Diskussion:Ottilie von Goethe

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FAZ-Rezension zur Biografie von Ruth Rahmeyer[Quelltext bearbeiten]

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.02.2003

Wir spulen mühsam unsere Zeit ab

Bitte keine Liebeslimonade: Das Leben der Ottilie von Goethe

Wäre Ottilie von Pogwisch nicht unter die Goethes geraten, das Interesse an ihr hielte sich heute in Grenzen. Das weiß auch Ruth Rahmeyer, die sich lange mit der Schwiegertochter Goethes beschäftigt hat. Die Lebensbeschreibung Ottilies erweitert sie deshalb zu einem beeindruckenden Zeitpanorama und, vor allem, zu einer sehr plastischen Familienverfallsgeschichte. Mit Recht, denn das späte Drama der Goethes ist bis heute vergleichsweise wenig bekannt.

Ottilie von Pogwisch wurde am 31. Oktober 1796 geboren. Bei allem hochrespektablen Uradel erwies sich ihr Vater als verkrachte Existenz. Er verspielte seine gesamten Besitzungen, so daß er seiner Frau kein standesgemäßes Leben mehr bieten konnte. Die Familie trennte sich; der Vater lebte fortan verdrossen als Gutsverwalter in östlichen Provinzen. Die Mutter zog nach Weimar, um dort 1811 eine Hofdamenstelle anzunehmen.

Im selben Jahr begegnete Ottilie zum ersten Mal Goethe; sie ließ sich gefallen, daß ihr dessen ebenso attraktiver wie heillos schwermütiger Sohn August den Hof machte. Schon vor der Ehe zeichnete sich Unheil ab. Im Kriegsjahr 1813 kam der Leutnant Ferdinand Heinke nach Weimar, um die Bildung der Landwehr zu organisieren. Der kultivierte Offizier, eine "Johannesgestalt" mit "männlich schöner Seele", eroberte bald auch Ottilies Herz. Die Silvesternacht 1814 mit Heinke hatte sie vier Jahrzehnte später noch nicht vergessen: "Nach 41 Jahren weinte ich noch wie in jener Nacht Tränen der Liebe."

Dagegen nun also der eifersüchtige August. Zwar meldete auch er sich zu den Waffen, als "Jäger zu Fuß", immerhin. Aber Goethe, dem der antinapoleonische Enthusiasmus fremd blieb, sorgte sich um das Leben seines Sohnes, der ihm längst unentbehrlich geworden war für die geschäftliche Bewältigung seiner komplexen Existenz. Er ließ August freistellen, was in jenen Tagen so ziemlich das Schmählichste war, was passieren konnte. Heinke, der flammende Idealist, wurde unterdessen verwundet und kehrte als Held zurück. Bald machte er eine erstaunliche Karriere im Staatsdienst. Und er verlobte sich. Allerdings nicht mit der schockierten Ottilie, die sich Augusts grollenden Werbungen nun nicht länger entziehen konnte, obwohl ihr Angehörige und Freundinnen wie Adele Schopenhauer abrieten. Der Sohn Goethes war auch der Sohn von Christiane Vulpius. Er schleppte den schlechten Ruf der Mutter mit sich "wie ein Galeerensträfling die eiserne Kugel am Fuß", schreibt Rahmeyer.

In der Schilderung der desaströsen Ehe verteilt die Biographin die Sympathien gerecht. Verglichen mit Heinke, war August ein Mensch trockenster Realität, der Ottilie die erhofften seelischen Aufschwünge nicht bieten konnte. Sie klagte, "daß auch nicht eine gemeinschaftliche Saite in uns klingt". In einem Gedicht - denn natürlich dichtete auch sie - spottete sie über den "Ruhm der Häuslichkeit" und das "würzige Glück" der Küche. Gleichermaßen befeuert von Aufklärung und Romantik, glaubte sie an ein Menschenrecht auf Glück und Liebe. Sie stellte sich unter Ehe "kein lebloses Zusammenleben und mühseliges Abspulen der Tage" vor. Liebe, schrieb sie, sei mehr als "das limonadenhafte Gefühl, das den meisten dafür gilt".

