Diskussion:Antikenfestspiele

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DIE GESCHICHTE DER ANTIKENFESTSPIELE

2007 ist das Jahr der 10. Antikenfestspiele in Trier. Anlass zum Rückblick und Versuch der Bilanz einer aussergewöhnlichen Idee.

Die Antikenfestspiele sind untrennbar mit der Intendanz von Heinz Lukas-Kindermann verbunden, der 1995 die Leitung des Trierer Theaters übernahm. Kindermann war ein erfahrener Theatermann, der nicht nur vorher schon an so renomierten Bühnen wie Kiel, Braunschweig, Nürnberg und Dortmund als Oberspielleiter und Operndirektor gewirkt hatte, sondern auch über weitreichende Beziehungen zu namhaften Künstlern verfügte. Er begeisterte sich gleich für die Idee zur Ausrichtung von Freilichtspielen vor den wunderbaren Ruinenkulissen der römischen Bauwerke und ließ auch von Anfang seiner Intendanztätigkeit an Taten folgen. Dabei war er sich dessen bewusst, daß die neuen Trierer Festspiele etwas ganz Besonderes und Einmaliges sein mussten, falls sie überhaupt von Bestand und Dauer sein würden. Dafür gab es einfach zuviel Konkurrenz: "Vogelhändler" oder "Zigeunerbaron" in den Kaiserthermen kam für ihn überhaupt nicht in Betracht! Seiner Vision nach boten sich die römischen Bauwerke geradezu römisch/antiken Theaterthemen an!- Und damit war auch schon der Name geboren: "ANTIKENFESTSPIELE"! Doch bevor die hochfliegenden Pläne hierzu verwirklicht werden konnten, mussten noch manche Hürden überwunden werden, die man im Rückblick leicht unterschätzen kann: Ablehnung und Zweifel, Probleme mit der Finanzierung und kleinmütiges Denken von verantwortlicher Seite. Dazu kam noch, dass verschiedene erste Freilichtspielversuche in den Kaiserthermen, dem Post-Innenhof und im Kirchenraum von St. Maximin vom Publikum schlecht angenommen bzw. nicht gut besucht waren. Unterstützt wurden die "Antiken"-Pläne Kindermanns jedoch gleich von Anfang an von Trierer Persönlichkeiten wie Manfred Helbach, Rainer Zahnhausen, Dieter Mühlenhoff u.a., die mit der Gründung des "Fördervereins Antikenfestspiele" im November 1996 einen entscheidenden Beitrag zum weiteren Gelingen beitrugen und die notwendige Grundlage mit der Sammlung von Fördergeldern schufen. Durch die Errichtung einer sogenannten "Antiken-Festspiel-GmbH" und entsprechende finanzielle Zusagen von Sponsoren, Fördermittel des Landes Rheinland-Pfalz und der Stadt Trier, wurde dann die Basis geschaffen. Am 28. Juni 1998 war es dann soweit: Die Festspiele konnten nach langer Vorbereitungszeit im Amphitheater mit der Plautus-Komödie "Der Maulheld" (Regie: Karl Welunschek) in Anwesenheit von zahlreichen Honorationen des In- und Auslandes eröffnet werden. Wie der Intendant später erklärte, war "Der Maulheld" als Komödie ein gewünschter heiterer Auftakt. "Ansonsten hatten wir ja ganz bewusst einen sehr ernst zu nehmenden Opernstart mit der Tragödie "Elektra" in Weltklassebesetzung" (am 1. Juli 1998 in den Kaiserthermen). Inszeniert von Heinz Lukas-Kindermann sangen in dieser Richard-Strauss-Oper so hoch karätige Künstler wie Hildegard Behrends in der Titelrolle, Anja Silja als Klytämnestra und Franz Grundheber als Orest. Einen nicht unerheblichen Anteil an dem Erfolg hatte auch das "Orchestre Philharmonique du Luxembourg" unter der Leitung von Siegfried Köhler. Die Aufführung wurde "ein triumphaler Start und einhelliger Erfolg", wie in überregionalen Zeitungen zu lesen war. Kindermann hatte zum Auftakt alle römischen Schauplätze der Stadt Trier mobilisiert; so konnte man noch vor der Porta Nigra die Richard-Strauss-Komödie "Des Esels Schatten" (mit Sir Peter Ustinov als Erzähler) und in den Kaiserthermen "Der Sturm der Elektra" von Gertrud Eysold und Hugo von Hofmannsthal als Lesung mit Cornelia Froboes und Hellmuth Matiasek erleben. Ein "Antikensymposium", veranstaltet von der "Europäischen Akademie für Bildende Kunst" schloss sich an. Da der Auftakt ganz verheißungsvoll gelungen war und auch das finanzielle Ergebnis zufriedenstellte (11.000 Besucher sahen die Festspiele - 72 Prozent der zur verfügung stehenden Plätze konnten verkauft werden), blickte man vertrauensvoll in die Zukunft. Wer im Jahr darauf nach Trier kam, "konnte innerhalb einer Woche (im Amphitheater oder in den Kaiserthermen) Strawinskys "Oedipus Rex",Honeggers "Antigonae", Cherubinis "Medea", Hanna Schygullas Projekt "Kronos-Kairos", Peter Hacks Komödienbearbeitung von "Amphitryon" und ein begleitendes Symposion der Trierer Universität erleben", - wie die "Neue Musikzeitung" begeistert schrieb. In den folgenden Jahren standen an Höhepunkten u.a. die Opern "Salome" (R. Strauss/2000) mit Hildegard Behrends, "L'Orfeo" (Monteverdi/2001), "Norma" (Bellini/2002) in der Inszenierung von Edda Moser mit Kathleen Casselo als Norma und Chariklia Mavropoulou als Adalgisa auf dem Programm. In den Kaiserthermen sah man die Schauspiele: "Die Perser"/Aischylos (2000), "Medea"/Euripides (2001-als Gastspiel des Staatstheaters Stuttgart) und "Elektra"/Schauspiel-Performance als Gastspiel des Teatro Antalya (2002), sowie die Offenbach-Opera-Bouffe "Orpheus in der Unterwelt" (2001 und 2002) mit Rene Kollo als Jupiter.- Ein besonderes Ereignis - nicht zu vergessen -, auch noch 2002/03 zum 200jährigen Bestehen des Trierer Theaters sozusagen als "Jubiläumsgabe": Hofmannsthals "Jedermann" auf dem Domfreihof mit Kollo in der Titelrolle. Es kamen die Antikenfestspiele 2003 mit Richard Wagners großer und selten gespielter Oper "Rienzi" in der Regie des Hausherrn Heinz Lukas-Kindermann. "Wüsste man es nicht besser, könnte man vermuten, dass Wagner den "Rienzi" für eine Spielstätte wie das Trierer Amphitheater geschrieben hätte", schrieb begeistert der "Mannheimer Morgen". Als Gäste hatte der Intendant John Horton Murray, ein international bekannter Tenor, als Rienzi und Nancy Gustafson aus Wien für die Rolle der Irene sowie wieder Chariklia Mavropoulou als Adriano gewinnen können. Das "Orchestre Symphonique et Lyrique de Nacy et Lorraine" spielte zusammen mit dem Städtischen Orchester Trier: "Ein so großes Orchester gab es hier noch nie!" - war in der örtlichen Presse zu lesen. Neben Shakespeares Schauspiel "Julius Cäsar" mit Ralf Bauer und Jürgen Christoph Kamcke in der Regie des Karlsruher Generalintendanten Achim Thorwald, gab es noch einen Liederabend mit Kurt Moll, die Kinderoper: "Eine Braut für Hercules" (frei nach Christoph Willibald Gluck) sowie ein "Antikensymposium" im Auditorium Maximum der Trierer Universität.

