Carl Pistor (Ingenieur)

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Carl (Karl) Hugo Pistor (* 1850 in Gießen; † 19. März 1919 in Reus, Spanien) war ein deutscher Ingenieur und Chemiker. Er war Mitbegründer des Chemiestandortes Bitterfeld-Wolfen.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Carl Pistor wurde als Sohn des Kaufmanns Emil Pistor 1850 in Gießen geboren. Er studierte ab 1875 bereits mit einem Lizentiaten-Titel an der Universität in Gießen Pharmazie.[1]

Nach dem Studium war Carl Pistor sechs Jahre Leiter einer Sodafabrik in Chicago. Anschließend arbeitete er bei den Kaliwerken in Neu-Staßfurt.[2] Im Dezember 1892 konstituierte sich die „Chemische Fabrik Elektron AG Frankfurt/M.“ (CFE). Zum Technischen Direktor wurde Carl Pistor berufen. Diese Funktion bekleidete er bis 1898.[3] Die CFE hatte ein elektrochemisches Verfahren entwickelt, das Salze in seine Einzelbestandteile zerlegen konnte (Chlor-Alkali-Elektrolyse). Damit war der Grundstein für ein neues Basisverfahren der chemischen Industrie geschaffen. Zur großtechnischen Umsetzung des Verfahrens musste ein neues Werk gebaut werden.[4]

Mitte 1893 besuchte Carl Pistor die Mitteldeutsche Braunkohlen-Region und überzeugte sich von den vorteilhaften Standortfaktoren, niedrige Löhne, Nähe zu den Salzlagerstätten, billige Kohle und ein nicht erschlossenes Absatzgebiet für Ätzkali und Chlor. Im November 1893 schloss die CFE mit der Grube „Louise“ in Bitterfeld einen Kohleliefervertrag ab und kaufte ein benachbartes Grundstück, um hier ein Elektrolyse-Werk zu errichten.[5][6]

Im Januar 1894 wurde unter Leitung von Carl Pistor mit den Vermessungsarbeiten und dem Bau des Werkes Bitterfeld Süd begonnen. Am 16. Oktober 1894 ging die Fabrik I/Bitterfeld Süd in Betrieb.[7]

Am 22. März 1896 wurde Carl Pistor in Sandersdorf von seiner Frau ein Sohn mit Namen Carl Emil Pistor geboren.[8][9]

Im August 1898 fusionierte die CFE mit der „Chemischen Fabrik Griesheim am Main“ (CFG) zur „Chemischen Fabrik Griesheim-Elektron AG“ (CFGE), in deren Vorstand Carl Pistor berufen wurde.[10]

Das von der CFE entwickelte Elektrolyse-Verfahren war so erfolgreich, dass mehrere Firmen im In- und Ausland die Lizenz von der CFE erwarben. Die Inbetriebnahmen der Elektrolyse-Anlagen in Westeregeln 1896[11], in Lamotte (Frankreich) 1896, und in Flix (Spanien) 1897 erfolgten jeweils unter Leitung von Carl Pistor.[12]

1900 übernahm Carl Pistor die Leitung der Fabrik in Flix, die er bis 1905 innehatte.[13] 1904 schied Carl Pistor aus dem Vorstand der CFGE aus.[14]

In seiner Freizeit war er passionierter Schwimmer und Mitbegründer des Schwimmvereins Reus Ploms.[15][16]

Einzelreferenzen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Kössler, Franz: Register zu den Matrikeln und Inskriptionsbüchern SS 1851-WS 1900/01. Hrsg.: Archiv der Justus-Liebig-Universität Gießen. S. 183.
  2. Pistor, Gustav: Zum fünfzigjährigen Bestehen des Werkes Süd Bitterfeld der IG-Farbenindustrie AG. Hrsg.: IG Farbenindustrie AG. Bitterfeld 1944, S. 56.
  3. Raschen, Hermann: 75 Jahre Chemische Fabrik Griesheim-Elektron. Hrsg.: IG Farbenindustrie AG. Frankfurt/M. 1938, S. 68.
  4. Matter, Günter: Elektron – Geschichte und Renaissance eines außergewöhnlichen Metalls. In: Helmut Maier (Hrsg.): Bochumer Studien zur Technik- und Umweltgeschichte. 1. Auflage. Band 9. Klartext-Verlag, Essen 2019, ISBN 978-3-8375-2125-2, S. 35 ff.
  5. Obst, Emil: Bitterfeld und Umgebung – Industrie, Handel und Gewerbe in Wort und Bild. Chemnitz-Kappel, 1909, S. 78 ff.
  6. Walther Rathenau: Elektrochemische Werke. In: Maximilian Harden (Hrsg.): Die Zukunft. Band 12. Berlin 1895, S. 428.
  7. Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Außenstelle Merseburg (LHASA MER): EKB-SAG I 507 Nr. 5212, Statistiken 1894-1948, Pkt. 10 Energieversorgung.
  8. LHASA MER: I 506 Nr. 55, Blatt 9.
  9. Carl Emil Pistor: Beitrag zur Kenntnis des 1,4-Methylnaphtols, Dissertation, Gießen, 1927.
  10. Wagner, Dieter: Innovation und Standort – Geschichte und Unternehmensstrategien der CFG 1856-1925. Hrsg.: Hessisches Wirtschaftsarchiv. Darmstadt 1999, ISBN 3-9804506-3-5, S. 89, 121.
  11. Autorenkollektiv: Fünfzig Jahre Aktiengesellschaft Consolidierte Alkaliwerke Westeregeln 1881-1931. Hrsg.: Consolidierte Alkaliwerke Westeregeln. Westeregeln 1931, S. 203 f.
  12. Fischer, Edgar: Tradition und High-Chem – Eine chlorreiche Geschichte im Raum Bitterfeld Wolfen. Hrsg.: Förderer des Kreismuseums Bitterfeld e.V. 1. Auflage. Bitterfeld 2003, ISBN 3-934340-04-0, S. 46.
  13. Wagner, Dieter: Innovation und Standort – Geschichte und Unternehmensstrategien der CFG 1856-1925. 1999, ISBN 3-9804506-3-5, S. 326.
  14. Pistor, Gustav: Zum fünfzigjährigen Bestehen des Werkes Süd Bitterfeld der IG-Farbenindustrie AG. Hrsg.: IG Farbenindustrie AG. Bitterfeld 1944, S. 115.
  15. Club Natació Reus Ploms - Una mica d’història Website des Club Natació Reus Ploms. Abgerufen am 28. August 2023.
  16. ALEMANYS: CARL PISTOR Blog von Pere Muñoz. Abgerufen am 28. August 2023.