Diskussion:Geert Keil

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Zu: Neigung → Willensbildung → Entscheidung → Handlung

Mit diesen Begriffen werden keine physikalischen, biologischen oder soziologischen, sondern psychologische Sachverhalte angesprochen, genauer volitionspsychologisch relevante Sachverhalte!

Die bedürfen gründlicher Klärung und Diskussion wie sie etwa in dieser Abhandlung hier geleistet wird.

Kürzere Ausführungen zum Wesentlichsten davon sind im 1., 5. + 9. Text von oben hier zu finden.

IWK 19:28, 30. Jan. 2010 (CET)[Beantworten]

Geert Keil: Willensfreiheit (2009)[Quelltext bearbeiten]

Dr. Hans Wehrli/16. Januar 2010 www.hanswehrli.ch


Geert Keil: Willensfreiheit und Determinismus (2009)


1. Fragestellung von Keil

Keil bespricht die Kompatibilität von Willensfreiheit und Determinismus, vor allem aus philosophischer Sicht. Er gibt in einer sehr sorgfältigen und auch für den Laien gut verständlichen Sprache einen historischen Überblick und nimmt selber Stellung in Form von zehn Thesen. Er ist Libertarier, lehnt einen Laplace-Determinismus ab und erklärt den Unterschied zwischen Determinismus und Kausalität. Nach Keils Thesen verursachen freie, nicht transzendente, mentale Ereignisse unsere Körperbewegungen, die ihrerseits Naturgesetze niemals verletzen. Wie das konkret geschieht, wird leider nicht beschrieben. Im Gegenteil, Keil behandelt die Naturgesetze, insbesondere die Quantentheorie, höchstens marginal und hält die Hirnforschung (Roth, Libet etc.) im Hinblick auf die Fragestellung für nicht relevant.


2. Begriffe

Obwohl Keil Wert legt auf klare und konsequent verwendete Begriffe wie z.B. Determinismus, Kausalität. Freiheit, Wille, verwendet er andere für die Diskussion fundamentale Begriffe ohne sie zu definieren (z.B. Person, Natur, Ereignis, Logik, Gesetz, Zeit, Handlung/Wirkung). Der quantenphysikalische Begriff Wahrscheinlichkeit kommt bei Keil genau so wenig vor wie der Begriff Wechselwirkung. Ich versuche im Folgenden, das in gebotener Kürzestfassung nachzuholen. Für eine ausführliche Diskussion mit zahlreichen Referenzen siehe www.hanswehrli.ch.


3. Bewusstsein, Ich, Subjekt, Person

Die sicherste mögliche Aussage überhaupt ist „Mein Bewusstsein existiert“. Definitionsversuche des Begriffs Bewusstsein gibt es unter anderem von Hofstadter. Ob dieses transzendent ist oder real, kann hier offen bleiben. Es macht auf jeden Fall Wahrnehmungen, d.h. es gibt einen geordneten Informationsfluss von aussen in mein Bewusstsein. Die Ursache ist ausserhalb, die Wirkung innerhalb des Bewusstseins. Die Ursache ist vor der Wirkung. Dadurch entsteht der Eindruck von Zeit mit ihrer Richtung. Das Bewusstsein ist mein Ich, ich als Subjekt, als Person. Ob es noch andere Bewusstseins gibt, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, denn solche anderen Personen sind grundsätzlich nicht zweifelsfrei unterscheidbar von Objekten ohne Bewusstsein. Dieses Subjektivitätsprinzip war zum Beispiel Einstein als Physiker noch klar.


4. Natur(gesetz)

Die Natur ist das grundsätzlich empirisch Wahrnehmbare. Ich weiss also nichts über die Natur an sich, nicht einmal, ob sie existiert. Ich kenne nur meine Wahrnehmung von ihr. Ohne Ordnung würde die Wahrnehmung zum Chaos, das heisst der Informationsgehalt wäre null. Die Wahrnehmung geschieht folglich in endlichen, geordneten, zählbaren Schritten, den Ereignissen. Das mathematische Zählen bildet die Ordnung ab, wobei klarzustellen ist, in welcher Richtung man zählt, vorwärts oder rückwärts. Diese Zählrichtung ergibt das Abbild/Modell der Zeitrichtung. Der Physiker will seine Wahrnehmung mathematisch beschreiben, weil das eine ziemlich unmissverständliche Sprache ist. Er sucht bei seinen Wahrnehmungen nach Regelmässigkeiten, die er in Naturgesetzen mathematisch formuliert. Diese Mathematik sollte den metaphysischen Bedingungen für jede Wahrnehmung nicht widersprechen. Unendlichkeit (unendlich gross, unendlich klein, unendlich viel) ist niemals wahrnehmbar. Auf die Unendlichkeit (Kontinuum, irrationale Zahlen wie e, π, √2, Integrieren und Differenzieren) sollte deshalb bei der Formulierung von Naturgesetzen verzichtet werden. Ebenso auf den 1. Satz der Aussagenlogik A = A, weil auch dieser den metaphysischen Bedingungen für jede Wahrnehmung widerspricht. Ferner benötigt der Physiker eine mathematische Definition des Ereignisses, denn er will ja Ereignisfolgen beschreiben.


