Diskussion:Pierre Jean Beckx

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Letzter Kommentar: vor 11 Jahren von 79.219.115.96
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Sehr interessant sind die Ausführungen Wolfs zu Beckx in: Hubert Wolf, Die Nonnen von Sant'Ambrogio, München 2013, S, 172-178. (nicht signierter Beitrag von 79.219.115.96 (Diskussion) 22:31, 24. Feb. 2013 (CET))Beantworten

Das klingt ja alles sehr anständig ...[Quelltext bearbeiten]

die evangelischen Christen in Köthen hatten aber so ihre liebe Mühe mit den jesuitischen Missionsversuchen. So stieß der Erlass des katholischen Herzogs, dass Lutheraner den Reformierten das Abendmahl nicht mehr austeilen durften (und vice versa) auf völliges Unverständnis, zumal die damalige Praxis quasi uniert war. Noch weniger Freude kam auf, als sich der von Beckx beratene katholische Herzog das Recht anmaßte über die Ehen der ev. Pfarrer zu bestimmen. Die meisten dieser Schikane-Erlasse mussten wieder zurückgenommen werden. Insgesamt eine ziemlich peinliche Episode in der Erfolgsgeschichte des Herrn Beckx... --Thomas Völker 22:50, 30. Sep. 2010 (CEST)Beantworten

Beckx aus Sicht eines Zeitzeugen[Quelltext bearbeiten]

Leitmeritzer Zeitung vom 26. Juli 1879 http://anno.onb.ac.at/pdfs/ONB_lmz_18790726.pdf

Feuilleton.

Vom Jesuiten-General Pater Beckx

Der Jesuiten-General Pater Beckx, der in den letzten Jahren so sehr im Verborgenen wirkte, daß er schon todt gesagt wurde, macht neuerlich viel von sich reden. Unter anderm hat er in Wien durch Entscheidung des obersten Gerichtshofes das Erbe des letzten Grafen von Dietrichstein für sich erwischt. Als Graf Johann Douglas von Dietrichstein, der letzte männliche Sprosse des gräflichen Hauses, gestorben war, glaubten seine Universal-Erben natürlich auch das Fideikommiß des Hauses im Werte von 130.000 Gulden für sich in Anspruch nehmen zu können. Aber da halten sie ohne den Pater Beckx gerechnet. Es fand sich in der Gründungs-Urkunde des Fideikommisses vom Jahre 1690 die Bestimmung, daß nach dem Aussterben der männlichen Linie der Grafen Dietrichstein das Fideikommiß "zu der katholischen Mission in Schottland nach Belieben des Patris generalis der Sozietät Jesu appliziert werden" solle. Die Erben behaupteten vergeblich, eine katholische Mission in Schottland existiere gar nicht. Die Gerichte haben gegen sie zu Gunsten des Pater Beckx entschieden. Es bleibt jetzt noch ein zweiter Erbschafts-Prozeß anhängig, den der österreichische Staatsschatz in derselben Sache gegen den Pater Beckx führt, weil der Jesuiten-Orden inzwischen einmal aufgehoben und alles Besitztum desselben also auch der Erbschafts-Anspruch auf das Dietrichstein'sche Fideikommiß vom Fiskus konfisziert worden sei. Aber nach der Motivierung der ersten Entscheidung zu schließen, sind unsere Gerichtshöfe der Meinung, dahin der Person des Jesuilen-Generals Pater Beckx "die katholische Mission in Schottland noch jetzt existiere", daher ihm die schöne Erbschaft von keiner Seite streitig gemacht werden könne. Der Staat wird ebenso wie die Universal-Erben das Nachsehen haben, wenn Pater Beckx mit seinen 130.000 Gulden abzieht.