Es begann eine Zeit der Amouren und Affären. Der Kunstreiter Baptiste, der "dämonische Jüngling" James Sterling, der Diplomat Charles Des Voeux, ein gewisser Captain Story, die schöne Seele Edmund Phipps, der harmlose Student Samuel Naylor, der Wiener Arzt Romeo Seligman - im Lauf der Jahre wurde die Liste lang. Goethe betrachtete die Liebeleien der Schwiegertochter wohl mit solidarisch zugedrücktem Auge; war er in dieser Hinsicht doch selbst eine anfällige Natur. Das Ventil des gequälten August war der Alkohol, dem der inzwischen stark beleibte Mann in ungesunden Mengen zusprach. Psychisch und physisch am Ende, brach er im Alter von vierzig Jahren wie einst sein Vater aus dem Zwang der Weimarer Verhältnisse aus und reiste nach Italien - eher eine fratzenhafte Imitation als ein Schritt zur Selbständigkeit. Er fand denn auch kein neues Leben, sondern den Tod in Rom.

Zwei Jahre später starb auch sein Vater. Durch das Testament versuchte er noch auf Ottilie Einfluß zu nehmen. Er wollte sie mit den drei Enkelkindern in Weimar halten und eine Wiederverheiratung verhindern. Ottilie jedoch fühlte sich im Goethehaus, wo der Nachlaßverwalter die Arbeitsräume des Dichters versiegelt hatte, lebendig begraben. Sie reiste fortan viel, verbrachte insgesamt fast fünf Jahre in Italien und lebte von 1842 bis 1866 hauptsächlich in Wien, wo sie einen Tee-Zirkel bedeutender Männer um sich versammelte.

Die verzweifelte Suche nach dem Liebesglück, die Rahmeyer als Leitmotiv oder "Entelechie" dieses Lebens nimmt, blieb weiterhin erfolglos. Vergebens hängte sie sich an Gustav Kühne, den Schriftsteller des jungen Deutschlands, der ihr eines Tages mitteilte, daß er sich mit einer Sechzehnjährigen verlobt habe. Ottilie beruhigte sich erst, als Kühne ihr "Seelengröße" bescheinigte. Keiner der Männer beugte sich ihren Spielregeln, und die Götterjünglinge ihrer Jugend waren längst zu gewöhnlichen Menschen geschrumpft. Die üble Nachrede anständiger Bürgerinnen steigerte sich zum Rufmord, als 1844 die Tochter Alma starb. Ottilie selbst wurde verdächtigt, mit Gift nachgeholfen zu haben, um in den Besitz von Almas Erbe zu kommen. Sogar Annette von Droste-Hülshoff kolportierte diese Geschichte von der "liebessiechen Frau" und erging sich im antisemitischen Ressentiment über Ottilies Freund Seligman.

Selbst von vielen Altersmalaisen geplagt, mußte Ottilie den frühen Vitalitätsabbau ihrer Söhne beobachten, die sich vergeblich mühten, Goethes Enkel zu sein. Verbissen strebte Walther von Goethe eine Weile Komponistenruhm an, um sich dann ebenso verbissen zurückzuziehen. Kleinste Anforderungen genügten, um seinen Bruder Wolfgang "übel, müde und verstimmt" aussehen zu lassen. Beruflichen und menschlichen Bindungen wichen beide aus: zwei Hagestolze, voller Scheu, sich mit Verantwortung zu belasten.

Das Gegengewicht aller Misere blieb bis ins hohe Alter Ottilies "Begeisterung für alles Schöne und Gute", ihr vitales Interesse vor allem an der Kunst. 1866, im Jahr des preußisch-österreichischen Krieges, verließ sie Wien und zog am Ende doch wieder zurück nach Weimar, in die Mansarde des Goethehauses, wo sie 1872 starb. Ruth Rahmeyer gelingt die lebendige, exemplarische Darstellung einer Frauenexistenz zwischen Hingabewunsch und Selbstbestimmung. Vor allem ist ihr Buch der Roman einer Familie, die ihren unüberbietbaren Höhepunkt hinter sich weiß. Im Vergleich mit den späten Goethes könnten einem die Manns beinahe glücklich erscheinen.