Da die Antikenfestspiele trotz allem Zuspruch aber doch immer an einem "chronischen Geldmangel" litten, wie Kindermann die Situation bedauernd kennzeichnen musste, wurde die seinerzeit erfolgte Gründung der "Antikenfestspiel-GmbH" 2001 aufgelöst und in die Organisationsstruktur des Stadttheaters eingefügt. Auch große Zukunftspläne des Intendanten mussten leider aufgegeben werden: Als Vision war 1998 sogar noch an eine Rekonstruktion des alten römischen Theaters auf dem Gelände des "Lenus-Mars-Tempels" am Hange des Markusberges gedacht worden, um eine feste Spielstätte für die antiken Werke zu schaffen!

2004 schied Lukas-Kindermann von Trier. Als Vollblut-Theatermann war er sicher nicht immer ein bequemer Verhandlungspartner, wenn es um die Belange seines Theaters und "seiner Antikenfestspiele" ging. "Antigonae" von Sophokles mit der Musik von Carl Orff war die letzte Regiearbeit, die am 24. Juni 2004 in den Kaiserthermen Premiere hatte. "In einem Glas- und Metallaufbau, römische Antike und moderne Technik verbindend, brachte Kindermann am Ende seiner Intendanz das spröde Experiment aus den Nachkriegsjahren auf die Bühne, das den Akteuren schwerlösbare Probleme aufgab", schrieb die Presse. Die Antigonae sang Gail Gilmore, die "Schritt für Schritt die große tragische Persönlichkeit der Titelrolle entwickelte".- Noch einmal wurden alle Kräfte des mit dem Extrachor verstärkten Trierer Theaterchors aufgeboten, die zusammen mit den eingeladenen Münchener Symphonikern der Oper zum Erfolg verhalfen. Es folgte noch die Offenbach-Operette "Die schöne Helena" sowie "Lysistrata", die bekannte Aristophanes-Komödie, mit dem Fernsehstar Angelika Milster in der Titelrolle.