Wenn Pater Beckx in Wien von sich reden macht, so geschieht es gewiß nur um der Erbschaft und nicht um der Nachrede willen. Anders in Fiesole; dort, wo er seit der Ausweisung der Jesuiten aus Rom seine Residenz aufgeschlagen hat, ist er wie italienische Blätter berichten persönlich in die Arena getreten. Der geheimnisvolle Greis hat es für zweckmäßig erachtet, wie andere diplomatische Menschenkinder sich von dem Mitarbeiter eines Journals interviewen zu lassen. Er hat einen Herrn Marcotti empfangen, um durch seinen Mund zu versichern, daß die Jesuiten ganz gemütliche Leute und auch die guten Freunde der Könige seien. Die Pariser Jesuiten-Debatte ist nicht ungeeignet, schwankenden Souveränen ein Bündnis mit den jetzigen Gegnern der Republikaner, als welche die Jesuiten figurieren, plausibel zu machen. In Oesterreich, Deutschland, Rußland verraten bedeutende klerikale Erfolge die geheime Arbeit des Ordens. In Belgien, dem Geburtsorte des Jesuiten-Generals, bedroht man den liberalen König durch nächtliche Mauer-Anschläge. Sollte die schwüle Luft der heranziehenden Reakzion die Jesuiten schon wieder zu offener Kühnheit ermuntern? Schien es doch nach der Thronbesteigung Leo's XIII. fast, als habe Pater Beckx allen Boden unter den Füßen verloren. Nun, böse Erfahrungen mahnen zur Vorsicht. Als Gregor XVI. starb und Pius IX. ans Ruder kam, da glaubte man ebenfalls, daß die bisherige Allgewalt Pater Roothaan's, des Jesuiten-Generals, in Rom für immer gebrochen sein werde. Und wie haben die Jesuiten dann den armen Pius wieder in ihre Klauen bekommen! Pater Beckx ist jetzt gerade sechzig Jahre Jesuit, denn im Jahre 1819 wurde er zu Hildesheim, wo sich damals ein großes Jesuiten-Nest unter englisch-hannover'schem Schutze festgesetzt hatte, in den Orden aufgenommen. Sechzig Jahre lang Jesuit und all' diese Zeit hindurch, schon von Anfang an, in wichtigen Missionen für den Orden thätig; länger als ein Vierteljahrhundert seit Juli 1853 oberster General der schwarzen Herren: welch' eine Fülle von Intrigue und Attentaten auf die heiligsten Güter der Menschheit! Wie viele Wechselfälle des Schicksals erlebte Pater Beckx während dieser langen Zeit! Doch immer gelang es ihm wieder, obenauf zu kommen. Ein lehrreiches Leben fürwahr, lehrreich auch für uns! Mag es gestattet sein, einige weniger allgemein bekannte Episoden daraus hier von neuem ans Licht zu ziehen.

Es war eine gute Zeit für die Jesuiten, in welcher der 24jährige Beckx Mitglied der Gesellschaft wurde. Die Fürsten, selbst die evangelischen Fürsten Norddeutschlands, waren ihre Freunde, denn sie sahen es gar nicht ungern, daß die Jesuiten die erwachenden Völker mit dem Morphium Loyala's zu beschwichtigen suchten. Was kümmerte es diese treuen Landesväter, ob ihre Kinder geistig zu Kretins wurden, wenn man nur Ruhe hatte vor ihrem konstituzionellen Geschrei! Das katholische Fürstenhaus in Sachsen half ihnen, sich in jenem protestantischen Lande einzunisten, und so kühn stiegen ihre Hoffnungen, daß sie eine zeitlang selbst den pietistischen König Friedrich Wilhelm III. von Preußen mittelst seiner katholischen Gemalin, der Gräfin Auguste von Harrach, zum Katholizismus in ihrem Sinne, d. h. zum Jesuitismus zu bekehren gedachten und in dieser Richtung ernstliche Anstrengungen machten. "Viele Missionäre," so meldet das "Annuaire historique universel" vom Jahre 1826, "durchzogen Preußen und Hannover und suchten Bekehrungen zur römisch-katholischen Religion zu machen." Zu jenen Missionären gehörte auch Pater Beckx, und daß seine Wirksamkeit keine vergebliche war, lehrte bald der Uebertritt eines protestantischen Souveräns und Fürsten eines protestantischen Landes sammt seiner Gemalin, die überdieß sogar eine Hohenzollern'sche Prinzessin war. Herzog Friedrich Ferdinand von Anhalt-Köthen und seine Gattin, Gräfin Julie von Brandenburg, eine Tochter des Königs Friedrich Wil II. von Preußen und Halbschwester des regierenden Königs, traten zu Ende des Jahres 1825 in Paris zum Katholizismus über und alsbald etablierte auch der Herzog in seiner Hauptstadt Köthen eine Jesuiten-Mission unter der Führung unseres Pater Beckx. Der junge Jesuiten-Pater ward Beichtvater des Herzogs und auch der romantischen Julie uud predigte zugleich in einer neuerbauten katholischen Kirche den Ketzern von Köthen das Evangelium Loyala's.

