Die Iden des März

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Die Iden des März[1] (The Ides of March) ist ein Roman von Thornton Wilder aus dem Jahr 1948 und handelt von den Ereignissen, die zum Mord am römischen Feldherrn und Diktator Julius Caesar führten; er beginnt im August 45 v. Chr. und endet mit dem Attentat vom 15. März 44 v. Chr.,[2] an den Iden des März.

Der Roman ist ein Mosaik aus mehr als 70 erfundenen historischen Quellen, aus Briefen (öffentlichen, privaten, anonymen, geheimen, heimlich geöffneten), Berichten von Spitzeln, Inschriften in öffentlichen Bedürfnisanstalten und Auszügen aus der röm. Literatur. Die Gedichte des Catull und der Epilog des Sueton sind die einzigen Textteile, die nicht der Phantasie des Autors entstammen. Gleichwohl sind zahlreiche beschriebene Ereignisse historisch (u. a. Kleopatras Besuch in Rom).

Weil der historische Rahmen nur in Ausschnitten beschrieben wird, ohne auch nur einmal die Interieurs, das Wetter, das Erscheinungsbild der Personen, ihre Gestik oder Mimik zu beschreiben, ist das Werk eine Art Gedanken-Roman: lebhaft, witzig, überraschend und fesselnd.

Historische Authentizität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ermordung Caesars (Karl Theodor von Piloty, 1865)

Der Roman ist in den Worten des Autors eine „Fantasie über bestimmte Ereignisse und Personen der letzten Tage der römischen Republik ... Eine historische Rekonstruktion ist nicht das primäre Ziel dieses Werkes.“[3]

Wilder erzählt die Geschehnisse in Form einer Sammlung von offiziellen Dokumenten, persönlichen Tagebucheinträgen und Briefen der am Geschehen beteiligten Personen. Mit Ausnahme einiger Gedichte Catulls, die im lateinischen Original oder in Übersetzung wiedergegeben werden, und dem letzten Abschnitt, der Beschreibung von Caesars Ermordung aus Suetons Kaiserviten, sind alle Dokumente von Wilder erfunden. Zeitlich frühere Ereignisse verlegt er in den März 44 v. Chr.: Der Skandal um die Entweihung der Mysterienspiele der Bona Dea durch Publius Clodius Pulcher und die nachfolgende Scheidung Caesars von seiner zweiten Frau Pompeia ereigneten sich 62/61 v. Chr. Mehrere im Roman erscheinende historische Figuren waren 44 v. Chr. bereits verstorben, so Cato d. J. († 46 v. Chr.), Julia Marcia († 68/69 v. Chr.), Publius Clodius Pulcher († 52 v. Chr.) und Catull († ca. 54 v. Chr.)

Erzählweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Mosaiktechnik hat das übergreifende Thema durch die Zerlegung in Figuren-Perspektiven und nach Subthemen auseinander gefaltet. Das mehrfache Durchlaufen führt zu verschiedenen Annäherungen an Einzelereignisse oder Fixpunkte unter jeweils neuen Vorzeichen und einem Wiederbegegnung in einer neuen Perspektive. So gelingt eine schrittweise Einführung in das Beziehungsgeflecht, wobei sich oft die Wertungen der Personen oder Ereignisse in den angegebenen und erfundenen Quellen nicht decken oder sich widersprechen. Der Erzähler tritt hinter die Figuren zurück und die personale Erzählsituation relativiert die Faktizität der Ereignisse.

Der Roman ist in vier Bücher gegliedert, von denen jedes früher anfängt und später endet als das jeweils vorangegangene, ein Konzept der schrittweisen Ergänzung von Rahmeninformationen, das nicht nur durch personales Erzählen, sondern auch durch die Struktur die Unsicherheit der nachträglichen Rekonstruktion verdeutlicht.

Die vier Zeitläufte lassen vier Themenbereiche anklingen und – cum grano salis – sich nach vorn und nach hinten ausdehnen. Hier die Datierungen und Stichworte:

1. Buch: 1. 9.45 – 30.9.45: Einladung und Durchführung eines Gastmahls, die damit verbundenen Erwartungen und Intrigen der politischen Gesellschaft, 1. Anschlag auf Caesar

2. Buch: 17.8.45 – 27.10.45: Ankunft Kleopatras in Rom und ihre Einquartierung in einer kaiserlichen Villa, die komplizierte Liebe zwischen Caesar und Kleopatra

3. Buch: 9.8.45 – 13.12.45: Entweihung des vestalischen Fruchtbarkeitskultes durch einen verkleideten Mann

4. Buch: 8.8.45 – 15.3.44, Beobachtung und Reflexion verschiedener Verschwörungen durch Caesar, seine Philosophie der Macht, seine Vorahnungen des Todes und das Problem der Vergänglichkeit.

Thematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Obgleich durch die Mosaiktechnik „abstrakt“, sind die Themen der Quellen sehr lebensnah: Ehe, Einsamkeit des Politikers, kleine und große Intrigen, grundsätzliche Fragen der Existenz – in kürzeren Einschüben schon philosophisch anmutend:

  • Einsamkeit, Verantwortung, Lüge, Wahrheitsähnlichkeit und Heuchelei in der Politik[4]
  • Glaube und Aberglaube[5]
  • Göttlicher Plan, Planlosigkeit des Weltalls und Sinn des Lebens[6]
  • Politische Freiheit und Verantwortung des Gestaltens[7]
  • Rolle der Poesie als Versüßen des bitteren Lebens[8]
  • Spröde Härte der Welt gegenüber den menschlichen Zielen[9]

Ausgaben und Auflagen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Originalausgabe erschien 1948 beim Verlag Harper & Brothers in New York.

Auf Deutsch erschien der Roman zum ersten Mal 1949 in der Übersetzung von Herberth E. Herlitschka im Suhrkamp Verlag. Noch im selben Jahr wurde die erste Auflage von 10.000 Exemplaren abverkauft und eine weitere in gleicher Höhe gedruckt.

Eine Taschenbuchausgabe erschien etwas später im S. Fischer Verlag und verkaufte sich bis 1960 rund 40.000 Mal.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Thornton Wilder: Die Iden des März. Aus dem Amerikanischen von Herbert E. Herlitschka. Fischer Taschenbuch, Frankfurt a. M. 1994, ISBN 3-596-11976-6, S. 301.
  2. Der römische Kalender zählte zur Zeit Caesars die Jahre ab urbe condita aufaddierend, so dass der für uns verwirrende Jahressprung 45 -> 44 kein Problem war.
  3. zit. nach: Aufklärung - Konstitutionalismus - Atlantische Welt. Festschrift für Horst Dippel, Kassel 2009, S. 255
  4. Wilder, Iden des März, S. 48 ff., 73.
  5. Wilder, Iden des März, S. 52 f.
  6. Wilder, Iden des März, S. 62, 284 ff.
  7. Wilder, Iden des März, S. 291 f.
  8. Wilder, Iden des März, S. 102.
  9. Wilder, Iden des März, S. 62, 76, 103f, 133, 226, 267, 184 ff.