5. Logik

Die eine, wahre Logik gibt es nicht. Quine hat nachgewiesen, dass es unendlich viele logische Systeme gibt und kein Kriterium, nach welchem entschieden werden könnte, welches die wahre Logik ist. Die klassische Logik eignet sich nicht für die Physik, weil der logische Satz des tertium non datur (eine Aussage ist entweder richtig oder falsch) in der Quantentheorie nicht gilt. Das wurde in vielen Experimenten bestätigt. Man hat deshalb die Quantenlogik formuliert, wo dieser Satz nicht gilt, wo eine Aussage nicht nur wahr oder falsch, sondern auch unbestimmt sein kann. In der Praxis ist sie sogar meistens unbestimmt, d.h. sie hat eine gewisse Wahrscheinlichkeit wahr oder falsch zu sein. Diese Unbestimmtheit ist nicht etwa auf ungenaue Messungen zurückzuführen, sondern sie ist jeder Wahrnehmung inhärent. Mit andern Worten: Es gibt keinen Laplace-Determinismus. Die Beziehung Ursache/Wirkung bleibt aber bestehen, allerdings nur als Wahrscheinlichkeit.


6. Zeit(richtung)

Der Eindruck von Zeit ist eine Folge der geordneten Wahrnehmung von Ereignissen. Die Zeit existiert nicht an sich, sondern ist nur ein fragwürdiges mathematisches Modell zur Naturbeschreibung (Einstein). Das selbe gilt übrigens für den Raum. In den Relativitätstheorien gibt es keine Gleichzeitigkeit, keine Gegenwart, die Zeit kann auch mal stillstehen oder rückwärts laufen (Zwillingsparadox, siehe Brandes). In Feynmans Quantenfeldtheorie ist ein Antiteilchen ein Teilchen, in welchem die Zeit aus Sicht des Beobachters rückwärts läuft. Da Protonen aus Quarks und Antiquarks zusammengesetzt sind, läuft also innerhalb des selben Protons die Zeit teils vorwärts teils rückwärts. In Schwarzen Löchern wird sogar Zeit zu Raum und Raum zu Zeit (Wehrli). Das kleinste Schwarze Loch ist vermutlich das Neutrino, das zweitkleinste das Elektron. Da die Zeit und ihre Richtung für die Kausalität und den Determinismus fundamental ist, hat das Wesen der Zeit wichtige Auswirkungen auf die Kausalität.


7. Wirkung und Wechselwirkung

In der relativistischen Quantenfeldtheorie bewegen sich Wirkungen, bei denen Information übertragen wird, maximal mit Lichtgeschwindigkeit. Teilchen, welche Wirkungen ohne Information übertragen, nennt man virtuell und sie bewegen sich instantan, d.h. mit unendlicher Geschwindigkeit. Das gilt z.B. für die virtuellen Gravitonen, welche die Gravitation zwischen Erde und Mond bewirken. Die Erde zieht nicht den Mond und der Mond zieht nicht die Erde an, sondern es gibt eine Wechselwirkung zwischen den beiden, die bewirkt, dass beide unmittelbar beschleunigt werden, vorerst ohne das zu merken. Die Information über diese Beschleunigung bewegt sich für jeden Beobachter allerdings nur mit Lichtgeschwindigkeit. Was ist nun da die Ursache und was die Wirkung? Die allgegenwärtigen, quasi zeitlosen Wechselwirkungen veranlassen die Physiker, den Begriff der Kausalität zu hinterfragen. Die Zeit und damit die Kausalität ist eben kein wirklicher Teil der Natur, sondern nur ein mathematisches Modell zur Beschreibung ihrer Wahrnehmung.


8. Fazit

Die vorstehenden Überlegungen stehen nicht im Widerspruch zu den Thesen Keils. Sie geben aber Hinweise, wie der Mechanismus Neigung → Willensbildung → Entscheid (=Ursache) → Handlung (=Wirkung) funktionieren könnte. Die Quantentheorie ist nicht deterministisch und ihre Gesetze gelten vor allem im Mikrobereich. Das ist der Bereich unterhalb der Planck-Masse von 2.5 x 10-8 kg, also ein Bereich, der den Dimensionen der im Hirn relevanten Wechselwirkungen durchaus entspricht (Penrose). Hier entwickelt sich in einem ungeheuer komplizierten, dynamischen Netzwerk von Neuronen der Wille. Er führt dann früher oder später zu einer Wirkung in Form einer Handlung im Makrobereich, gesteuert vom nichtdeterministischen Willensentscheid im Mikrobereich. Die Handlung gehorcht den deterministischen Gesetzen der klassischen Mechanik. Zu ergänzen ist noch, dass ein Netzwerk wie das Hirn nicht mit linearen, also quasi „kausalen“ Gleichungen („wenn A, dann B“) beschrieben werden kann, weil es im Hirn ständig zu Rückkopplungen kommt. Nach Mainzer gibt es folglich keinen Algorithmus zur Beschreibung des Denkens.

hans.wehrli@swissonline.ch (nicht signierter Beitrag von 92.106.139.106 (Diskussion | Beiträge) 00:07, 18. Jan. 2010 (CET)) [Beantworten]