Die Frau am Strand

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Film
Titel Die Frau am Strand
Originaltitel The Woman on the Beach
Produktionsland USA
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1947
Länge 71 Minuten
Stab
Regie Jean Renoir
Drehbuch Frank Davis
Jean Renoir
Produktion Will Price (Associate Producer)
Musik Hanns Eisler
Kamera Jean Renoir
Harry J. Wild (als Harry Wild)
Schnitt Lyle Boyer
Roland Gross
Besetzung

Die Frau am Strand (Originaltitel: The Woman on the Beach) ist ein in Schwarzweiß gedrehtes US-amerikanisches Filmdrama und ein Film noir von Jean Renoir aus dem Jahre 1947. Er entstand nach dem Roman None So Blind von Mitchell Wilson.

Handlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Scott Burnett, Leutnant im Dienst der Küstenwache, ist seit dem Untergang des Schiffes, auf dem er während des Krieges diente, traumatisiert. Bei einem Ausritt am Strand begegnet er der mysteriösen Peggy Butler, die sich regelmäßig zu einem Schiffswrack am Strand zurückzieht, um allein zu sein. Ihr Mann, der einst erfolgreiche Maler Tod Butler, mit dem sie eine Hassliebe verbindet, ist erblindet. Scott verfällt Peggy und löst seine Verlobung mit Eve auf. Später erfährt er, dass Peggy Tod während einer ihrer vielen Auseinandersetzungen verletzte und so seine Erblindung verschuldete. Bald ist Scott besessen von dem Gedanken, Peggy aus ihrer in seinen Augen unglücklichen Beziehung herauszureißen. Überzeugt, dass Tod seine Erblindung nur vortäuscht, dirigiert Scott ihn vorsätzlich zu den Klippen am Strand. Tod stürzt hinunter, überlebt aber und ist sogar bereit, Scott zu verzeihen. Scott und Peggy setzen ihre Affäre fort. Während eines Sturms nimmt Scott Tod zu einer Bootsfahrt mit und schlägt auf hoher See das Boot leck, um Tod zu zwingen, Peggy freizugeben. Die Küstenwache rettet die beiden Männer aus ihrer lebensgefährlichen Lage. Tod zündet seine früher geschaffenen Gemälde an, mit deren Verkauf Peggy ihre finanzielle Zukunft abzusichern hoffte. Peggy entscheidet sich dennoch für ihren Ehemann und verlässt gemeinsam mit ihm den Schauplatz. Scott geht allein davon.[1]

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptdarstellerin Joan Bennett machte Renoir auf den Stoff aufmerksam, den zunächst Val Lewton für RKO Pictures produzieren sollte, dieser wandte sich aber anderen Projekten zu. Jack J. Gross fungierte als Executive Producer, Will Price als Associate Producer. Renoir, der „praktisch zum eigenen Produzent wurde“ und volle künstlerische Freiheit beim Drehen genoss, faszinierte die „Liebesgeschichte, deren Protagonisten sich rein körperlich zueinander hingezogen fühlten, ohne dass sich Gefühle hineinmischten“.[2][3] Nach katastrophalen Previews entschied der Regisseur, den Film um rund ein Drittel zu kürzen und Szenen neu zu drehen. Diese betrafen vor allem Szenen zwischen Bennett und Robert Ryan. Das Ergebnis war „ein Film, der seinen Daseinszweck verloren hatte. […] Ich hatte mich zu sehr von den Previews beeinflussen lassen […] Ich war dem Publikumsgeschmack zu weit voraus gewesen.“ (Renoir)[2] Die Frau am Strand war Renoirs letzter amerikanischer Film.

Die Frau am Strand wurde im Juni 1947 in den USA uraufgeführt und war ein finanzieller Misserfolg.[4][5] In Deutschland lief der Film nicht in den Kinos, sondern wurde am 7. Juni 1969 erstmals im Fernsehen gezeigt.[6]

Die Zugehörigkeit des Films zum Film-noir-Kanon ist umstritten. Die Filmhistoriker Alain Silver und Elizabeth Ward sowie James Naremore führen ihn nicht in ihren Studien zum Film noir. Dagegen fand er Aufnahme in den Büchern von Foster Hirsch, Geoff Mayer und Andrew Spicer.[7]