WOLFGANG SCHNEIDER

Ruth Rahmeyer: "Ottilie von Goethe". Eine Biographie. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2002. 398 S., br., 10,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main

145.253.2.27 11:02, 12. Mär. 2008 (CET)Beantworten

Dieser Artikel von Wolfgang Schneider ist sehr schön und verstärkt noch den romantischen Eindruck im Verhältnis zwischen Ottilie und Ferdinand Heinke.
Man muss aber noch berücksichtigen, dass Ferdinand mit der "Erlaubnis" in die Befreiungskriege zog, seiner künftigen Braut Charlotte Werner (Lottina) zu schreiben. Dieser Briefwechsel ist auch im Tagebuch Heinkes vermerkt, auch dass er den beiden jungen Frauen viel über Lottina erzählen musste.
Am 31.12.1813 war der Premierleutnant Heinke bereits 31 Jahre alt, Ottilie 17 und Adele Schopenhauer erst 16 Jahre alt. Übrigens war Adele Schopenhauer auch in Heinke "verknallt". Sie spürte aber, dass Heinke sich von der Ausstrahlung Ottilies mehr angezogen fühlte. Adele richtete ihre Aufmerksamkeit daher zu Gunsten ihrer Freundin Ottilie mehr auf den Kameraden Heinkes, den Leutnant Hufeland, Sohn des berümten Mediziners der Berliner Charité.
Natürlich hatte Ottilie auch nach 1814, dem endgültigen Abschied Heinkes von Weimar, ihre Hoffnung nicht aufgegeben.
Der Briefwechsel zwischen Ottilie und Heinke entfachte neu nach dem Tod des "alten Meisters" (Goethe). Die Briefe Heinkes an Ottilie sind nicht minder herzergreifend. 145.253.2.26 06:41, 13. Mär. 2008 (CET)Beantworten
Ich sehe in diesem "Diskussionsbeitrag" keinen Stoff für Diskussion! Es ist eine Rezension des furchtbaren, populärwissenschaftlichen Buches von Ruth Ruth Rahmeyer: "Ottilie von Goethe" und damit eine Quasiwerbung für die unsäglich fehlerhaften Biographien zu Personen aus Goethes Umfeld, die vor allen Dingen der Inselverlag über die Welt streut. 85.159.12.66 13:22, 15. Jul. 2009‎
Bezüglich der Biographie Ferdinand Heinke´s sind durch mich keine Fehler festgestellt worden, sehr wohl aber bei Thomas Manns "Lotte in Weimar". Dmicha 07:52, 30. Jul. 2009 (CEST)Beantworten

Brief von Ferdinand Heinke an Ottilie von Goethe[Quelltext bearbeiten]

Brief vom 10. bis 14. Feb. 1856 an Ottilie, in dem er den Abschiedsabend schildert:

Ihr Brief, den Sie in der Silvesternacht 1854 an mich schrieben, erinnerte mich an einen schönen Abend, den wir im Schopenhauerschen Hause verlebten und von welchem ich Sie in mondheller Nacht nach Ihrer Wohnung geleitete. Mit unsäglicher Freude vergegenwärtigte ich mir diese Geleitung und jedes kleine Zeichen des Wohlwollens, welches Sie mir dabei zukommen ließen. Erlauben Sie mir, dass ich Sie an einen anderen lieben Abend erinnere. Ich hatte die Kapitulation von Erfurt an unsern Prinzen August überbracht, der damals in Weimar war, und als Gegengeschenk teilte er mir den Befehl [mit], dass unser Regiment wieder zusammengezogen werden und der Armee über den Rhein folgen sollte. Der Ausmarsch war auf den 28. Dezember festgestellt. Zum 27. hatte Ihre Mama Hufeland, Stegmann und mich noch einmal zum Tee und Abendbrot eingeladen. Es war uns allen dreien sehr wehmütig ums Herz. Sie und Ihre Schwester und Adele Schopenhauer und andere junge Damen Ihres Kreises saßen in Ihrem Zimmer, und ich hatte meinen Platz auf dem Teppich vor dem Sofa zu Ihren Füßen. Wir versuchten es, durch Gesang in eine heitere Stimmung zu kommen; aber es kamen nur Scheidelieder zutage. Ihre Mama war gütig und großherzig genug, die Jugend ihrer Stimmung zu überlassen und die älteren Herrschaften in einem benachbarten Zimmer zu unterhalten. Endlich musste geschieden sein; als wir aber schon die halbe Treppe hinab waren, wurde uns die Freude, noch einmal die lieben Hände küssen und den uns freundlich gesinnten Herzen ein nochmaliges, vermeintliches letztes Lebewohl sagen zu können. Aber es war noch nicht das letzte. Wir fanden es der Ritterlichkeit gemäß, die gütigen Freundinnen nicht ohne Geleitung wieder die Treppe hinaufgehen zu lassen, und oben wurde der ganze für uns schmerzliche Abschied noch einmal, diesmal aber wirklich zum allerletzten Mal wiederholt. Nur aus der Ferne war uns noch einer vergönnt, als am folgenden Tage das Regiment durch die Stadt zog. Aus den Fenstern schaute manch liebes Angesicht auf uns herab, und weiße Tücher winkten Addio. Auch das mir liebste Angesicht vermisste ich nicht, und glaubte zu sehen, wie Ihr weißes Taschentuch, nachdem es seine Telegraphendienste verrichtet hatte, an zwei liebe, schöne Augen geführt wurde, um dort andere Dienste zu verrichten. War es nicht so, so bitte ich: klären Sie mich nicht über meinen Irrtum auf! Ich will ihn als schönen Traum behalten. Hätten nicht die Trompeten ihre lustigen Weisen geblasen, wer weiß, ob ich mir nicht auch eingebildet hätte, noch ein freundliches Lebewohl gehört zu haben. 145.253.2.27 06:51, 5. Mai 2008 (CEST)Beantworten