Die Bekehrungsgeschichte des Fürstenpaares ist übrigens eine der drolligsten Episoden in der neuern deutschen Geschichte und von besonderm Interesse für die wiederum von allerlei Zollfragen bewegte Gegenwart. Der Herzog wurde thatsächlich katholisch wegen des preußischen Zolltarifs. Es war die Zeit, da die preußischen Staatsmänner begannen, mittelst ihrer Zollpolitik die Einheit Deutschlands vorzubereiten. Zunächst handelte es sich darum, diejenigen norddeutschen Nachbarstaaten, welche ganz vom preußischen Gebiete umschlossen waren, in das preußische Zoll-System einzubeziehen, sie "selbst in sein administratives System bis auf einen gewissen Punkt zu verweben", wie W. v. Humboldt schon in einer Denkschrift vom Jahre 1816 sagte. Mit dem Fürsten von Schwarzburg-Sondershausen war bereits ein Zollvertrag abgeschlossen und dieser hatte sich für das Geld, das er dabei herausbekam, ein Sondershausen'sches Nazional-Theater gebaut. Nun kamen die andern Kleinstaaten an die Reihe, aber die waren "anmaßend und pfiffig", wie Minister Eichhorn schrieb, und namentlich schlug der Herzog von Köthen einen gewaltigen Lärm beim Bundestage, drohte gar, die auswärtigen Garanten der Bundes-Akte zu Hilfe zu rufen, begann dann einen förmlichen Zollkrieg seines Ländchens gegen das umklammernde Preußen u. dgl. m. Das Ländchen Köthen wurde eine einzige große Schmuggler-Herberge und spottete in der That längere Zeit hindurch der Zollbehörden, bis sich endlich das Berliner Ministerium entschloß, die Großmacht Köthen rings mit einer chinesischen Zollmauer zu umgeben, welche den Außenhandel ganz absperrt. Da war nun freilich die Not groß am Köthener Hofe und der Herzog sann auf irgend ein ungeheuerliches Mittel, sich aus der Schlinge zu ziehen und den preußischen Hof recht gründlich zu ärgern. Diesen Moment benutzten die Jesuiten, die sich schon vorher der mystisch-romantischen und von ihrem schwachen und albernen Gemal wenig befriedigten Herzogin Julie versichert hatten. Der jesuitische Sophist Adam Müller, österreichischer Geschäftsträger bei den Anhalt'schen Häusern, Pater Beckx und der Pariser Jesuiten-Pater Rausin arbeiteten in Kompagnie, und im Jahre 1825 trat das Köthen'sche Fürstenpaar wirklich in Paris zur katholischen Kirche über. Zuerst hielt man den Uebertritt geheim. Dann schrieb die Herzogin einen schwülstigen Brief an ihren Halbbruder, den preußischen König, welchen die Jesuiten, wie schon bemerkt, damals selbst zu bekehren hofften. Aber am Berliner Hofe rief die Sache eine der beabsichtigten entgegengesetzte Wirkung hervor. Der König veröffentlichte eine scharfe Strafpredigt an seine Halbschwester von Köthen, und die katholische Gemalin des Königs sah sich durch die Hohenzollern'schen Verwandten veranlaßt - man sagt, es geschah nicht ganz freiwillig - zum Protestantismus überzutreten. Und alles dieß bewirkte im Grunde ein neuer Zolltarif. Die nunmehr katholische Großmacht Köthen mußte trotzdem im Zollkampf unterliegen und im Jahre 1828 nach zehnjährigem Schmuggelkriege dem preußischen Zoll-System beitreten. Die "Schwärzer" ward man los, die "Schwarzen" blieben. Sie hatten ihr Ziel erreicht und das Ländchen Köthen wurde für zwei Jahrzehnte der Hauptstützpunkt der ultramontanen Propaganda in Nordostdeutschland.

Selbst nach dem Tode des kinderlosen Herzogs (1830), unter dessen protestantischem Nachfolger Heinrich wußte sich Pater Beckx unter dem Schutze der Fürstin-Witwe noch mehrere Jahre in Köthen zu halten. Als dann im Lande Köthen das Geld gar zu knapp wurde und eine Art Staats-Bankerott eintrat, zog die Herzogin Julie nach Wien und mit ihr Pater Beckx, der hier bald (1847) von seinen Ordensbrüdern zum Prokurator der Jesuiten-Provinz "Oesterreich" gewählt wurde, mit Metternich, dem großen Völkerbeschwichtiger, in intime Beziehungen trat, den schweizerischen Sonderbunds-Krieg anblasen half und dergleichen kleine Scherze mehr trieb. Indeß dauerte das Vergnügen nicht lange. Es kam das Jahr 1848 und die Jesuiten mußten sich für eine zeitlang sorgsam verkriechen. Aus Rom selbst mußte Pater Roothaan weichen und Pins IX. erließ am 29. März 1848 ein Dekret, welches die Verbannung der Jesuiten aus dem Kirchenstaate und die Konfiskazion ihrer Güter zu Gunsten des Fiskus anbefahl. In Wien stürmte das Volk am 6. April 1848 das Liguorianer-Kloster, und die Nazionalgarde schaffte die Brüder sammt den Schwestern aus der Stadt. Am 8. Mai verfügte Kaiser Ferdinand die Aufhebung des Jesuiten- und des Liguorianer-Ordens. Aber die Jesuiten behielten hohe Gönner und es geschah mit den besten Empfehlungen, daß Pater Beckx sich einstweilen nach Belgien zurückzog, wo er zuerst dem Ordens-Provinzial als Gehilfe und Aufseher zur Seite trat und dann Rektor des Kollegiums in Löwen wurde. Hier, in der Heimat des schwarzen Paters, galt es, die den antijesuitischen Bischöfen dienstbare katholische Universität mit Schlangenklugheit zu umgarnen und zu jesuitisieren. Die Revoluzion selbst und das Erstarken des Liberalismus bewirkten die Versöhnung zwischen Bischöfen und Jesuiten und verschafften schließlich den letztern die Oberhand, so daß die Universität Löwen seitdem eine Zentrale des Jesuitismus geworden ist.

