Diskussion:Das Bettelweib von Locarno

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Letzter Kommentar: vor 11 Jahren von 178.24.24.192 in Abschnitt Unstimmigkeiten
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Moral[Quelltext bearbeiten]

Eine Frage,was ist den jetzt die Lehre?Ich bedanke mich im Voraus wenn Sie mir schreiben.lg

Ein paar Hinweise finden sich im Artikel unter „Interpretationen“. Mit Grüess, --Pradatsch (Diskussion) 23:01, 29. Jul. 2011 (CEST)Beantworten

Unstimmigkeiten[Quelltext bearbeiten]

Einige der genannten Unstimmigkeiten sind meiner Meinung nach u erklären:

"Das Bettelweib bettelt eigentlich nur, wird aber durch die Marquise untergebracht, dies zwar im stattlichsten Zimmer des Schlosses (denn dort wird auch der kaufwillige Ritter untergebracht), dort muss sich das Bettelweib dann aber auf einem Strohhaufen niederlassen." -Die "feinen" Adelsleute möchten wohl nicht das sich das dreckige Bettelweib auf denedlen und schönen Betten/Stühlen etc. niederlässt. Daher lässt die Marquise daie Bettlerin nur auf dem Stroh sitzen.-es ist imer noch icht geklärt, warum im edelsten Zimmer...

Wieso ist das Bettelweib "dreckig"? Die Marchese lässt extra Stroh aufschütten (einfache Leute schliefen damals selbstverständlich auf Stroh - das Bettelweib wäre wohl zu Tode erschrocken, wenn die Marchese ihm ihr Bett oder ein Gästebett angeboten hätte!), und sie "bettet" das Weib "aus Mitleiden" darauf. Die Marchese lässt die Bettlerin im Übrigen nicht "sitzen".

"Es ist nicht klar, warum der Marchese und die Marquise eine weitere Nacht den Spuk überprüfen wollen." -(Ich denke das bezieht sich auf den 3ten Abend?) Die beiden möchten nicht nocheinmal den Spuk kontrollieren, sondern ihn aus der Welt schaffen.(...um der Sache auf den Grund zu kommen...; Zitat aus der Erzählung) (nicht signierter Beitrag von TheLittleEvil13 (Diskussion | Beiträge) 15:46, 15. Jun. 2009 (CEST)) Beantworten

Dafür das hier:

  1. Wie können die Knochen des Marchese in einem zerstörten Schloss in einem oberen Stockwerk zu liegen kommen?

Es kann ja ein Balken erhalten geblieben sein oder das Schloß hat einen Steinboden (nicht signierter Beitrag von 88.130.24.208 (Diskussion | Beiträge) 20:15, 22. Mär. 2010 (CET)) Beantworten

Mir scheint es ein Phänomen des Textes zu sein, dass man nach eben solchen Antworten sucht (die der Text aber nicht gibt). Andere finden anderes logisch, andere wieder nicht. Je wörtlicher und genauer man liest, desto weniger schlüssig scheinen die Stellen zu sein. Mit Grüess, --Pradatsch (Diskussion) 23:01, 29. Jul. 2011 (CEST)Beantworten

Den Punkt bezüglich den Knochen verstehe ich nicht, der Text sagt ausdrücklich "er war, auf die elendiglichste Weise bereits umgekommen, und noch jetzt liegen, von den Landleuten zusammengetragen, seine weißen Gebeine in dem Winkel des Zimmers". In meinen Augen genügt das als Erklärung. -- 178.24.24.192 13:52, 1. Jun. 2012 (CEST)Beantworten

Textsortenfrage[Quelltext bearbeiten]

Ist Kleists Spukgeschichte eine Parodie? Ein Künsterscherz, ein Dichterspaß? --H.-P.Haack 00:54, 27. Jul. 2011 (CEST)Beantworten

Die Frage wusste von Beginn weg kaum jemand recht zu beantworten (siehe ein paar Beispiele unter "Wirkungsgeschichte", etwa Tieck). Es wäre spannend, wenn jemand eine Aussage von Kleist selber zu diesem Text kennt. Mit Grüess, --Pradatsch (Diskussion) 23:01, 29. Jul. 2011 (CEST)Beantworten

