Diskussion:Rastislav (Mähren)

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Letzter Kommentar: vor 3 Jahren von Methodios in Abschnitt Taufe der Mährer 831 zweifelhaft
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Taufe der Mährer 831 zweifelhaft[Quelltext bearbeiten]

Unter Würdigung der historischen Umstände erscheint mir die behauptete Taufe der Mährer zu 831 zweifelhaft. Ich habe zu diesem Problem mal ansatzweise gearbeitet:

  • Nach einer iroschottischen Mission im späteren großmährischen Bereich mit wenigstens zwei Kirchen in Mikulčice (der großmährischen Hauptstadt vor Veligrad) und einer Kirche in Modra („Perle der Kleinen Karpaten“) ging eine weitere Mission vom 739 bestätigten römisch-katholischen Bistum Salzburg (798 Erzbistum) aus. 796 erschien der awarische Tudun nach einer empfindlichen militärischen Niederlage gegen das Frankenreich vor Karl dem Großen und ließ sich taufen. Am 20. April 798 erhob Papst Leo III. auf Bitten Karls des Großen hin das Bistum Salzburg zum Erzbistum, das nun neben dem gesamten altbaierische Stammesgebiet auch noch das heutige Südtirol und weite Teile Ungarns, Tschechiens, Sloweniens und der Slowakei umfaßte. Arn von Salzburg, seit 785 Bischof, wurde Erzbischof. Arns Missionsgebiete waren das slawische Karantanien (Kärnten) bis zur Draumündung und Pannonien, das Siedlungsgebiet der Awaren. Für seine Gebiete führte Arno statt des regulären Zehents den „Slawenzehent“ ein, eine wesentlich geringere und gleichbleibende Abgabe. Zwar war die Liturgiesprache Latein, aber die Missionssprache war nach einem Hinweis in der Konstantinsvita (Abschnitt Widerlegung der Pilatianer) nicht Latein, sondern wahrscheinlich Awarisch. Von dieser Situation aus war es bis zur Missionssprache Slawisch nur noch ein kleiner Schritt.
  • Durch die Lorcher Fälschungen wird behauptet, der Passauer Bischof Reginar sei im 9. Jahrhundert zum Erzbischof geweiht worden und habe in Mähren missioniert. Diese Fälschungen suggerierten ein Vorrecht Passaus vor dem Erzbistum Salzburg bei der Christianisierung und kirchlichen Organisation in Ungarn und den angrenzenden Gebieten. Mit ihnen wurde die Erhebung des Bistums Passau in den Rang eines Erzbistums angestrebt. Diese Fälschungen wurden ausweislich von Form und Inhalt allerdings erst Ende des 10. Jahrhunderts verfaßt, höchstwahrscheinlich auf Veranlassung des Sieghardingers Pilgrim von Passau, der 971 bis 991 das Amt des Bischofs innehatte. Demzufolge bezeichnen deutsche und österreichische Forscher den Mährerfürsten Mojmir I. auch als Repräsentanten einer noch heidnischen Herrschersippe, während die lokalen tschechischen und slowakischen Historiker naturgemäß sehr gern diese Fälschungen als Grundlage nehmen, eine "Taufe der Mährer" zu behaupten, welche zumeist in das Jahr 831, nach Alexis P. Vlasto bereits in den Zeitraum zwischen 818 und 825.


  • Adalrams Engagement im Muspilli - Wie unwahrscheinlich solche Frühdatierungen sind, erhellt schon der Vergleich mit der Situation im Salzburger Kernland: 820 wurde die Cella Maximiliana in Bischofshofen von „gottlosen Slaven“ zerstört (zum zweiten Mal nach 720–725) und mußte am 23. Oktober 821 vom Salzburger Erzbischof Adalram zum dritten Mal geweiht werden. Unter Berücksichtigung der Umstände ist es sehr wahrscheinlich, daß es sich bei der Weihe der Emmeram-Kirche von Neutra (Nitra) im Jahre 828 - ebenfalls von Adalram vorgenommen - tatsächlich wie vielfach angenommen um die erste Kirche auf slawischen Territorium nördlich der Donau handelte. Adalram unterhielt gute Beziehungen zum mährischen (Lehens-)Fürsten Pribina von Neutra, der diese Kirche - wahrscheinlich für baierische Kaufleute in Nitra - billigte. Diese Weihe wurde allerdings als ein Eingreifen in die Diözesan- und Missionsrechte Passaus gewertet, weswegen der ostfränkische König Ludwig der Deutsche im November 829 die Diözesengrenzen zwischen Salzburg und Passau regeln mußte. In der Beurteilung dieses Vorganges sind sich die Historiker nicht einig. Während die herrschende Meinung von einer Neuregelung ausgeht, sieht eine Mindermeinung hier lediglich eine Bestätigung der alten Grenzen von 796 oder 798.


  • Mähren ab 833 In den frühen 830er Jahren brach das System tributär-vasallenhafter Abhängigkeit infolge der innerdynastischen Kämpfe der Karolinger zwischen Kaiser Ludwig dem Frommen und seinen Söhnen vollständig zusammen. Infolge dessen gelang auch Mojimir I. eine Vereinigung der mährischen Landesteile an der March und um Neutra. 832/833 wurde Pribina vom mährischen Fürsten Mojmir I. des Landes verwiesen (nach anderer Meinung wurde Pribina in einer Schlacht besiegt und mit militärischen Mitteln außer Landes vertrieben). Mojmir duldete wahrscheinlich die christenfreundliche Politik Pribinas nicht, die er nur als "Zusammenarbeit mit dem Feind" werten konnte. Seit spätestens 822 (möglicherweise schon früher, jedoch noch nicht 817) war Mähren (das regnum Maravorum) dem Frankenreich tributpflichtig. Die Emmeran-Kirche von Nitra wurde wahrscheinlich in diesem Zusmmenhang vollständig zerstört. Es konnten bis heute keine Überreste gefunden werden, die Kirche ist noch nicht einmal lokalisiert. Pribina flüchtete mit seinen Getreuen in das Frankenreich, wo er 833 auf königlichen Befehl hin in der Martinskirche bei Traismauer (heute Bezirk St. Pölten-Land) getauft wurde. 839 oder 840 setzte der ostfränkische König Ludwig der Deutsche Pribina als Verwalter des von Slawen bewohnten Plattensee-Fürstentums in Unter-Pannonien ein.
  • Erst nach dem Teilungs-Vertrag von Verdun (843) begann Ludwig der Deutsche im Jahre 845 eine systematische Offensive gegen alle slawischen Stämme entlang der Ostgrenze, um deren Abhängigkeit vom neuentstandenen Ostfrankenreich durchzusetzen. Noch 845 huldigten ihm 14 böhmische Fürsten in Regensburg und ließen sich taufen, ohne daß dies aber zu einer Christlichkeit in Böhmen geführt hätte. Die böhmischen Fürsten befürchteten ein Übergreifen des seit 833 vereinigten und expandierenden mährischen Reiches, weswegen sie sich dem Schutz Ludwig des Deutschen unterstellten. Mitte August 846 marschierte Ludwig der Deutsche in Mähren ein und regelte die Dinge nach seinem Willen. So setzte er bei dieser Gelegenheit Mojmirs Neffen Rastislav als neuen Fürsten ein und hatte damit fast ein Jahrzehnt Ruhe in der Mährerangelegenheit.

Es sieht nicht nach einer "Taufe der Mährer" bereits 831 aus. --Methodios (Diskussion) 21:31, 30. Okt. 2020 (CET)Beantworten