah Rudolph, reveals in an interview that accused bomber Eric Rudolph was a long-time anti-Semite who sold marijuana for a living. Southern Poverty Law Center, 29. November 2001
  7. Backgrounder: Eric Robert Rudolph. Anti Defamation League, Biografie Rudolphs vom 5. Juni 2003
  8. Harvey W. Kushner: Rudolph, Eric (1966–). In: derselbe: Encyclopedia of Terrorism. Sage Publications, Thousand Oaks/London/Neu-Delhi 2003, S. 320.
  9. Doug Gross: Eric Rudolph lays out the arguments that fueled his two-year bomb attacks@1@2Vorlage:Toter Link/legacy.signonsandiego.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2023. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., Associated Press, 14. April 2005
  10. Marc Pitzke: Olympia-Held Jewell tot: Gefeiert, gejagt, gebrochen. Der Spiegel vom 30. August 2007
  11. Eric Rudolph Gets Life Without Parole. Fox News vom 18. Juli 2005
  12. Rudolph agrees to plea agreement. CNN vom 12. April 2005

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]