Cherchez l'homme ...[Quelltext bearbeiten]

Uiuiui, da müssen wir aber ran. Ottilie von Goethes Frauenbeziehungen und Frauennetzwerke bleiben ja völlig unterbeleuchtet. Angela Steidele hat hierzu in ihrer Biografie zu Sibylle Mertens-Schaaffhausen und Adele Schopenhauer einiges vorgelegt. Komme im Moment nicht dazu; wer mir zuvorkommen oder mitformulieren mag, sehr gerne! :) --Marschallin (Diskussion) 14:22, 5. Mär. 2020 (CET)Beantworten

Goethes (J. W. von) Testament?[Quelltext bearbeiten]

"Das Testament des Schwiegervaters machte Ottilie eine zweite Heirat finanziell unmöglich."

Der Satz bräuchte doch mindestens eine erläuternde Fußnote! Was stand denn so in dem Testament, das eine Wiederverheiratung unmöglich gemacht hat? -- Nachtrag, von dem da oben: "Zwei Jahre später starb auch sein Vater. Durch das Testament versuchte er noch auf Ottilie Einfluß zu nehmen. Er wollte sie mit den drei Enkelkindern in Weimar halten und eine Wiederverheiratung verhindern. Ottilie jedoch fühlte sich im Goethehaus, wo der Nachlaßverwalter die Arbeitsräume des Dichters versiegelt hatte, lebendig begraben. Sie reiste fortan viel, verbrachte insgesamt fast fünf Jahre in Italien und lebte von 1842 bis 1866 hauptsächlich in Wien, wo sie einen Tee-Zirkel bedeutender Männer um sich versammelte." Wie Goethe / Schwiegervater das angestellt hat mit dem Verhindern bzw. Halten, geht daraus auch nicht hervor. Immerhin ist sie ja viel gereist. --2003:C6:DF05:79D4:1D72:D22E:6C76:55FD 14:52, 27. Jun. 2023 (CEST)Beantworten

Sorry, bin kein registrierter Nutzer, aber mich hat der Satz auch irritiert. So hab ich recherchiert. Sie erhielt wohl im Nachlass von JWvG einen Jahresunterhalt von 300 Talern (nehme an preußische Reichsthaler), an welche Bedingungen das geknüpft wurde, ist offen. Der Satz macht auch für mich ohne genaue Informationen keinen Sinn, noch hat er eine Quellenangabe oder Fußnote. (nicht signierter Beitrag von 91.141.77.116 (Diskussion) 19:41, 27. Nov. 2023 (CET))Beantworten

Adele Schopenhauers Geburtsort[Quelltext bearbeiten]

Missverstehe ich den Text, oder steht hier wirklich, Adele Schopenhauer sei, wie auch Ottilie von Goethe, in Danzig geboren.

Ich bin dem Link auf ihren eigenen Artikel gefolgt, dort wird Hamburg als Geburtsort angegeben.

Würde es nicht für eine innige Verbindung reichen, wenn beide Damen ohne Vater aufgewachsen sind?


~~ DerAchim --89.21.112.18 09:15, 15. Feb. 2024 (CET)Beantworten

Das Testament des Schwiegervaters machte Ottilie eine zweite Heirat finanziell unmöglich.[Quelltext bearbeiten]

Was ist mit dem Satz gemeint? Hat sie viel geerbt? Gar nichts? Wie hat das eine eventuelle Heirat verhindert? Oder bekam sie eine Leibrente, solange sie nicht heiratet? Es wäre schön, wenn jemand mit Antworten auf diese Fragen den Satz ergänzen könnte. --Mr Karteileiche (Diskussion) 22:00, 26. Feb. 2024 (CET)Beantworten