DIE ANTIKENFESTSPIELE UNTER NEUER LEITUNG. Die achten Antikenfestspiele starteten am 16. Juni 2005 unter der Leitung des neuen Intendanten Gerhard Weber, der vom Landestheater Hannover an die Mosel gekommen war. Seine "Visitenkarte" sollte eingangs das eigens für Trier geschriebene Römer-Musical "Quo Vadis" - ein Stück um den wahnsinnigen Kaiser Nero- sein. Damit das poppig aufgezogene Stück ein Erfolg würde, hatte Regisseur Weber auch den bekannten Komponisten Konstantin Wecker bemüht, der einen Teil der Musik beitrug. Geplant war, das Werk sogar ins Repertoire für die nächsten Jahre zu nehmen. Es waren große und aufwendige Pläne, die sich aber leider nicht realisierten: Das Musical wurde zum Debakel, - die Zuschauer nahmen es gelangweilt auf, oder blieben ganz aus! "Grelle Verpackung, wenig Inhalt!" schrieb eine Zeitung. Mit nur 45 Prozent Auslastung fuhr "Quo Vadis" einen Verlust von 193.000 Euro ein! - Dabei hatten sich die Hauptdarsteller Michael Ophelder, Claudia Felix, Sven Sorring (um nur Einzelne zu nennen) redlich bemüht, das Stück einigermaßen zur Anerkennung zu verhelfen. Es musste Verdi's Oper "Attila" in der Regie von Torsten Fischer kommen, damit die Festspiele 2005 doch noch zu einem Erfolg wurden. Da das Wetter nicht mitspielte, hatte man die Premieren-Aufführung noch kurzfristig in die "Trier-Arena" verlegen müssen, was für einige Aufregung unter Mitwirkenden und Publikum sorgte. Aber besonders Anja Kampe als Odabella und Laszlo Lukacs (Attila) und natürlich der hervorragend geführte vergrösserte Trierer Chor mit dem Philhamonischen Orchester unter Leitung von GMD Denes verhalfen der Aufführung zu einem bleibenden Musikerlebnis. Mit einem Festspielkonzert am 16. Juli 2005 im Amphitheater, in dem die angesehene Bayreuth-Sängerin Evelyn Herlitzius mitwirkte, schlossen die Antikenfestspiele, die gegenüber den Vorjahren deutlich verkürzt waren. Der "Quo-Vadis-Flop" hatte Auswirkungen auf die Festspiele 2006: Da die eingefahrenen Verluste auf Druck des Kulturdezernenten wieder einigermaßen ausgeglichen werden mussten, wurde gegenüber dem Vorjahr ein noch eingeschränkteres Programm gefahren. So wurde auf die geplante neue eigene Opernproduktion "Aias" verzichtet, die vom Intendanten Weber schon als "Kernstück der Festspiele 2006" angekündigt war. Dafür kam "Ariadne auf Naxos" von Richard Strauss, ein Werk, das von Kennern nicht gerade als "Freilichtoper" bezeichnet werden kann. Zum Auftakt der Spiele in den Kaiserthermen aber ersteinmal und als Schauspielbeitrag: die bewährte "Medea" von Euripides, in einer modernen Regiefassung von Bettina Rehm. Die Titelrolle spielte Heike Trinker, eine bekannte Fernsehdarstellerin. Die Premiere lockte zahlreiche Besucher an. "Ein Abend wie aus dem Bilderbuch" - schrieb eine Zeitung, wobei auch sicher nicht nur das Wetter gemeint war! Wie erwartet litt die nachfolgende "Ariadne auf Naxos" etwas an Textverständlichkeit und zeigte sich als "ein Salonstück, das in die Kaiserthermen nicht passen will" - wie ein Kritiker vermerkte. Herausragend aber wieder Rene Kollo als Haushofmeister, Chariklia Mavropoulou(Komponist), Carmen Fugis (Zerbinetta), Gor Arsenian (Bachus) und natürlich Vera Wenkert als Ariadne, um nur einige Darsteller zu nennen. Istvan Denes leitete die Städtischen Philharmoniker. Auf die wetterbedingten Aufregungen, der am Schluss etwas verunglückten Premiere, soll hier nicht besonders eingegangen werden.

Für die 10. Antikenfestspiele 2007 plant Intendant Gerhard Weber nun die Oper "Samson und Dalia" von Saint-Saens, die Sophokles-Tragödie "König Ödipus"- endlich auch wieder im Amphitheater - und ein Festspielkonzert mit der Staatskapelle Weimar, der Partnerstadt Triers. Ein durchaus ansprechbares, auf "Nummer sicher" gehendes Programm, frei von "neuen Wegen" und Experimenten, von denen vor geraumer Zeit noch die Rede war.

Abschließend die auch heute mehr denn je gültigen Worte des damaligen Präsidenten der Trierer Industrie- und Handelskammer, Wolfgang Natus, der 1998 in einem Editorial vermerkte, dass "in den kommenden Jahren weiter hart gearbeitet werden muss, um die Antikenfestspiele zu einem Markenzeichen der Region zu machen!" - Dieses Ziel ist auch heute nach bald 10 Jahren noch längst nicht erreicht. Wir müssen es als Zukunftsaufgabe aber stets weiter im Auge behalten.

Klaus Schulte

(Quellen: Programmhefte der Antikenfestspiele, Mitteilungen des Fördervereins Antikenfestspiele, "Trierischer Volksfreund", "Neue Musikzeitung", verschiedene auswertige Presse- und Augenzeugenberichte)