Ergänzung[Quelltext bearbeiten]

Das Folgende wurde in den Artikel eingefügt (vgl. Versionsunterschied) und von mir hierher verschoben. Was davon kann in den Artikel integriert werden? --Pradatsch (Diskussion) 16:46, 11. Apr. 2012 (CEST)Beantworten


Dr. Helmut Landwehr: Interpretiert man Kleists Erzählung gemäß der Methode, die ich in meiner Dissertation über Heinrich Heines "Romanzero" vorgeführt habe, so wird Kleist als Aufklärer verstanden. Kern der Methode ist es, die - im Teil "Form" unvollständig benannten (es fehlt vor allem der Widerspruch von "zufällig" und "pflegte" im zweiten Satz, der auf zwei Versionen hinweist, das Bettelweib hinter den Ofen zu schicken) - Widersprüche bzw. Irritationen wichtig zu nehmen und aufzulösen zu versuchen. Es geht dabei vor allem um die konsequente Gestaltung der personalen Erzählperspektive durch Kleist. Die Analyse des 9. Satzes führt zur Folgerung, dass die psychische Verfassung des Marchese zu übereilten Fehlwahrnehmungen bzw. Erinnerungen führen und schon geführt haben. Die Wahrnehmung des Hundes (sein Instinkt ist keineswegs untrüglich, sondern beherrscht von Angst, die sich von seinem Herrchen auf ihn überträgt) belegt nur, dass "etwas" da ist, das von den Beteiligten interpretiert wird - was mit dem "Schlag der Geisterstunde", beispielsweise durch das Dröhnen einer Uhr im alten Schloss ausgelöst, ein Geräusch erzeugt (Siebenschläfer zwischen den Sparren? o.ä.)-, nicht aber die Wiederkehr des Bettelweibs. Ich habe dazu einen "Aufsatz" geschrieben, der diesen Gedanken verfolgt:

In der 1810 von Heinrich von Kleist in den Berliner Abendblättern veröffentlichten Novelle „Das Bettelweib von Locarno“ handelt es sich um eine Spukgeschichte Ein Marchese, Hausherr eines Schlosses in der Nähe von Locarno, weist unwillig eine alte, gebrechliche – von seiner Gattin aus Mitleid beherbergte – Bettlerin an, sich aus der Ecke des Zimmers, in dem sie ruht, zu erheben und in die gegenüberliegende Ecke zu gehen. Die Frau schafft es nur mühsam, dem Befehl zu folgen, und stürzt dabei so unglücklich, dass sie stirbt. Als Jahre später ein Ritter das wegen finanzieller Schwierigkeiten zum Verkauf stehende Schloss besucht, wird er durch ein nächtliches ‚Spukereignis’ aufgeschreckt, das der Marchese sofort auf das Bettelweib bezieht. Um seine Verkaufsabsichten nicht weiter zu gefährden, versucht er, mit seiner Frau für das Geschehen rasch eine natürliche Erklärung zu finden, bleibt aber erfolglos. Als beim letzten Versuch, der Sache auf den Grund zu kommen, sogar der Hund vor dem vermeintlichen Gespenst zurückweicht, flieht die Marquise entsetzt, und der Schlossherr zündet verwzweifelt das Gebäude an und kommt darin um. Kleist versetzt sich und damit den Leser in die Perspektive des Marchese, aus dessen Blickwinkel die Ereignisse – zwar sachlich, aber mit ‚Anstrich’ – gesehen und bewertet werden. Belegen lässt sich diese Sicht auf das Geschehen schon im ersten Absatz, als der Marchese „zufällig“ das Zimmer betritt, in das er nach der Jagd einzutreten „pflegt(e)“. Der Widerspruch löst sich auf, wenn man annimmt, dass er zwei Versionen seiner Handlungsweise vertritt: Dem Bettelweib gegenüber behauptet er, sein Gewehr, das er nach der Jagd abstellen müsse, gehöre in jenen Winkel, in der sie auf Stroh gebettet liegt – damit begründet er seinen Befehl, den Platz zu wechseln. Seiner Frau hingegen – die ja weiß, wo der Platz für die Jagdwaffe ist – betont er den Zufall, Wo steht das?

