Diskussion:Brief über den »Humanismus«

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Letzter Kommentar: vor 8 Jahren von GiftBot in Abschnitt Defekte Weblinks
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Danke für die Ergänzung zu Goethe[Quelltext bearbeiten]

... sie dient dem Verständnis. Aber in der Zusammenschau mit der fehlenden Distanzierung Heideggers vom Naziterror ist die Schelte des deutschen Bildungskanons und insbesondere Goethes so kurz nach dem Krieg irgendwie grauenhaft. Wer von Goethe durchdrungen war wie Thomas Mann hat sich den Nazibarbaren entgegengestellt. Irgendwie wird mir Heidegger gerade zunehmend unsympathisch - was aber die Qualität Deiner Darstellung, lieber Tischbeinahe, keineswegs anzweifeln soll. Ein gewisser Erkenntnisekel macht sich breit.--Muesse 15:47, 30. Nov. 2007 (CET)Beantworten

Ich glaube es geht Heidegger nicht darum, was Goethe konkret geleistet hat und daher spricht er Goethe auch keine dieser Leistungen ab. Es geht ihm aber darum deutlich zu machen, daß es etwas gibt, das den Menschen grundlegender bestimmt. Dieses etwas als etwas Einfaches zu denken stellt er dem Mannigfaltigen des antiken und goethisch-klassichen Bildungskanon entgegen. Der Diskurs ist übrigens schon über 2000 Jahre alt und wurde in ähnlicher Form auch zwischen Zhuangzi und Konfuzius geführt: Wo bei Konfuzius Bildung und Musik nötig sind den Menschen zu formen, so bestehen die Daoisten hingegen auf ein dem Menschen immer schon gegebenes Wesen, welches nicht erst zu erreichen ist – der daoistische Weg kenn ja kein Ziel. -- Tischbeinahe φιλο 17:25, 30. Nov. 2007 (CET)Beantworten
So habe ich Heidegger bisher auch immer verstanden; es stellt sich die Frage, ob dieser Gegensatz tatsächlich besteht oder ein künstlicher ist. Heidegger verzeichnet die Metaphysik und den Humanismus, um vor dieser Folie um so glänzender ein Thema philosophisch zu vermarkten, mit dem sich die Menschen schon seit über 2500 Jahren beschäftigen und das in zahlreichen religiösen, philosophischen, dichterischen, musikalischen und sonst künstlerischen Werken seinen Ausdruck gefunden hat: Was ist das wahre Wesen des Menschen und sein Verhältnis zum Sein?--Muesse 19:14, 30. Nov. 2007 (CET)Beantworten
Den Vorwurf der Vermarktung von Philosophien und Ismen auf dem Markt der Meinungen macht Heidegger im Humanismusbrief schon seinen Gegnern, der ist also schon Vergeben :) Ich glaube der Unterschied zwischen Heidegger und den konkreten historischen Ausdrücken in Kunst, Dichtung, Religion und Musik liegt zum einen darin, daß 1) viele dieser sich ja selbst nie in ihrer historischen Relativität erfasst haben, so wie es die Seinsgeschichte versucht und 2) daß diese, da sie ihre Systeme immer an ein Seiendes rückgebunden haben (Gott, Subjekt usw.) nie gesehen haben, daß es das Sein selber ist von dem aus Wahrheit sich vollzieht, so wie die Seinsgeschichte dies versucht zu verstehen.
Heidegger möchte, so glaube ich, sich mit seiner Interpretation nicht über diese einzelnen Ausdrücke und Ausformungen stellen. Dies würde schon seinem geschichtlichen Selbstverständnis widersprechen, daß nämlich er selbst als geschichtlicher Mensch auf die Kulturtechniken (Sprache, Philosophie usw.) angewiesen ist um sein Denken auf den Weg zu bringen. Grüße -- Tischbeinahe φιλο 23:30, 2. Dez. 2007 (CET)Beantworten
