Clytus rhamni

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Clytus rhamni

Clytus rhamni

Systematik
Klasse: Insekten (Insecta)
Ordnung: Käfer (Coleoptera)
Familie: Bockkäfer (Cerambycidae)
Unterfamilie: Cerambycinae
Gattung: Clytus
Art: Clytus rhamni
Wissenschaftlicher Name
Clytus rhamni
Germar, 1817
Abb. 1: Aufrechte Behaarung auf Halsschild und Flügeldeckenbasis
Abb. 2: Punktierung Halsschild (links, ♂)
und Flügeldeckenbasis (rechts)
Abb. 3: Zeichnung Aufsicht Abb. 4: Fühler
Abb. 5: Seitenan-
sicht, Ausschnitt
Umrisse gestrichelt

1 Flügeldecke
2 Episternum der
Hinterbrust
3 Schenkel des
mittleren Beins
4 Hinterschenkel

Clytus rhamni, gelegentlich auch Kreuzdorn-Widderbock genannt, ist ein Käfer aus der Familie der Bockkäfer und der Unterfamilie Cerambycinae. Die Gattung Clytus ist in Europa mit sieben Arten vertreten. In Mitteleuropa kann Clytus rhamni leicht mit anderen Arten der gleichen oder sogar anderer Gattungen verwechselt werden.[1]

In Bayern ist die Art als vom Aussterben bedroht eingestuft,[2] in Norddeutschland ist sie ausgestorben.[3]

Bemerkung zum Namen und Synonymen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Art wird 1817 von Germar unter dem heute noch gültigen Namen beschrieben. Germar gibt dem Käfer den Artnamen rhamni, weil er auf der Pflanze Rhamnus paliurus, dem Christusdorn, vorkommt.[4] Der Gattungsname Clytus geht auf Laicharting 1784 zurück. Laicharting erklärt den Namen nicht,[5] nach Schenkling ist er von altgr. κλυτός „klytós“ für „berühmt, ansehnlich“ abgeleitet und steht ursprünglich für schön gezeichnete Bockkäfer.[6] So führt Laicharting als erste Art der Gattung auch den Alpenbock an.[5]

Eine besonders große und farbige Variante aus Korsika beschreibt Gautier des Cottes 1862 als eigene Art unter dem Namen Clytus bellieri, benannt nach dem Sammler Bellier, von dem er den Käfer erhalten hat.[7] Mit dem Namen Callidium temesiense (temesiensis = am Fluss Temes vorkommend)[8] wird ein Käfer beschrieben, der sich durch gelbes Flaumhaar auf der Stirn und ein etwas ins Bräunliche gehendes Schwarz von den südeuropäischen Populationen unterscheidet. Bei der Beschreibung bleibt unklar, ob sie von Germar selbst stammt oder ob Germar eine von Kollar zugeschickte Beschreibung veröffentlicht.[9] Bellieri und temesiensis werden heute von einigen Autoren als Unterarten Clytus rhamni bellieri und Clytus rhamni temesiensis zur Nominatform Clytus rhamni rhamni eingestuft, von anderen als Varianten betrachtet und entsprechend als Synonyme zu Clytus rhamni geführt.

Von verschiedenen Autoren wurde die Art Clytus gazella (lat. für Gazelle)[8] genannt, Fabricius beschreibt unter dem Namen Clytus gazella jedoch Clytus arietis.[10][11][12]

Beschreibung des Käfers[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit sechs bis zwölf Millimeter Länge ist Clytus rhamni durchschnittlich etwas kleiner als die beiden anderen in Mitteleuropa vorkommenden ähnlichen Arten, der häufige an Laubhölzern vorkommende Gemeine Widderbock (Clytus arietis) und der an Nadelhölzer gebundene Nadelholz-Widderbock (Clytus lama). Wie diese ist er schwarz mit einer gelben bis blassgelben Zeichnung aus kurzen, dichten, anliegenden Haaren (Abb. 1). Darüber hinaus kann er noch mit Arten der Gattungen Xylotrechus und Chlorophorus verwechselt werden. Ein gutes Merkmal ist der auffällige Glanz der Flügeldecken.

Der Kopf ist senkrecht zur Körperachse nach unten ausgerichtet. Er trägt im Unterschied zur Gattung Xylotrechus keine Kiele. Die elfgliedrigen Fühler verdicken sich zum Ende weniger als bei Clytus arietis und sind durchgehend braun, am Ende höchstens sehr schwach, nicht deutlich angedunkelt (Abb. 4). Sie sind für Bockkäfer relativ kurz, erreichen nicht die Hälfte der Flügeldecken.