der ihn habe das Zimmer betreten lassen, in dem die Alte – vielleicht gar entgegen seinen Anweisungen –

= freie Phantasie des Interpreten!

sich aufhielt. Uneinigkeit zwischen dem Ehepaar in der Behandlung solchen „Bettelpacks“, die sich in Misstrauen und Lüge offenbart,

Welchen Text hat der "Interpret" gelesen? Den von Kleist?

erweist sich somit als Ausgangspunkt des Geschehens.

Sein schlechtes Gewissen ist es demnach, das ihn nach Jahren immer noch mit dem Fall quält,

Wieso ist er dann "erschrocken" und "weiß selbst nicht recht warum"`?

wenn er den „Spuk“ auf jenen Vorgang bezieht,

Wo im Text steht, dass er den Spuk auf den Vorfall mit dem Bettelweib bezieht?

obwohl erstens das Zimmer, in dem das unerklärbare Geschehen dem Ritter begegnet, zuerst „oben erwähnt“, sich dann aber tatsächlich „oben“ befindet

???

- zu bedenken ist hier auch, wie unwahrscheinlich es ist, dass die mitleidvolle Marquise eine derart gehbehinderte Frau „auf Krücken“ noch hätte Treppen steigen lassen -; obwohl zweitens  dem Spukgeschehen das zentrale Ereignis des einstigen Ablaufs, der den Tod verursachende Sturz nämlich,  fehlt;

In der Tat zwei Merkwürdigkeiten!

obwohl drittens die Einrichtung des Zimmers, in dem der Kaufinteressent untergebracht wird, als „sehr schön und prächtig eingerichtet“ bezeichnet wird, in das im ersten Abschnitt noch Stroh, „das man ihr unterschüttete“,

Kein Widerspruch!

für das Lager des Bettelweib verwendet wird.

Selbst der ‚untrügliche Beweis’ auf der Basis des Hundeinstinkts wirkt nicht überzeugend, wenn man bedenkt, wie leicht sich ein solches Tier täuschen lässt und wie stark es auf Ängste, die Menschen um ihn herum empfinden, reagiert. Kleist benutzt also den personalen Erzähltyp, um dem Leser die Geschichte mit allen Irrtümern und Schwächen in Erinnerung und Wahrnehmung des Marchese mitzuteilen. Auffällig ist Kleists konstruierter und mehrfach ineinander verschlungener Satzbau. Die ganze Erzählung besteht aus 20 Sätzen. Eine genaue Satzanalyse gibt zu erkennen, auf welche Weise und unter welchen Umständen der Marchese sich zur Untersuchung des Falles entschließt. Spielt er noch im 7. Satz als Subjekt die Rolle des Handelnden, wenn sein Lachen auch bereits „mit erkünstelter Heiterkeit“ sein tatsächliches Erschrockensein überdeckt, so überlässt der Erzähler im 9. Satz die Rolle eines Subjekts im Hauptsatz dem „Vorfall“ selbst, während der Marchese als Attribut zur Umstandsbestimmung hilflos dem Walten des Geschehens wie einem Schicksal ausgeliefert ist und seinen Beschluss aus einem bloßen Gefühl heraus fasst: „höchst unangenehm“ ist es ihm, dass mögliche Käufer abgeschreckt wurden. Die Bedingungen, unter denen sein Entschluss zustandekommt, werden von Kleist in die Aussage „dergestalt, daß ... er ... beschloß“ so eingefügt, dass der Leser in den Moment des Beschließens – in konsequent personaler Erzählperspektive – einbezogen wird und ihm die einzelnen Aspekte der Überlegungen der Hauptperson in genau derselben Weise ineinander verschlungen erscheinen, wie es dem Marchese selbst mehr geschieht, als dass er sie aktiv steuern könnte. Dass sich das Spukereignis, wie es in solchen Fällen normal ist, gerüchteweise ausbreitet, erscheint dem Marchese „befremdend und unbegreiflich“, so dass er – die Konjunktion „da“ könnte einen begründenden („weil“) wie auch einen zeitlich bezogenen („im selben Moment, als“) Zusammenhang herstellen, evtl. auch beides – sein Ziel, das Gerücht, es gebe einen Spuk im Schloss, endgültig „niederzuschlagen“, nur unter enormem zeitlichem Druck und unter der festen Vorgabe, es dürfe auf keinen Fall etwas dran sein, verfol-gen kann. Für eine ‚neutrale’ Untersuchung, wie sie beispielsweise ein Parapsychologe vornehmen würde, fehlt also jegliche Voraussetzung. Zeigt demnach der 9. Satz die starke psychische Bedrängnis, unter der der Beschluss des Marchese fällt, so entwickelt sich die Erzählung bis zu ihrem Höhepunkt folgerichtig aus jenem Moment heraus: Wenn dann das Spukereignis im 15. Satz erwartet wird, wechselt Kleist von der Vergangenheitsform in die Gegenwart und zählt telegrammstilartig die Teilnehmer und Requisiten des Geschehens auf, so dass die Szene vor den Augen des Lesers erscheint und er mitzuerleben scheint, wie selbst der Hund vor dem „Gespenst“ zurückweicht. Der Selbstmord des Marchese

