Diskussion:Alt-Wiener Volkstheater

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Pickelhering[Quelltext bearbeiten]

Hallo! Ich wollte den Autor oder irgendwen, der sich hier auskennt nur fragen, ob Sie sich sicher sind, dass (im Artikel "Alt-Wiener Volkstheater" unter "Hanswurst" im zweiten Absatz) der "Pickelhering" wirklich aus England ist und nicht der "Pickelhärring" aus Holland, wie es im Deutschheft meiner Mutter verewigt ist. Eine weiter Anregung dazu: In Frankreich war "Jean Polage" und in England der "Clown". In Italien war neben "Arlecchino" auch "Bajazzo". LG, Henrik

"Pickelhering" ist die Bezeichnung für die lustige Figur der englischen Komödiantentruppen, die im 17. Jahrhundert Deutschland bereisten. Pickel im Hering ist als Pökel zu lesen, also eingesalzener Fisch. Wie die Wurst in Hanswurst oder auch die Suppe in Jean Potage bezieht sich der Name auf die Nahrung des einfachen Volkes, aus dem der Narr stets stammt. Hanswurst war die derb-komische Figur des Volkstheaters und der Wanderbühnen. Nach dem Vorbild von Harlekin und Pickelhering schuf Stranitzky um 1710 die Figur des "Wienerischen Hans Wurst". Gefräßigkeit und eine immer rege Lachlust mögen Veranlassung zu den verschiedenen Namen gegeben haben, daher diese den Lieblingsgerichten der niedern Volksklassen der verschiedenen Nationen entlehnt sind. Der Hanswurst heisst in anderen Ländern:
  • In Ungarn Paprika Jancsi (Paprika-Hans)
  • In den Niederlanden Pickelhering oder Jan Khassen
  • In Italien Maccaroni oder Punchinella?
  • In Frankreich Jean Potage
  • In England Jack Pudding oder Punch
  • in Rußland Petruschka
  • in Usbekistan Paivan Katschal
  • in Brasilien Joao Redondo
  • in Spanien Don Christobal oder Polichinela
  • in Rumänien Vasilache
  • in Indien Vidushaka
  • auf Java Semar
  • in Tschechien Kasparek
  • in der Schweiz Hans Joggli

--Algebraa 18:19, 25. Mär. 2007 (CEST)[Beantworten]

Alt-Wiener Volkstheater: Ein anachronistischer Artikel[Quelltext bearbeiten]

Der Artikel zum Alt-Wiener Volkstheater gibt mit heutigen Denkweisen unvereinbare Auffassungen wieder. Grundsätzlich ist es fragwürdig, ein "Alt-Wiener Volkstheater" als abgrenzbare Einheit zu vertreten, ist das, was unter dem Begriff zusammengefasst wird, doch zum einen höchst homogen, zum anderen nicht auf Wien beschränkt sondern aufs Lebhafteste mit vielfachen europäischen Theatertraditionen der Frühen Neuzeit und des 19. Jahrhunderts verbunden. Zweifellos ist Wien jedoch eines der europäischen Zentren der Berufstheaterkunst in der Frühen Neuzeit und im 19. Jahrhundert. Zweifellos verdient es daher gesonderte Betrachtung.

Rommels Standard-Werk "Die Alt-Wiener Volkskomödie", das den Begriff nach meinem Wissen ?, begründet, geht von der merkwürdig biologistischen Vorstellung aus, dass im Volk (demjenigen Wiens) ein bestimmtes Theater als Teil seiner Natur angelegt sei. Das Berufstheater strebe nach dieser Natur bzw. nach seiner eigenen Natur, die bei Rommel ähnlich wie jene des Wiener "Volkes" national, regional oder -nicht auszuschließen - sogar durch Rasse bestimmt erscheint .

Dies mag sich verwunderlich lesen. Rommel liefert in seinem Werk auch keinen Theoriebeitrag, der explizit die Voraussetzungen der ätiologischen Entwicklungsgeschichte, die er ausgesprochen umfangreich anlegt, darlegen würde. Vermutlich ist das kein Zufall. Diese biologistische Denkweise, die Annahme von Naturkräften, die in der Geschichte des Berufstheaters wirken würden, erschließen sich vielmehr aus den Formulierungen Rommels und aus dem Aufbau seines Werks. Deutlich wird sie aber allein schon anhand der Einleitung zum ersten Teil des Werkes "Literaturdrama und Spielstück". Dort schließt Rommel an Friedrich Schlögel folgendermaßen an: "Theater, echtes Theater, kann eigentlich nicht 'gegründet' werden, es kann nur aus volksorganischen Voraussetzungen heraus natürlich erwachsen." (S.16) Dieser kurze Satz, 1952 noch möglich und zur einen Hälfte immer noch gültig, bringt Rommels Verknüpfung von biologistischem und nationalistischem Geschichtsdenken auf den Punkt. Entsprechende Entwicklungsfiguren, ätiologische Deutungen von historischen Fakten und Quellen, findet man in seiner Geschichtsdarstellung dann auch allenorts. Die organische Entwicklung des Wesens "Alt-Wiener Volkskomödie" ist, ganz grob gesagt, der Gegenstand des gleichnamigen Buches.