Der Halsschild ist etwas breiter als der Kopf und schmaler als die Flügeldecken. Er ist in der Mitte am breitesten und seitlich gleichmäßig gerundet. Er ist beim Männchen weniger grob punktiert als beim Weibchen. Bei diesem sind die Punkte voneinander durch etwas erhöhte Zwischenräume getrennt, so dass eine netzartige Struktur entsteht. Der Halsschild ist matter als die Flügeldecken, aber glänzender als der Halsschild von Clytus lama. Er ist am Hinterrand gelb gesäumt, der Saum ist jedoch in der Mitte meist unterbrochen. Gewöhnlich ist auch der Vorderrand mehr oder weniger schwach gelb gerandet. Der ganze Halsschild und die Basis der Flügeldecken sind lang abstehend behaart (Abb. 1).

Auch das dreieckige Schildchen ist dicht gelb behaart.

Die Flügeldecken sind nicht wie bei den anderen oben erwähnten Clytus-Arten dicht, sondern nur dünn punktiert. Hinter der Basis sind die Punkte oft weiter voneinander entfernt als der Punktdurchmesser (Abb. 2 rechts). Die Flügeldecken sind etwa dreimal so lang wie zusammen breit, an der Schulter am breitesten und am Ende einzeln abgerundet, nicht abgestutzt. Die Zeichnung der Flügeldecken (Abb. 3) besteht aus einer tropfenförmigen Makel nahe der Schulter und drei schmalen Binden in trübgelber bis kräftig gelber Farbe. Im typischen Fall verläuft der Schulterfleck schräg nach innen und hinten und wird dabei schmaler. Er kann jedoch auch fehlen.[13] Die vorderste Binde ist halbmondförmig und zieht sich innen bis fast zum Schildchen nach vorn. Die mittlere ist schwach nach vorn gewendet und die hintere begrenzt die Flügeldeckenspitze. Eine nahezu identische Zeichnung der Flügeldecken haben auch der Nadelholz-Widderbock Clytus lama, Xylotrechus antilope und Xylotrechus arvicola.

Die Unterseite ist schwarz. Die Hinterleibsabschnitte sind durch gelblich weiße Querbinden voneinander abgesetzt. Auch Teile der Mittel- und Hinterbrust sind durch die Behaarung gelblich weiß, insbesondere ist das Episternum der Hinterbrust (Abb. 5 rot Nr. 2) nahezu über die ganze Länge gelblich behaart, bei Clytus lama beschränkt sich die Behaarung auf den hinteren Teil des Episternums.[10]

Die kräftig ausgebildeten langen Beine sind braun, nur die Schenkel in der Regel dunkler. Das vierte Tarsenglied ist zum Ansatz des fünften Gliedes reduziert (pseudotetramer).[14][4][15][16]

Clytus rhamni rhamni, Cl. rhamni temesiensis und Cl. rhamni bellieri unterscheiden sich nur wenig in Größe, Färbung und Verbreitungsschwerpunkt. In der Türkei kommt nur Cl. rhamni temesiensis vor[17]. Ein optische Gegenüberstellung der drei Formen findet sich auf der tschechischen Seite von M. E. F. Sláma.[18]

Biologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Art ist wärmeliebend und kommt in Mitteleuropa an Wärmestellen wie Weinbergen oder Südhängen vor. Man kann den Käfer gleichermaßen an Holz (Holzklaftern, Pfählen oder Reisig von Eichen und Pappeln und andere Laubholzarten), öfter jedoch auf Blüten verschiedener Pflanzengattungen (Kreuzdorn, Hartriegel, Weißdorn, Möhren und andere Doldenblütler) finden. Die in Mitteleuropa seltene Art erscheint hier von Mai bis Juni. Die Larve entwickelt sich in sehr trockenem Totholz verschiedener Sträucher und Bäume (Robinie, Esskastanie, Steinweichsel, Mastixstrauch, Christusdorn, Ulme). Die Larve bohrt nicht wie die meisten Bockkäferarten zwischen Rinde und Holz, sondern frisst sich – zumindest bei Pfählen aus Robinienholz – auf kürzestem Weg ins Holz, welches sie dann der Länge nach ziemlich geradlinig durchbohrt.[19]

Bei Beobachtungen des Käfers bezüglich der Problematik der Mimikry wurde festgestellt, dass die Käfer sehr scheu sind. Bei Annäherung verkriechen sie sich am häufigsten in den Blütenständen, oder sie lassen sich fallen, oder sie fliegen auf.[20]

Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die weit verbreitete Art ist in Südeuropa von Portugal bis Griechenland gemeldet und strahlt vom Süden nach Mitteleuropa ein. Nach Osten erstreckt sich die Art bis in die Krim und den Kaukasus, Armenien, Irak,[21] den nördlichen Iran und bis östlich des Kaspischen Meeres.[1]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Heinz Freude, Karl Wilhelm Harde, Gustav Adolf Lohse (Hrsg.): Die Käfer Mitteleuropas. Band 9: Cerambycidae Chrysomelidae. Spektrum Akademischer Verlag, München 1999, ISBN 3-8274-0683-8, S. 64 (Erstausgabe: Goecke & Evers, Krefeld 1966).
  • Klaus Koch: Die Käfer Mitteleuropas. Hrsg.: Heinz Freude. Band 3: Ökologie. Goecke & Evers, Krefeld 1992, ISBN 3-87263-042-3, S. 34.
  • Adolf Horion: Faunistik der mitteleuropäischen Käfer. Band 12: Cerambycidae – Bockkäfer. Überlingen – Bodensee 1974, S. 129.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Clytus rhamni bei FE, abgerufen am 24. Juli 2018
  2. Schutz in Bayern Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 30. Juli 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/leitfaden.pan-gmbh.com
  3. Einstufung in Thüringen [1]
  4. a b Germar: Reise nach Dalmatien und in das Gebiet von Ragusa Leipzig und Altenburg 1817 S. 225 in der Google-Buchsuche
  5. a b Johann Nepomuk Laicharting: Verzeichnis und Beschreibung der Tyroler-Insecten 1. Teil, 2. Band Zürich 1781 S. 104:88 Clytus
  6. Sigmund Schenkling: Nomenclator coleopterologicus 2. Auflage, Jena 1922
  7. C. Gautier des Cottes: Genre nouveau de Staphilinien et déscription de nouvelles espèces de coléoptères de Syrie et d'Europe in Annales de la Société entomologique de France 4. Serie, 2. Band, Paris 1862 S. 77. Nr. 4 Clytus Bellieri
  8. a b Sigmund Schenkling: Erklärung der wissenschaftlichen Käfernamen (Art)
  9. Germar: Insectorum species - novae aut minus cognitae - descriptonibus illustratae Halle 1824 S. 519, Nr. 694 Callidium (Clytus) temesiense in der Google-Buchsuche
  10. a b F. Picard: Faune de France - 20 - Coléoptères - Cerambycidae Paris 1929 Schlüssel S. 100, Synonyme S. 107
  11. Wissmann: Entomologische Notizen (Fortsetzung) in Entomologische Zeitung 9. Jahrgang, Stettin 1848 S. 78, X.
  12. Herrmann Schaum: Bericht über die Leistungen in der Entomologie während des Jahres 1848 in Archiv für Naturgeschichte Jahrgang 15, 2. Band, Berlin 1849 S. 172
  13. Edmund Reitter: Über vier Coleopteren aus der paläarktischen Fauna in Wiener entomologische Zeitung 23. Jahrgang Wien 1904 S. 82 Nr. 3 Clytus rhamni v. nov. longicollis
  14. Bestimmungstabelle Clytus bei coleo-net, abgerufen am 24. Juli 2018
  15. Mulsant: Tribu des Longicornes (suite) in Annales des sciences physiques et naturelles, d'agriculture et d'industrie Band VII Lyon, Paris 1863 S. 99 Clytus rhamni in der Google-Buchsuche
  16. Ludwig Redtenbacher: Fauna Austriaca – Die Käfer 3. Auflage, 2. Band, Wien 1874 Schlüssel S. 408
  17. Hüseyin Özdikmen: Turkish Red List categories of Longicorn Beetles (Coleoptera: Cerambycidae) part VIII: subfamily Cerambycinae, Anaglyptini and Clytini. in Munis Entomology & Zoology Vol 9, No 2, June 2014: 687-712. PDF.
  18. Galerie mit jeweils mehreren Fotos die drei Unterarten im mittleren Bereich der Seite (Memento des Originals vom 1. August 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/cerambycidae-slama.cz
  19. Mulsant: Larves des coléoptères in Annales de la Société Linnéenne de Lyon Band 23 Lyon, Paris 1877 S. 297 Larve und Puppe von Clytus rhamni in der Google-Buchsuche
  20. A. H. Krausse: Clytus rhamni temesiensis Germ. und Clythanthus sartor F. Müll. - Mimikry? in Zeitschrift für wissensschaftliche Insektenbiologie B.d VI, Heft 8/9, Berlin-Schöneberg1910 S. 304
  21. Hüseyin Özdikmen, Mohammed Anwar Ali: Four genera and species new for the fauna of Iraque .... in Munis Entomology & Zoology Vol 12, No 2, Juni 2017 S. 377

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Clytus rhamni – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien