Carmen de mundo et partibus

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Carmen de mundo et partibus ist der Titel eines theologisch-physikalischen Lehrgedichts aus dem 13. Jahrhundert. Das nur in einer Handschrift (MS Digby 41 in der Oxforder Bodleian Library aus dem 13. Jahrhundert)[1] überlieferte Werk ist mit keiner Überschrift versehen. Vielmehr hat der Herausgeber Axel Bergmann diese Überschrift des Buchs XIII der Etymologiae von Isidor von Sevilla hinzugefügt, weil der Text eine wichtige Quelle darstellt und die dort gegebenen Kapitelfolge: de mundo, de atomis, de elementis, de caelo, de partibus caeli aufgegriffen wird. Auch die angenommene Autorenschaft des englischen Theologen Robert Grosseteste folgt nicht aus der Handschrift, sondern ergibt sich aus der Inhaltsanalyse.

Aufbau, Inhalt und Bezug zu Robert Grosseteste[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das mittellateinische Werk besteht aus etwa 730 elegischen Distichon und ist in Schülerfragen und Lehrerantworten gegliedert. Apokryphe alttestamentliche Literatur, antike Naturwissenschaft und griechisch-arabische Astronomie verbindet sich mit weiteren Geistesströmungen[2]

  • Zeile 41–66: über die Welt, wie beschrieben (u. a.) von Isidor von Sevilla und den – namentlich genannten – Platon und Martianus Capella.
  • Zeile 67–328: über atthomis und elementa.
  • Zeile 329–786: über den Himmel, behandelt werden (u. a.) Regionen des Himmels (Luft, Feuer des Geistes, Göttliches Feuer), Engel, der Fall der Dämonen. Der Herausgeber stellt Parallelen zwischen diesem Text und dem apokryphen Testamente der zwölf Patriarchen her. Dieses frühchristliche Werk wurde nicht vor 1242 im lateinischen Westen bekannt, woran Grosseteste mitgewirkt hatte; es existiert auch eine griechische Handschrift mit eigenhändigen Notizen Grossetestes (Cambridge Univ. Ff. i. 24)[3].
  • Zeile 793–1226: über die Astronomie, Fixsterne, Planeten, Planetenhäuser, Zodiak, Sonnenfinsternis, Mondfinsternis.
  • Zeile 1227–1370: über die Astronomie (Computus). Der Autor beschäftigt sich mit schwierigen Fragen und Unstimmigkeiten der mittelalterlichen Kalenderrechnung. Warum bewegt sich der Termin der Sommersonnenwende im Kalender[4] ? Wie lange bleibt der Mond in einem Sternzeichen[5] ? Ähnlich wie Grosseteste in seinen Schriften Compotos, Compotos Minor und Compotus Correctorius[6] lehnt er den saltus lunae (verwendet in der Kalenderrechnung zur Harmonisierung der Sonnen- und Mondumlaufzeiten) ab, teilt den „Sprungtag“ auf die 235 Monate des cyclus lunae auf und berechnet die Mondumlaufdauer zu 29 d (Tage), 12 h (Stunden) – 1 d (Tag)/235 = 29 d (Tage), 11 h (Stunden), 35 m (Momente), 10 u (Unzen), 46 a (Atome)[7].

Der Gedanke, die Berechnung des Computus durch eine exakte Bestimmung des synodischen Monats zu verbessern, wird allerdings schon in früheren Schriften ausgeführt, u. a. von Hermann dem Lahmen[8]. Dort wird allerdings eine andere Berechnung durchgeführt und ein abweichendes Ergebnis erzielt.

Edition und Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Axel Bergmann: Carmen de mundo et partibus, herausgegeben von Professor Dr. Alf Önnerfors in der Reihe Lateinische Sprache und Literatur des Mittelalters, Frankfurt-Bern-New York-Paris, 1991

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Axel Bergmann: Carmen de mundo et partibus, S. 15f
  2. Axel Bergmann: Carmen de mundo et partibus, S. 19
  3. Axel Bergmann: Carmen de mundo et partibus, S. 24f
  4. Zeile 1303f: quod punctum solsticiale mouet
  5. Zeile 1315f: Luna dies sub signa duos expendit, et horas sex, et ...
  6. A. C. Crombie: Grosseteste’s Position in the History of Science, in Robert Grosseteste, Hrsg. D. A. Callus, London 1955
  7. Axel Bergmann: Carmen de mundo et partibus, S. 53–57
  8. Nadja Germann: De Temporum Ratione. Quadrivium und Gotteserkenntnis am Beispiel Abbos von Fleury und Hermanns von Reichenau, Leiden/Boston 2006