Deutsche Reichszeitung

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Verlagsgebäude der Deutschen Reichszeitung in Bonn, In der Sürst (um 1910)

Die Deutsche Reichszeitung war eine in Bonn verlegte Tageszeitung, die dem politischen Katholizismus nahestand.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Zeitung und die dazugehörige Druckerei wurden zum 1. Dezember 1871 – mit Unterstützung eines „Komitees zur Gründung eines katholischen Tageblattes“ – von dem Kaufmann und nachmaligen Verleger Peter Hauptmann (1825–1895) als katholische Gegengründung zur nationalliberal ausgerichteten Bonner Zeitung gegründet. Sie verkörperte als erste konfessionell gebundene Tageszeitung in Bonn und darüber hinaus einen neuen Typus.[1] Die Druckerei wurde im vormaligen Wohnhaus des Professors Franz Xaver Dieringer (An der Sürst 5) eingerichtet, das Hauptmann erworben hatte. Ab 1888 wurde der Verlag von seinem Sohn Carl Hauptmann geführt.[2] Die Zeitung war kirchenpolitisch während des Kulturkampfes ein strikt ultramontan ausgerichtetes Blatt, stand der Zentrumspartei nahe und unterstützte folglich publizistisch die Position der katholischen Kirche gegen den preußischen Staat. Die Namensgebung als Reichszeitung erfolgte aus Protest gegen den Vorwurf der Vaterlandslosigkeit.[3] Aufgrund ihrer äußerst kompromisslosen Linie wurden allein in den ersten fünf Jahren ihres Bestehens 19 Prozesse wegen Pressvergehens gegen sie und die Redaktionsmitglieder geführt, die zahlreiche Gefängnisstrafen absitzen mussten.[4] Die Anzahl der Abonnenten stieg von 2100 (davon 1000 in Bonn) im Jahre 1872 auf rund 7000 im Jahre 1880 an. Auch nach dem Ende des Kulturkampfes blieb sie ein einflussreiches Blatt des politischen Katholizismus, büßte aber zeitweise erheblich an überregionaler Bedeutung und Verbreitung ein.[5] 1906 wurde sie mit dem Bonner Stadtanzeiger und der Bonner Volkszeitung vereinigt und zählte nunmehr 29.000 Abonnenten.[6] Nach der Novemberrevolution unterstützte die Zeitung die Idee eines rheinischen Staates.[7] Anfang 1919 wurde sie als offizielles Organ von der Zentrumspartei übernommen; nach 1921 wurde sie vom vormaligen Geschäftsführer des Hauptmann'schen Zeitungsverlags Johann Tinner (1867–1932) und ab dem 1. Oktober 1927 von Heinrich Köllen (* 1885), einem Zeitungsverleger aus Duisburg-Ruhrort, verlegt.[8]

Titel und Ausgaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sie erschien mit folgenden Titeln:

  • Deutsche Reichszeitung
  • Bonner Volkszeitung
  • Beueler Stadtanzeiger
  • Bonner Stadtanzeiger[9]

Erscheinungsverläufe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Deutsche Reichszeitung. Anfangs: Deutsche Reichs-Zeitung (täglich, dann werktäglich; mit ungezählten Beilagen: Sonntagsblatt, illustrirtes Sonntagsblatt), Erscheinungsverlauf: Probenummer 1871, 17. Dezember; dann 1. Jahrgang 1872, Nr. 1 (1. Januar 1872) bis 63. Jahrgang 1934, Nr. 225 (29. September 1934). ZDB-ID 1122633-x

Zwischenzeitliche Titeländerung der Zeitung in:

  • Bonner Volkszeitung. (täglich), Erscheinungsverlauf: 1. Jahrgang 1882, Nr. 123 (3. August 1882) bis 25. Jahrgang 1906, Nr. 27 (22. Januar 1906). (Online) ZDB-ID 1314250-1

Fortgeführt wurde sie unter dem Zeitungstitel:

  • Mittelrheinische Landes-Zeitung. (täglich, außer Sonn- und Feiertags), Erscheinungsverlauf: 63. Jahrgang 1934, Nr. 226 (1. Oktober 1934) bis 71. Jahrgang 1941, Nr. 126 (31. Mai/1. Juni 1941). ZDB-ID 1122639-0

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Toni Feldenkirchen: Die Bonner Deutsche Reichszeitung im Kulturkampf. Ein Beitrag zur preußisch-deutschen Geschichte im 19. Jahrhundert. Köln 1960. (Zugleich: München, Philosophische Fakultät, Dissertation vom 31. August 1960).
  • Otto Wenig: Buchdruck und Buchhandel in Bonn. Ludwig Röhrscheid Verlag, Bonn 1968, S. 220–232, 412–416.
  • Angela Berlis: Priesteramt, Zölibat und Sexualität. Der Prozess Joseph Hubert Reinkens gegen die Deutsche Reichszeitung im Jahr 1874. In: Bonner Geschichtsblätter 57/58 (2008), S. 257–275. ISSN 0068-0052.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Otto Wenig: Buchdruck und Buchhandel in Bonn. Ludwig Röhrscheid Verlag, Bonn 1968, S. 226.
  2. Otto Wenig: Buchdruck und Buchhandel in Bonn. Ludwig Röhrscheid Verlag, Bonn 1968, S. 220, 221, 228.
  3. Paul Cologne: Das Frankreichbild der deutschen Katholiken im Kaiserreich (1870–1914). In: Religiöse Prägung und politische Orientierung in der Neuzeit. Köln 2006, S. 309.
  4. Otto Wenig: Buchdruck und Buchhandel in Bonn. Ludwig Röhrscheid Verlag, Bonn 1968, S. 226.
  5. Otto Wenig: Buchdruck und Buchhandel in Bonn. Ludwig Röhrscheid Verlag, Bonn 1968, S. 222.
  6. Otto Wenig: Buchdruck und Buchhandel in Bonn. Ludwig Röhrscheid Verlag, Bonn 1968, S. 227.
  7. Martin Schlemmer: Los von Berlin. Die Rheinstaatsbestrebungen nach dem Ersten Weltkrieg. Köln u. a. 2007, S. 278.
  8. Otto Wenig: Buchdruck und Buchhandel in Bonn. Ludwig Röhrscheid Verlag, Bonn 1968, S. 413–415.
  9. Digitalisat Bonner Volkszeitung@1@2Vorlage:Toter Link/s2w.hbz-nrw.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Dezember 2023. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., Universitäts- und Landesbibliothek Bonn.