PS: Es gibt wohl eine Stelle in der Gesamtausgabe, wo Heidegger sich mit dem "Sprüche-Büchlein" Goethes (Maximen und Reflexionen) auseinandersetzt, wenn sich dort Interessantes findet, werde ich es dir zukommen lassen.
Dass Heidegger auch ein begnadeter Selbstdarsteller und Vermarkter seiner eigenen Philosophie war, daran kann es wohl keine Zweifel geben. Letztlich ist dies für die inhaltlichen Fragen aber ohne Belang. Für mich persönlich ist die andere Frage viel wichtiger: Ist der Vorwurf berechtigt, dass die Metaphysik das Sein immer nur an ein Seiendes rückgebunden habe? Das bezweifle ich. Wenn Gott oder das Eine (Plotin, ggf. auch Platon in der ungeschriebenen Lehre) als "Quelle" beschrieben wird, so ist das eine Metapher, die über die Formulierungsprobleme hinweg helfen soll. Dass Gott nicht als Seiendes gedacht werden kann ergibt sich aber beispielsweise im Alten Testament aus dem Bildnisverbot (...du sollst dir kein Bildnis machen...). Aus dem siebenten Brief Platons ergibt sich ebenfalls, dass sich gewisse Erfahrungen der allgemeinen Darstellbarkeit entziehen. Die Erfahrung des Einen bei Plotin als mystische ist belegt. Gott, das Eine oder wie auch immer ist als pures Sein demnach bereits in der Metaphysik ohne Rückbindung an ein Seiendes beschrieben worden.--Muesse 00:24, 3. Dez. 2007 (CET
P.S. Sprachliche Darstellungsprobleme und in der Folge Verwirrung ergeben sich häufig aus der anderen Belegung des Wortes "das Sein" nicht als reines Sein vor allem Seienden sondern als Totalität alles Seienden. Wenn man das Sein rein auffassen will und damit vor allem Seienden, dann leuchtet die berühmte Formel Hegels ein: Das reine Sein und das reine Nichts ist also dasselbe. Denn das reine Sein ist vor allem Seienden und damit ist kein Seiendes und damit Nichts. Wenn man dagegen das Sein nicht als reines Sein sondern als Totalität alles Seienden definiert, dann benötigt man für das reine Sein einen anderen Begriff, der das Transzendieren der Totalität verdeutlicht. Plotin nennt dieses reine Sein jenseits der Totalität des Seienden deshalb "das Eine". Das ist aber kein inhaltliches Problem sondern lediglich ein sprachliches Definitionsproblem. Ob das reine Sein vor allem Seienden sprachlich überhaupt gefasst werden kann, ist höchst zweifelhaft. Nicht umsonst weist Platon im Parmenides darauf hin, dass sich der Versuch, das absolute Eine zu denken, ins Undenkbare aufhebt: Da das Absolute das Übereine und über alle Bestimmheit Erhabene ist, ist es jeder Erkenntnis entzogen, so dass es keine Aussage und kein Wissen von ihm gibt. In den Religionen wird dies dann analog mit dem Bildnisverbot ausgedrückt und mit der in allen Weltreligionen nachweisbaren nichtsprachlichen mystischen Erfahrung, die eben jenseits aller Erkenntnis und allen Wissens stattfindet. In diesem Sinne gibt Wittgenstein im Vorwort der Logisch-philosophischen Abhandlung an: „Man könnte den ganzen Sinn des Buches etwa in die Worte fassen: Was sich überhaupt sagen lässt, lässt sich klar sagen; und wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“ --Muesse 08:45, 3. Dez. 2007 (CET)Beantworten

In sein Wesen finden...[Quelltext bearbeiten]

muss der Mensch deshalb, weil er seiner selbst und des Seins entfremdet ist. Da ist keine Spur von Paradoxon.--Muesse 15:51, 30. Nov. 2007 (CET)Beantworten

