DM121 (Artilleriegeschoss)

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DM121 (Artilleriegeschoss)


Allgemeine Angaben
Bezeichnung: RH30/DM121/M0121/M1712
Typ: Artilleriegeschoss
Splitter/Spreng
Herkunftsland: Deutschland Deutschland
Sudafrika Südafrika
Hersteller: Rheinmetall, Rheinmetall Denel
Entwicklung: Rheinmetall
Indienststellung: ab ca. 2009
Einsatzzeit: im Dienst
Stückpreis: etwa 3500 €
Technische Daten
Gefechtsgewicht: 42,7 kg (ohne Zünder)[1]
Ladung: 8,8 kg insensitiver Sprengstoff (PBX)
Länge: 783 mm (ohne Zünder)
Durchmesser: 155 mm
Zünder: Verschiedene
Einsatztemperatur:

−46 °C bis +63 °C

Lagertemperatur:

–51 °C bis +71 °C

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Die Artilleriegranate DM121 ist ein Artilleriegeschoss vom Kaliber 155 mm für weiche und halbharte Flächenziele, sowie von Infrastrukturzielen, die von Rheinmetall entwickelt wurde und von der Bundeswehr mit der Panzerhaubitze 2000 genutzt wird. Da es dem Joint Ballistics Memorandum of Understanding (JBMoU) entspricht, kann dieses Geschoss aber auch von allen anderen Artilleriegeschützen des Kalibers 155 mm verschossen werden. Der Geschossmantel wird von Rheinmetall in Unterlüß produziert, die Füllung mit Sprengstoff geschieht bei Eurenko in Sorgues, Frankreich.[2]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die DM121 hat mit der PzH 2000 bei 52 Kaliberlängen eine Reichweite von gut 30 km und wenig Streuung. Auf die maximale Entfernung (30 km) sollen etwa 85 Prozent aller Projektile auf einer Fläche einschlagen, die der Größe eines Fußballfeldes entspricht. Die insensitive Munition hat einen zulässigen Temperaturbereich zwischen −46 °C und +63 °C und lässt sich somit in allen Klimazonen einsetzen. Möglich wird dieses durch den Einsatz des neu entwickelten Sprengstoffs „Rh26“ für die explosive Füllung.[3]

Die verbesserten ballistischen Eigenschaften werden erreicht durch eine verbesserte Aerodynamik und einen Hohlboden, somit handelt es sich um ein reichweitengesteigertes HEER-Geschoss. Bei einem Test konnte die PzH 2000 mit einer neu entwickelten Treibladung mit der DM121 eine Entfernung von 35,9 km erreichen, das entspricht einer Entfernung von 34,1 km auf Meereshöhe.[4] In der Praxis wird die Munition nicht auf die maximale Entfernung verschossen, da in diesem Bereich die Streuung stark zunimmt. Somit ist das Geschoss bis zu einer Entfernung von 30 km einsetzbar.

Der Boden vom Geschoss lässt sich abschrauben und durch einen Glimmsatz ersetzen. Damit wird die DM121 zu einem DM131 Base-Bleed-Geschoss, das geringfügig schwerer ist, und eine etwas niedrigere Mündungsgeschwindigkeit V0 erreicht, aber durch den reduzierten Bodensog eine Reichweite von 40 km erzielen kann. Ein solches Geschoss ist unter dem Namen Assegai 1711 getestet worden und konnte 47,4 km erreichen (44,7 km auf Meereshöhe).[4] Der Nachteil ist jedoch eine größere Streuung.

