Byers-Insel

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Koordinaten: 28° 32′ N, 177° 4′ O

Reliefkarte: Pazifischer Ozean
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vermeintliche Position
Byers-In neben weiteren Phantominseln nordwestlich von Hawaii auf JRO-Globus ca. 1960
Byer od. Patrocinio in Stielers Hand-Atlas von 1891, nordwestlich davon Morell, jeweils mit Fragezeichen versehen
Benjamin Morrell (1832)

Die Byers-Insel (Byers’ Island) ist eine von Benjamin Morrell frei erfundene Phantominsel im Nordpazifik, die er am 12. Juli 1825 unter 28° 32′ N; 177° 04′ O angelaufen haben will.[1] Morrell beschreibt die Byers-Insel, die er wie ein bereits bekanntes geographisches Objekt vorführt, in allen Details in seinem Werk A narrative of four voyages.[2] Dennoch handelt es sich nicht um eine tatsächliche Inselsichtung. Morrells Längenangaben für das kurz zuvor besuchte Pearl and Hermes Reef sind hinlänglich exakt, um die Annahme, bei der Byers-Insel handele es sich um eine Längenversetzung von Kure, mit Sicherheit ausschließen zu können. Übrigens deutet auch der Name Byers (der Name eines von Morrells Arbeitgebern, des New Yorker Kaufmanns und Schiffseigners James Byers) auf den Morrellschen Ursprung dieser Falschmeldung.[3] Laut Burton R. Pollin soll Morrells Ghostwriter der Zeitschriftenherausgeber und Schauspieldichter Samuel Woodworth gewesen sein.[4]

Wenn daher auch Morrell vielleicht nicht der persönliche Urheber dieser und zahlreicher anderer Fälschungen ist, so hat er sie doch zweifellos – als offensichtlicher Auftraggeber Woodworths – billigend in Kauf genommen bzw. seinen Namen dafür hergegeben. Der „frisierte“ Inhalt seines Buches konnte ihm nicht völlig verborgen geblieben sein. Der verkaufsfördernden Wirkung von Woodworths Seemannsgarn hat Morrell damit seinen literarischen und wissenschaftlichen Nachruhm geopfert. Dies ist bedauerlich, denn “… the truth itself was quite interesting”.[5]

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Benjamin Morrell will auf der recht flachen und im Umfang vier Meilen messenden Insel Seevögel, Schildkröten und See-Elefanten gesichtet haben. Im Südosten gebe es ein Korallenriff, das sich etwa zwei Meilen in Richtung Südwesten erstrecke.[6]

Eintragung in Karten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Byers-Insel wurde stets nahe der ebenfalls von Morrell beschriebenen Morrell-Insel vermerkt. Auch nach einer Überprüfung der offiziellen britischen Seekarte des Pazifiks durch den Hydrographen Frederik Evans 1875 blieben beide Inseln im Gegensatz zu drei tatsächlich existierenden Inseln dort vermerkt.[7]

Aufgrund des Anspruchs der USA auf beide Inseln konnten diese durchsetzen, dass die Internationale Datumsgrenze um die Positionen der Byers- und der Morrell-Insel herum nach Westen verschoben wurde. Nach dem Beginn der allmählichen Löschung aus den Seekarten wurde die Grenze dort begradigt und wieder am 180. Längengrad orientiert.[8]

Im amtlichen Seehandbuch von 1899 sind Byer Island und Morrell Island bereits unter der Überschrift DOUBTFUL ISLANDS AND REEFS aufgeführt.[9] Dennoch sind sie noch auf einem JRO-Globus von ca. 1960 zusammen mit vier weiteren Phantominseln nordwestlich von Kure eingezeichnet.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Henry M. Stommel: Lost Islands. The Story of Islands That Have Vanished from Nautical Charts. University of British Columbia Press, Vancouver 1984, ISBN 978-0-7748-0210-9.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Edward Brooke-Hitching: Atlas der erfundenen Orte. Die größten Irrtümer und Lügen auf Landkarten. dtv Verlagsgesellschaft, München 2017, ISBN 978-3-423-28141-6, S. 168 (englisch: The Phantom Atlas. The Greatest Myths, Lies and Blunders on Mals. London 2016.).
  2. Benjamin Morrell: A narrative of four voyages, to the South Sea, North and South Pacific Ocean, Chinese Sea, Ethiopic and Southern Atlantic Ocean, Indian and Antarctic Ocean, from the year 1822 to 1831. New York 1832, S. 218 (englisch) (Benjamin Morrell: A narrative of four voyages. New York 1832 in der Google-Buchsuche)
  3. Henry M. Stommel: Lost islands. Vancouver 1984, S. 17–19 (englisch)
  4. Burton R. Pollin: Poe’s life reflected through the sources of ‘Pym’. In: Richard Kopley (Hrsg.): Poe’s ‘Pym’: critical explorations. Durham & London 1992, S. 95–103, hier S. 100 (englisch)
  5. Stommel, S. 26 f.
  6. Dirk Liesemer: Lexikon der Phantominseln. 1. Auflage. mareverlag, Hamburg 2016, ISBN 978-3-86648-236-4, S. 46.
  7. Dirk Liesemer: Lexikon der Phantominseln. 1. Auflage. mareverlag, Hamburg 2016, ISBN 978-3-86648-236-4, S. 47–48.
  8. Dirk Liesemer: Lexikon der Phantominseln. 1. Auflage. mareverlag, Hamburg 2016, ISBN 978-3-86648-236-4, S. 48.
  9. The Hawaiian Islands and the Islands, Rocks and Shoals to the Westward. Hydrographic Office, Washington 1899, S. 53, Textarchiv – Internet Archive