Schon, weil er ja trotz allem in dieser Entfremdung in seinem Wesen ist. Erst der Bezug des Sein zum Menschen in Form eines Entzugs führt ja dazu, daß er sein Wesen verliert bzw. es nicht verliert, weil er ja nur verlieren kann, was er hat. Äh, ich hoffe das war paradox genug :) -- Tischbeinahe φιλο 17:28, 30. Nov. 2007 (CET)Beantworten
Paradox wird es in der Tat erst dann, wenn Du in diesem Zusammenhang das Wort verlieren verwendest. Das macht Heidegger aber gerade nicht. Sich in etwas (ein-)finden und etwas verlorenes (auf-)finden sind verschiedene Bedeutungen. Paradox erscheint das erst, wenn man die verschiedenen Bedeutungsebenen durcheinander würfelt. Finden bezieht sich nicht zwingend auf etwas verlorenes. Du findest einen Tippfähler in einem Text, war der Tippfehler vorher verloren? Nein, der war von Anfang an da, schon bevor Du ihn gefunden hast.--Muesse 19:22, 30. Nov. 2007 (CET)Beantworten
P.S. Habe den m.E. problematischen Vorwurf der Paradoxie nun nochmals neutralisiert. Falls Du ihn nochmals einbauen solltest würde ich diese Entscheidung des Hauptautors natürlich respektieren.--Muesse 22:37, 2. Dez. 2007 (CET)Beantworten
Hallo Muesse. Ich hatte deine Antwort vom 30. Nov. wohl übersehen und deshalb nicht geantwortet. Recht fruchtbar auf jeden Fall unser unterschiedliches Verständnis. Mir gehen dazu gerade folgende Gedanken durch den Kopf: Was finden/verlieren angeht: Vielleicht ist 'verlieren' tatsächlich zu viel Interpretation. Daß Heidegger vom Verlieren spricht, ließe sich nur im Bezug zu den Vorsokratikern sagen, die ja nach Heidegger noch einen unverstellten Bezug zum Sein hatten. Aber da er dies im Humanismusbrief in dieser Form nicht anspricht, lassen wir das mal. Ich glaube hier habe ich wirklich was durcheinander gewürfelt.
Ansonsten muß man vielleicht unterscheiden zwischen "finden" und "hinein finden". Finden könnte der Mensch dann - im Sinne einer denkerischen Entdeckung - daß er immer schon durch das Sein bestimmt wurde. Dann wäre hier keine Paradoxie, weil die Bestimmung immer schon da, jedoch denkerisch nicht erschlossen war. Wenn Heidegger jedoch sagt "in sein Wesen finden", dann sehe ich den Widerspruch der Formulierung darin, daß "Wesen" den Bereich bezeichnet in dem der Mensch immer schon steht und daß aber der Mensch nun den Weg dort hinein erst gehen muß. Dies würde anderen Doppelbewegungen Heideggers gleichen, durch die er versucht das nächste des Nahen dadurch explizit zu machen, daß er es entfernt und in eine (ontologische) Differenz bringt. So nämlich, daß aus der Ferne zum Alltäglich-Nahen uns dieses erst thematisch werden kann. Ich interpretiere hier selber – was hältst du davon? -- Tischbeinahe φιλο 23:14, 2. Dez. 2007 (CET)Beantworten
*lol*, schon höre ich die Parzen raunen: WP:TF. Aber nein, im Ernst - so hatte ich das verstanden und gemeint. Es geht bei dem In-sein-Wesen-finden tatsächlich um die denkerische Entdeckung dessen, was man schon immer hat. Das halte ich auch nicht für einen Heideggerschen Kunstgriff sondern für pure Realität. Die Entfremdung meint ja nicht ein Defizit bezüglich des eigenen wahren Wesens sondern ein Defizit in der Wahrnehmung des eigenen wahren Wesens. Das eigene Wesen ist unabhängig vom Grad der Bewußtheit immer gegeben. So zumindest stelle ich mir das vor.--Muesse 00:00, 3. Dez. 2007 (CET)Beantworten
Denke hier liegt das Problem: Eine Formulierung wie "Grad der Bewußtheit" wollte Heidegger sicherlich vermeiden. Es ist ja nicht "sein Diskurs" zu sagen, der Mensch sei bis in unsere Gegenwart "unbewußt" vom Sein bestimmt worden und müsse sich dies nun "bewußt" machen, "es" zu "ich" machen usw. – das Wahrheitsgeschehen ist nämlich nicht eine Leistung des Bewußtseins, sondern ein ontologisches Geschehen. Wenn der Mensch also in sein Wesen findet, dann meint dies – so wie ich Heidegger verstehe – nicht, daß er ein ausgeprägteres Wissen über die ihn bestimmenden Momente hat, sondern es geschieht hier etwas als Prozessieren des Seins selbst. Die Sphäre dieses Geschehens ist jedoch nicht die des Bewußtseins. Das Bewußtsein nimmt ja nicht einen immer schon in der Welt liegenden (vorhandenen) Sachverhalt in sich auf. Vielmehr ereignet sich etwas vollkommen neues, wenn der Mensch in sein Wesen findet – was gleichzeitig auch nicht neu ist, weil eben der Mensch in seinem Wesen ja immer schon durch das Sein bestimmt wurde. Vielleicht sollte man dies aber, wegen der Assoziation zur Logik, nicht als Paradoxie bezeichnen. Heidegger lehnt ja die Logik als Methode für Denken/Ontologie ab. -- Tischbeinahe φιλο 09:50, 3. Dez. 2007 (CET)Beantworten
Da liegen wir glaube ich nicht weit auseinander. Dass dies aber auch mit einem Problem der Selbstwahrnehmung und damit des Bewußtseins verknüpft ist, halte ich für evident, auch wenn man damit dann wieder - zugestanden - terminologisch in die Subjekt-Objekt-Spaltung zurück fällt. Einen erfolgreichen Arbeitstag!--Muesse 10:04, 3. Dez. 2007 (CET)Beantworten