Selbstmord??? Der Marchese zündet das Schloss an, um es zu vernichten. In dem feuer kommt er um. Nicht mehr und nicht weniger!


in den Flammen seines Schlosses erscheint demnach glaubhaft, ja geradezu zwingend.

Soso...

Die obenerwähnten Ungereimtheiten der Erzählung werden vom Leser nicht weiter beachtet und das unheimliche Geschehen als Spuk bestätigt. Der Leser unterliegt leichtgläubig demselben Mechanismus wie die Hauptperson in Kleists Erzählung; nicht einmal die Ironie

Ironie, dass die Knochen nach dem Feuer weiß sind?

des letzten Satzes, die nach der Verbrennung noch „weißen“ Knochen des Marchese lägen von den Landleuten gesammelt in jenem Zimmerwinkel, lässt den von der Geschichte gefangenen Leser an ihrer ‚Gereimtheit’ zweifeln oder einem auftauchenden Zweifel kritisch nachforschen.

Mir erscheint es plausibel anzunehmen, dass Kleist den Leser auf mehreren Ebenen ansprechen möchte: Erstens will er uns mit einer spannenden Spukgeschichte unterhalten, dann will er einen aufmerksamen Leser durch Ungereimtheiten im Text zum Stutzen, Nachfragen und Nachforschen veranlassen, um schließlich den so zum ‚Detektiv Leser’ Entwickelten durch präzise Analysen der Denk- und Handlungs-weise der Hauptperson zu einer möglichen – einleuchtenden - ‚Lösung’ kommen zu lassen. 11.4.2012 Helmut Landwehr

Es bleiben allerhand Fragen offen. So wird zu Beginn behauptet, man sähe das Schloss in Schutt und Asche liegen. Der zeitgenössische Leser weiß: Das ist eine Fiktion, denn diese Ruine gibt es nicht. Dann fragt sich der Leser, warum das Bettelweib spukt - gewöhnlich tun das nur Verstorbene, die Schuld auf sich geladen haben. Stattdessen lässt Kleist den Leser - nicht unbedingt den Marchese - glauben, dass der Spuk seine Ursache in schuldhaftem Verhalten des Marchese habe. Usw. Offenbar geht es Kleist in dieser Erzählung (wie sonst auch in seinen Werken) darum, den aufklärerischen Rationalismus infrage zu stellen: Der Marchese kann das Unerklärbare nur durch eine rabiate "Lösung" aus der Welt schaffen.

(nicht signierter Beitrag von 92.74.88.78 (Diskussion) 09:30, 11. Apr. 2012 – auf Artikelseite)