Dass eine solche, noch dazu implizite, theoretische Fundierung und die mit ihr einher gehende Darstellungsweise der Theatergeschite Wiens vom 17. Jahrhundert bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts heutigen Ansprüchen nicht genügen kann, liegt auf der Hand.

Der vorliegende Artikel zum "Alt-Wiener Volkstheater" stützt sich merklich noch auf eine biologistische Entwicklungsgeschichte vom Zuschnitt des Standardwerks Rommels. So wird von einem entwicklungsmäßigen Fluchtpunkt "Biedermeier-Komödie" (Nestroy, Raimund) aus der Blick rückwärts auf frühere Theaterformen geworfen, um darin die Vorannahme eines entwicklungsmäßigen Höhepunkts um die 48er Revolution herum zu bestätigen. Wer sich mit Hilfe des Artikels informieren möchte, ist so einem Zirkelschluss aufgesessen und muss sich mit oberflächlichen, das Wesentliche nicht treffenden Angaben zur "Vorgeschichte" der "eigentlichen" "Alt-Wiener Volkskomödie" zufrieden geben. Letzteres betrifft vor allem die Abschnitte zum Berufstheater bis um 1800. Die wiedergegebene Interpretation Hanswursts als Typ aus dem "Volk" steht nicht nur auf tönernen Füßen, sondern infolge von Rommels Biologismus auch in einem unangenehmen Zwielicht.

Allerdings muss man dem Artikel eine ausgesprochen beklagenswerte Situation in der Theaterhistoriographie zugute Halten. Es gibt noch immer keinen (brauchbaren) Ersatz für Rommels Überschau zur Wiener Theatergeschite auf Höhe unserer Zeit, der Voraussetzung einer trivialisierenden Darstellung, wie sie eine Enzyklopädie liefern kann, wäre. Grund ist, dass in Zeiten (post-)postdramatischen Theaters die Verfechter einer neuen Theaterhistoriographie, die sich zum Ziel macht, dem traditionellen Modell einer Theatergeschite als Nationalgeschichte erfolgreicher Kultivierung eigene Geschichtsdeutungen kulturwissenschaftlicher und historisch-anthropologischer Facon entgegenzusetzen, im wissenschaftlichen Diskurs bedauerlicherweise recht isoliert dastehen. Dabei gab es Ansätze, die überkommenen historiographischen Denkfiguren zu überwinden, schon in den Siebzigerjahren, und in dieser Hinsicht erfolgreiche Studien mehren sich, wenn auch langsam. Doch es scheint, als sei im Theatergeschichts-Diskurs die Angst vor einem Loch im Geschichts-Fresko insgesamt größer als der Drang, hohl gewordene Stellen abzuklopfen und die ungedeckten Stücke abzutragen, um sie durch neu Fundierte zu ersetzen.

Das Konzept "Alt-Wiener Volkstheater" erscheint mir aufgrund seiner Hintregründe als obsolet. Es bringt untragbare AUswirkungen auf das Geschichtsbild mit sich und ist von seiner theoretischen Fundierung her heute nicht mehr vertretbar. Der Artikel "Alt-Wiener Volkstheater" erscheint mir daher ebenfalls nicht mehr vertretbar. Das Brauchbare daran wäre in Einzelartikeln zu theatergeschichtlichen Epochen im deutschsprachigen Raum und in einem bzw. mehreren, epochemäßig gestaffelten Artikeln zum Berufstheater in Wien ohnehin sehr gut aufgehoben. Vielleicht gibt es ja schon den einen oder anderen solchen Wikipedia-Artikel.

J F, IP-Adresse s.u.


Quellenangabe:

Rommel, Otto: Die Alt-Wiener Volkskomödie. Ihre Geschichte vom Barocken Welt-Theater bis zum Tode Nestroys. Wien 1952

Als Beispiele der bezeichneten neuen Theatergeschitsschreibung seien pauschal die Arbeiten von Rudolf Münz seit Ende der Siebzigerjahre, die Arbeiten, Gerda Baumbachs und Stefan Hulfelds genannt. (nicht signierter Beitrag von 77.23.253.255 (Diskussion | Beiträge) 23:38, 14. Dez. 2009 (CET)) [Beantworten]