Diskussion:Heinrich Richter-Brohm

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Letzter Kommentar: vor 12 Jahren von El bes
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Sehr interessant, was Kollege Zsasz herausgefunden hat und auch interessant, was die Süddeutsche über diesen Rechercheerfolg der Wikipedia schreibt. Einige Fragen sind hingegen noch immer offen, bzw. sind nicht alle publizierten Informationen zu einem Gesamtbild miteinander verknüpft. Ich möchte auf folgendes Paper von Kurt Tweraser hinweisen: Die amerikanische Säuberungspolitik in Österreich (Volltext), Archiv der Stadt Linz, 2004, mit Hintergrundinfo zu Herrn Tweraser hier. Dort werden einige US-Dokumente, der damaligen US-Armeeabwehr G-2 und des militärischen US-Geheimdienstes CIC erwähnt, mit denen eine weitere Recherche beginnen könnte.

Zur Bedeutung von Herrn Richter-Brohm in Oberösterreich wäre noch viel zu schreiben. Denn er war VÖEST-Generaldirektor in einer ganz entscheidenden Phase und angeblich maßgeblich dafür verantwortlich, dass das ehemalige Hermann-Göring-Stahlwerk auf das moderne Linz-Donawitz-Verfahren umgestellt wurde, was Jahre später den Erfolg der VÖEST ausmachen sollte. Sein Nachfolger als Generaldirektor dort, Herr Walter Hitzinger, hatte übrigens auch eine Nazi-Karriere hinter sich, die er erfolgreich abstreifen konnte.

Und hier wird's interessant: Linz (südlich der Donau, wo auch das Stahlwerk steht) lag damals in der US-amerikanischen Besatzungszone in Österreich. Am nördlichen Donauufer in Urfahr saß hingegen die Rote Armee, getrennt nur durch zwei Checkpoints auf der Nibelungenbrücke. Also ein Schnittpunkt des beginnenden Kalten Kriegs. Und genau dieses Linz war für die Amerikaner die wichtigste Entnazifizierungsstelle in Österreich, besonders für die fachlich versierten Topleute. Dort wurde, nicht an den US-Militärbehörden vorbei, sondern auf deren explizite Initiative hin, wichtige Persönlichkeiten reingewaschen, um sie weiter verwenden zu können. Gleichzeitig behielten die US-Geheimdienste die belastenden Dokumente bei sich unter Verschluss, um gegebenenfalls ein Druckmittel zu haben. Ein Schlüsselfigur bei der Entnazifizierung solcher Topleute aus Wirtschaft und Technik, war der damalige erste Nachkriegsbürgermeister von Linz Ernst Koref und sein späterer Adjunkt Stephan Tull. Die Linzer SPÖ wurde so zu einem verdeckten Rekrutierungsbüro für solche Schlüsselleute, im Auftrag gewisser Kreise innerhalb der US-Militärgeheimdienste. Das alles geschah, bevor noch der zivile Geheimdienst CIA mit seinem lokalen Ableger „CIA Austria“ gegründet wurde und schrittweise die Agenden der abziehenden Militärgeheimdienste übernahm. Wenn man also weiter recherchieren will, dann beim CIC und der G-2, bzw. deren Archiven. Wer hier aktiv werden will, kann also locker eine spannende Dissertation zu diesem Thema schreiben.

Eins noch: später bei BMW, war es übrigens wieder eine Österreich-Connection, die das Unternehmen in den späten 50er-Jahren rettete, nämlich zwischen Richter-Brohm und Wolfgang Denzel. (Der Mann der BMW rettete). Oben erwähnter VÖEST-Kollege Walter Hitzinger, ehemals auch Kollege aus den Reichswerken Hermann Göring und ebenfalls mit SPÖ-Persilschein aus Linz ausgestattet, war Anfang der 1960er Jahre übrigens Chef bei Daimler, auf Betreiben des Großaktionärs Friedrich Flick (Stahlbaron und Göring-Freund), Vater von Friedrich Karl Flick (Der Spiegel: Der Mann aus Linz, 7/1961). So hat sich ein gewisser Freundeskreis in der Nachkriegszeit gegenseitig in die obersten Etagen der westdeutschen und österreichischen Großindustrie befördert. Neben der ehemaligen Nähe zu Göring und später einer gewissen Protektion durch die USA verband diese Leute aber noch etwas. Das sollen Interessierte aber selber herausfinden. --El bes 19:55, 15. Aug. 2011 (CEST)Beantworten