In das Geschoss können verschiedene Zünder eingeschraubt werden, die nach STANAG vereinheitlicht sind. Im Ziel explodiert das Geschoss und streut Fragmente in einem weiten Umkreis. Die Splitter sind auf kurze Distanz tödlich für Infanterie und durchschlagen Stahlbleche von leicht gepanzerten Fahrzeugen. Schlägt das Geschoss neben einem Panzer ein, kann die Wirkung ausreichen, um die Laufrollen und Ketten zu beschädigen und ihn dadurch zu immobilisieren, oder die Optiken, Kommunikations- und Waffenanlage unbenutzbar zu machen. Ein direkter Treffer trifft einen Panzer aus steilem Winkel von oben, wo die Panzerung schwach ist und führt meistens zu einem Totalausfall. In größerem Abstand können die Splitter immer noch erhebliche, teilweise tödliche Verletzungen hervorrufen oder ungepanzerte Fahrzeuge immobilisieren.

Das Geschoss kann mit einem verzögerten Zünder mehrere Zentimeter Stahlbeton durchschlagen und danach den Sprengstoff kontrolliert umsetzen.

Varianten und Vergleichstypen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die M1712 entspricht der DM121 und wird von Rheinmetall Denel in Südafrika für die niederländische Armee gefertigt, die südafrikanische Bezeichnung ist Assegai M0121A1. Alle Geschosse der Assegai-Reihe von Rheinmetall Denel haben dieselbe Ballistik, Maße und Gewichte unabhängig von ihrer Zusammensetzung.

Ähnliche Eigenschaften wie DM121 hat das Artilleriegeschoss LU 211 von Nexter Arrowtech, die es als Hollow Bore und als Base Bleed Version gibt. Es gibt beide Versionen als insensitive Munition mit einer Füllung von etwa 8,8 kg XF 13333 oder mit einer Füllung von Composition B.[5][6]

Das norwegische Rüstungsunternehmen Nammo vertreibt unter dem Namen NM269 Artilleriegeschosse mit ähnlichem Einsatzprofil, dabei gibt es Füllungen mit unterschiedlichem Sprengstoff, Insensitiver Sprengstoff, Composition B oder TNT und unterschiedlichen Reichweiten entsprechend der Ausführung mit Hollow Bore oder Base Bleed.[7]

Bezeichnung Hersteller/ Vertreiber Land HB/BT BB HE IM Compo-

sition-B

L52 nominale

Reichweite (km)

DM121 (RH30)[6] Rheinmetall DE x x x 30
DM131 (RH40)[8] Rheinmetall DE x x x 40
M1711 Rheinmetall Denel NL x x x 40
M1712 Rheinmetall Denel NL x x x 30
M0121A1 Rheinmetall Denel SA x x x 30
M0121A2 Rheinmetall Denel SA x x x 40
LU 211 IM-HB[5] Nexter Arrowtech F x x x 30
LU 211 IM-BB Nexter Arrowtech F x x x 40
LU 211 B-HB Nexter Arrowtech F x x x 30
LU 211 B-BB Nexter Arrowtech F x x x 40
NM269 IM HE ER BB Nammo N x x x 40
NM269 IM HE ER HB Nammo N x x x 30
NM269 HE ER BB Nammo N x x x 40
NM269 HE ER HB Nammo N x x x 30
HB/BT= Hollow Bore/Boat Tail; BB= Base Bleed; HE= High Explosive; IM= Insensitive Munition

Beschaffung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die DM121 soll bei der Bundeswehr die Vorräte der zuvor gebräuchlichen aber veralteten Artilleriemunition M107 und M795 ersetzen, die seit 2022 in großem Umfang in die Ukraine geliefert wurden. Eine Reservierung aus dem Jahr 2009[9] umfasste 30.000 Stück „zur Regeneration des Verbrauchs und zum Aufbau der durch die NATO vorgegebenen Mindestbevorratung“.[10] Erst im Jahr 2019 wurde dann der Etat für die Beschaffung beschlossen. Die erste Bestellung umfasste 32.000 Stück zum Verkaufspreis von 109 Millionen Euro mit einer Option für weitere 11.000 Stück zum Preis von 37 Millionen Euro.[11] Der Rahmenvertrag sah einen Kauf auf Abruf innerhalb der nächsten fünf Jahre in 8 großen Lieferungen vor. Die erste Lieferung erfolgte 2019.[12] 2023 wurde der bestehende Rahmenvertrag aufgeweitet auf ein Gesamtvolumen von 246 Mio. Euro. Außerdem wurde ein weiterer Rahmenvertrag über die Lieferung mehrerer hunderttausend Geschosse, Zündern und Treibladungsmodulen unterschiedlicher Typen abgeschlossen. Der neue Rahmenvertrag läuft bis ins Jahr 2029 und hat ein potenzielles Auftragsvolumen von rund 1,2 Mrd. Euro.[13]