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Frau am Strand wurde bei Filmstart wie auch in späteren Jahren gemischt aufgenommen. Variety sprach von einem „weiteren originellen Produkt der beeindruckenden Vorstellungskraft Jean Renoirs“, dessen kommerzielles Potenzial jedoch aufgrund seiner „verstörenden Andersartigkeit“ begrenzt sein und ein „Tohuwabohu kollidierender Kritikermeinungen“ auslösen dürfte.[8] Der New York Herald Tribune kritisierte den Film als „schwülstiges Drama“, das das Publikum verwirre.[9]

Während Tom Milne vom Time Out Film Guide rückblickend die „großartigen darstellerischen Leistungen“ und „wunderbare Verwendung von endzeitartigen Kulissen“ lobte,[10] entdeckte Leonard Maltin lediglich ein „überhitztes Melodram“ voller „lachhafter Dialoge und Vorschlaghammer-Musik“.[11] Das Lexikon des internationalen Films sah den Film in seiner gekürzten Endfassung „zu einer aufdringlichen Kolportage verstümmelt“.[6]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Mitchell Wilson: None So Blind. Simon and Schuster, New York 1945

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Raymond Durgnat deutet in seiner Renoir-Biografie das Ende positiv: Das Ehepaar bleibt zusammen, Scott kehrt zu Eve zurück. Dem widerspricht Colin Davis: Ob Peggys und Tods Ehe halten wird, bleibt offen, und Scott wirkt in den letzten Einstellungen wie ein Geist, der sich nicht von den Toten lösen kann, die ihn in seinen Träumen heimsuchen. „Das befreiende Feuer am Ende des Films erinnert zu sehr an die Flammen in Scotts Alptraum […] es ist unklar, ob die Flamme die Möglichkeit eines überwundenen Traumas bedeutet oder dessen endlose Fortsetzung in eine Zukunft, die nur die Vergangenheit wiederholt.“ (Colin Davis) Vgl. Raymond Durgnat: Jean Renoir. University of California Press, Berkeley/Los Angeles 1974, S. 261–268; Colin Davis: Postwar Renoir. Film and the Memory of Violence. Routledge, New York/London 2012, S. 149.
  2. a b Raymond Durgnat: Jean Renoir. 1974, S. 261–268.
  3. Bert Cardullo: Jean Renoir. University Press of Mississippi, 2005, S. 24–27.
  4. Am 2. Juni laut Internet Movie Database, am 7. Juni laut Turner Classic Movies, am 8. Juni laut Colin Davis: Postwar Renoir. Film and the Memory of Violence. 2012, S. 149.
  5. Franklin Jarlett: Robert Ryan: A Biography and Critical Filmography. McFarland & Co., Jefferson (NC) 1990, S. 23.
  6. a b Die Frau am Strand im Lexikon des internationalen Films.
  7. Vgl. Foster Hirsch: The Dark Side of the Screen: Film Noir. Da Capo Press, New York 2001, ISBN 0-306-81039-5, S. 114; Geoff Mayer, Brian McDonnell: Encyclopedia of Film Noir. Greenwood Press, Westport 2007, S. 85 ff.; Andrew Spicer: Historical Dictionary of Film Noir. Scarecrow Press/Rowman & Littlefield, Lanham (Maryland) 2010, S. 407 ff.
  8. „Another original creation from the striking imagination of Jean Renoir. […] Its box-office merits may be limited by its disturbing strangeness, but it is a tour de force bound to provoke a hubbub of critical controversy.“ – Zitiert nach: Franklin Jarlett: Robert Ryan: A Biography and Critical Filmography. McFarland & Co., Jefferson (NC) 1990, S. 24.
  9. „There’s a line midway in this turgid drama of hard-breathing passion on the Maine coast, where a character demands, “What are we doing here?” That question will find a resentful echo among many a puzzled audience.“ – Zitiert nach: Franklin Jarlett: Robert Ryan: A Biography and Critical Filmography. 1990, S. 24.
  10. „A film noir in mood, with terrific performances, wonderful use made of the dead-end settings […] Fragments, maybe, but remarkable all the same.“ – Time Out Film Guide, Seventh Edition 1999. Penguin, London 1998, S. 1015.
  11. „Overheated melodrama […] Loaded with laughable dialogue and sledgehammer music cues; easy to see why this was Renoir's American swan song.“ – Leonard Maltin's 2008 Movie Guide. Signet/New American Library, New York 2007, S. 1545.