Inzwischen war in Europa die Reakzion der Revoluzion gefolgt: die Jesuiten kehrten nach Oesterreich zurück und mit ihnen Pater Beckx, der zuerst Superior in Ungarn wurde, als welcher er den Primas-Kardinal Sczitowsky dirigierte und das wichtige Noviziat in Tyrnau gründete. Dann avanzierte Pater Beckx zum Provinziell für die ganze Ordens-Provinz Oesterreich, und hier entfaltete er eine so fruchtbringende Thätigkeit, daß es bald wieder drei einflußreiche Kollegien gab und daß, als der Jesuiten-General Roothaan gestorben war, die Elektoren der Ordensbrüder ihn in der General-Kongregazion zu Rom am 2. Juli 1853 zum Ordens-General erwählten. Als solcher mußte er seinen Sitz in Rom nehmen. Selten hörte man in der Oeffentlichkeit von ihm, wie er denn auch zuvor in Oesterreich ganz im Verborgenen gewirkt, diejenigen Jesuiten-Prediger aber, die Klinkowström etc., welche öffentliches Aufsehen erregten, auf's strengste angewiesen hatte, sich von der aktiven Politik fernzuhalten. Daß er von Rom aus gleichwol wirklich als "schwarzer" Papst neben dem "weißen" Papst Pius die katholische Welt beherrschte, zeigte schon ein Jahr nach seiner Thronbesteigung" die Verkündigung des von den Jesuiten behaupteten, von den Dominikanern bekämpften Dogmas von der unbefleckten Empfängnis als Dogma der gesammten katholischen Kirche. Schon im Jahre 1843 hatte Pater Beckx in Wien ein Gebetbuch: "Monat Mariä" veröffentlicht, welches viele Auflagen erlebte und in mehrere Sprachen übersetzt wurde - dennoch aber sich in der großen, vom Orden herausgegebenen siebenbändigen Bibliographie aller Schriften der Gesellschaft Jesu (Ecrivains de la Compagnie de Jesus"), welche mehr als neuntausend jesuitische Autoren enthält, gar nicht erwähnt findet. So sehr vermied es der Jesuiten-General, sich irgendwie bemerklich zu machen. Nach zehnjähriger Regierung als Jesuiten-General verfügte Pater Beckx in Frankreich bereits über elf Kollegien mit 4240 Schülern, in Belgien ebenfalls über elf Kollegien mit 3085 Schülern, in Rom über das große Collegium Romanum mit 1321 Zöglingen; selbst in England zählte das Kollegium Stonyhorst schon deren 300 und in unserem Oesterreich besaß er seit 1857 die Universität Innsbruck und eine beträchtliche Anzahl Erziehungsinstitute unter den verschiedensten Namen, Gestalten und Masken, mit welchen er es hauptsächlich auf den Nachwuchs der Aristokratie und auf die Frauen absah.

Die Schicksale des Jesuiten-Ordens in den letzten fünfzehn Jahren sind im allgemeinen bekannt und völlig zuverlässige Daten im einzelnen fehlen. Denn seit wieder ein freiheitlicher Luftzug durch Europa strich, hielt es der Orden noch mehr als früher für angezeigt, seine Thätigkeit in Geheimnis zu hüllen und sie zum größeren Theil unter neuen, harmlosen Namen zu verstecken. Das römische Konzil zeigte die jesuitische Macht auf ihrem Gipfel. Der gesammte katholische Klerus beugte sich ihr. Seit der Verjagung der Jesuiten aus Deutschland und namentlich seit der Thronbesteigung des neuen Papstes schien ein ernstlicher Rückschlag eingetreten zu sein. Pater Beckx zog sich nach Fiesole bei Florenz zurück, wo er in einem unscheinbaren Hause, das der Familie Ricasoli gehört, mit einer Anzahl von Ordens-Sekretären anscheinend in tiefster Zurückgezogenheit ruhte; aber alle Anzeichen sprechen dafür, daß die Jesuiten ihre Zeit nicht unbenützt gelassen haben, daß sie auf alle kleinen und großen Vortheile acht gegeben und neuerdings wieder mehr in den Vordergrund zu treten gedenken. ("Deutsch. Ztg.")