Die Bundesregierung unterstützte 2024 Rheinmetall beim Neubau einer Munitionsfabrik in Unterlüß durch eine langfristige Abnahmegarantie. Das Werk soll innerhalb von drei Jahren die Kapazität von 200.000 Stück Artilleriemunition im Jahr erreichen.[14] Beim Spatenstich am 12. Februar 2024 waren Olaf Scholz, Mette Frederiksen, Boris Pistorius und Armin Papperger von Rheinmetall anwesend. Im Endausbau soll das Werk im dritten Jahr 100 % der Komponenten entweder selbst herstellen oder aus Deutschland beziehen, sowie im Jahr 1.900 Tonnen RDX-Sprengstoff produzieren.[15] Darüber hinaus hat Rheinmetall auch in anderen Ländern die Produktionskapazitäten erhöht und will neue Werke aufbauen, außerdem eine Produktion in der Ukraine starten.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Rheinmetall/Rheinmetal Denel (Hrsg.): Assegai Projectile Family. (rheinmetall.com [PDF]).
  2. Eurenco's Cast-PBX explosive charge selected for Rheinmetall new DM121 artillery ammunition | Eurosatory 2016 Official News Online Web TV Television Defense Security Exhibition Paris France | Defence security military exhibition 2016 daily news category. 21. Juni 2016, abgerufen am 31. Januar 2024 (britisches Englisch).
  3. Bundeswehr beschafft Artilleriemunition für 63 Millionen Euro. Abgerufen am 28. Januar 2024.
  4. a b Jana Vislocky: No Time To Spare In Fielding Next-Generation Fires Technology. In: Breaking Defense. 25. Januar 2021, abgerufen am 28. Januar 2024 (amerikanisches Englisch).
  5. a b Nexter Arrowtech / KNDS (Hrsg.): Nexter Catalogue, Ammunition 2022/2023. 2023 (knds.fr [PDF]).
  6. a b Rheinmetall Denel Munition part of Dutch ammunition contract | defenceWeb. 10. November 2020, abgerufen am 28. Januar 2024 (en-ZA).
  7. Nammo (Hrsg.): Nammo Ammunition Handbook, Edition 7, June 2023. Juni 2023 (nammo.com [PDF]).
  8. Rh 40 DM 131. Abgerufen am 28. Januar 2024.
  9. Rheinmetall: Bundeswehr-Auftrag über Munition im Wert von 63 MioEUR. 20. April 2009 (pressebox.de [PDF]).
  10. Haushaltsausschuss billigt Upgrade für 101 Leopard 2 - bundeswehr-journal. 27. März 2019, abgerufen am 28. Januar 2024 (englisch).
  11. Tausende Artilleriegeschosse „DM121“ für die Bundeswehr - bundeswehr-journal. 10. April 2019, abgerufen am 26. Januar 2024 (englisch).
  12. Rheinmetall. Abgerufen am 28. Januar 2024.
  13. Munition für die Bundeswehr: Einkauf läuft an – Augen geradeaus! Abgerufen am 28. Januar 2024.
  14. Andreas Niesmann: Warum Rheinmetalls neue Munitionsfabrik den Mangel an Granaten kurzfristig kaum beheben kann. 12. Februar 2024, abgerufen am 27. März 2024.
  15. Rheinmetall baut neue Munitionsfabrik: „Deutsche Souveränität“ in drei Jahren (Nachtrag: Scholz-Rede) – Augen geradeaus! Abgerufen am 27. März 2024.