Tier, "weltlos" ?...[Quelltext bearbeiten]

Folgende Passage ist inhaltlich in Bezug auf Heidegger fraglich. Über das Tier heist es in dem Artikel: "Auch kann es nicht vom Sein angegangen werden in seiner Weltlosigkeit." Weltlos ist jedoch für Heidegger nur der Stein. In Bezug auf das Tier spricht Heidegger von "Weltarmut"(Die Grundbegriffe der Metaphysik: Welt, Endlichkeit, Einsamkeit,§47,S.289). Das ist ganz wesentlich. Durch diese "Weltarmut" des Tieres und die "Weltbildung des Menschen" (ebda.§64) arbeitet der Heidegger von 1929/30 eine spezifische Differenz heraus die, will man sie vom Humanismusbrief aus verstehen, äußerst problematisch wird.-- 93.210.231.71 11:54, 16. Mär. 2010 (CET)Beantworten

Vielen Dank für den wichtigen Hinweis. Sicher, Welt/Weltlosigkeit/Weltarmut sind terminologisch verwendete Begriffe, die hier nicht vermischt werden dürfen. Ich habe das im Artikel korrigiert. Beste Grüße --Tischbein-ahe 09:46, 17. Mär. 2010 (CET)Beantworten

Sartres "Fehlinterpretation"[Quelltext bearbeiten]

Im Abschnitt Wirkung wird Sartres Heideggerrezeption als "Fehlinterpretation" bezeichnet. Wenn auch die Sartresche Interpretation nicht Heidegger von ihm selbst her interpretiert, so finde ich die schlichte Feststellung dass es sich um eine Fehlinterpretation handle, als eine Begriffsfindung, die ja in der Wikipedia nicht erwünscht ist. Wenn schon, dann würde ich von einer "produktiven Fehllektüre" sprechen, oder aber neutraler, einfach von der Sartreschen Heidegger-Interpretation. --Justyjusty123 00:48, 25. Nov. 2010 (CET)Beantworten

Sehr einverstanden. "Fehlinterpretation" wäre zwar neutral und nicht unbedingt TF, allerdings nur wenn durch Sekundärliteratur belegt. Wie dem auch sein, so wie jetzt ist es besser. ---- Tiſch-beynahe φ 05:50, 25. Nov. 2010 (CET)Beantworten

"Heideggers seinsgeschichtliches Denken" hier völlig irrelevant[Quelltext bearbeiten]

. . . und zudem noch zu oberst. Man will etwas über die Humanismus-Debatte lesen, und stößt auf diesen Artikel der nicht hierher, sondern in den Hauptartikel Heidegger gehört. (nicht signierter Beitrag von 193.254.183.242 (Diskussion) 09:25, 14. Okt. 2014 (CEST))Beantworten

Defekte Weblinks[Quelltext bearbeiten]

GiftBot (Diskussion) 07:12, 8. Jan. 2016 (CET)Beantworten